Der Krieger und das dunkle Zeitalter IV: Gestalten und Gestaltlose

von | 29. Mai. 2018 | Philosophie & Theorie

Vor allem ist der Krieger Gestalt. Das ist er deshalb, weil er im Gegensatz zu den Formlosen seine Zeit gestalten wird. Oder, um es mit Ernst Jüngers Worten zu sagen: „Die Geschichte bringt keine Gestalten hervor, sondern sie ändert sich mit der Gestalt“.  Und hier befinden wir uns bereits bei dem Punkt, warum das Bürgertum seine letzten Tage zählt. Es ist keine Renaissance derselben. Es ist der Aufschrei einer untergehenden Art, die einst wohl Gestalt war, jedoch dessen Kraft längst versiegt und im Zeitalter des liberalen Kapitalismus zu dessen willfährigen Büttel geworden ist. Die Materialisten konkurrieren dabei nur, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Der wird jedoch zum größten Teil unter dem Großkapital aufgeteilt. Das bisschen, was diese Herrschaften übrig lassen, ist Anlass für das Bürgertum, sich gegenseitig zu zerfleischen.

Der Bürger ist vor allem Masse. Überall dort, wo dieser Masse eine entschlossene Haltung entgegengebracht wurde, verlor sie ihren Glanz. „Die Masse“, so wusste Jünger schon in seiner Zeit zu sagen, „ist heute nicht mehr fähig anzugreifen, ja, sie ist nicht einmal mehr fähig, sich zu verteidigen“. Können wir dies doch bei den von uns oben bereits erwähnten Massenveranstaltungen beobachten. Die PEGIDisten versammeln sich zu tausenden auf öffentlichen Plätzen und freuen sich ob der Schutzherrschaft der Polizei, die einst zur Überwachung derselben da war. Eine echte Bewegung sollte doch von der Exekutiven, also dem durchgreifenden Apparat eines Staates bekämpft, nicht jedoch beschützt werden. Willkommen im Massenzeitalter, das seine letzten Tage erreicht haben dürfte.

Überall fordern sie Frieden und das Postulat des „ehrwürdigen“ Grafen von Schulenburg, Friedrich Wilhelm, gehört heute zu den geflügelten Worten: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“. Bloß keinen Widerstand leisten und stets auf den Staat beziehen. Alle echte staatliche Ordnung jedoch fußt auf der Heeresgliederung. Dieser Staat, der Bürgerstaat also, fußt jedoch auf dem Bürgerrecht, dem Gesellschaftsvertrag der Vernunft. Dieser Vertrag ist reine Makulatur. Es gab ihn nie und es wird ihn auch nie geben. Jede Gesellschaft, das mag man gutheißen oder auch nicht, besteht aus einer Aneinanderreihung von Konflikten und Kämpfen. Hier können wir den Vätern der sozialistischen Lehre, der ökonomischen Nivellierung, das Wort reden: „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften, ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“

Nun, diese Aussage entspringt einer rein materialistischen Geschichtsauffassung, obgleich in ihr die Wahrheit steckt. Jede Gesellschaft entsteht durch die Hierarchisierung von Gruppen. Das ist keineswegs von der Hand zu weisen. Es ist nur schäbig, hier die Nivellierung derselben zu postulieren, obgleich man selbst nur die Rollen tauschen möchte. Jede „sozialistische“ Gesellschaft war auch nur eine Klassengesellschaft, wo das Proletariat die Diktatur erklomm, während die gestaltlose Bourgeoisie zum Knechte wurde.

Der Kampf als Vater aller Dinge

Die Wirklichkeit ist hart und unbarmherzig. Zu lange Friedenszeiten machen den Menschen schwach und gestaltlos. Der Kampf allerdings ist Lebensspender. Dies begreifen die Schwachsinnigen und untreuen Herzen dieses Zeitalters wohl kaum, dennoch ist diese Aussage nicht weniger wahr. Aldous Huxley wusste uns zuzurufen, dass Tatsachen nicht aufhören „zu existieren, nur weil sie ignoriert werden“. Der Eiserne Kanzler, Fürst Otto von Bismarck, goss das oben gesagte in die wohltuenden Worte: „Kampf ist überall, ohne Kampf kein Leben, und wollen wir weiter leben, so müssen wir auf weitere Kämpfe gefaßt sein.“ Diese Weisheit ist seit Jahrtausenden bekannt. Der große römische Rhetoriker Marcus Tullius Cicero warf dem Volk die heute an Aktualität kaum zu überbietende Formel „Si vis pacem para bellum“ entgegen und schälte damit den Kern einer unleugbaren Naturgesetzlichkeit heraus.

Für die Schwachsinnigen mögen diese Worte bestialisch und martialisch klingen. Ja, wir können natürlich nicht leugnen, dass der Krieg eine Seite des Schreckens hat. Er bedeutet Tod und Zerstörung auf der einen Seite. Auf der anderen jedoch ruft er im Menschen die edelsten Tugenden hervor. Der Krieg – nicht immer ausschließlich physischer Natur – trennt die Spreu vom Weizen. Erst dann, wenn der Feind tobt und die Daumenschrauben angezogen werden, können wir uns als Helden beweisen. Es ist leicht Gefährte zu sein, wenn Frieden auf den Straßen herrscht. Wenn sich der Einzelne jedoch für eine Seite entscheiden muss und man ihm nach den Leben trachtet, wenn er sich klar positioniert, kann er zeigen, wie es inwendig mit ihm steht. Er kann beweisen, ob er ein echter Gefährte ist.

Der Krieger: Gestalter einer neuen Zeit

So hat der Konflikt durchaus seine positiven Seiten und der Krieger oder, wenn wir unseren Begriff von oben wieder verwenden wollen, der Rebell, wird Gestalter einer neuen Ordnung sein. Das Zeitalter der Massen und der Nivellierung wird enden. Diese Ordnung wird dem Chaos folgen. Das mag pathetisch klingen und ich höre jetzt schon die „weissagenden“ Populisten erklären, dass man mit einer derartigen Denkweise keinerlei Attraktivität auf die Bevölkerung ausübt. Nur vergessen sie, dass es uns um diese ominöse Bevölkerung nicht gehen kann. Sie ist nichts weiter als Masse und Summe. Das Ganze ist jedoch mehr als die Summe seiner Teile und so wissen wir von Nietzsche, dass der Schaffende den Mitschaffenden sucht. Jene also, die „neue Werte auf neue Tafeln schreiben. Gefährten sucht der Schaffende, und Miterntende: denn alles steht bei ihm reif zur Ernte“. „Der Schwache“ hingegen „schadet sich selber […] Das ist der Typus der décadence“.

Der Demokratismus, den wir bereits als Vorbote des Anarchismus ausgemacht haben, wird abgelöst werden müssen von einer neuen Aristokratie. Die neuen Aristokraten sind jene dieses kriegerischen Typus, des Rebellen: Es ist der Kriegeradel, der seinen Platz einnehmen wird. Die Mittelmäßigen glauben sich noch in der Sicherheit suhlen zu können. Sie sehen nur das Bürgertum, das ihnen bei der kleinsten Einlenkung wieder aus der Hand fressen wird. Sie sehen nicht die Zeichen der Zeit. Eine Zeit, die im Chaos versinken wird. Chaos, was eigens produziert wurde. Der Vater aller Dinge wird ihnen den Rest geben und dem neuen Adel den Weg bahnen. Das Zeitalter der Meritokratie bricht an.

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