Ein Blick auf das ETN Verlagsprogramm

von | 03. Jul. 2019 | Debatte

Der folgende Beitrag ist die Einsendung eines interessierten Lesers, der durch seine konstruktive Kritik eine Professionalisierung im rechten Lager bestärken möchte. Die Redaktion

 

Der Europa Terra Nostra e.V. ist und versteht sich als eine politische Stiftung auf europäischer Ebene. Diese wurde vor nunmehr über drei Jahren gegründet und gehört zur europäischen Vereinigung „Alliance for Peace and Freedom“ (APF), der u. a. auch die NPD angehört. Laut Selbstverständnis will sie in verschiedenen europäischen Ländern Seminare und Kongresse veranstalten, Publikationen herausgeben und Studien zum Thema Europa fördern. Um die Publikationen der Stiftung soll es im folgenden Beitrag geben. Mittlerweile sind fünf davon erschienen, wobei die erste (Daniel Fridberg – Die Rückkehr der echten Rechten) bereits 2016 erfolgte und die Vorletzte (Frank Kraemer – Werde Unsterblich) erst wenige Monate alt ist. Mit „Einer für Deutschland“ stellt nun auch Europaabgeordneter und APF-Mitglied Udo Voigt seine Erfahrungen im europäischen Parlament vor.

Allen Büchern gemein ist die hochqualitative grafische Gestaltung der Umschläge. Zwar ist der Geschmack immer individuell, technisch gesehen kann man jedoch nichts kritisieren. Auch an Druck und Verarbeitung lässt sich kein Makel finden, orthographisch sind die Werke ebenfalls gut lektoriert worden. Damit beweist die ETN zumindest eine gewisse Qualität in Produktion und Gestaltung der Literatur. Unerfahrene Autoren dürften hier, sofern man dies als Außenstehender bewerten kann, auf ein erfahrenes Team zurückgreifen können. Da es sich dabei um ein gemeinsames Merkmal handelt wollen wir uns einmal den Inhalt der einzelnen Werke ansehen:

1. Daniel Friberg – Die Rückkehr der echten Rechten

Für Daniel Fribergs „Die Rückkehr der echten Rechten“ kann auf die bereits veröffentlichte Rezension hier verwiesen werden.

2. Zeiten des Wandels – Beiträge zur Reconquista

Bei dem zweiten von der ETN herausgegebenen Buch handelt es sich um einen Sammelband mit Aufsätzen verschiedener europäischer Politiker, die hauptsächlich in der ETN oder APF organisiert sind. Vertreten sind dabei unter Anderem der frühere britische Europaabgeordnete und Parteivorsitzende der „British National Party“ (BNP), Nick Griffin. Dieser steuert gleich zwei Aufsätze bei, zum einen über das in unserem Land nicht besonders verbreitete Wirtschaftssystem des Distributismus, zum anderen einen Beitrag über die Notwendigkeit einer europäischen Geburtenpolitik. Ebenfalls von einem Briten wird der wohl interessanteste Artikel des Sammelbandes, „Der politische Soldat“ von Derek Holland, dem ehemaligen führenden Kopf der International Third Position, beigesteuert. In Deutschland ist das Konzept des politischen Soldaten zwar nicht unbekannt, dennoch handelt es sich um eine gute Abhandlung über dieses Selbstverständnis eines politischen Aktivisten. Angemerkt sei allerdings, dass es sich nur um einen Neudruck des bereits vor Jahrzehnten entstandenen Artikels handelt.  Die Beiträge von Roberto Fiore (ehemaliger Europaabgeordneter, Gründer der Forza Nuova und Vorsitzender der APF), Udo Voigt (Europaabgeordneter, NPD) und Irene Dimopoulou (Ehefrau des Parlamentsabgeordneten Chris Pappas (Goldene Morgenröte) enttäuschen dagegen. Um eine „erhellende Grundlagenschrift“ handelt es sich, entgegen der Selbstwerbung, keineswegs. Es fehlt, wie auch bei anderen ETN-Publikationen deutlich, jede tiefergehende weltanschauliche Auseinandersetzung oder wirkliche Konzeption. Gerade in einem solchen Sammelband wird deutlich, dass zwar oft und viel von Europa geredet wird, aber weder eine Europakonzeption, die über das Stichwort der „Europa der Vaterländer“ hinausgeht, skizziert wird, noch eine praktische europäische Arbeit vorgestellt wird. Dazu gehört auch, dass alle Publikationen ausschließlich auf Deutsch erhältlich sind, wobei eine Übersetzung von Udo Voigts „Einer für Deutschland“ ins Griechische vor Kurzem angekündigt wurde.

3. Udo Voigt – Einer für Deutschland

Ebenfalls von der ETN wurde das zweite Buch des NPD-Politikers Udo Voigt verlegt. Schwerpunkte des Buches sind seine Tätigkeit und seine Erfahrungen als Abgeordneter im europäischen Parlament. Zumindest ist es das, was das Buch verspricht. Bei der Lektüre kommen einem daran jedoch immer wieder Zweifel auf. Einen großen Teil des Buches nimmt die Thematisierung der Konfliktsituation der europäischen Union mit Russland ein. Das ist insoweit natürlich in Ordnung, als dass es sich unzweifelhaft um ein wichtiges Thema handelt. Zu beklagen ist jedoch, dass eine völlig einseitige und unkritische Positionierung auf russischer Seite erfolgt. Teilweise bekommt man den Eindruck direkt bei „Russia Today“ zu lesen. Die Verfolgung von Nationalisten in Russland wird nicht erwähnt, die Überfremdung des ethnisch weißen Teils Russland findet genauso wenig eine Erwähnung wie diverse weitere Probleme des Landes. Dass man in dem Ukraine-Russland Konflikt eine zumindest differenzierte Sichtweise einnehmen kann, beweisen in Deutschland nicht nur die Partei „Der III. Weg“ und Teile der „Jungen Nationalisten“, sondern auch etwa Casapound in Italien. Anstatt immer wieder auf die Russlandthematik zurück zu kommen und sich dabei teilweise zu wiederholen, wäre es interessanter gewesen, etwas über die Zusammenarbeit mit anderen Nationalisten im Parlament zu lesen. Dass diese existieren bekommt man zwar am Rand mit, von einer Zusammenarbeit oder einem Austausch findet sich aber nur ganz vereinzelt in einem Nebensatz einmal etwas. Auch über die Arbeitsabläufe des Parlaments findet sich nur wenig, die wenigen Stellen dazu lassen dabei das Interesse durchaus steigen. Hier wird definitiv Potential verschenkt. Die behandelten politischen Positionen lassen zudem wieder jede tiefere oder radikalere Thematisierung vermissen. In dieser Form hätten sie auch von einem rechteren AfD-Abgeordneten folgen können. Wenn man für sich aber in Anspruch abnimmt, der einzige deutsche nationalistische Abgeordnete im Parlament zu sein, muss man auch entsprechende Inhalte liefern. In allem bleibt für den wirklich politisch interessierten Lesern leider kein wirklicher Mehrwert bei der Lektüre übrig. Da hatte sein Erstlingswerk, das allerdings genauso wie das neue Buch jegliche Selbstkritik vermissen lässt, noch mehr zu bieten. Damit ist das Werk eigentlich nur für eingefleischte Anhänger der Partei zu empfehlen.

4. Sascha Roßmüller – Europa vs. EU

Ähnliche Kritikpunkte wie bei Voigt muss man leider auch bei Roßmüllers Buch „Europa vs. EU“ vorbringen. Wer eine wirkliche europäische Konzeption erwartet, wird enttäuscht. Es handelt sich mehr um die Behandlung der drängenden Probleme der Zeit, wobei diese natürlich in ganz Europa auftreten. Bei der Analyse dieser Probleme vermisst man leider genauso wie bei Voigt jede radikalere oder weltanschaulichere Thematisierung, auch hier könnte das Buch von einem „Rechtspopulisten“ geschrieben worden sein. So wird die ungezügelte Masseneinwanderung hauptsächlich am Phänomen der Islamisierung behandelt, was sich für jeden tiefer blickenden Menschen schnell als unzureichend erweist. Eine geostrategische Gegenkonzeption zur EU oder wirkliche Vorstellungen einer gesamteuropäischen Handlungsweise findet man leider nicht, dabei gibt es diese durchaus, wie etwa dem von verschiedenen nationalistischen Bewegungen verfolgten Konzept des „Intermariums“. Wer allerdings auf der Suche nach einer Einstiegslektüre ist, kann durchaus zu dem Buch greifen.

5. Frank Kraemer – Werde Unsterblich. Rechte Metapolitik als persönliche Lebensphilosophie

Am inhaltlich wertvollsten des bisherigen Verlagsprogramms ist unzweifelhaft Frank Kraemers Erstlingswerk. Der bekannte nationalistische Musiker und Vlogger gibt darin in verschiedenen Kapiteln seine Ansichten und teilweise bisherige Vorträge wieder. Basierend auf seinen Erfahrungen erzählt er von den Reaktionen auf seine Arbeit und beleuchtet seine dahinterstehenden Gedankengänge und Beweggründe. Auch ein geführtes Interview mit dem „Saitensprung“-Magazin und ein offener Brief an Til Schweiger haben es in das 140 Seiten lange Buch geschafft, deren Hauptteil der Aufruf zur Authentizität ist, also das Leben der eigenen Weltanschauung. Neben der Betrachtung zur Wirkung und Funktion nationaler Musik ruft der Familienvater auch insbesondere zur Gründung einer eigenen Familie auf, die als Weg zur metaphorischen Unsterblichkeit auch den Buchtitel prägt. Dabei ist das Buch weniger eine lange theoretische Abhandlung, als mehr eine Materialsammlung. Diese ist dabei unterhaltend und birgt selbst für langjährige politische Aktivisten sicherlich einige neue Argumente und Betrachtungsweisen. Dass die ETN hier das Werk eines politischen Aktivisten, der selbst erst vor wenigen Jahren aus einer ihrer Mitgliedsparteien ausgetreten ist, druckt, ist ihr positiv anzurechnen. Gleichzeitig ist es auch bezeichnend, wenn das beste Werk des bisherigen Programmes von einem „Projektfremden“ – wenn man es so bezeichnen mag – stammt.

Ausblick und Fazit

Die ETN hat mit ihren bisherigen Werken eine gute Arbeit in der Hinsicht geleistet, als dass sie überhaupt wieder moderne politische Bücher des nationalistischen Lagers verlegt und bewirbt. Diese werden auch in der rein technischen Hinsicht gut umgesetzt: Weder Gestaltung, noch Satz oder Lektorat lassen große Kritikpunkte zu. Dies ist in einer Zeit, in der die meisten nationalistischen Verlage nur noch Militaria- bzw. historische Bücher oder verschwörungstheoretische Werke herausbringen, hoch anzurechnen. Ihre meisten Werke lassen dabei aber die Tiefe und insbesondere die Radikalität missen. Rein inhaltlich hätte bis auf „Werde Unsterblich“ jedes der Werke auch in einem beliebigen „konservativen“ Verlag erscheinen können. Dem europäischen Anspruch wird man, sofern man ihn wirklich ernst meint, bislang in den Publikationen auch nicht gerecht. Allerdings sind das Punkte, auf denen man noch aufbauen kann.