Unabhängigkeitstag in Warschau – Wanderer zwischen den Welten

von | 17. Nov. 2017 | Deutschland und die Welt

Der nachfolgende Text ist ein Erlebnisbericht unseres Autors John Trichet, der sich mit einigen Gefährten aus Deutschland am Unabhängigkeitstag in Warschau beteiligte. Im Folgenden können seine Eindrücke einer Reise in eine andere Welt entnommen werden. Der Text gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und kann in Teilen von denen der Redaktion abweichen. Die Redaktion

Jedes Jahr wird in Polen am 11. November der Tag der Unabhängigkeit begangen. Die Polen nennen ihn Narodowe Święto Niepodległości. Der polnische Nationalfeiertag geht auf die Übernahme des Oberbefehls der Truppen durch Józef Piłsudski zurück, womit die über 123 Jahre lange Zersplitterung des von Preußen, Österreich-Ungarn und Russland besetzten Landes endete. Seit 1937 finden am 11. November alljährliche Feierlichkeiten statt, die die Unabhängigkeit des doch so jungen Landes im Osten zelebrieren. Geht man nach der hiesigen Presse, dann handelt es sich dabei um einen Tag, der stets von gewalttätigen Ausschreitungen begleitet wird. Ja, es wird nicht selten suggeriert, dass es den meisten Polen nur um diese angeblichen Ausschreitungen ginge. Als Deutsche haben wir ein etwas gespaltenes Verhältnis zu Polen. Diese gefühlte Diskrepanz ist jedoch ausschließlich auf die gemeinsame Historie zurückzuführen. Um sich einen Einblick von Europas größtem patriotischem Marsch und diesem Land im Osten zu verschaffen, fuhren wir mit einer vollen Autobesatzung aus Deutschland in die polnische Hauptstadt.

Warschau – Eine vom Westen vergessene Stadt

Europa steht für wirtschaftliche Größe. Es steht für Erfinderreichtum und kulturellen Lebensraum. Es ist der Hort der Wissenschaft und Technik dieser Welt. Wir denken da an die großen Zentren wie Paris, Berlin, London, Rom, Madrid und Brüssel. All die großen europäischen Ballungsgebiete, die den Genius des Abendlandes konzentrierten und der Welt so viel gaben. Doch wer denkt heute an Warschau? Wird hierzulande vom Osten dieses Kontinents gesprochen, fallen uns sofort Moskau oder Sankt Petersburg ein. Wer denkt da schon an diese altehrwürdige Stadt, die doch so nah vor unserer Haustür liegt? Dabei kann sie auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Eine Schenkungsurkunde erwähnt den Namen dieser Stadt das erste Mal im Jahr 1241. Warschau, für das wir uns das ganze Wochenende Zeit nahmen, hat für einen glühenden Europäer jedoch viel zu bieten. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die historische Altstadt zwar fast vollständig zerstört, doch bauten die Polen ihre Hauptstadt wieder auf. Im historischen Stadtzentrum sind heute wieder alte Gemäuer von architektonischer Ästhetik zu betrachten. Der Geist des Abendlandes ist auf den alten historischen Straßen auch heute noch zu spüren. Links und rechts zieren alte Steinwände die Straßenzüge. Stets ist die Symbolik der polnischen Volksreligion, der Katholizismus, präsent. Die Jahrtausende alte Christenheit, die sowohl das Germanen-, wie auch das Slawentum konservierte, ist hier noch allgegenwärtig und wird authentisch gelebt. Als aus dem atheistischen deutschen Osten kommender Mensch kam es mir wie eine Zeitreise vor. Ich war schon in vielen Groß- und Hauptstädten Europas. Zumeist im Westen. Warschau ist die erste europäische Hauptstadt, die kein Migrationsproblem zu haben scheint. Es war ein lange nicht mehr gespürtes Gefühl, als ich die Treppen einer Straßenunterführung entlang ging und mir gewahr wurde, dass ich ausschließlich von Europäern umgeben bin. Obgleich ich in dieser ausländischen Stadt war, fühlte ich mich keineswegs fremd. Im Gegenteil, ich fühlte eine Nähe zu diesem Volk, das so unglaublich stolz auf seine Herkunft ist. Ich fühlte mich als Europäer unter Brüdern und Schwestern. Ich fühlte mich vor allem sicher, ohne das immer leise im Hinterkopf klopfende Geräusch, welches mich vor einem möglichen Terroranschlag warnen will. Das erste Mal seit langem war ich in einer europäischen Großstadt und fühlte mich frei. Ich entdeckte eine längst vergessene Stadt. Ich entdeckte Warschau.

Bild: Der Kulturpalast von Warschau im Stile des sozialistischen Klassizismus. Er gilt als das höchste Gebäude im ganzen Land.

Polen – Ein Land mit Religion und Werten

Angesichts der Jahrhunderte lang anhaltenden Zersplitterung und der daraus folgenden Identitätsstörung, die dieses Volk durchgemacht haben muss, erstaunte mich der für Westeuropäer, vor allem für Deutsche, schon fast peinlich anrührende Nationalstolz. Es gab keine Warschauer Straße, die nicht von der polnischen Nationalflagge geziert war. Bereits am Freitag, einem Tag vor den offiziellen Feierlichkeiten, trafen wir vermehrt auf junge wie alte Polen, die der Öffentlichkeit ihren Stolz auf die Nation zeigten, in dem sie eine Weiß-Rote Armbinde trugen. So mancher trug sie mit der Kowica, dem Symbol der polnischen Heimatarmee Armia Krajowa, welche gegen die deutschen Besatzungstruppen Widerstand geleistet hatte. Der Katholizismus ist – wie oben bereits angesprochen – aus Polen nicht wegzudenken. Wir verbrachten das ganze Wochenende mit unseren Gefährten aus dem östlichen Nachbarland und es war mir fast peinlich, von den grotesken Szenerien in unseren deutschen Großstädten zu erzählen. Es fiel mir schwer, über die Entgleisungen von Politikern, der Durchdringung von Genderwahnsinn und Homosexualität in der Gesellschaft zu erzählen. Mich berührten die ungläubigen Blicke meiner polnischen Begleiter auf das Peinlichste. Kein Aufschrei, keine Versuche mich davon zu überzeugen, diesem Wahnwitz Einhalt zu gebieten. Nur ein verständnisloses Kopfschütteln hatte man für mich übrig. Mich übermannte nicht selten die Wut und ja förmlich der Hass gegen die Deutschen, die wegwarfen, was man hier in Polen gar selbst von staatlicher Seite als hohes Gut schützt. Wenn diese Leute von christlichen Werten sprechen, so meinen sie nicht die unchristlichen Gesänge des Franziskus. Die Liebe zum Eigenen und der Kampf gegen alles, was diese zu verneinen trachtet, ist ihre Christenheit. Sie verabscheuen die westlichen Lobeshymnen auf den Liberalismus mit seinen paradoxen Doppel-Postulaten des Individualismus und der Gleichmacherei. Wenn sie von Gott sprechen, dann ist die Ehre für Familie und Heimat damit gemeint. Es ist jener Glaube, der eine Nation stark machen kann. Jener Glaube, der uns Deutschen heute gänzlich fehlt.

Ich möchte damit nicht sagen, dass wir den polnischen Katholizismus annehmen müssen, um unsere Identität wiederzuentdecken. Doch ein Volk, das aufhört zu glauben, hört auf zu existieren. Die Religion der Polen jedenfalls gibt ihnen Hoffnung, tut ihnen gut und schweißt sie zusammen.

Es lebe das polnische Vaterland!

Mehr als 100.000 Menschen versammelten sich am 11. November 2017 auf dem Rondo Dmowskiego. Es waren jedoch nicht die berühmt-berüchtigten Hooligans und Straßenschläger zu sehen. Es waren hauptsächlich normale Menschen auf dem Platz. Junge wie Alte, Frauen wie Männer, Arbeiter wie Akademiker, Kinder wie Rentner. Kurz, es waren alle Schichten vertreten. Hier stand das Volk auf der Straße. Nicht nur ein Teil. Es stand das ganze Volk auf dem Platz, der nach ihrem großen nationaldemokratischen Führer und „Vater des polnischen Nationalismus“ Roman Dmowski benannt ist. Unabhängig von Glaubensrichtungen, Alter, Geschlecht oder gesellschaftlicher Stellung. Das polnische Volk war hier Nation. Es rief immer wieder „Bóg, Honor, Ojczyzna“, „Gott, Ehre, Vaterland“. Das inoffizielle Motto der Polen. Mit diesem Bekenntnis drückt es seinen Glauben aus. Es ist nicht nur der an einen Gott. Es ist vor allem der Glaube an die Nation. Es ist der Glaube an sich selbst. Für mich ist es vor allem auch das Bekenntnis zu Europa. Wer ja zu Europa sagen will, der muss auch ja zu Polen, ja zu Deutschland und ja zu allen europäischen Ländern sagen.

Bild: Das PGE Nationalstadion am Vorabend der Demonstration in den Landesfarben. Es gilt als eines der modernsten Stadien mit der höchsten UEFA-Klassifizierung.

Nachdem sich der Zug in Bewegung setzte, versuchte ich mir einen Überblick über unsere Lage zu verschaffen. Es war unglaublich. Ich konnte weder Anfang noch Ende sehen. Wir waren wie Fische im Wasser. Polen hatte uns in seinen Bann gezogen. Dieses Land, das doch geografisch so nah liegt, ist uns gesellschaftlich so fern. Wir sind dort in einer Welt gelandet, die wir als Westeuropäer längst für vergänglich, ja für gestorben hielten. Doch sie war plötzlich vollkommen real, sie war lebendig. Wir wurden selber Teil dieser Realität. Diese Realität, die für uns in Deutschland noch ein Traum zu sein scheint. Meinen Freund neben mir schossen die Tränen in die Augen. Ich glaube, es waren Freudentränen, die durch dieses überwältigende Gefühl der Unsterblichkeit eines Volkes hervorgerufen wurden. Es war einer dieser Momente, die man ganz festhalten möchte.

Selbst nach dem der mehr als 5 Kilometer lange Zug mehrere Stunden später zu seinem Ende kam und wir uns einen warmen Platz in einem nahe gelegenen Lokal suchten, wirkten die Eindrücke noch nach. Erst als wir uns am Sonntag nach einer letzten Stadtrundfahrt und der Besichtigung des historischen Stadtkerns in das Auto gen Heimat setzten, wurde dieses Gefühl wieder weniger. Wir spürten, dass wir diese Welt, die uns doch so schnell trotz historischen Ballasts lieb geworden war, wieder verlassen und in unsere eigene zurückkehren mussten. Für einen kurzen Moment fühlte es sich an, als würden wir vom Warmen ins Kalte gehen. Es war eine Reise zwischen zwei Welten.

Aufruf an die deutsche Rechte

Ich möchte jeden deutschen Rechten, jeden deutschen Identitären dazu aufrufen, es uns gleich zu machen und nächstes Jahr zum polnischen Unabhängigkeitstag zu fahren. In Warschau, Krakau oder Wroclaw (Breslau). Es ist egal, wo es einen hin verschlägt. Polen ist eine andere Welt, die ein jeder von uns kennenlernen sollte. Es ist ein Volk, von dem wir viel lernen können. Der historische Ballast, der so viele Deutsche wie Polen heute auf den Nieren liegen mag, muss überwunden werden. Wenn ich eines aus Warschau mit nach Hause nehmen durfte, dann, dass ich als Deutscher in Polen willkommen bin. Es gibt zwar auch dort Chauvinismus und Ressentiments gegenüber den Deutschen, aber diese finde ich auch bei so manchen unter uns. Dennoch handelt es sich hier um ein europäisches Brudervolk, das mir näher liegt, als die kalte westliche Welt, die uns vergiftete. Lieber habe ich ein armes Polen an meiner Seite, als ein armseliges reiches Land des Westens. Der Prunk und Glanz dieser Welt, in der wir leben, ist nichts weiter als auf Pump gekaufte Belanglosigkeit. Im Osten gibt es aber Völker, für die ein Leben in Ehre und Würde wichtiger ist.

Ich war ein Wanderer zwischen diesen beiden Welten. Ich möchte nicht mehr wandern. Ich möchte diese Welt gegen unsere eintauschen!