Rezension: Nationalismus & Digitalisierung (Dritter Weg)

von | 14. Jan. 2021 | Deutschland und die Welt

Die Partei „Der Dritte Weg“ hat vor einiger Zeit eine Handreichung mit dem Titel „Nationalismus & Digitalisierung“ herausgebracht, in welchem sie den Themenkomplex der Digitalisierung aus einer nationalistischen Sicht beschreibt und bewertet. MetaPol hatte die Gelegenheit ein Belegexemplar zu sichten.

Vorab ist zu erwähnen, dass es sich um eine durchaus ausführliche Ausarbeitung zum Thema handelt. So umfasst das Werk rund 180 Seiten. Damit erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt die erste umfänglich ausgearbeitete Schrift zu diesem Thema „von rechts“ zu sein, was zu begrüßen ist.

Bereits im Vorwort, welches von Matthias Fischer verfasst wurde, wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass es mehr als an der Zeit sei, sich mit diesem alle gesellschaftlichen Bereiche erfassenden Komplex auseinanderzusetzen sowie die eigenen Positionen hierzu zu erarbeiten. Im Moment habe man noch die Zeit, um sich vorzubereiten, da man von der Machtfrage entfernt stünde. Sollte diese in greifbarere Nähe rücken, müssten die Fragen geklärt sein, da ansonsten andere das Zepter des Handelns übernehmen würden. Es ist schön zu sehen, dass man hier auch auf einer staatlichen Ebene versucht, sich diesem Thema zu widmen. Bisher drehte sich die Debatte im rechten Lager oftmals nur um die Machtkonsolidierung US-Amerikanischer Tech-Giganten, wie Facebook oder Amazon sowie die negativen Auswirkungen auf das soziale Leben der Menschen. Dementgegen versucht man hier erstmals Lösungen zu erarbeiten und das Thema tiefer zu beleuchten. Es kann vorweggenommen werden, dass die Schrift – selbstverständlich – einige Lücken aufweist und nicht auf alle Probleme eine plausible Antwort geben kann. Das wäre auch vermessen und aus rein taktischen Gründen auch sehr unklug. Lobenswert ist viel mehr, dass man sich darüber selbst im Klaren ist und diese Mängel auch offen benennt. Dies wirkt nicht nur sympathisch bescheiden, sondern zeugt auch von einer klaren Sicht der Dinge ohne jegliche Selbstüberschätzung. Generell strotzt die Schrift vor einem pointierten Realismus, was für die Rechte mit ihrem Hang zum Pathos nicht allgemeingültig ist. Diese Schrift dient somit auch in der Eigenauffassung als Anfang einer zu vertiefenden Arbeit rund um das Thema „Digitalisierung“. Dabei scheint sie sich eher an das parteieigene Klientel zu wenden. In einem anderen Falle müsste man anmerken, dass einzelne Punkte mit Sicherheit nicht sonderlich zugänglich sind aus der Sicht des einfachen Wählers, da sie doch bereits eine sehr ideologisch-idealistische Note enthalten. Als Denkanstoß und Konzept für die eigenen Reihen ist es jedoch sehr gut und strukturiert abgefasst.

Der Inhalt

Die ersten Kapitel beschäftigen sich mit einer allgemeinen Erläuterung zum Thema, wobei die bevorstehenden, tiefgreifenden Veränderungen hervorgehoben werden. So habe die digitale Revolution ein ähnlich revolutionäres Potential wie der Übergang von der Gesellschaft der Jäger und Sammler hin zur bäuerlichen Gesellschaft (neolithische Revolution) oder die Industrialisierung im 18. Jahrhundert. Der Leser merkt frühzeitig, dass hier jemand/mehrere (ein Autor bzw. Autoren sind nicht angegeben[1]) Personen vom Fach sind. So sind die Erklärungen zu den Themen der Computerisierung sehr präzise und wissenschaftlich fundiert wiedergegeben. Von Beginn an fällt auf, dass das Thema aus einer allumfassenden Sicht heraus betrachtet wird, ohne explizit die Wirtschaft und die Großkonzerne in den Fokus zu rücken. Man gibt sich sichtlich Mühe, eine ganzheitliche Analyse durchzuführen, in welcher unter Digitalisierung im Wesentlichen die Automatisierung der Wertschöpfungsprozesse bei geringmöglicher menschlicher Beteiligung verstanden wird. Verständlicherweise nimmt so das Kapitel über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft und die Arbeitswelt auch den größten Teil ein, was jedoch weder verwunderlich noch verwerflich ist.

Die große Veränderung in Hinblick auf vorhergegangene Automatisierungen erkennt man darin, dass die Digitalisierung im Wesentlichen Routinearbeiten ersetzt. Dies betrifft von nun an auch Berufsgruppen, die bis dato verschont geblieben sind (bspw. Beamte in Verwaltungen oder Ärzte). Andere, bisher für geringqualifizierte zugängliche Berufe wie Paketboten seien hingegen viel schwieriger zu automatisieren. Aus diesem Grunde betrifft die bevorstehende Rationalisierung nun auch Höherqualifizierte, wohingegen Niedrigqualifizierte in mancherlei Hinsicht bessere Chancen auf einen Verbleib haben. Diese Veränderung betrifft, so folgert man richtig, im Wesentlichen die Mittelschicht, welche das Rückgrat des Staates bildet und seit Jahrzehnten immer vermehrt zur Kasse gebeten wird. Hier wird bereits deutlich, welcher gesellschaftliche Sprengstoff in diesem Thema begründet liegt.

Grundsätzlich steht die Arbeit auf soliden wissenschaftlichen Füßen, so finden sich bspw. Verweise zu Andrew McAfee und Erik Brynjolfsson, welche mit ihrem Buch „The Second Machine Age“ bereits vor Jahren eines der bekannteren Werke zum Thema Digitale Transformation verfasst haben. Zudem werden viele Arbeitsmarktstudien verschiedener Institute angeführt und die Ergebnisse diskutiert.

Nach der eingehenden Erläuterung fachlicher Grundlagen sowie der Ausarbeitung der Problemstellung ergeben sich zwei Kernfragen:

  • Wie können das Recht und die Pflicht zur Arbeit realisiert werden?
  • Wie wird der zukünftig steigende Bedarf an hochqualifizierten Menschen gedeckt?

Anhand der ersten Fragestellung zeigt sich bereits, dass die Verfasser unter „Arbeit“ weitaus mehr verstehen als eine bloße Tätigkeit zur Befriedigung materieller Bedürfnisse, worauf im Weiteren auch noch eingegangen wird.

Lösungsvorschläge

Im Anschluss an die Zusammenfassung geht man dazu über, eigens ausgearbeitete Lösungen anzubringen sowie in der Öffentlichkeit diskutierte Vorschläge zu betrachten. Dabei befasst man sich insbesondere mit dem „Bedingungslosen Grundeinkommen“ (BGE), der Robotersteuer und einer Digitalsteuer. Es soll im Weiteren nicht im Detail auf die einzelnen Standpunkte eingegangen werden, doch ist beachtlich, wie sich Pragmatismus, Wissenschaft und Idealismus in den einzelnen Formulierungen positiv vermengen.

So argumentiert man in Hinblick auf die bevölkerungspolitische Entwicklung, dass durch eine gezielte Ausländerrückführung das Problem in den geringqualifizierten Schichten zumindest für einen gewissen Zeitraum behoben werden kann. Zudem, so glaubt man, werde eine andere Familienpolitik dazu führen, mehr Frauen für die Rolle der Ganztagsmutter begeistern zu können, was weitere Arbeitsplätze freigeben würde. Hier wird deutlich, dass man sich nicht damit zufrieden gibt Symptome zu bekämpfen. Im Gegenteil geht man von einem Staat aus, in dem man die Geschicke lenken wird und der eine vollkommene Umwertung aller Werte vollzieht. Dies ist einerseits verständlich, hängt doch alles mit allem zusammen, doch erscheint es dem ein oder anderen Leser mit Sicherheit etwas abstrakt und weithergeholt. Geradezu wie eine Utopie. Dennoch ist man auch hier in der Lage schlüssige Lösungsvorschläge anzubringen. So finden sich auch kritische Worte zu einem nicht-gelenkten Bevölkerungswachstum in der Schrift wieder. Dieses würde, aufgrund der bevölkerungspolitischen Normalverteilung, eine höhere Anzahl an Mittelbegabten zutage fördern, was in Hinblick auf die bevorstehenden Veränderungen sogar zu einem Ballast werden könnte, da erwartungsgemäß gerade die für sie anfallenden Tätigkeiten massiv betroffen sein werden. Aus diesem Grunde müsse der Staat die Kriterien für eine Elite entwerfen, die eine gezielte Förderung eben dieser Familien zulasse. Historisch bezieht man sich hierbei auf die DDR, in welcher laut Eigenangabe nur rund 5% der studierten Frauen kinderlos blieben, also weitaus weniger als in der BRD. Es sind Beispiele wie dieses, die zeigen, dass man sich im Vorfeld durchaus Gedanken gemacht hat, die über das bisherige Maß hinausgehen.

BGE, Robotersteuer und Digitalsteuer

In den drei angeführten Instrumenten, von denen das BGE mit Sicherheit das derzeit populärste in der öffentlichen Wahrnehmung ist, erkennen die Verfasser vor allem rein materialistische Ursprünge. Das BGE führe in letzter Konsequenz zu einer Zerteilung der Gesellschaft in zwei Klassen. Eine, welche den neuen Anforderungen gerecht werde (zumeist Hochqualifiziert) und den Rest. Auch dem oftmals in der Öffentlichkeit angebrachten Argument, der Mensch würde die sich ihm dadurch gebotene freie Zeit zu Nutze machen und kreativ-schöpferisch tätig werden, sehen die Verfasser skeptisch. Diese vertreten hier eine pessimistischere (realistischere?) Anschauung, in welcher der Mensch seine Freizeit für unsinnige Aktivitäten opfert. Darin sehen die Verfasser sich im Wesentlichen durch die Gegenwart bestätigt. Zudem, und damit wäre man wieder bei der Sinnfrage angekommen, welche sich wie ein roter Faden durch das Werk zieht, sei Arbeit aus ihrer Sicht mehr als nur ein materieller Tauschwert. Vielmehr stelle sie auch etwas übermaterielles dar, was die Freizeit erst zu dem Besonderen mache, was sie ist („Kein Sonntag ohne Montag“) und dem Menschen ein über das Materielle hinausgehendes Glücksgefühl verschaffen könne. Innerhalb der Rechten kommt es häufig zu einer Romantisierung des Arbeitsbegriffes, welcher oft mit Bildern und Illustrationen fleißig schaffender Handwerker und Bauern untermalt wird. Dieser Übertreibung hängt man hier nicht an, was für den Realismus spricht, den die Verfasser in ihren Überlegungen an den Tag legen. So wird klar benannt, dass es durchaus Tätigkeiten gibt, welche mit Sicherheit nicht zu einer „höheren Glückseligkeit“ führen werden. Gerade diesen Arbeiten, welche im übertragenen Sinne auch als ein „Opfer“ für die Gemeinschaft betrachtet werden können, gelte es jedoch eine hohe Ehrung zuzuführen. Ansonsten seien Parolen wie „Arbeit adelt“ als blanker Hohn und Schikane abzutun.

Auch zur Roboter- und Digitalsteuer vertritt man einen differenzierten Standpunkt. Klingt erstere Steuer zunächst plausibel, verweisen die Verfasser auf die sich dadurch ergebenden Probleme in der Unterscheidung, ab wann etwas „robotisiert“ wurde. Gelte dies bereits für die Excel-Liste eines Handwerkers oder ab welchen Grad der Computerisierung würde es die Unternehmen betreffen? Der administrative Aufwand diese Fragen zu klären sei immens hoch und würde in der Folge vermutlich vor allem die Rechtsanwälte und Steuerberater auslasten. Die Digitalsteuer, welche bspw. in Frankreich bereits teilweise realisiert wurde, sei hingegen zumindest ein erster Schritt, um die großen Onlinekonzerne in ihre Schranken zu weisen.

Bevor man zur eigenen Lösung kommt, sei angemerkt, dass der Schrift keine außerordentliche Technikfeindlichkeit zugrunde liegt, wie es vielleicht erwartet wurde. Auch hier besticht der Pragmatismus und Realismus, die Technik als ein bloßes Werkzeug zu sehen, welches abhängig seines Anwenders positive oder negative Auswirkungen haben kann. Aus demselben Geist leitet sich dann auch die Kernforderung nach einer „Selektiven Automatisierung“ ab. Diese stellt voran, dass eine Automatisierung nur in außerordentlich gewünschten Branchen zu forcieren sei. Ihr liegen vier Punkte zu Grunde:

  1. Qualität statt Quantität
  2. Bedarfsdeckung
  3. Höchstmöglicher Grad an Autarkie
  4. Volk vor Kapital

Mit diesen Punkten bekennen sich die Verfasser zu einer Entschleunigung des Fortschritts und zu einem Ende der Wachstumsgesellschaft. Die heute übliche Praxis der geplanten Obsoleszenz müsse aus ihrer Sicht der Vergangenheit angehören. Dies führe in der Konsequenz zur nötigen Schonung von Ressourcen und der Umwelt. Aus diesem Grunde sei bei reduzierter Absatzzahl bspw. eine Vollautomatisierung in der Automobil- oder Möbelindustrie gar nicht mehr notwendig, was zu Gunsten der Lebensdauer und Qualität der Produkte gehe, sich natürlich andererseits jedoch negativ auf den Preis auswirke. Automatisierungswürdig seien hingegen klare Massenfertigungen (bspw. Schrauben, Nägel) oder für Menschen gefährliche Tätigkeiten. Auf Basis dessen könnten Ethikräte bestellt werden, die darüber urteilen, inwiefern eine Tätigkeit automatisierungswürdig sei. Dieses Urteil könnte dann als Grundlage für eine konkrete Robotersteuer stehen, in welcher nur Bereiche besteuert werden, die für nicht-automatisierungswürdig erachtet werden.

Die Verfasser sind sich im Klaren darüber, dass der Schritt von der Massen- und Wegwerfgesellschaft einen groben Einschnitt für die Masse des Volkes bedeuten wird, u.a. durch steigende Preise bei Gebrauchsgütern. Aus diesem Grunde sei eine intensive geistig-erzieherische Vorarbeit zu leisten. Allgemein erkennt man, dass vielerlei Aspekte eher idealistischer, denn ökonomischer Natur sind und daher einer weltanschaulichen Einordnung bedürfen.

Die weiteren Akteure

Bei den Betrachtungen verharrt man jedoch nicht im politischen Komplex, sondern wirft auch einen Blick auf die Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Unternehmen. Gerade für letztere wird ein interessanter Gedanke aufgeworfen. So verweisen die Verfasser auf den immanenten Wachstumsdrang von Unternehmen, welcher auch in einer nicht-kapitalistischen Zeit fortbestehen könne („übermaterieller Kapitalismus“). Aus diesem Grunde sei es geboten, wie zuvor beim Thema der „Elite“ auch für den „Erfolg“ neue Metriken zu definieren, die es den einzelnen Akteuren erlauben würden, sich neu zu orientieren. Auch der wichtige Bereich der Forschung & Entwicklung, welcher heute von Unternehmen aufgefangen und vorangetrieben wird, bedürfe neuer Anreize, um in einer nicht-wachstumsorientierten Wirtschaft nicht in Stillstand zu geraten. Auf die Frage, wie man mit dem in digitalen Märkten Phänomen des „the winner takes it all“ umgehen solle, liefert die Schrift keine Antwort[2].

Bei alledem zeigen die Verfasser auch direkt einige Schwachstellen ihrer Forderungen auf. So seien Deutschland und Europa heute in allen Bereichen der Computerisierung (Software, Hardware usw.) maßgeblich von außereuropäischen Dienstleistern abhängig. Dieser Abstand müsse aufgeholt werden, was nur durch europäische Kooperationen möglich sei. Als Erfolg für eben solche wird der europäische Flugzeugbauer Airbus angeführt, welcher mit seinen verschiedenen Sparten der zivilen und militärischen Luft- und Raumfahrt ein Prestigeprojekt darstellt. Hier muss ehrlicherweise erwidert werden, dass derlei Konzerne an erster Stelle Produkte politischen Willens und weniger ökonomischer Vorteilsüberlegungen sind. Maßgeblich zeichnen sie sich durch ein hohes Maß an Ineffizienz und Bürokratisierung aus. Wirft man einen genauen Blick auf die Gesamtbilanz des Konzerns, so wird deutlich, dass Airbus nie wirklich profitabel war. Bestes Beispiel ist das jüngste Ausscheiden des A380 Jumbos, bei welchem man schlichtweg auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Diese Fehlentscheidung zahlt der deutsche Steuerzahler, ein „Vorteil“, den andere Unternehmen niemals gehabt hätten. Auch sei das Debakel um den Militärtransporter A400M angeführt, der zeigt, wie schwierig es ist, ein europäisches Projekt mit Anforderungsstellern verschiedener Nationen zu realisieren. Dennoch können derlei Organisationen, gerade im Hinblick auf höhere Ziele natürlich für eine soziale Integration innerhalb Europas sorgen. So führen die Verfasser auch richtigerweise an, dass Deutschland in diesen Fällen zwar genötigt sei, Autarkie einzubüßen, die Verflechtung innerhalb Europas, gerade auch auf wirtschaftlicher Ebene den Kontinent jedoch davor bewahren könne, alte Grenzkonflikte und Streitigkeiten wieder eskalieren zu lassen. Ein Punkt, welcher unter Berücksichtigung der Riesen USA und China von immenser Wichtigkeit ist.

Mit einem Schwenk über die Gefahren der Datenabgabe, potenzieller unternehmerischer Willkür, dem Verlust der Privatsphäre im Rahmen von Big Data geht es zu den sozialen Auswirkungen der Digitalisierung. Auch hier wirft man wieder einen differenzierten Blick auf das Geschehen und zeigt Chancen und Risiken auf. Gerade bei der Betrachtung der Risiken wird sehr schön deutlich, worin eines der Urprobleme des menschlichen Fortschritts begründet ist. So führen die Verfasser aus, dass die Digitalisierung in ihrer jetzigen Form ein Beschleuniger für die Vereinsamung und Auflösung von Tradition und Kultur sei. Diese Auflösung habe dazu geführt, dass die Menschen sich nicht angemessen mit den neuen Gegebenheiten vertraut machen konnten. Die Kultur, als maßgebliche Anpassungsleistung zu menschlichem Fortschritt, ist nicht gegeben. Mit der logischen Konsequenz, dass die Menschen orientierungslos vor den Herausforderungen einer vollkommen neuen Zeit stehen und sich von Global-Playern diktieren lassen, wie sie damit umzugehen haben. Beispielhaft wird angeführt, dass die Etablierung einer „Internetkultur“ dabei hätte helfen können, Menschen den gesellschaftlichen Umgang mit dem Smartphone beizubringen.

Mit den beiden letzten Kapiteln „Kampf gegen die Dekadenz“ und „Der Preis der Freiheit“ wagen sich die Verfasser dann am weitesten hervor in die Vorstellungen ihrer idealisierten Welt. Sie führen aus, dass der Mensch, insbesondere der deutsche Mensch, sich Zeit seines Bestehens als Kulturwesen, eingebettet in einen großen Organismus gesehen habe. Diese Anschauung sei durch den Eintritt des judäo-christentums erstmals gestört worden und finde sich nun in äußerster Härte wieder. An dieser Stelle wäre mit Sicherheit etwas mehr Raum zur Erläuterung geboten gewesen. Sprachlich wirken manche Begrifflichkeiten dann auch etwas holprig, insbesondere wenn vom Kapitalismus und Kommunismus als Gegenspielern gesprochen wird. Für den internen Kreis ist deutlich, wie dies gemeint ist, doch sollte das Konzept mehr nach außen transportiert werden, müsste man sich überlegen, wie man diese Bezeichnungen greifbarer macht und genauer erläutert.

Das Buch schließt mit einer, teils philosophischen Abhandlung über das Verhältnis von Menschen und individueller Freiheit. Diese dürfe laut der Verfasser nur soweit reichen, wie sie die Freiheit der Gemeinschaft nicht einschränke. Genau dies sei jedoch in Zeiten des Wohlstandes und der Zivilisation der Fall. Diese habe den Menschen frei von Sorgen gemacht, was die ihm innewohnenden Kräfte der Selbstbehauptung zum Erliegen gebracht habe. Die Freiheit von den Sorgen führe damit in derzeitiger Konsequenz sogar zu seinem eigenen Tod.

Daher müsse ein neuer Staat ein Erziehungssystem etablieren, welches den Menschen auch in Zeiten der wirtschaftlichen Blüte herausfordere („kontrollierte Grenzerfahrung“). Der Mensch sei von seiner gesamten Beschaffenheit für die Gegenwart und die zukünftigen Veränderungen überhaupt nicht ausgestattet. Das vorhandene Übermaß an Nahrungszufuhr, Sex (als entkoppelter Spaßgewinn von der Fortpflanzung) und Zeit haben ihn überfordert. Entgegen der utopischen Annahmen vieler heutiger Stimmen fehle die Richtschnur, die ihm in Anbetracht dieser neuen Freiräume Halt und Orientierung geben könne. Schlussendlich müsse der Mensch begreifen, dass es die fest in ihm angelegten Eigenschaften sind, welche sich in unbewussten Verhaltensweisen und seiner Genetik offenbaren, denen er verpflichtet sei. Mit dieser Annahme appellieren die Verfasser an eine Lebensanschauung, welche das Leben selbst in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt und sich von jenseitigen Vorstellungen verabschiedet hat.

Fazit

Mit ihrer Ausarbeitung haben die Verfasser einen überaus lesenswerten, sachlichen und fundierten Anfang gemacht, um das Thema der „Digitalen Transformation“ von rechts zu bearbeiten. Das Schlagwort der „Selektiven Automatisierung“ ist überaus griffig und kann durchaus als eine solide politische Forderung aufgefasst werden. Auch die Positionierungen zu brennenden Themen wie dem BGE sind gut ausgeführt, bedürfen jedoch noch etwas mehr argumentatorischen Futters. Hervorzuheben ist, wie eingangs erwähnt, die ganzheitliche, neutrale Sichtweise auf die verschiedenen Aspekte rund um das Thema der „Digitalisierung“. Zum Ende hin kommen immer mehr ideologische Standpunkte hinzu. Hier bedarf es einiger tiefergehender Erläuterungen, was jedoch in Anbetracht des durchaus beeindruckenden Erstlingswerks und dem großen Umfang nicht negativ zubuche schlägt. Der „Dritte Weg“ hat mit dieser Veröffentlichung eine Vorreiterrolle innerhalb des rechten Lagers übernommen, dessen Pionierleistung nicht genug gewürdigt werden kann. Dies gilt es nun von weiteren Akteuren aufzugreifen und zu vertiefen.

Weitere Punkte, die in der vorliegenden Arbeit noch nicht oder sehr gering beleuchtet wurden, sind u. a. das Themenfeld des Transhumanismus oder die Abhängigkeit von Materialien für die forcierte eigene Herstellung von Hardware-Komponenten. Hier spielen geostrategische Überlegungen eine große Rolle. Auch eine Vertiefung zum Thema der Etablierung einer „Digitalen Kultur“ wäre überaus interessant und wertbringend. Zuletzt hat man auch die Frage ausgespart, wie die deutsche Rechte denn in der Zwischenzeit wirklich – gerade auch propagandistisch – mit der digitalen Welt umgehen soll. Hier ist in der Realität zu beobachten, dass die Akteure oft krampfhaft versuchen, den Trends hinterherzulaufen. Dabei hofft man dann auf Gnade von den verhassten Akteuren und echauffiert sich, wenn diese einen aussperren (bspw. Facebook oder Twitter). Die Erarbeitung einer eigenen Digitalstrategie, mit eigenen Plattformen zur Vernetzung, Veröffentlichung von Inhalten usw. wäre eine weitere, große und wichtige Aufgabe für alternative Gruppen.

[1] Anmerkung: Im weiteren Verlauf wird daher von mehreren Verfassern ausgegangen

[2]the winner takes it all“ bezieht sich darauf, dass digitale Märkte in einem höheren Maße zur Monopolisierung neigen als klassische Industrien. Dies zeigt sich insbesondere am Beispiel der Plattformökonomie. So ist Facebook das erfolgreichste soziale Netzwerk, weil es das größte ist. Genauso wie Amazon der größte Onlinehändler ist, weil alle Händler auf seiner Plattform anbieten. So bedingen sich Geschäftsmodell und Monopol gewissermaßen, was zu einer unglaublichen Machtkonsolidierung vereinzelter Akteure führt.

 

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