Karl Marx und die Neue Rechte – Vom Versuch einer Kapitalismuskritik

von | 25. Okt. 2018 | Debatte

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um eine Stellungnahme von dem Wirtschaftswissenschaftler Peter Steinborn, der sich hier als Vertreter des Arbeitskreises für Politische Ökonomie, welcher dem Institut MetaPol inbegriffen ist, zu Wort meldet. Der Arbeitskreis beschäftigt sich mit Fragen zu wirtschafts- und finanzpolitischen Aspekten. Der Arbeitskreis besteht aus Ökonomen und Unternehmern, die sich der Analyse wirtschaftlicher Prozesse sowie der Überlegung alternativer Wirtschaftsmodelle widmen.

Im Jubiläumsjahr von Karl Marx hat sich nun auch die Rechte zu dem Verfasser des Kapitals geäußert. In der Marx-Exegese Marx von rechts beziehen sich Benedikt Kaiser, Alain de Benoist und Diego Fusaro auf Teile seines Werkes und provozieren dabei offensichtlich Fragmente der deutschen Linken, die ohnehin mit wenigen Ausnahmen vom kapitalismuskritischen „alten“ Marx abgekommen scheinen und sich in den letzten Jahren vermehrt der gesellschaftsphilosophischen Seite des „jungen“[1] Marx widmeten.

Da diese Exegese als Grundlage einer Debatte dienen soll, wollen wir uns hiermit an derselben beteiligen. Wir glauben, dass es notwendig ist, innerhalb der deutschen Rechten auch über Marx zu sprechen. Dabei wirken die Autoren sowie auch der Herausgeber Philip Stein, als wären sie nicht nur offen für einige Theorien Marxens, sie fordern die Neue Rechte auf, sich mit seinen Thesen zu beschäftigen und bezeichnen die Auseinandersetzung gar als „Startschuss“, der einen „fundamentalen Neubeginn, eine neue Theorie und Praxis neurechter Politik, (…) eine neue Arbeits- und Denkweise“ einleiten könne.[2]

Dies sind natürlich ungewöhnliche Töne, insbesondere in der Neuen Rechten, weshalb die Lektüre durchaus anziehend auf jene wirken dürfte, die sich nicht einer für die Rechte beinahe typischen Dogmatik hingeben und auch offen für „andere“, eher dem linken Spektrum zugesprochene Denkweisen sind.

Zunächst muss gesagt werden, dass der Versuch, Marx von rechts differenziert, wertneutral und undogmatisch zu lesen, zu interpretieren und auch noch zu verschriftlichen, eine mutige und vor allem undankbare Aufgabe ist. Es bedarf eines intensiven Studiums, um diesen doch häufig widersprüchlichen und komplexen Geist aufzunehmen und zu begreifen. Betrachtet man die Ausführung der meisten linken Theoretiker, fällt auf, dass die selbsternannten „Erben“ des Namengebers einer der drei großen Ideologien im 20. Jahrhundert es selbst kaum vermochten, die Ideen dieses komplizierten Mannes zu erfassen.

Dennoch kann der geneigte Leser, der sich zuvor bereits eines genauen Studiums wirtschaftstheoretischer Ansätze und Ideen, vor allem abweichend von denen Marxens, widmete, einige nicht unerhebliche Webfehler in den gerade hier postulierten und übernommenen Marx‘schen Theorien entdecken. Diese halten wir für so grob, dass wir uns entschlossen haben, hier eine Stellungnahme bzw. eine Auseinandersetzung mit den für uns fehlerhaften Denkmustern vorzunehmen.

Es handelt sich daher im Folgenden nicht um eine klassische Rezension, sondern vielmehr um das Aufgreifen einer offensichtlich wichtigen Debatte innerhalb der Rechten. Dabei stellt das Buch Marx von rechts einen Ausgangspunkt dar, weil sich darin Inhalte verbergen, die vom Autor dieser Zeilen nicht nur hinterfragt werden, sondern tatsächlich als überholt gelten und längst empirisch widerlegt wurden. Daher wäre eine Auseinandersetzung mit Marx an dieser Stelle gar nicht nötig, wenn die Autoren des benannten Werkes sowie einige sozialpatriotische Akteure innerhalb der deutschen Rechten ihn nicht zum Vordenker einer Neuen Rechten stilisieren würden.

In der nachfolgenden Kritik behandeln wir in erster Linie den „ökonomischen Marx“ und klammern dabei den für gewöhnlich stärker im Vordergrund stehenden gesellschaftsphilosophischen Marx aus.[3]

Die politische Ökonomie soll dabei in den Mittelpunkt dieser Debatte gerückt werden, da sie der Schlüssel ist, für eine echte Rechte, die die Zukunft wahrhaftig gestalten kann.

Marxens fehlerhafte Grundannahmen

Die Grundlage der Marx‘schen Theorien über Arbeit, Wert und Kapital bildet seine Analyse über die „kapitalistischen Produktionsverhältnisse“. Wie auch von Benedikt Kaiser richtig interpretiert, war Marx keineswegs auf den sogenannten „Kapitalisten“ als Ausbeuter fixiert, sondern vielmehr auf das Kapital als solches, was laut Marx das Grundübel des Kapitalismus ausmache und für die dialektische Rollenverteilung von ausbeutenden „Kapitalisten“ bzw. „Expropriateuren“[4] und dem ausgebeuteten Arbeiter verantwortlich sei. Kaiser schreibt daher treffend: „Marx interessiert sich für die Kapitalisten also nur insofern, als sie etwas Bestimmtes darstellen, nämlich die Vergegenständlichung einer Logik, die vom Kapitalismus indes vorgegeben wird[5]. Tatsächlich sah Marx im Kapital die herrschende Größe im Kapitalismus, jene Determinante, die sowohl den Unternehmer wie den Arbeiter vor sich hertreibt. Hier wird zugleich die deterministische Geschichtsauffassung vom Vater des ungewollten Marxismus[6] deutlich.

Marx macht hierbei bekanntlich das Privateigentum an den Produktionsmitteln verantwortlich. Dies führe zu der Ausbeutung des Arbeiters durch den Kapitalisten, der sich die Arbeit anderer zunutze mache, um einen Mehrwert (Profit, Rendite) zu erzielen. Der Mehrwert könne dabei ausschließlich durch die konkrete menschliche Arbeit erzeugt werden. Für Marx ist demnach sämtliches Kapital Ware bzw. Sachgut. Selbst das Geld ist letztlich in Marxens Welt Ware und wird auch als solche betrachtet. Dabei übersieht Marx die Rolle des Geldes innerhalb des Wirtschaftskreislaufes, wo wir bereits bei dem schwerwiegendsten Fehler in seiner Analyse sind: Die Definition des Kapitals.

Für Marx ist alles Kapital Sachgut und jene, die es besitzen, haben einen essentiellen und existenziellen Vorteil gegenüber den besitzlosen Arbeitern, deren Arbeitskraft sie – durch das Kapital gesetzt – ausbeuten müssten. Für Marx ist jeder Mehrwert nur durch die menschliche Arbeit möglich. Der Mehrwert käme durch die Mehrarbeit zustande, und die ist bei Marx ebenfalls eine Ware. Die Verdinglichung und Verselbständigung von Geld mache es schließlich zu Kapital. Marx veranschaulicht seine Theorie in dem Beispiel eines Kaufmanns, der Baumwolle für 100 Pfd.St.[7] einkauft und für 110 Pfd.St. wieder verkauft. Die 10 Pfd.St. (110-100 Pfd.St.) seien dabei der Mehrwert. In seiner abstrakten Darstellung im Kapital (1. Band) im Kapitel Verwandlung von Geld in Kapital beschreibt er es folgendermaßen: Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G‘, wo G‘ = G + DG, d.h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.“[8]

Bei G – W – G‘ handelt es sich um die Formel der Verwandlung des Geldes in Kapital. G stellt dabei den Geldbetrag dar, den der Kaufmann in dem obigen Beispiel ausgab, um die Baumwolle zu erwerben, die mit W – für „Ware“ stehend – gekennzeichnet ist. Der Betrag, für den der Kaufmann die Baumwolle W verkauft, heißt G‘. Der Betrag G wurde also um DG, den Mehrwert, erweitert zu G‘.

Doch wie kommt es zu G‘? Wie entsteht dieser Mehrwert DG? Marx hat dafür folgende Antwort: „Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d.h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft.[9]

Marx unterstellt der menschlichen Arbeitskraft, welche für ihn der „Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten (…) der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen[10] ist, dass sie einen reinen Gebrauchswert innehätte. Der geistige Vater des Kommunismus also unterscheidet in Gebrauchs- und Tauschwert. Dabei ist der Tauschwert das, was der „Kapitalist“ für seine Ware bekommt. Der Gebrauchswert ist demnach der tatsächliche Nutzwert einer Ware. Diese reine Ware eines reinen Gebrauchswertes sei einzig die menschliche Arbeitskraft, das Arbeitsvermögen. Der Kapitalist, der im Kapitalismus zugleich Herrscher über seine Produktionsmittel ist, braucht demnach den Arbeiter, um einen Mehrwert produzieren zu können. Der Arbeiter selber hat jedoch keinen Besitz an Produktionsmitteln und hat demnach einzig seine eigene Arbeitskraft und –zeit „als Ware“, die er dem Geldbesitzer anbietet und verkauft. Durch den bereits oben erwähnten essentiellen und existenziellen Vorteil des Kapitalisten, Besitzer und Herrscher über die Produktionsmittel zu sein, befindet sich dieser gegenüber dem besitzlosen Arbeiter in einer starken Position innerhalb von Lohnverhandlungen. Der Arbeiter sei ja schließlich auf den Besitzer der Produktionsmittel angewiesen und kann demnach ausgebeutet werden.

Hier befände sich also das Grundübel im Kapitalismus. Die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, das Vorhandensein von Habenden und Nichthabenden, das Privateigentum an den Produktionsmitteln sei also das entscheidende, das diese gesellschaftlichen Verhältnisse, die dem Kapitalismus immanent seien, geradezu determinieren. Aus dieser vermeintlichen Erkenntnis seiner von Anfang an fehlerhaften Analyse, postuliert Marx die quasi historisch determinierte Enteignung der Enteigner.[11]

Immer wieder wird deutlich, dass Marx beim Kapital von einer Art perpetuellen bzw. transzendentalen Größe ausgeht.[12] Die Verdinglichung des Kapitals als Determinante, die die Geschichte und die gesellschaftliche Entwicklung mache. Kaiser selbst scheint Marx an dieser Stelle in die Falle gegangen zu sein. So beschreibt er in seiner Kurze(n) Geschichte rechter Kapitalismuskritik in Deutschland, dass der historische Nationalsozialismus „(nicht) dezidiert kapitalismuskritisch war“, da er „das Privateigentum an Produktionsmitteln, (den) adligen Großgrundbesitz oder die starke Gestaltungsmacht der finanzindustriellen Familiendynastien (…) zwischen 1933 und 1945 nicht zur Disposition“ stellte[13]. An einer anderen Stelle zuvor verweist er auf den Strasserismus, der angeblich einen originären „‘linken‘ Nationalsozialismus“ darstellte. Der Grund für seine Annahme besteht wohl darin, dass dieser Kreis auch explizit die Verstaatlichung von „Produktionsmitteln, des Grund und Bodens sowie (der) Banken[14] ins Auge fasste. Diese Worte von Benedikt Kaiser lassen nur einen Schluss zu: Er glaubt die Ausbeutungstheorie Marxens und hält das Privateigentum an Produktionsmitteln für einen elementaren Bestandteil des Kapitalismus. Er betrachtet den Kapitalismus, gleich Marx, ausschließlich auf der Produktionsebene und vernachlässigt dabei die viel wichtigere Geldzirkulationsebene. Marx hat seinerzeit kein ernsthaftes Wort gegen die Finanzindustrie gesagt. Er hat den Ursprung dieses so oft beklagten Gaunertums an den Börsen nicht erkannt oder zumindest nicht benannt[15]. Die von Kaiser und Marx so beklagten „kapitalistischen Produktionsverhältnisse“ sind nicht aus einer wie auch immer gearteten Transzendenz entstanden. Sie sind auch nicht die Ursache für die Ausbeutung und das Vorhandensein von Klassen. Es ist wichtig an dieser Stelle zu betonen, dass wir keineswegs das Vorhandensein von Klassen befürworten. Im Gegenteil handelt es sich dabei um einen volks- und damit auch substanzzersetzenden Zustand, der erst dadurch zustande kommen konnte, dass wir in einem Geldsystem leben, welches eine hohe Diskrepanz mit der dem Menschen immanenten Warenwirtschaft aufweist. Dennoch ist das Vorhandensein mindestens von Schichten eine naturgegebene Tatsache. Die Auflösung von Eigentum an Produktionsmitteln oder den sogenannten Gemeingütern, führt nicht zur Beendigung des Kapitalismus. Wir werden das in den nächsten Zeilen nachweisen. Doch zunächst der Reihe nach.

Pierre-Joseph Proudhon und Karl Marx: Die zwei Auffassungen des Mehrwertes

Es wurde oben bereits deutlich beschrieben, worin für Karl Marx der Mehrwert liegt. Dieser sieht ausschließlich in der menschlichen Arbeitskraft einen Mehrwert, weshalb der Kapitalist, um seine Rendite, seinen Gewinn, zu erhöhen, auch schaffende Arbeiter ausbeutet. Diese Auffassung vom Mehrwert hat Geschichte gemacht. Die Ansichten eines Karl Marx haben ganze Länder zur Revolution verleitet. Sein Name ist durch seine Analysen und den Folgen, die sich daraus ergaben, unsterblich in die Geschichte eingegangen. Was aber ist mit Pierre-Joseph Proudhon? Dieser Franzose ist so gut wie gar nicht bekannt. Auch Kaiser vermag ihm lediglich eine knappe Erwähnung ohne Erklärung seiner bahnbrechenden und vor allem nicht-marxistischen Erkenntnisse zum Mehrwert widmen[16]. Marx hat ihn Zeit seines Lebens stark kritisiert. Dies verwundert nicht, betrachtet man die Ausführungen eines Proudhon zum Mehrwert, der Eigentumsfrage und der sich daraus ableitenden „kapitalistischen Produktionsverhältnisse“, so stellt man erhebliche Diskrepanzen zu Marxens Theorie von der Ausbeutung fest.

Proudhon erkannte, dass der Mehrwert nicht in der Produktionssphäre zu suchen ist, sondern seinen Ursprung in der Zirkulationssphäre hat. Für ihn haben die Geldbesitzer gegenüber den Anbietern von Waren einen entscheidenden Vorteil beim Tausch, der sich aus der ureigenen Eigenschaft des Geldes ergibt: Die Nichtverderblichkeit. Damit obliegt es dem Geldbesitzer über Inflation und Deflation[17] zu bestimmen. Wer viel Geld besitzt, hat demnach einen unheimlichen Vorteil gegenüber der Produktion. Er kann dem Markt einen Riegel vorschieben. Geld ist für Proudhon nicht nur Öffner, sondern zugleich Schließer, Mittel, um Marktwirtschaft zu verhindern. Der französische Sozialist hat die Marktwirtschaft demnach auch nicht abgelehnt, wie es die meisten vermeintlichen Sozialisten taten oder tun, sondern er postulierte sogar gegenteilig, dass nur die freie Marktwirtschaft die Macht des Kapitals brechen könne.[18]

Glauben wir also Proudhon, dann entsteht der Mehrwert bei der Vergabe von Geld in Form von Krediten oder Leihgaben, die mit einem Aufpreis auf den Tauschwert vergütet werden. Dieser Aufpreis wird allgemein als Zins bezeichnet. Der Zins bzw. „die Zinszahlungspflicht“, so beschrieb es schon Reiner Bischoff in seinem bekannten Werk Entmachtung der Hochfinanz – Demokratie, Frieden, Arbeit für alle, Natur- und Kulturbewahrung sind möglich sowie „der Rentabilitätszwang [ist] das hervorstechende Merkmal unserer Geldwirtschaft“[19]. Für Bischoff ist das Kapital „eine zinsbringend angelegte Geldsumme“. Beide Autoren sehen also das Problem nicht beim Realkapitalisten, also dem industriellen realen Kapital, das den Arbeiter aus Profitgier ausbeutet, sondern beim Geldkapitalisten, bei dem der mittellose Unternehmer („Real- bzw. Industriekapitalist“) sich verschuldete und daher zu Effizienz und Rationalisierung gezwungen ist. Bischoff spricht hier vom Wachstumszwang, der sich aus der Abhängigkeit zum Geldkapital ergibt. Da der Industriekapitalist, also bspw. ein produzierender Unternehmer von dem Kreditgeld eines anderen Kapitalisten abhängig gemacht wird, ist er bei zunehmendem Kapitaldienst dazu gezwungen, zu wachsen. Demnach ist nach Pierre-Joseph Proudhon im Zins der eigentliche Mehrwert zu suchen, der wiederum nach Bischoff die von Marx beklagten kapitalistischen Produktionsverhältnisse verursache. Nicht die menschliche Mehrarbeit und der daraus sich ergebende Mehrwert sind das verdinglichende Ungestüm, sondern das Zinskapital.

Die Macht des Zinses – Der Zinseszinseffekt

Wie bereits oben angesprochen, ist also der Unternehmer selbst ein vom Zinskapital Getriebener. Durch die Verschuldung macht er sich abhängig und wird somit letztlich zum Sklaven seiner Gläubiger. Nun ist grundsätzlich nichts an der Fremdfinanzierung eines Investments auszusetzen, jedoch führt der in unserem Geld- und Kreditwesen inbegriffene Zins mit seinem exponentiellen Wachstum dazu, dass jedes System mit mathematischer Logik früher oder später zusammenbrechen muss.

Eine Robinsonade mit dem Fell:

Um sich diesen Effekt vor Augen zu führen, wollen wir ein kleines, wenn auch vereinfachtes, dafür jedoch einleuchtendes Beispiel betrachten:

Nehmen wir an, wir befinden uns auf einer Insel, die vollkommen von der Außenwelt abgeschottet ist und somit keinerlei äußeren Einflüsse wie Waren-, Geld- und Informationsimporte zulässt. Auf dieser Insel leben 11 Menschen, die bisher grundsätzlich Waren und Dienstleistungen mit Naturalien tauschten. Die Insel mit ihren 11 Bewohnern bildet einen eigenen kleinen Wirtschaftskreislauf. Da es sich häufig in der Vergangenheit als schwierig erwies, ausschließlich mit Naturalien zu zahlen und der eine oder andere sich in der Tauschbeziehung untervorteilt fühlte, kommt einer der 11 Insulaner auf die Idee, eine Währung einzuführen. Nehmen wir an, dass es auf dieser Insel insgesamt 200 Wildschweine gibt. Nicht mehr, nicht weniger. Der eine, der die Idee mit der Währung hat, tötet alle 200 Wildschweine, zieht ihnen die Felle ab und trocknet sie. Danach verkündet er die Idee anstatt mit irgendwelche Tauschnaturalien in Zukunft mit diesen Fellen zu handeln. Die Felle stellen demnach die Währung auf dieser Insel dar. Es gibt ausschließlich diese 200 Felle. Nun finden die 10 Insulaner die Idee ziemlich gut und akzeptieren. Der 11. Bewohner gibt jedem Einzelnen genau 20 Felle, jedoch zu einem jährlichen Zinssatz von 5 Prozent. D.h. jeder der 10 Entleiher schuldet dem 11. Insulaner am Jahresende genau 21 Felle.

Aufgrund dieser Tatsache ist jeder Inselbewohner dazu  bestrebt, am Ende des Jahres seine 20 Felle plus ein weiteres Fell zusammen zu bekommen. D.h. es wird jeder von ihnen danach trachten, dieses eine Fell von einem der anderen abzuluchsen. Zuvor handelten die Insulaner auf Grundlage eines rein subjektiven Werteverhältnisses. Brauchte einer einen Esel, war er bereit, dafür vielleicht das Dach des anderen zu reparieren, während ein anderer diese Bereitschaft nicht hatte. Dies führte dazu, dass sich jeder zumindest in der Regel – Ausnahmen bestätigen sie bekanntlich – gerecht behandelt fühlte. Nun jedoch stand ja jeder der zehn unter Druck, bis zum Ende des Jahres das eine Fell zu besorgen und so entstand ein krasses Konkurrenzdenken zwischen den Bewohnern.

Aber halt mal! Betrachten wir das Ganze doch einmal global: Insgesamt gibt es 200 Felle auf der gesamten Insel. Diese wurden zu Beginn des Jahres gleichmäßig verteilt, jedoch jeweils zu einer Verzinsung von 5 Prozent. D.h. insgesamt schuldet die Insel dem 11. Bewohner 210 Felle. Es existieren aber nur 200. Damit zumindest 9 der Akteure ihre Schuld begleichen können, muss einer all seine Felle an die anderen abgeben. Keiner der Wirtschaftsteilnehmer erkennt diesen Zusammenhang, da sie damit beschäftigt sind, den anderen das Fell abzuziehen, um ihre Schulden zu begleichen. Würden sie die Sache einmal global betrachten, wäre der Fell-Verleiher wohl bald der unglücklichste Mensch auf der Insel.

Zugegeben, dieses Beispiel ist sehr vereinfacht und vielleicht würde es den Bewohnern bei der überschaubaren Bevölkerung der Insel sogar auffallen, dass sie betrogen worden sind, aber wie verhält sich das in einem wirtschaftlichen Großraum wie der Euro-Zone, wo über 340 Millionen[20] Menschen leben und sich eine Geldmenge von mehr als 12 Billionen[21] Euro befindet?

Dadurch wird jedoch illustriert, welche Wirkung der Zins auf eine Volkswirtschaft hat und dass die kompletten volkswirtschaftlichen Schulden niemals zurück gezahlt werden können, es sei denn, jemand würde weitere Wildschweinfelle in Umlauf bringen, was wieder zur Inflation, also der Geldentwertung (oder wie in unserem Beispiel zur Entwertung des einzelnen Wildschweinfells) führen würde. Dies passiert in unserer realen Welt, in der wir mit von der Regierung gesetzlich verordneten Banknoten zahlen müssen, tatsächlich. Die Regierung lässt einfach neues frisches Geld drucken, um die Schulden zu bezahlen, die der Staat einging.

Nun birgt unser Zinssystem noch einen weiteren sich viel dramatischer auswirkenden Effekt, der auf den Zinseszins zurückzuführen ist. Wir haben bereits an einer anderen Stelle über dieses Phänomen geschrieben und wollen diese daher nur nochmal zitieren: „Die Aufnahme eines Kredites bei einer Geschäftsbank führt dazu, dass der Kreditnehmer einen Zins zu zahlen hat (…)  Sinn und Zweck ist die Vermehrung desselben, um einen Mehrwert zu generieren. Dies ist letztlich auch der Anreiz für jeden Kapitalgeber, sein Vermögen zu investieren.

Die Verschuldung nach dem Zinseffekt jedoch führt dazu, dass sich die Schulden irgendwann selbstständig machen. Dies ist im exponentiellen Wachstum des Zinseszinses begründet. Der Zinseszins ist die Verzinsung eines bereits verzinsten Betrages. Die folgende Formel verdeutlicht den Effekt des Zinseszinses:

Die Zinseszinsformel

Nach dieser Formel lässt sich z.B. ein Betrag Kn errechnen, den wir in n Jahren bei einer bestimmten jährlichen Verzinsung p erhalten, wenn wir zum Zeitpunkt 0 (also zu Beginn) einen bestimmten Betrag K0 anlegen.“[22]

Der Joseph-Pfennig

Um nun zu verdeutlichen, welche Schlagkraft dieser Zinseszins-Effekt hat, betrachten wir wieder ein Beispiel:

Nehmen wir an, Joseph hätte am 25. Dezember im Jahre 1 v. Chr. für Jesus Christus einen Cent zu 5 Prozent in ein Sparbuch angelegt. Nach der o.g. Zinseszinsformel hätte er bereits im Jahre 70 n. Chr. 2 Cent. In 463 n. Chr. wäre daraus bereits 1 EUR geworden. Und welchen Betrag hätten wir nach 2017 Jahren auf unserem Sparbuch? Die unglaubliche Anzahl von ca. 259 Milliarden Erdkugeln aus purem Gold.

Die Kapitalentwicklung des Joseph-Pfennigs bis 2017: Die Anzeige zeigt im Jahr 2017 einen Betrag von 54.804.500.527.086.931.410.109.286.026.898.934.071.296,00 € , also annähernd 55 Sextilliarden Euro (eigene Darstellung).

Dieses Beispiel illustriert die vernichtende Wirkung dieses Schneeballeffektes. Nun klingt das fantastisch, wenn man auf der Zinsnehmer-Seite steht. Doch auf der anderen Seite muss es immer jemanden geben, der uns dieses Geld auszahlt, also dafür eine Leistung erbringen muss.

D.h., der Zinseszins führt dazu, dass andere ihr Geld „für sich arbeiten“ lassen können, weil dieses sich quasi durch diesen Effekt verselbstständigt. Doch muss irgendwer dafür arbeiten gehen und das Geld erwirtschaften. Dies führt zu unglaublichen Reichtümern auf der einen und krasser Massenarmut auf der anderen Seite. Der Börsenexperte und in den Medien als Mister DAX bekannte Dirk Müller kreidet diesen Umstand in seinem Buch Crashkurs. Weltwirtschaftskrise oder Jahrhundertchance ebenfalls an und rechnet dem Leser vor, welche überragende Geschwindigkeit diese Kapitalkonzentration in den letzten Jahrzehnten hatte: „1998 besaßen 10 Prozent der Deutschen etwa die Hälfte des Vermögens aller Bürger. Nur fünf Jahre später, also 2003, besitzen die reichsten 10 Prozent bereits zwei Drittel des Gesamtvermögens.[23]

Auf der TED-Konferenz in Zürich präsentierte der Physiker James Glattfelder die eindeutige und mathematisch erwiesene Antwort auf die Frage danach, wer die Welt kontrolliert. Demnach seien über 80 Prozent des Vermögens der 43.000 größten global agierenden Konzerne in den Händen von 0,123 Prozent derselben. D.h. 737 Top-Player besitzen die Macht über den Großteil des weltweiten Kapitals.[24]

Marx war kein Antikapitalist

Es ist also der Zinseszins, der zu dieser schreienden Ungerechtigkeit führt und daher bezeichnen wir den Kapitalismus in erster Linie auch als Zinswirtschaft. Alle von den Marx-Jüngern sowie die von den „Sozial-Patrioten“ innerhalb der neuen Rechten auch zurecht kritisierten Auswirkungen des Kapitalismus sind auf das exponentielle Wachstum des Zinseszins zurückzuführen, der einen Zustand der modernen Sklaverei erzeugt und somit auch den mittellosen Unternehmer, dem sog. industriellen „Kapitalisten“ vor sich her treibt.

Die Autoren des Buches Marx von rechts befleißigen sich hier an den Theorien Marxens, ohne dabei auf die Tatsache einzugehen, dass er diesen von uns lang und breit erklärten Umstand nicht nur übersehen, sondern vehement bekämpft hat. Marx ist deshalb auch kein echter Kapitalismuskritiker gewesen. Seine Theorien führten eher dazu, Arbeiter und Unternehmer gegeneinander aufzuhetzen und den von ihm gegeißelten Klassenkampf noch zu befeuern, anstatt ihn zu lösen. Das Postulat nach der Verstaatlichung des Gemeingutes, gar der Produktionsmittel ist eine Ablenkung von den wahren Ursachen der Ausbeutung, der Umweltverschmutzung, des exzessiven Wachstumszwangs und allen sich daraus ergebenden Folgeerscheinungen. Zudem würde es bedeuten, den natürlichen menschlichen Drang nach Privateigentum zumindest in Teilen zu unterdrücken. Die Produktionsmittel, also das Kapital bei Marx, würde sich demnach in den Händen des Staates konzentrieren. Der ohnehin utopische Kommunismus würde also aus der Oligarchie von Privatleuten eine staatliche Oligarchie machen. Das Ergebnis bleibt dabei aber dasselbe.

Marx war daher niemals auch nur im Ansatz gefährlich für den Kapitalismus. Im Gegenteil, Marx übersah nicht nur die Zinsursache, er beteiligte sich an der Verschleierung, indem er den zeitgenössischen Sozialisten Proudhon kritisierte und den Zins als eine Art juristische Konstruktion herunterbrach, der nichts weiter als einen Anspruch bzw. Erwartungswert für den in der Zukunft liegenden Mehrwert darstelle.

So schrieb er in seinem 3. Band über das zinstragende Kapital: „Was gibt der Geldkapitalist dem Anleiher, dem industriellen Kapitalisten? Was veräußert er in der Tat an ihn? ( . . .) Was ist der Gebrauchswert, den der Geldkapitalist für die Zeit des Ausleihens veräußert und an den produktiven Kapitalisten, den Borger, abtritt? Es ist der Gebrauchswert, den Geld dadurch erhält, daß es in Kapital verwandelt wird, daß es als Kapital fungieren kann, und daß es daher einen bestimmten Mehrwert, den Durchschnittprofit, ( . . .) in seiner Bewegung erzeugt, außerdem, daß es seine ursprüngliche Wertgröße wahrt ( . . .). Diesen Gebrauchswert des Geldes als Kapital ‑ die Fähigkeit den Durchschnittsprofit zu erzeugen ‑ veräußert der Geldkapitalist an den industriellen Kapitalisten.“[25]

Für Marx ist demnach der Industriekapitalist der eigentlich wahre Ausbeuter, während der Geldkapitalist nur mittelbar an dem Produktionsprozess, der ja die Quelle für die Ausbeutung des Arbeiters sein soll, beteiligt sei. Was für ein fataler Webfehler, den Marx auch noch zur Maxime erhob und der Abermillionen Menschen gegeneinander aufhetzte, so wie es das Zinskapital tut.

Wir würden auf diesen Umstand gar nicht erst hinweisen, wenn sich Kaiser hier nicht blind bei Marx bedient hätte. Diese Theorie der Ausbeutung durch den Mehrwert, der im Produktionsprozess zustande käme, ist längst widerlegt und scheiterte ebenso auf dem historischen Schlachtfeldern, wie es der Kapitalismus tun wird. Doch die Tatsache, dass nun wieder einmal junge, sicherlich gut meinende Rechte versuchen, sich der törichten Postulate zu bemächtigen, veranlasst uns zur Erklärung.

Die irrige Werttheorie und die Abschaffung der Arbeit (?)

In dem Kapitel Karl Marx und der Warenfetischismus beschreibt Alain de Benoist unter Bezugnahme auf Marxens, wie sich die gesellschaftlichen Beziehungen zunehmend im Kapitalismus nur noch um die Ware drehen. Diese sei, nach Marx, „ein sehr vertracktes Ding, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken[26]. Marx sah in der Ware den Dreh- und Angelpunkt für einen „Fetisch“. Ein Fetisch, der mit einem Götzenbild oder einem magischen Gegenstand verglichen werden kann, der eine quasi-religiöse Bedeutung für den Menschen hat, ist also ein Ding, dem Eigenschaften zugewiesen werden, die dieser von Natur aus gar nicht besitzt.

Und hier will Marx die Ursache für die Verwerfungen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft entdeckt haben. Liest man die Verlautbarungen von Benoist, so wird deutlich, dass dieser auch diesem Irrtum auf dem Leim gegangen ist. So schreibt er: „Dieser Warenfetischismus besteht darin, dass im kapitalistischen System die sozialen Beziehungen nur noch durch die vermittelnde Rolle der Ware stattfindet, wobei die Beziehungen zwischen den Menschen sich allmählich nach dem Modell ihrer Relation zu den Dingen gestalten.“

Nun fragen wir, welche Aufgabe hat denn die Ware oder die Warenwirtschaft, wenn nicht eine vermittelnde Rolle innerhalb der sozialen Beziehungen des Menschen zu erzeugen. Die Wirtschaft, die Arbeitsteilung und der Austausch von Waren und Dienstleistungen ist doch gerade die Interaktion generierende Prozedur in einer Gesellschaft. Gesellschaften, Gemeinschaften, ganze Gruppen von Menschen entstehen erst nur durch die „vermittelnde Rolle der Ware“. Nun wollen wir keineswegs dem hedonistischen Konsum frönen oder vernachlässigen, welche asozialen Interdependenzen heute zwischen den Menschen stattfinden. Doch sind die doch vielmehr dadurch entstanden, dass die Wirtschaft und letztlich die Ware heute dazu verdammt ist, reines kommerzielles Gut zu sein. Ein Gut, dass nur deshalb entstanden ist, damit irgendwer auf dieser Welt seine Zinsen kassieren kann. Ein Gut, das im Sinne der geplanten Obsoleszenz ohnehin nach wenigen Jahren wieder neugekauft werden muss, damit der Absatz weiterläuft – ganz im Zeichen des von uns oben bereits angesprochenen Wachstumszwanges. Vielmehr sagen wir, dass eben diese Aufgabe der Wirtschaft und letztlich jedes Waren- und Dienstleistungsaustausches, also die Entstehung von sozialen Beziehungen aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeiten, die wiederum Recht-, Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein mit sich bringen können, heute unberücksichtigt bleibt. Die Menschen haben heute ausschließlich der Wirtschaft zu dienen, anstatt dass die Wirtschaft den Menschen dient. So wird die Gesellschaft entsprechend den Bedürfnissen der Volkswirtschaft oder besser des globalen Kapitals geformt und zur Anpassung aufgefordert. Doch der Ware zu unterstellen, sie würde die sozialen Beziehungen – natürlich nach Marx und Benoist im negativen Sinn – dominieren und bekäme damit die Rolle eines Fetisch‘ zugewiesen, entbehrt jeglicher Logik und jeglichem Verständnisses von Wirtschaft und ihrer Aufgabe, den Menschen zu dienen und soziale Beziehungen erst möglich zu machen.

Und wo will Benoist die Ursache für diesen Fetisch bzw. für die „Verdinglichung“ der sozialen Beziehung ausmachen? Es ist die so oft schon von Marx beklagte Diskrepanz zwischen dem sogenannten Gebrauchs- dem Tausch- und dem eigentlichen Wert einer Ware. Der Gebrauchswert wäre dabei jener Wert, der „ein privates Bedürfnis“ befriedige, „das aus einer konkreten, ‚lebendigen‘ Arbeit“ resultiere. Hingegen wäre der Tauschwert „das Ergebnis einer abstrakten, ‚toten‘ Arbeit“. Des Weiteren schreibt der französische Vordenker der Neuen Rechten: „Was den Wert einer Ware im Wesentlichen ausmacht, ist ihre Fähigkeit, ausgetauscht zu werden, noch bevor der Austausch erfolgt. Sie setzt also die Existenz des Kapitals voraus, also kapitalistische Gesellschaftsverhältnisse, die bereits vorherrschend geworden sind.[27] Ist also das Vorhandensein von Kapital, welches für Marx ja erst durch den oben bereits betrachteten Umwandlungsprozess zustande kommt, auch für Benoist das ausschlaggebende Merkmal „kapitalistischer Gesellschaftsverhältnisse“? Für ihn ist also die Tatsache, dass Ware zu einer Art Äquivalent in Form von Geld getauscht werden kann, ein Kriterium „kapitalistischer Gesellschaftsverhältnisse“? Der Gebrauchswert drückt ja demnach „keinen gesellschaftlichen Produktionswert“ aus. Doch der Tauschwert, der böse, wäre eine „Form der Sozialisierung, die der gesamten Gesellschaft ihre Struktur auferlegt“.[28]

Wie bitte? Der Tauschwert, also der Betrag bzw. der Wert, den ein Teilnehmer bekommt, aufgrund einer subjektiven Einschätzung, der situativen Einstellung und vielleicht weiterer äußerer Bedingungen, besitze einen sozialisierenden Charakter, der quasi automatisch abläuft und dem Menschen seinen Willen aufzwingt?

Benoist spitzt dies noch zu, indem er behauptet: „Die Dinge steuern nunmehr die Menschen.“ Verkopfter geht es gar nicht mehr. Menschen können nicht von irgendwelchen Dingen oder verdinglichten Waren, irgendwelchen Fetischen gesteuert werden. Hier wird das Sachgut zum Monstrum gemacht und jede Handlung gieriger und machthungriger Zinskapitalisten entschuldigt. Das System hat sich also selbständig gemacht und richtet sich nun wohl auch gegen seine Schöpfer? Für Benoist bilden Kapital und Ware „ein dynamisches System (…), das die Ziele und die Mittel des menschlichen Handelns immer mehr bestimmt, auch wenn es keinen bestimmten Eigentümer hat.“[29]

Der eigentlich hochgeschätzte Globalisierungsgegner der Nouvelle Droite hält hier unserer Ansicht nach eine Apologie für die menschliche Gier, indem er den Menschen zum Element in einem von ihm selbst erschaffenen System degradiert. Das Geld, welches also Millionen Arbeitsplätze in Europa vernichtet, die Waren, die billig von Kinderhänden gefertigt aus Asien unsere Volkswirtschaften fluten, sind also alleinig die Spielereien eines Automatismus, der irgendwie geartet durch den Tauschwert als Sozialisation wirkt. Nicht die Eigentümer dieses vernichtenden Kapitals, nicht die radikal-kapitalistische Einstellung des erwachenden chinesischen Drachens sind schuld. Nein, es ist laut Benoist die Ware mit seinem Tauschwert. Letztlich wird dem Tauschwert dabei neben der quantitativen auch eine qualitative Größe beigemessen, die sich zwar im Preis manifestiere, jedoch nichts mehr mit dem Gebrauchswert zu tun haben müsse. Diese „Wertvergegenständlichung“ sei also das Problem.  

So findet er in der Wertkritik, die u. a. mit solchen Namen wie Robert Kurz verknüpft ist, eine mögliche Alternative. Robert Kurz sowie seine Genossen bleiben wie die Autoren des Buches Marx von rechts vollkommen ergebnisoffen bzw. üben sich in einer überheblichen Kritik am Wert und der Arbeit selbst, die als Bestandteil der kapitalistischen Produktionsverhältnisse betrachtet wird, ohne dabei konkrete Vorschläge zu machen, wie denn der von ihnen kritisierte Kapitalismus beseitigt werden bzw. wie eine kapitalismusfreie Welt aussehen soll. So operiert Benoist mit Marx‘schen Vokabeln wie „abstrakter“ und „konkreter Arbeit“, wobei ersteres angeblich einen Tauschwert und letzteres den Gebrauchswert erzeuge. Nun haben uns Marx und Benoist ja bereits belehrt, dass der Tauschwert böse sei, demnach auch diese ominöse „abstrakte Arbeit“. Doch der Franzose geht noch weiter, indem er den Wertkritikern gleich postuliert: „Im kapitalistischen System spaltet sich die Arbeit: Jegliche Arbeit ist sowohl konkrete als auch abstrakte Arbeit. Beide Formen der Arbeit entsprechen zwei Formen des sozialen Reichtums: dem materiellen Reichtum und dem Wert. Die erste Form hängt von den tatsächlich produzierten und besessenen Gütern ab, doch nur die zweite, welche die Objektivierung der abstrakten Arbeit darstellt, bildet eine selbstvermittelnde Form der sozialen Beziehungen.“[30]

Hier sind wir wieder bei der Sozialisierung, die Benoist in dem Tauschwert sieht, der ja durch diese ominöse „abstrakte Arbeit“ zustande kommen soll. Nun ist uns nicht ganz klar, was er hier mit einer „Objektivierung der abstrakten Arbeit“ meint. Ist doch der böse Tauschwert, der ja angeblich das Produkt dieser geheimnisvollen „abstrakten Arbeit“  sein soll, genau eben das nicht: objektiv. Denn dieser Tauschwert und einen anderen gibt es de facto nicht, kann wenn dann nur subjektiv betrachtet werden. Wir würden zudem gerne wissen wie denn dieser angebliche Gebrauchswert zustande kommt. Nun, unseretwegen mag er – wie es Marx auch erklärt hat – ebenfalls subjektiv sein, sozusagen der persönliche Wert, die Einschätzung, die ein Mensch gegenüber einem Objekt vornimmt. Doch der letztlich im Geschäft zustande kommende böse Tauschwert ist doch auch nichts anderes. Es ist das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Das ist kein bürgerlicher Materialismus, den ja Marx – wie uns Benoist schon erzählen wollte – angeblich abgelehnt haben soll. Das ist ein Gesetz, welches wir empirisch belegen können.

Beispiel: Das Wasser in der Wüste

Obwohl es im Grunde genommen apriorisch ist und daher keiner weiteren Erläuterung bedürfe, wollen wir zumindest ein kleines Beispiel für die Wertkritiker benennen, um selbigen eine Chance zu geben.

Wie viel sind Sie bereit für ein Glas Wasser auszugeben? Nun, diese Frage kann man nicht so direkt beantworten. Sind Sie zu Hause, wo ein Glas schnell aus dem Wasserhahn gezapft werden kann, wird die Preisbereitschaft wahrscheinlich niedriger sein, als in einem Restaurant, in dem Sie sich gerade ein vielleicht zu trockenes Steak heruntergequält haben. Nehmen wir nun an, dass Sie seit Stunden in einer Wüste umherirren, bis Sie auf ein Pub treffen. Na, wie viel sind Sie bereit springen zu lassen für ein Glas Wasser? Ich wette weitaus mehr. Und das ist der Tauschwert. Er stellt den Schnittpunkt zwischen dem Wert, den ein Käufer in einer Ware erkennt, der Bereitschaft und der Möglichkeiten, die der Käufer hat (Nachfrage) und dem Angebot des Verkäufers dar.

Jedoch ist dieser Wert auch nicht messbar, da er sich individuell und situativ jederzeit ändern kann. Oder um es mit Ludwig von Mises zu sagen: „Das subjektive Werturteil, der Angelpunkt alles wirtschaftlichen Tun und Lassens der Menschen, mißt nicht die Bedeutung der Objekte des Wirtschaftens; es bringt sie in eine Rangordnung, es skaliert sie. Auf den Wertskalen der Individuen baut sich der wirtschaftliche Verkehr auf. Ein Tausch kommt dann zustande, wenn zwei Gütereinheiten auf den Wertskalen zweier Individuen eine verschiedene Rangordnung einnehmen. Auf dem Markte werden so lange Tauschakte vorgenommen, bis keine Möglichkeit mehr vorhanden ist, daß zwei Individuen durch wechselseitige Hingabe von Gütern solche Güter eintauschen, die auf ihrer Wertskala den fortgegebenen im Range voranstehen. Will ein Individuum einen Tauschakt wirtschaftlich vornehmen, dann hat es lediglich zu erwägen, welche Stellung die in Betracht kommenden Gütermengen in seiner eigenen Wertschätzung einnehmen. In diesem skalierten Werturteil ist für Erwägungen des Messens überhaupt kein Platz. Das Werturteil ist ein unmittelbar evidentes Urteil, das keiner Stütze durch irgendwelche Hilfsoperationen und Umwege bedarf. Damit erledigt sich auch eine Reihe von Einwänden, die von verschiedenen Seiten gegen die subjektivistische Werttheorie erhoben wurden.“[31]

Damit widerspricht Mises direkt den Wertkritikern, die hier von einer Art Gebrauchswert oder gar einem „tatsächlichen“ Wert sprechen. Denn jeder Wert wird erst dann existent, wenn ein konkreter Wertsetzungsakt zustande kommt. Es reicht also nicht nur, dass eine Ware produziert wird, sondern sie muss auch von jemanden gekauft werden. Erst durch die Wertschätzung des Käufers entsteht ein Wert. Das ist der Wertungsprozess und außerhalb desselben kann es keinen Wert geben. Einen abstrakten Wert gibt es daher erst recht nicht.

Aber Benoist sucht die Todesursache des Kapitalismus im bösen Tauschwert. Da wir ja schon von Marx dazu belehrt wurden, dass jeder Wert nur durch menschliche Arbeit entstehen kann – was im krassen Gegensatz zu von Mises steht – weiß Alain de Benoist durch die zunehmende Rationalisierung und Überflüssigmachung menschlicher Arbeit auch den Zerfall des Kapitalismus vorherzusagen. Dieser müsse sich zwangsläufig selbst zerstören, „weil er selber die Grundlagen für die Entwertung des Wertes geschaffen hat und weil die Menge an überflüssiger Arbeit inzwischen das Arbeitsvolumen übersteigt, das durch die Marktexpansion erzeugt wurde“.[32]

Was uns der neurechte Vordenker hier sagen will, ist, dass durch den Expansionsdrang der Unternehmer zunehmend Kapital in Form von Produktionsmitteln konzentriert und somit menschliche Arbeit überflüssig mache. Da Maschinen aber keinen echten Wert erzeugen könnten – dies könnten laut Marx nur Menschen selbst – schneide der Kapitalismus quasi seinen Nabel ab. So wagt Benoist tatsächlich zu behaupten, dass weder die Spekulation noch die Verschuldung zu der Krisis des Kapitalismus führt, sondern eben dieser Umstand.

Damit erweist er sich zumindest in dieser Sache – ähnlich wie Marx übrigens auch – als unfähig, die wahren Ursachen für den kommenden mathematisch vorhersagbaren Crash zu erkennen. Wir sind auf diesen Umstand bereits oben ausgiebig eingegangen. Die von Benoist sowie von Kaiser hier vorgebrachten Gründe für die Bestimmung sogenannter kapitalistischer Produktionsverhältnisse sind abstrakt und lediglich in eine akademische Sprache gegossen, die wohl verschleiern soll, dass dahinter kein ökonomisches Denken steht.

Letztlich kommt Benoist zu dem Schluss, dass der Kapitalismus oder jede Kritik an ihm aus Perspektive des Arbeiters oder – abstrakt gesprochen – der Arbeit  keine echte Kritik sein könne, da die Arbeit ja selber Bestandteil des Kapitalismus sei. Da hat wohl jemand zu viel bei Robert Kurz gelesen und abgeschrieben.

Nun, was soll das denn heißen? Ähnlich wie Kurz und andere Wertkritiker lässt Benoist seine Ausführungen ergebnisoffen, jedoch zitiert er zum Schluss seiner Ausführungen noch Maxime Oullet: „Die Gesellschaft vom Kapitalismus zu befreien, bedeutet nunmehr, die Ontologie der Arbeit und des Wertes zu verlassen, die die Menschen zu einem Krieg aller gegen alle antreibt und sie der entpersönlichten Herrschaft des berechnenden Kalküls unterwirft.“[33]

Was genau soll das aber heißen? Sollen wir alle jetzt die Arbeit niederlegen? Oder brauchen wir eine neue Definition vom Begriff „Arbeit“? Was ist mit den sozioökonomischen Folgerungen, die jede Arbeitsteilung mit sich bringt? Das ist Utopie und keine Analyse, weder eine abstrakte, noch eine radikale.

Schlussbemerkung

Wir wollen es dabei belassen. Auch zum Schluss möchten wir unseren Respekt dafür ausdrücken, über Marx zu schreiben. Doch zeigen die Autoren hier aus unserer Sicht, dass sie nicht mit ökonomischem Sachverstand an die Dinge herangegangen sind und deshalb gleicht dieses Buch auch weniger einer Exegese, als vielmehr einer reinen Rezeption von Marxens und einigen seiner Jünger. Wir erkennen in dem Gesagten – zumindest hinsichtlich der politischen Ökonomie – nichts Verwertbares für die Rechte. Im Gegenteil werden ausgerechnet die Bestandteile der Marx‘schen Theorie kritiklos adoptiert, die längst widerlegt wurden und einer empirischen Untersuchung nicht standhalten. Dabei wollen wir keineswegs leugnen, dass Marx nicht auch inspirierend für die Rechte wirken kann. Es ist diesem großen Geist zu verdanken, dass wir heute so viel über den Kapitalismus wissen. Nicht jedoch, weil er von Anfang an ins Schwarze getroffen hätte, sondern weil er eine These aufstellte und die ökonomische Welt darauf mit Gegenthesen antwortete. Daraus konnte sich auch eine Synthese bilden, die ohne diese Dialektik nicht möglich gewesen wäre. Auch muss man Marx zugutehalten, dass er sich in einer Zeit als Kapitalismusanalytiker versuchte, als dieser ein Phänomen war, das sich zumindest in dieser Form auf die englische Volkswirtschaft beschränkte.

Wir argumentieren also nicht aus einem blinden Dogmatismus heraus, der vielen Rechten leider immanent zu sein scheint. Wir wollen damit die Möglichkeit wahrnehmen und uns an der Debatte beteiligen. Leider ist bisher in dieser Debatte nichts Substanzielles herausgekommen, außer ein paar Gegenstimmen von eher libertär oder gar liberal ausgerichteten Rechten oder ebenso dogmatischen Linken, die intellektuell einfach nichts mehr zu bieten haben. Vielmehr sehen wir diese intellektuell längst überflüssigen Linken gar nicht als weltanschauliche Gegner. Auch der Liberalismus, der mit Sicherheit als ein Zwilling des Kapitalismus bezeichnet werden kann – wobei selbiges auch für den Kommunismus gilt, was wir oben ausführlich begründet haben – ist kein Gegner. Es sind immer Menschen, die eine gegnerische oder gar feindliche Position einnehmen. Deshalb lohnt es sich immer, hinter die Ideologien, die Gruppen und Parteien zu schauen. Wichtig sind nicht die ideologischen Postulate derselben, sondern die Absichten, die sie haben.

Wir vermissen zudem in der Debatte eine Diskussion über die Aufgabe der Wirtschaft. Letztlich wird von den Autoren keine Definition der Rolle der Ökonomie vorgenommen. Ähnlich wie die Marxisten und Liberalen übersehen die Autoren die Wichtigkeit der Rolle der Wirtschaft. Ein Problem heute ist die Tatsache, dass sich der Mensch stets an die Wirtschaft anpassen muss. Doch muss es umgekehrt lauten, indem wir fordern: Das Kapital hat der Wirtschaft zu dienen und diese dem Volk, den Menschen. Das ist essentiell und lässt Überlegungen, die zwangsweise zur Abschaffung der Arbeit führen, erst gar nicht zu, weil sie an der Sache einfach vorbeigehen.

Dem gesamten Buch fehlt es an Alternativen. Man will mit Marx nach vorne, wird aber nicht konkret, wie dies aussehen soll. Zwar erklärt uns Benedikt Kaiser, dass „allen drei Autoren des Bandes der prüfende Ton, die ergebnisoffene Herangehensweise an ihren Gegenstand[34] gemein sei, doch uns muss die Frage gestattet sein: „Wozu dann das Ganze?“ Hinter der reinen Rezeption können wir keine wirkliche Substanz, kein Fundament, erst recht kein weltanschauliches, erkennen. Die Jugend sucht nach Antworten auf die soziale Frage. Die soziale Frage rückt in unmittelbar greifbare Nähe. Wir als Rechte sind tatsächlich jene, die diese Frage am deutlichsten beantworten können sollten, nicht zuletzt auch, weil das Soziale dem Rechten und vor allem Nationalen immanent ist. Doch bewegen sich die Autoren samt ihrer meist marxistischen Vordenker weit davon entfernt und berühren nicht einmal die Schale des Kerns.

Nichtsdestotrotz muss man es den Autoren lassen, dass sie mit ihren Thesen bzw. mit der Adoption Marx‘scher Postulate für viel Wirbel innerhalb der Rechten sorgen. Wenn die Debatte über kleingeistige Stänkereien hinaus auf eine inhaltlich-fundamentalen Ebene geraten sollte, hat das Buch in dieser Hinsicht auf jeden Fall einen Mehrwert (!) geliefert.

Literaturhinweise

Benoist, A; Fusaro, D. & Kaiser, B (2018). Marx von rechts. Jungeuropa Verlag, Dresden

Bischoff (2002). Entmachtung der Hochfinanz. Fiedland-Verlag

Gegenstrom (2018). Plattform für rechte Metapolitik. Fachartikel: Der Kapitalismus – Ein verwirrender Begriff. Verfasst von Peter Steinborn. Verfügbar unter: https://gegenstrom.org/2018/08/03/der-kapitalismus-ein-verwirrender-begriff/ (21.10.2018)

Meier, M. (2014). Die Plünderung der Welt – Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen (2. Auflage). Finanzbuch Verlag, München

MEW (1967). Karl Marx und Friedrich Engels Werke Band 37. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Dietz Verlag, Berlin

MEW (1968). Karl Marx und Friedrich Engels Werke Band 23. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Dietz Verlag, Berlin

MEW (1972). Karl Marx und Friedrich Engels Werke Band 4. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Dietz Verlag, Berlin

MEW (1983). Karl Marx und Friedrich Engels Werke Band 25. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Dietz Verlag, Berlin

Mises, Ludwig v. (1924): Theorie des Geldes und der Umlaufmittel (2. Aufl.). Verlag von Duncker & Humbold, München & Leipzig

Müller, D. (2010). Crashkurs. Weltwirtschaftskrise oder Jahrhundertchance? Wie Sie das Beste aus Ihrem Geld machen. Überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe. Droemer Knaur Verlagsgruppe, München

Quante, M & Schweikard, D. P. (2016). Karl Marx. Leben, Werk, Wirkung. J. B. Metzler-Verlag, Stuttgart

Sezession (2018). „Marx von rechts“ und der Panikmodus. Artikel von Benedikt Kaiser in Sezession im Netz. Verfügbar unter: https://sezession.de/58857/marx-von-rechts-und-der-panikmodus (21.10.2018)

Statista (2018). Das Statistik-Portal. Statistik: Europäische Union und Euro-Zone: Gesamtbevölkerung von 2008 bis 2018. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/14035/umfrage/europaeische-union-bevoelkerung-einwohner/ (21.10.2018)

Statista (2018a). Das Statistik-Portal. Statistik: Entwicklung der Geldmenge M3 in der Euro-Zone von 1997 bis Juli 2018. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/241829/umfrage/entwicklung-der-geldmenge-m3-in-der-euro-zone/ (21.10.2018)

Suhr, D. (1983). Geld ohne Mehrwert – Entlastung der Marktwirtschaft von monetären Transaktionskosten. Fritz Knapp Verlag, Frankfurt am Main

Anmerkungen und Quellenangaben

[1] Es ist in der wissenschaftlichen Untersuchung oft die Rede von dem jungen, eher gesellschaftskritischen Marx, der sich der Emanzipation des Arbeiters widmete und dem alten, reifen Marx, der sich stärker auf die Analyse wirtschaftlicher Prozesse im Kapitalismus fokussierte. Diese Unterscheidung verwendet u.a. auch der Marx-Experte Michael Quante, der zusammen mit David Schweikard ein Handbuch über die Person Marx und seine Lehren veröffentlicht hat.

[2] Benoist, Fusaro &Kaiser (2018, S. 12); Die Ausführungen gehen auf ein Vorwort des Herausgebers Philip Stein zurück

[3] Marx war in erster Linie Philosoph und seine Kritik der politischen Ökonomie erscheint angesichts der uns heute bekannten Informationen als weniger ökonomisch, weshalb die Lektüre von Benoist, Fusaro und Kaiser durchaus als Ausgangspunkt einer Debatte über die Webfehler des „ökonomischen Marx“ dienen kann.

[4] Die „Expropriation“ beschreibt die Enteignung von Besitz bzw. Eigentum. Marx und Engels postulierten ihrer Zeit die „Expropriation der Expropriateure“, die die Enteignung der Kapitalisten, der Expropriateure vorsieht.

[5] Benoist, Fusaro & Kaiser (2018, S. 53)

[6] Marx selber war kein Marxist. Ihm wurde von Friedrich Engels folgendes Zitat zugeschrieben: „Alles, was ich weiß, ist, dass ich kein Marxist bin.“ Zurückzuführen auf MEW Bd. 37, S. 436 in einem Brief von Engels an Conrad Schmidt.

[7] Pfund-Sterling, englische Währung

[8] MEW 23 (1968, S. 168)

[9] Ebd, S. 181

[10] Ebd.

[11] Im Kapitel Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation schreibt Marxens: „Die Expropriateurs werden expropriiert“ (MEW 1968, S. 791). Dies sei eine logische Folge aus der zuvor über Gezeiten anhaltenden Enteignung des Volkes, der Massen durch die Kapitalisten. Marx geht hierbei davon aus, dass bei zunehmender Kapitalakkumulation auch die Profitrate, also der Mehrwert, reduziert wird. Die Ursache dafür sei die Freisetzung von Arbeitskraft durch zunehmende Rationalisierung. Selbst die Kapitalisten werden dabei zunehmend überflüssig. Die gesellschaftlichen Spannungen werden dabei stets verstärkt und erreichen schließlich eine Kehrtwende. Die Revolution ist unausweichlich. Das Proletariat befreit sich und es kommt zur Vergesellschaftung der Gemeinmittel, also der Produktionsmittel. Der zuvor exploitierende Kapitalist wird also nun selbst enteignet.

[12] Dies zeigt sich u.a. in folgender Aussage Marxens aus dem Manifest der Kommunistischen Partei: „Das Kapital hat die Bevölkerung agglomeriert, die Produktionsmittel zentralisiert und das Eigentum in wenigen Händen konzentriert. Die Arbeiter, die sich stückweise verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel und daher gleichmäßig allen Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ausgesetzt.“ MEW Bd. (1972, S. 468)

[13] Benoist, Fusaro & Kaiser (2018, S. 24)

[14] Ebd., S. 22

[15] Letztlich verdeutlichen die Machenschaften an den Börsen, insbesondere die Over-the-Counter-Geschäfte, dass Marx auch in Sachen Werttheorie vollkommen falsch lag. Diesen Umstand werden wir später noch genauer beleuchten.

[16] Benoist, Fusaro & Kaiser (2018, S. 30). Kaiser erwähnt ihn im selben Atemzug mit Georges Sorel und Karl Polanyi, mit denen sich die französische rechte Kapitalismuskritik beschäftigte.

[17] Inflation bedeutet die Verminderung des Geldwertes bzw. die allgemeine Steigerung des Preisniveaus, während Deflation das Gegenteil bedeutet, also die Steigerung der Kaufkraft des Geldes, was die Senkung des allgemeinen Preisniveaus bedeutet. Inflation entsteht, wenn die Nachfrage (Das Geld) das Angebot (Waren) übersteigt. Deflation entsteht hingegen, wenn das Angebot (Ware) größer ist als die Nachfrage (Geld).

[18] Vgl. dazu Suhr (1983). In seinem Buch Geld ohne Mehrwert – Entlastung der Marktwirtschaft von monetären Transaktionskosten beschreibt Dieter Suhr wie Proudhon seiner Zeit eine Lösung für das Mehrwertproblem, was letztlich auch eine Antwort auf die Soziale Frage bedeutet. Suhr bezeichnet nach Proudhon’scher Auffassung den Inhaber des Geldes als „König des Marktes“, der den Markt eine Sperre vorhalten könne.

[19] Bischoff (2002, S. 399)

[20] Die Zahl bezieht sich auf Statista (2018) und gibt die Bevölkerungszahl der Euro-Zone im Jahr 2018 an.

[21] Dabei handelt es sich um die Geldmenge M3 innerhalb der Euro-Zone im Juli 2018. M3 umfasst Sichteinlagen, den gesamten Bargeldumlauf, zzgl. den kurzfristigen Termin. Und Spareinlagen. Zahlen beziehen sich auf Statista (2018a).

[22] Gegenstrom (2018)

[23] Müller (2010, S. 194)

[24] Siehe dazu u.a. ein Video von der TED-Konferenz im Jahre 2012, wo Glattfelder diese Ergebnisse präsentierte: https://www.ted.com/talks/james_b_glattfelder_who_controls_the_world?language=de#t-67925. Des Weiteren widmete auch Michael Meier in seinem Buch Die Plünderung der Welt – Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen diesem Umstand ein ganzes Kapitel.

[25] MEW (1983, S. 363)

[26] Benoist, Fusaro & Kaiser (2018, S. 71)

[27] Ebd., S. 84

[28] Ebd.

[29] Ebd., S. 85

[30] Ebd., S. 88

[31] Mises (1924, S. 11)

[32] Benoist, Fusaro & Kaiser (2018, S. 90-91)

[33] Ebd., S. 94

[34] Sezession (2018)