Herbert Grönemeyer und der kompromisslose Kulturkampf

von | 16. Sep. 2019 | Deutschland und die Welt

Es ist klar, dass komplett unterschiedliche, unversöhnliche Auffassungen hinsichtlich der fundamentalen, existentiellen Aufgaben des Staates, z.B. in Bezug auf die Wahrung der Identität des Staatsvolkes, im Grunde auf die Kündigung des Gesellschaftsvertrages hinauslaufen – bei Montesquieu und Rousseau des »contrat social«.

Die Sprache von Herbert Grönemeyer ist im gewissen Sinne eine Konsequenz aus dieser Tatsache. Er sagt, verkürzt ausgedrückt: Wenn es nach unserer Nase läuft, ist gesellschaftliche Toleranz und Kompromissbereitschaft angesagt, sonst nicht. Und er ist weiß Gott nicht der Einzige im dumm-populistischen »linken«, d.h. gesellschaftszerstörenden Lager, der so spricht. Ganz im Gegenteil, er drückt nur besonders deutlich den allgemeinen Trend aus.

Es ist aber ebenso klar, dass dies nur solange scheinbar funktioniert, d.h. der Schein gesellschaftlichen Friedens nur solange aufrechterhalten werden kann, wie die ausgegrenzte Seite, hier das nationalpolitische Lager, mitspielt und versucht die Attacken mit einer beschwichtigenden, „vernünftig“ argumentierenden Attitüde zu kontern und vermeintliche Konflikte im Sinne des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu lösen.

Wenn aber diese defensive Attitüde auch weiterhin mit der kompromisslosen Forderung nach absoluter Unterwerfung beantwortet wird und die Nationalen dann irgendwann mal mit dem gleichen kompromisslosen Absolutheitsanspruch auftreten, ist der Ofen natürlich aus. Das heißt, dann ist der bislang gültige Gesellschaftsvertrag irreparabel beschädigt, mit allen Konsequenzen für unsere inzwischen hochkomplexe Zivilisation.

Ich glaube, wir stehen jetzt vor dieser Situation, in der die Anhänger des nationalstaatlichen und volksgemeinschaftlichen Solidargedankens abwägen müssen, was auf die Dauer schlimmer ist: die vorübergehende Inkaufnahme dieses fundamentalen Kulturkampfes, auf Kosten des gesellschaftlichen Konsenses, insbesondere auch des Rechtskonsenses, bis zur Etablierung neuer Standards, oder die bedingungslose Kapitulation vor den wildgewordenen, kulturgemeinschaftsfeindlichen „linken“ Herdensubjekten, die in ihrem hirnlosen Schwarmverhalten alle soziokulturellen Strukturen, das Ergebnis der stammesgeschichtlichen und zivilisatorischen Menschheitsentwicklung seit Hunderttausenden bzw. Tausenden von Jahren, rücksichtslos niedertrampeln.

Ich persönlich bin der Auffassung, dass letzteres das Schlimmere wäre, denn es würde in einem chaotischen Kampf alle gegen alle enden, aus dem sich eine zivilisatorische Entwicklung nur mühsam und erst nach langer Zeit wieder ergeben könnte – wenn überhaupt, denn wir müssen auch die nachhaltig zersetzenden und zerstörenden Elemente der heutigen Zivilisation berücksichtigen.

Die Konsequenz ist, um es überdeutlich zu sagen: Die konservativ-nationalpolitische Seite ist dazu verdammt, die Haltung eines Herbert Grönemeyers mit umgekehrten Vorzeichen zu übernehmen, ob sie es will oder nicht.
Die Zeit der Kompromisse scheint endgültig abgelaufen zu sein.
Die Machthaber haben sie bewusst nicht genutzt, und zwar wegen ihres fatalen Glaubens an die eigene absolute Überlegenheit. Sie haben stattdessen konsequent jene Vernichtungsstrategie verfolgt, die, unabhängig vom Gesamtergebnis, am Ende zu ihrer eigenen Vernichtung führen wird.