Die Multipolare Welt – gestern noch ein Traum, heute bereits Realität.

von | 27. Nov. 2018 | Philosophie & Theorie

Das Jahr 1991 markierte mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion das Ende der Bipolaren Welt, welche vom Machtkampf zwischen dem liberal-kapitalistischen Westen und dem planwirtschaftlich-sozialistischen Osten dominiert war. Seitdem stellte der von den USA angeführte Westen, zu dem auch Europa zählt, die führende Zivilisation der Welt dar. Von 1991 bis heute herrschte daher ein „unipolarer Moment“ vor, in denen die USA unangefochten in den internationalen Beziehungen den Ton angaben und sogar dazu in der Lage waren, unilateral andere Länder zu überfallen, siehe Irak, oder dort Umstürze durchzuführen (Arabischer Frühling, Ukraine usw.). Dazu war der Westen mit seiner Führungsmacht nicht aufgrund moralischer oder zivilisatorischer Überlegenheit in der Lage, sondern weil er militärisch und wirtschaftlich unangefochten dominierte.

Wendejahr 2018

Doch gerade jetzt im Jahr 2018 erleben wir das Ende des unipolaren Moments und die langsame Herauskristallisierung einer Multipolaren Welt der verschiedenen Zivilisationen, welche den Vormachtsanspruch des Westens rundheraus ablehnen. Welche Ereignisse dazu beigetragen haben und was das alles für Europa bedeutet, möchte ich hier in aller Kürze darlegen. Erstens hat sich das Machtgleichgewicht im Nahen Osten in Folge des Stellvertreterkrieges in Syrien deutlich verschoben. Durch die Interventionen des Irans und Russlands konnte der westliche Plan, Syrien zu zerstückeln und Präsident Assad zu stürzen, abgewehrt werden. Während der Islamische Staat und Al-Kaida samt ihres Ablegers der Al-Nusrafront vom Westen und seinen Satelliten aufgebaut wurden, sind sie ab dem Jahr 2015 durch die Intervention Russlands aus dem Großteil des Landes gedrängt worden. Diese Tatsache brachte den Westen trotz seines angekündigten Kriegs gegen den IS (Trump) dazu, in immer wiederkehrenden Abständen Syrien zu bombardieren, um den gemäßigten Halsabschneidern Luft zu verschaffen. Anfang 2018 drohte hier ein direkter Konflikt zwischen den Großmächten USA und Russland. Doch anders als erwartet, wurde nichts aus dem großen US-Schlag gegen Syrien – stattdessen wurde ein Großteil der amerikanischen Tomahawks von der syrischen Luftabwehr abgeschossen. Abgesehen von ihrem Stützpunkt im Kurdengebiet im Nordwesten des Landes dürften sich die USA mit ihrer absehbaren Niederlage abgefunden haben. In Folge des Konfliktes ging den USA ein bis dahin wichtiger Verbündeter verloren: Erdogans Türkei. Nach anfänglich starker Unterstützung für den IS wurde die Türkei von einem Putschversuch des islamistischen Oppositionellen Erbakan erschüttert. Erdogan säuberte daraufhin den Staatsapparat von seinem den USA verbundenen Konkurrenten und richtete die Außenpolitik immer stärker nach Russland aus. Spätestens seit der Lieferung des Flugabwehrkomplexes S-400 ist die Türkei in den Augen der USA kein zuverlässiger Verbündeter mehr. Gegenwärtig steht sogar ein Rückzug der Türkei aus den NATO-Strukturen im Raum, was zu einer massiven Schwächung des Militärbündnis führen könnte.

Israel und Saudi Arabien

Darüber hinaus haben zwei wichtige amerikanische Alliierte im Nahen Osten an Macht verloren – „Israel“ und Saudi Arabien. Im Falle „Israels“ lässt sich dies an den schrillen Reaktionen Tel Avivs auf den iranischen Kampfeinsatz an der Seite Damaskus gegen die Terroristen der Al-Nusrafront und Al-Kaide festmachen. Diese mündeten sogar in einem durch israelische Flugzeuge herbeigeführten Abschuss einer russischen Maschine. Die israelischen Sicherheitsbedenken führten sogar soweit, dass man Russland dazu drängte, auf den Iran einzuwirken, seine Truppen aus der Umgebung der Golanhöhen abzuziehen. An wohl keinem anderen Ereignis, abgesehen vom kürzlichen Waffenstillstand mit Palästina, kann man den Abstieg der ehemaligen Nahostsupermacht und ihre Demoralisierung nachvollziehen. Der mittlerweile zu großen Teilen chinesische (!!!) Hafen von Haifa lässt einen wichtigen Verbündeten Russlands im ehemaligen amerikanischen Protektorat Fuß fassen – für „Israel“ ein Sicherheitsdebakel sondergleichen, da dort auch seine Atom-U-Bootflotte vor Anker liegt und China somit „indirekt“ Sicht auf eine der wichtigsten Waffen des Zionistenstaates erhalten hat. Saudi Arabien hingegen führt seit 2015 einen Vernichtungskrieg gegen den Jemen, um eine Ausweitung des iranischen Einflusses abzuwenden und die dortigen Huthirebellen zu vernichten. Neben extremen Hungersnöten für mehr als 20 Millionen Einwohner bedeutete dies einen „imperial overstretch“ für das wahabbitische Islamistenreich. Mittlerweile ist das Königreich wirtschaftlich massiv geschwächt und kann diesen Abstieg nur durch massive ökonomische und soziale (!!!) Reformen abfedern, was wiederum leicht zu Unruhen unter den konservativeren Stämmen des Landes und der schiitischen Minderheit führen kann. Durch die Schwächung seiner beiden wichtigen Verbündeten ist somit auch die amerikanische Position im Nahen Osten zusätzlich geschwächt. Ehemals Hegemon des Nahen Ostens, werden die USA langsam, aber plötzlich von Russland und dem Iran zum Zaungast degradiert.

Afghanistan

Ebenfalls desolat ist die Lage der USA in Afghanistan. Das Land am Hindukusch, welches 2001 als erstes zum Opfer des „Krieges gegen den Terror“ wurde, ist mittlerweile wieder zu 50% in der Hand der Taliban. Auch amerikanische Generäle geben mittlerweile zu, dass dieser Krieg nicht mehr zu gewinnen ist. Doch es wären nicht die USA, würden sie nicht so viel Zerstörung anrichten, wie möglich, bevor sie gehen. 2018 fanden bisher die meisten Bombenabwürfe auf das Land statt. Der Verlust Afghanistans würde die USA einer wichtigen geostrategischen Stellung in Eurasien berauben – und er ist absehbar!

Europa – ein Vasall begehrt auf

Ein besonderes Kunststück hat Trump in Europa vollbracht. Der willfährigste Vasall des Empires begehrt plötzlich auf – weil ihm die jährlichen Ausgaben für die NATO zu hoch geworden sind und die nationalistische Rhetorik des Präsidenten anscheinend auch die strammsten Atlantiker verschreckt hat. Stattdessen will die EU, geht es nach Merkel und Macron, zum aufgeklärten, postnationalen Empire werden, dass auch eine eigene Armee stellt. Ob dies nicht auch wie 1947 scheitern wird, sei dahingestellt, auf jeden Fall beginnt die amerikanische Macht zu erodieren.

Eurasien – Russland und die Ukraine

Gegenüber Russland geraten die USA militärisch immer mehr ins Hintertreffen. So hat Russland nicht nur mit dem Armata einen Panzer der neuesten Generation entwickelt, sondern auch zahlreiche Raketen, welche bisherige Abwehrmaßnahmen der USA hinfällig machen und diese sogar dazu provozierten, ein neues Atomwettrüsten zu beginnen. Dazu ist der neueste Marionettenstaat Ukraine derart marode, dass bald eine Kältewelle aufgrund nationaler Heizungskrise (!!!) dort für zahlreiche Tote sorgen könnte. Ob und wie lange sich die USA noch die Ukraine leisten können, steht in den Sternen. Leicht wird es für sie auf jeden Fall nicht. Solange sie noch ukrainische Oligarchen und Kostümfaschisten finden, die für sie korrumpieren und morden, haben sie zumindest noch die Möglichkeit dazu.

Mittel- und Lateinamerika

In Mittel- und Lateinamerika wiederum ist Bolsonaro der einzige Lichtblick für das Empire. Der Sieg des neoliberal-autoritären Militärs hat einen der BRICS Staaten aus der Achse der Multipolaren Welt herausgebrochen. Stattdessen will man nun das „Trio der Tyrannei“ Kuba, Nicaragua und Venezuela stürzen. In Nicaragua ist zudem ein amerikanischer Regimechange gescheitert.

Korea

Auf Korea hat Trump das unmögliche möglich gemacht. Mit einer Mischung aus überaffimierter Neokonrhetorik und dank einer Männerfreundschaft mit Kim Jong-Un kam es zu einer Entspannung auf der Halbinsel. Zwar wurden noch keine nordkoreanischen Atombomben verschrottet, jedoch geschieht im Entspannungsprozess zwischen Norden und Süden so viel wie seit Jahrzehnten nicht, einschließlich eines Besuchs Kims im Süden. Korea ist zu wünschen, dass es bald seine Amerikaner los wird, damit einer friedlichen Vereinigung nichts mehr im Wege steht.

China und die Neue Seidenstraße

Und schließlich sorgt die Volksrepublik China dafür, dass die USA vom Thron des Welthegemons gestoßen werden. Das größte Infrastrukturprojekt der Weltgeschichte, die Neue Seidenstraße, soll die USA aus Eurasien boxen und nicht mittels maritimer Routen auch Afrika wieder zur Souveränität vom Westen helfen. Darüber hinaus nimmt Chinas Machtprojektion immer stärker zu, in einem Maße, dass sogar den grobschlächtigen Präsidenten der Philippinen, Duterte, trocken feststellen lässt, dass die USA im Südchinesischen Meer nichts mehr zu sagen haben.

Die Stunde von Europas Befreiung?

Zusammenfassend bleibt also festzustellen, dass die weltweite Hegemonie der USA durch Russland und China gebrochen wurde. Doch die amerikanische Hegemonie über Europa bleibt weiterhin bestehen – sowohl militärisch, als auch politisch-kulturell. Daher muss es die Aufgabe patriotischer Kräfte sein, die verlogene Herrschaft des Liberalismus dort anzugreifen und zu hinterfragen, wo auch immer es möglich ist. Aber auch das Verbreiten und Weiterentwickeln der Ideen der Neuen Rechten aus Frankreich ist wichtig, um der existierenden Multipolaren Welt ein souveränes Europa mit einem starken Deutschland als weitere unabhängige Zivilisation hinzuzufügen. Wer sich in dieser Situation für einen Erhalt der amerikanischen Hegemonie, sei es auf kultureller oder militärischer Ebene, einsetzt, kann kein Verbündeter sein, sondern nur der Feind. Ergreifen wir die Gelegenheit, um Europa vom Joch der amerikanischen Hegemonie zu befreien – noch nie war die Gelegenheit so günstig und die Zeit so reif dafür!