Der letzte Liberale – zum 1. Todestag Ernst Noltes

von | 18. Aug. 2017 | Deutschland und die Welt

Als vor einem Jahr bekannt wurde, dass der 1923 geborene Ernst Nolte verstorben war, richtete sich der Blick der medialen Öffentlichkeit ein letztes Mal auf die Auseinandersetzung, die wegweisend für die Wissenschaft und speziell für die Geschichtswissenschaft werden sollte. Die Rede ist vom Historikerstreit, dieser 1986 beginnenden Auseinandersetzung für eine ideologiefreie Wissenschaft.

Zweifelsfrei wird der Name Ernst Nolte für immer im Zusammenhang mit dem Historikerstreit erwähnt werden, doch es wäre nicht gerecht, Noltes Lebenswerk darauf zu reduzieren.

Seine Kindheit und Jugend wurden durch die politischen Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten in der Weimarer Republik und durch das 3. Reich geprägt. Der mit einem Geburtsfehler an der Hand behaftete Nolte besaß das Privileg, während des Krieges studieren zu dürfen. Seinem Vater gleich wurde auch er Lehrer, doch der Tod seines Bruders im Kriege an der Front belastete ihn sehr. Nolte suchte nach Erklärungen für all das Leid, welches die Menschen in den zurückliegenden Jahren erfahren mussten.

In den frühen Jahren seiner Tätigkeit als Historiker setzte er sich viel mit marxistischen Schriften auseinander. Das 1963 erschienene Buch „Der Faschismus in seiner Epoche“ machte ihn über Nacht zu einem der bekanntesten deutschen Historiker. Sein Werk unterschied sich dadurch, dass er eine Vielzahl von politischen Bewegungen zwischen den Weltkriegen unter dem Begriff Faschismus summierte, die folgende Eigenschaften aufwiesen:

  • Antimarxismus
  • Antiliberalismus
  • Nationalismus
  • Gewalt
  • Propaganda

Zusätzlich leitete er daraus Formen des Faschismus ab:

  • französicher Frühfaschismus
  • italienischer Normalfaschismus
  • deutscher Radikalfaschismus

Nolte war der erste bürgerliche Historiker, der einen einheitlichen Faschismusbegriff verwendete. Mit seiner Bezeichnung des Nationalsozialismus als Faschismus stärkte Nolte zudem eine linke These, da die Kommunisten sich ja als Antifaschisten betrachten. Bevor Noltes Werk erschienen war, verstand man unter Faschismus nur „das italienische Modell (…) keinesfalls den Nationalsozialismus“[1]. Es verwundert daher nicht, weshalb Nolte zu Beginn seiner wissenschaftliche Tätigkeit als links galt.

Jedoch sollte man nicht vergessen, dass er bereits in „Der Faschismus in seiner Epoche“ auf die „Ähnlichkeit der Feinde“ oder „den Faschismus als Spiegelbild und Affen des Bolschewismus“ verwies, womit er die organisatorische Ähnlichkeit der beiden politischen Lager meinte. Für ihn wäre ein Faschismus ohne einen Bolschewismus undenkbar gewesen: „vom Faschismus schweigen soll, wer nicht vom Marxismus reden will“[2]. Letztendlich waren die faschistischen Gruppen für Nolte „antibolschewistische Parteien mit bolschewistischer Geschlossenheit“[3].

Der kausale Nexus im Historikerstreit

Nach dem Faschismus widmete sich Nolte verstärkt dem Marxismus. Am bekanntesten sind die Werke „Deutschland und der Kalte Krieg“ (1974) und „Marxismus und Industrielle Revolution“ (1983).  Im Zuge der 68er Revolte wurden Noltes Positionen immer umstrittener. Der Höhepunkt war die Ausladung von den Frankfurter Römerberggesprächen, als sich abzeichnete, dass er nicht die gewünschte Haltung zum Thema vertreten würde. Im Gegenzug veröffentlichte Nolte in der FAZ den Artikel „Vergangenheit, die nicht vergehen will“[4], mit dem er sich endgültig aus dem öffentliche Diskurs heraus manövrierte.

Die Frage nach der Ursprünglichkeit, die in seiner These des kausalen Nexus mündete, beantwortete Nolte für sich so: „Vollbrachten die Nationalsozialisten, vollbrachte Hitler eine ´asiatische` Tat vielleicht nur deshalb, weil sie sich und ihresgleichen als potentielle oder wirkliche Opfer einer ´asiatischen` Tat betrachteten? War nicht der ´Archipel GULag` ursprünglicher als ´Auschwitz`? War nicht der ´Klassenmord` der Bolschewiki das logische und faktische Prius des ´Rassenmords` der Nationalsozialisten?“[5]. Die Feststellung, dass Vernichtungslager ursprünglich keine faschistische, sondern eine marxistische Methode war, bedeutete für ihn, in einer immer weiter nach links rückenden Gesellschaft, die Ausgrenzung aus dem wissenschaftlichem Diskurs.

Seine Gegner unterstellten Ernst Nolte nicht weniger als die Leugnung des Holocausts und das Verfolgen von politischen Zielen. Aber gerade seine Gegenspieler taten mit ihrer Ideologisierung der Debatte das, was sie Nolte unterstellten. So wurde der Historikerstreit zu einer „ geschichtspolitischen statt einer geschichtswissenschaftlichen“[6] Auseinandersetzung, an dessen Ende Ernst Nolte als revisionistischer Geschichtswissenschaftler stand.

Fazit

Mit seinem Tod am 18. August 2016 verlor die Bundesrepublik Deutschland ihren international renommiertesten Historiker, der zugleich im eigenen Land zum Ausgestoßenen wurde. Vom Linken zum Rechten, so wird Noltes Lebensweg ohne Kenntnisse von der linken Hegemonie heute gedeutet, doch Nolte wich nie von seinem Standpunkt ab. Dem Humboldtschen Bildungsideal folgend, arbeitete Ernst Nolte mit einer Objektivität, die den meisten seiner Zunft heute fehlt. Die Unvoreingenommenheit, mit der er sich dem „absolut Bösen“ widmete und die Erkenntnisse, die er daraus zog, lässt seine weniger objektiven Kollegen immer noch verzweifeln.

Ernst Nolte war ein Liberaler, nicht rechts und nicht links. Seine wissenschaftlichen Tätigkeiten waren immer auf die Wehrlosigkeit des liberalen Systems gegenüber seinen Feinden gerichtet. Zu diesen Feinden zählte er Marxismus, Faschismus und zum Ende auch den Islamismus.

Warum wird er also auf einem Blog erwähnt, der sich „Plattform für rechte Metapolitik“ nennt? Die Kontroverse, die um Nolte entstand, verdeutlicht eine Tatsache: dass in einem Staat, in dem geistige Kinder des Marxismus die öffentliche Meinung kontrollieren, kein Platz für Liberale und schon gar nicht für Rechte ist. Diese Hegemonie der Kulturmarxisten gilt es zu brechen und mit der Überzeugung, mit der Ernst Nolte für seine Anschauungen einstand, kann er für uns alle ein Vorbild sein.

[1]Weißmann, Karlheinz: Faschismus eine Klarstellung. S.15

[2]Nolte, Ernst: Der kausale Nexus. S.220

[3]Gerlich, Siegfried: Ernst Nolte- Portät eines Geschichtsdenkers. Siehe S.141

[4]http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0080_nol&object=facsimile&l=de

[5]ebenda

[6]Gerlich, Siegfried: Ernst Nolte- Portät eines Geschichtsdenkers. S.185