Dominique Venner. Europäer, Rebell und Mystiker

von | 06. Feb. 2017 | Philosophie & Theorie

„Ich übergebe mich dem Tod, um die trägen Geister aus ihrem Dämmerschlaf zu wecken.“

Aus dem Abschiedsbrief von Dominique Venner am 21.05.2013

Dominique Venner wurde am 16. April 1935 in der französischen Hauptstadt Paris geboren. Er war Schriftsteller und Historiker, veröffentlichte etwa 50 Werke und war Herausgeber mehrerer historischer Buchreihen. Er nahm am Algerienkrieg, dem Budapester Aufstand und dem Putsch gegen Charles de Gaulle teil. Mit 78 Jahren erschoss er sich am 21. Mai 2013 in der Kathedrale Notre Dame in Paris, um ein Zeichen gegen den träge gewordenen Geist Europas und der damalig aktuellen Debatte um die Einführung der Homo-Ehe zu setzen. Er hinterließ eine Ehefrau und fünf Kinder. Kurz vor seinem Tod schrieb er in seinem Blog „…wir treten in eine Zeit ein, in der Worte durch Taten bekräftigt werden müssen…“.

Der Name Dominique Venner ist heute für uns unmittelbar mit dem Geist des europäischen Rebellen verbunden. Der oft zitierte und international anerkannte Schriftsteller und Historiker war nicht nur Franzose, er war auch ein glühender und vorbildlicher Europäer. Spricht man von Venner, so kann hier nicht nur ein Mann in Menschengestalt gemeint sein. Er war, er ist, ein Geist, eine Gestalt, die der europäischen Jugend ein Beispiel für den unerschütterlichen Tatendrang, die Liebe zum Leben sowie die Annahme dessen, was der Bürger voller Furcht den ‚Tod‘ nennt und das Dasein eines Unbeugsamen der abendländischen Welt gab. Eine Gestalt erkennt man, im Sinne seines literarischen Vorbildes ERNST JÜNGER[1], daran, „daß ihr die Summe aller Kräfte gewidmet, die höchste Verehrung zugewandt, der äußerste Haß entgegengebracht werden kann“. So wie „sie das Ganze in sich birgt, fordert sie das Ganze ein“[2]. Das ist Dominique Venner.

Kindheit und Jugend eines Europäers

Er entstammte väterlicherseits einem alten Lothringer Bauerngeschlecht, das im siebzehnten Jahrhundert aus dem deutschen Teil der Schweiz auswanderte. Mütterlicherseits bestand die Erblinie dieses Werwolfes, wie er sich selbst einmal nannte, aus einer sehr militärischen Familie, die ursprünglich aus der Provence und aus dem Vivarais kam. Er selbst wurde in der französischen Hauptstadt Paris geboren. Zu seiner europäischen Herkunft sagte er einmal: „Ich bin ein Europäer durch Abstammung, aber Geburt an sich ist nicht genug, wenn man nicht das Bewußtsein besitzt zu sein, was man ist.“[3]

Er selbst fühlte sich dazu bestimmt, sein Leben den Waffen zu widmen. Doch waren damit nicht nur die bloßen physischen Waffen gemeint, die er in den vielen Einsätzen auf dem Schlachtfeld in ihrer Praxis studieren konnte. Die Feder als Schwert, als Waffe, wusste er wie kein zweiter seiner Zeit zu gebrauchen. In seinem Brevier der Unbeugsamen schrieb er dazu passend: „Wörter sind Waffen. Seinen Wortschatz selbst auszuwählen, sich erst recht einen Namen zu geben, heißt, seine Existenz, seine Selbstständigkeit, seine Freiheit zu behaupten.“[4]

Der Werwolf als Teilnehmer seiner Zeitgeschichte

Der Schriftsteller und Historiker verstand sein Instrument, die Waffe der Feder, die Macht des Wortes. Und doch ließ er keinen Zweifel aufkommen, dass er nicht nur bereit war, das Wort zu erheben, sondern es in den geformten Willen, in die Tat zu transformieren. Dominique Venner war eine Lichtgestalt der intellektuellen Welt der europäischen Rechten. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen zögerte er nicht vor dem Einsatz seines eigenen Lebens. Während sich zumeist Intellektuelle darin üben „ins Blaue hinein(zu)reden“[5] meldete sich der Franzose freiwillig für den Algerienkrieg und nahm an diesen bis 1956 teil. Bereits mit 18 Jahren besuchte er nach seiner Gymnasialzeit die Militärschule Rouffach im Elsass. Im Kampf gegen die Kommunisten als Aktivist der ‚Jeune Nation‘ – in der auch ALAIN de BENOIST tätig war – nahm er am Volksaufstand in Ungarn, der am 23.10.1956 mit einer Demonstration von Studenten in Budapest begann, teil. Venner, der zunächst – ähnlich seinen Zeitgenossen – in erster Linie für die Verteidigung der französischen Algerier eintrat, erkannte sehr schnell, welche Bedeutung dieses weltgeschichtliche Szenario für sein Vaterland und Europa hatte. Es handelte sich um einen identitären Kampf, indem verschiedene Kulturen aufeinanderprallten. Es war die „Verteidigung“ der „Südgrenzen Europas“[6]. Über den Ausgang des Krieges konstatierte er später: „Sobald dieser kleine Krieg beendet war – und dieses Ende wurde von den Franzosen als Ende ‚aller Kriege‘ empfunden – wurde das Land dem Zugriff der merkantilistischen Wirtschaft, der Allmacht des Geldes, der Massenfreizeitgesellschaft und des Konsums als einzigem Lebensentwurf endgültig ausgeliefert“[7]. Im Jahre 1958 gründete er, zusammen mit PIERRE SIDOS[8], die ‚Parti nationaliste‘, die sich jedoch nur kurze Zeit halten konnte. Er trat der OAS (Organisation de l’armée secrète; zu Deutsch: Organisation der geheimen Armee) bei, die sich in der Endphase des Algerienkrieges gründete und für den Schutz Frankreichs vor der muslimischen Gefahr eintrat.

Aufgrund der Mitgestaltung der OAS, die zudem als terroristische Vereinigung eingestuft wurde, geriet Venner in politische Gefangenschaft im La-Santé-Gefängnis. In dieser Zeit verfasste er sein berühmtes Manifest ‚Pour une critique positive‘, worin der Schriftsteller eine ‚positive Kritik‘ am Nationalismus übte und eine neuangebrochene Zeit vorhersagte, die eine Distanz von der ‚alten Welt‘ einfordert. Mit dieser Schrift eröffnete Venner dem Nationalismus eine neue Sichtweise. Er sprach von einem ‚europäischen Nationalismus‘, der auf Grundlage des homerischen Abendlandes fußt[9]. Der Veröffentlichung seiner ‚Positiven Kritik‘ folgte dann die Gründung der Zeitschrift ‚Europe Action‘ (1963), deren Hauptaufgabe u.a. sein sollte, den Nationalismus für „die europäische Dimension“ zu öffnen, „die Befreiung vom Christentum“ einzuleiten und „die Fruchtbarmachung aller Forschungsergebnisse der Philosophie und Geschichtswissenschaft“ zu gewährleisten. Im Jahre 1966 wirkte er als Mitbegründer der ‚Mouvement National du Progres‘ und zwei Jahre später in der Organisation GRECE (Groupement de recherche et d’études pour la civilisation européenne, z. dt.: Forschungs- und Studiengruppe für die europäische Zivilisation), die bis heute die ‚Nouvelle Droite‘ (z. dt. ‚Neue Rechte‘) in Frankreich dominiert. In der im gleichen Jahr von ALAIN de BENOIST gegründeten Zeitschrift ‚Nouvelle École‘ schrieb Dominique Venner regelmäßig unter dem Pseudonym Julien Lebel.

„Wir waren unserer Zeit voraus.“

Der Krieg und die Beteiligung am Befreiungskampf von dem „politischen und intellektuellen Hundepack“[10], ließen ihn schnell reifen und seine Männlichkeit erlangen. Venner und seine Kameraden verstanden sich zu damaliger Zeit als ‚europäische Nationalisten‘, die sich in ihrer Radikalität klar von den bürgerlichen ‚Nationalen‘ abgrenzten. Die damalige Generation der französischen, sich für ein freies Europa einsetzenden Soldaten unterschied sehr scharf zwischen einem ‚Nationalen‘ und einem ‚Nationalisten‘. Venner erinnerte sich im Jahre 2010, wie er und seine Kameraden immer scherzeshalber sagten: „Der Nationale verhält sich zum Nationalisten wie das Rindfleisch zum Stier.“[11] In diesem Zitat kommt die ganze Radikalität, mit der Venner sich seiner Zeit verstand, zur Geltung. Eine klare Abgrenzung von dem bürgerlichen Unfreien, der sich stets in der Sicherheit zu wähnen glaubt und dabei verkennt, dass er selbst unfreier und unsicherer denn je ist. „Die Gefahr“, so weiß Ernst Jünger uns zu sagen, „will nicht nur Anteil an jeder Ordnung haben, sondern sie ist auch die Mutter jener höchsten Sicherheit“. Dieser Sicherheit, die also auf der Gefahr beruht, kann und wird „der Bürger niemals teilhaftig“[12] sein.

Dominique Venner beschrieb die großen Kulturen als ‚verschiedene Planeten‘, womit er die Einzigartigkeit der Ausprägung ihrer jeweiligen kulturellen Merkmale meinte. In einem Interview, das er der Zeitschrift SEZESSION[13] gab, sagte er: „Die Menschen bestehen nur durch das, was sie unterscheidet: Clan, Stamm, Stadt, Nation, Kultur, Zivilisation und nicht durch das, was sie rein animalisch gemeinsam haben, die Sexualität oder das Bedürfnis nach Nahrung. Ihre Menschlichkeit begründet sich in Traditionen und geistigen Werten, die die Zeit überdauern.“ Hier ermöglicht der Historiker dem Leser einen Einblick in eine andere geschichtswissenschaftliche Welt. Der Autor so vieler Publikationen verdeutlicht, die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Ethnien und ihrer Kulturen. Die „Darstellung der Weiblichkeit, der Wahrnehmung des Körpers, der Gastronomie oder der Musik“ sind, nach Venner, trotz ihrer universellen Motive doch so grundverschieden. Hier wird eine Haltung deutlich, die, geprägt von dem Wissen um die Geschichte, für den damaligen Nationalismus nahezu revolutionär war. Erst die Vielfalt der Völker und Kulturen, erst die Individualität des Menschen in Prägung und Charakter, macht die Völker zu Völkern und den Menschen zu einem Menschen.

Dass Dominique Venner kein ewig gestriger, in der Vergangenheit verhafteter Geist war, belegt eine Aussage von ihm, die er in dem Interview mit Karlheinz Weißmann im Jahre 2010 verlautbarte. Darin bekannte er sich dazu, dass sich „die Geschichte der großen Bewegungen (nicht) wiederholt“[14]. Nach seiner Auffassung leben wir in einer neuen und vor allem anderen Zeit, in der der „Zusammenprall der Zivilisationen und ihres Wiederauflebens“ prägende Merkmale sein werden. Hier erweist sich Venner, wie auch in dem nach seinem Tod in Buchform veröffentlichten Brevier, als Realist und Optimist zugleich. Es ist der Glaube an das Wahrhaftige Europas. Dieses Europa sei noch nicht tot, sondern schlummere einen noch tiefen Schlaf. Langsam jedoch kommt dieses doch so verträumte Europa zur Rückbesinnung. So glaubte auch dieser französische Geist fest daran, dass wenn der europäische Mensch durch eine neue Wahrnehmung seine Authentizität wiedererlangt, er dann auch seinem „Verschwinden im Nichts der großen universellen Rassenmischung und der Globalisierung trotzen“ kann. Den Begriff der Authentizität definierte er als zunächst „identitäres Gedächtnis“[15]. Hier kommt zugleich auch der mystische Charakter der Zeilen, die uns dieser Genius hinterlassen hat, zur Geltung.

Mit der Öffnung des Nationalismus zur europäischen Dimension und dieser Höchstachtung vor der Natur läuteten Venner und seine Kameraden eine Zeit der neuen Denkweise, eines neuen Nationalismus ein. Weißmann gegenüber resümierte er: „Wir waren unserer Zeit voraus.“[16]

Studium der Zeitgeschichte und Erforschung der Herkunft

Um 1970 herum zog sich Venner nach jahrelangem Kampf aus der Politik zurück. Er verließ Paris und lebte fortan in nächster Nähe eines Waldes, wo er zahlreiche Publikationen verfasste. Dort schrieb er u.a. das Buch Dictionnaire amoureux de la chasse (z. dt.: Jagdlexikon für Liebhaber, 2000), welches, anders als es der Name suggeriert, weniger ein ‚Wörterbuch‘ darstellt als vielmehr ein „pantheistisches Gedicht, für das die Jagd ein Vorwand ist“. Venner beschrieb die Jagd einmal als ein „notwendiges Ritual, in dem jeder Teilnehmer, Jäger oder Beute, die ihm von seiner Natur zugewiesene Rolle spielt“[17]. Hier zeigt sich die deutliche Konsequenz eines mystisch-veranlagten Menschen, der, um dem krankmachenden Geheul der Großstadt zu entfliehen, sich in die Ruhestädte begibt, wo der Fatalismus und der universalistische Kosmokratismus noch nicht vordringen konnten. Im Wald, wo die Stimme seiner Ahnen ihn die Kraft und Energie derer spüren ließ, die vor ihm im täglichen Kampf ums Dasein den Boden mit ihrem Blut und Schweiß fruchtbar gemacht haben, sollte er die Ruhe finden, ein tiefgreifendes Studium der Geschichte und des Geistes vorzunehmen. Von 1991 bis 1999 leitete er die Zeitschrift Enquête sur l’histoire (z. dt.: Ermittlungen über die Geschichte).

Drei Jahre später gründete er die La Nouvelle Revue d’Histoire (z. dt.: Neue Zeitschrift für Geschichte), die bis heute alle zwei Monate erscheint. „Wir wollten“, so schrieb er, „eine Zeitschrift ins Leben rufen, die Schluß machen würde mit parteiischen oder partiellen Interpretationen der Geschichte, eine Zeitschrift, die eine andere Vision der Vergangenheit und der Zukunft zeichnen und eine europäische Renaissance anstreben würde.“

Mystiker statt Politiker

In der ‚Zeit des Waldes‘ wurde seine Persönlichkeit immer mystischer. Dies machte sich jedoch nicht durch Rätselhaftigkeit derselben bemerkbar, sondern eher durch die bestechende Klarheit, mit der Venner dem noch Suchenden eine neue Geschichte aufzeigt. Diese Geschichte ist von einem Homer, einem Odysseus und einer Penelope geprägt. Sie gründet auf den Grundfesten der Gesetze, die von dem griechischen Mythus in der Ilias und der Odyssee beschrieben wurden. So stieß Dominique Venner bei seinen geschichtswissenschaftlichen  Forschungen auf die Erkenntnis, dass hier das heilige Epos des Ursprungs der abendländischen Welt mit all ihren Facetten und Segmenten ruhen muss. Er weiß in den Figuren Achilleus und Hektor die Charakterwelt des europäischen Menschengeschlechtes, die Zwietracht und die innerliche Diskrepanz, welche von Begriffen wie Ehre, Liebe, Mut aber auch der Hybris begleitet wird, zu deuten.

Dominique Venner ist also weniger als Politiker, sondern vielmehr als Mystiker zu verstehen. Von der Politik abgewandt, die nicht selten auch mit dem Term eines ‚schmutzigen Geschäftes‘ gleichgesetzt wird, wendet er sich also einer Mystik zu, die den Schüssel zu einer neuen Welt in sich trägt. Hier bekommt auch das aus einer homerisch-hellenistischen Welt stammende Postulat „Erkenne dich selbst“ eine neue und unfehlbare Bedeutung. Auf eine von Karlheinz Weißmann nach seinem „rebellischen Herzen“, von dem besonders seine Jugend zeugt,  gestellte Frage, erwiderte Dominique Venner:  „Wir träumten weniger davon, eine ‚Partei‘ zu gründen als vielmehr einen mystisch-militärischen Orden“[18].

Während sich die heutige Politik mit abstrakten, oft dialektischen Begriffen begnügt und so nicht selten die Völker durch taxonomische Zerwürfnisse derselben in das Chaos geführt wurden, pflegte dieser sich in der homerischen Erbfolge verstandene Historiker die Welt im Ganzen zu verstehen. Aristoteles sagte, dass das „Ganze mehr als die Summe seiner Teile“ sei und Ernst Jünger gab in seinem Arbeiter zu verstehen, dass dies auch oder erst recht auf die Gestalt zutreffe[19]. In diesem Sinne verstand Venner die einer freien Welt feindlich gegenübergestellten Ideologien auch nicht in den abstrakten Begriffen des ‚Liberalismus‘ oder des ‚Kapitalismus‘ zu benennen. Der Jungen Freiheit[20] gegenüber gab er im Jahre 2010 zu verstehen, dass die unsrige Zeit eher von einer ‚Kosmokratie‘ geprägt ist, die sich durch den individualistischen und allein auf den Nutzen ausgerichteten Weltbild bemerkbar macht. Das eigentliche Problem bestünde also darin, dass die Moderne vom Profitdenken benetzt ist und die Gesellschaften von einem zerstörerischen Egoismus übersät wurden. Welche Konsequenzen dies für Europa hat, beschrieb Venner mit folgenden Worten: „Der Preis, den die Menschen und die Völker dafür zahlen, spielt keine Rolle. Dieses Ziel gilt als höchster Wert, der alles rechtfertigt bis hin zum schlimmsten Übel wie etwa der Masseneinwanderung nach Europa und in seine Kultur. Das kosmokratische System ist auf dem Rausch des Wachstums und auf dem grenzenlosen Konsum nutzloser Produkte aufgebaut.“ Wie recht er mit dieser Aussage hatte, zeigt die momentane Situation der Ströme Asylsuchender nach Europa, die langfristig zu einem Austausch der europäischen Kulturen durch eine entwurzelte Monokultur führen.

Der letzte Akt als eine Neuschöpfung

Bis zu seinem bewussten Suizid zur Weckung all der noch Schlafenden war Venner ein Fels in der Brandung, der niemals den Mut verlor für das zu kämpfen, an was er glaubte. War er mit den 20ern seines Lebens mit jugendlichem Radikalismus gesegnet, der sich nicht nur politisch sondern auch militärisch in seinem Lebenslauf bemerkbar macht, so hatte er im Alter jene Weisheit erreicht, die ihm – fernab von der Politik – zu einen Menschen machte, der sich selbst wiedergefunden hat, dessen Leben der Stimme des Blutes folgte und es im Sinne der Idee von der Reconquista Europa führte. Nie verlor er seinen Optimismus und war bis zuletzt davon überzeugt, dass die Kulturen Europas aus ihrem Schlaf erwachen werden und sich aus der geistigen Gefangenschaft des Fatalismus und des kosmokratisch verursachten Hedonismus befreien würden. Dieser tiefe unerschütterliche Glaube an Europa wurde durch sein Geschichtsstudium geschöpft. Sein Leben zeigt deutlich, dass Venner kein reiner Theoretiker war, der sich am warmen Kamin und bei einem guten Wein die typisch für so manchen Intellektuellen mahnenden und herablassenden Worte für eine in Ochlokratie versinkende Gesellschaft postulierte. Er nahm selbst an der Geschichte Teil und wurde somit Gestalt. Er prägte, nahm und gab. Er studierte die Geschichte, indem er selber daran teilnahm. In einer in der La Nouvelle Revue d’Histoire (Nr. 58, Januar 2012) veröffentlichten Antwort auf eine Leserfrage nach seinen ‚optimistischen‘ Zukunftsvisionen antwortete Venner: „Mein ‚Optimismus‘, wie Sie sagen, ist nicht ‚blauäugig‘. Ich gehöre nicht einer Gemeinde an, die glaubt, alles werde sich schon geben. Ich bin mir der dunklen Seiten unserer Zeit durchaus bewußt. Ich ahne aber auch, daß die Mächte, die auf das Schicksal der Europäer heute negativ einwirken, in Zukunft von Erschütterungen historischen Ausmaßes untergraben werden. Um zu einem echten Erwachen zu gelangen, werden die Europäer ihr angestammtes Bewußtsein und das lange Gedächtnis, um das sie gebracht worden sind, zurückerobern müssen. Die heraufziehenden Bewährungsproben werden uns dabei helfen, indem sie uns von all dem, was uns von Grund auf infiziert hat, befreien. Zu dieser vermessenen Aufgabe habe ich mich verpflichtet. Sie hat wenig Präzedenzfälle und ist mitnichten politischer Natur. Über meine sterbliche Person hinaus werden die einmal entfachten Flammen nie verlöschen, dessen bin ich sicher.“

Im Jahre 2013 am 21. Mai erschoss sich Dominique Venner in der Kathedrale Notre Dame in Paris. In seinem Abschiedsbrief bezeugt er, dass er sein restliches Leben einem Neuanfang opfert. Seine Tat beweist wahre Freiheit: Sie ist die Befreiung von der Sklaverei seines eigenen Daseins gewesen, derer noch viele Europäer bedürfen. Damit erwies sich Dominique Venner als Träger einer neuen Ethik, die mit der Willenskraft eines Stoikers einhergeht, der zum Höheren strebt. Viele mögen seine bizarr wirkende Tat inmitten eines Wahrzeichens des Abendlandes als anrüchig, wenn nicht sogar anmaßend empfinden. Doch genau aus der Tatsache heraus, dass die Kathedrale Notre Dame sowie der Boden, auf dem sie errichtet wurde, so unmittelbar mit unserer homerischen Geschichte verbunden ist, macht diesen Akt zu einem Martyrium, der in der heutigen Zeit seines Gleichen sucht. Dominique Venner war ein Ritter, ein Samurai des 21. Jahrhunderts und er ist noch heute ein Geist, der uns beseelen sollte. Beseelen für das Notwendige, das seine Entfaltung finden wird, sobald wir erkannt haben, welche unglaubliche Energie noch in uns steckt. Noch erAHNEN nur wenige, welche Willenstat dieser Opfergang bedeutete. Doch mit zunehmender Not wird auch der vernünftigste Geist befreit.

[1] (1895-1998). Venner widmete Jünger sogar ein Essay: Ernst Jünger. Un autre destin européen (z. dt.: Ernst Jünger, ein außergewöhnliches europäisches Schicksal, 2009)

[2] Jünger, E. (1932). „Der Arbeiter – Herrschaft und Gestalt“. Hamburg: Hanseatische Verlagsgesellschaft, S. 36

[3] Venner, D. (2001). “Christopher Gérard interviewt Dominique Venner”. Veröffentlicht am 01.06.2014 auf der Internetpräsenz „As der Schwerter“. Verfügbar unter: https://schwertasblog.wordpress.com/2014/06/01/christopher-gerard-interviewt-dominique-venner/ (25.08.2015)

[4] Venner, D. (2014). „Ein Samurai aus Europa – Das Brevier der Unbeugsamen“ (Erste Auflage). Übersetzung aus dem Französischen von Jean-Louis Pestel. Bad Wildungen: Thule-Bibliothek Ahnenrad der Moderne Verlag Dr. Pierre Krebs, S. 34

[5] Ebenda, S. 32

[6] Venner, D. (2001). “Christopher Gérard interviewt Dominique Venner”. Veröffentlicht am 01.06.2014 auf der Internetpräsenz „As der Schwerter“. Verfügbar unter: https://schwertasblog.wordpress.com/2014/06/01/christopher-gerard-interviewt-dominique-venner/ (25.08.2015)

[7] Venner, D. (2014). „Ein Samurai aus Europa – Das Brevier der Unbeugsamen“ (Erste Auflage). Übersetzung aus dem Französischen von Jean-Louis Pestel. Bad Wildungen: Thule-Bibliothek Ahnenrad der Moderne Verlag Dr. Pierre Krebs, S. 51

[8] SIDOS war ein französischer Rechter und Führer der ‚Jeune Nation‘.

[9] Später veröffentlicht Venner sein Werk Histoire et tradition des Européens. 30.000 ans d’identité (z. dt.: Geschichte und Tradition der Europäer. 30.000 Jahre Identität, 2004), worin er die Ursprung und Werden Europas ausgehend von Homer untersucht.

[10] Sezession (2010). „Kein zweiter Faschismus – Ein Interview mit Dominique Venner“. Ausgabe 34 / Februar 2010. Verfügbar unter: http://www.sezession.de/wp-content/uploads/2010/07/Venner_Kein-zweiter-Faschismus.pdf (24.08.2015), S. 45

[11] Ebenda

[12] Jünger, E. (1932). „Der Arbeiter – Herrschaft und Gestalt“. Hamburg: Hanseatische Verlagsgesellschaft, S. 36

[13] Sezession (2013). „Man muß das Leben einsetzen – Dominique Venner im Gespräch“. Ausgabe 54 / Juni 2013. Verfügbar unter: http://www.sezession.de/wp-content/uploads/2013/05/Sez54-VennerKaiserGespr%C3%A4ch.pdf (24.08.2015), S. 5

[14] Sezession (2010). „Kein zweiter Faschismus – Ein Interview mit Dominique Venner“. Ausgabe 34 / Februar 2010. Verfügbar unter: http://www.sezession.de/wp-content/uploads/2010/07/Venner_Kein-zweiter-Faschismus.pdf (24.08.2015), S. 46

[15] Sezession (2013). „Man muß das Leben einsetzen – Dominique Venner im Gespräch“. Ausgabe 54 / Juni 2013. Verfügbar unter: http://www.sezession.de/wp-content/uploads/2013/05/Sez54-VennerKaiserGespr%C3%A4ch.pdf (24.08.2015), S. 5

[16] Sezession (2010). „Kein zweiter Faschismus – Ein Interview mit Dominique Venner“. Ausgabe 34 / Februar 2010. Verfügbar unter: http://www.sezession.de/wp-content/uploads/2010/07/Venner_Kein-zweiter-Faschismus.pdf (24.08.2015), S. 45

[17] Venner, D. (2001). “Christopher Gérard interviewt Dominique Venner”. Veröffentlicht am 01.06.2014 auf der Internetpräsenz „As der Schwerter“. Verfügbar unter: https://schwertasblog.wordpress.com/2014/06/01/christopher-gerard-interviewt-dominique-venner/

[18] Sezession (2010). „Kein zweiter Faschismus – Ein Interview mit Dominique Venner“. Ausgabe 34 / Februar 2010. Verfügbar unter: http://www.sezession.de/wp-content/uploads/2010/07/Venner_Kein-zweiter-Faschismus.pdf (24.08.2015), S. 45

[19] Jünger widmete dieser Erkenntnis ein ganzes Kapitel in dem ersten Teil seines Buches „Der Arbeiter – Herrschaft und Gestalt“.

[20] Junge Freiheit (2010). „Vorbild einer europäischen Renaissance“. Ausgabe 12/10. Erschienen am 19.03.2010. Verfügbar unter: https://jungefreiheit.de/service/archiv/?jf-archiv.de/archiv10/201012031955.htm (25.08.2015)