Was bleibt vom Werk Luthers zu dessen Jubiläum? Für die einen ist es ein freier Tag, für andere ist es Halloween und selbst viele Christen dürften ins Grübeln kommen, wenn über den 31.10.1517 gesprochen wird. Dass Luther mit seiner Tat nicht etwa nur der Reformator der Kirche, sondern ein Zeitenwender war, wird erst ersichtlich, wenn wir um die Umstände seiner Zeit wissen, die uns bei genauerer Betrachtung allzu bekannt vorkommen.
Martin Luther wurde im Jahre 1483 in Eisleben geboren. Als Sohn eines aufstrebenden Bergmanns begann er ein Studium der Rechtswissenschaften, welches er nach seinem Gewittererlebnis[1] abbrach, um sich fortan den Studien von Gottesschriften zu widmen. Die Reise nach Rom war für angehende Geistliche eine Pflicht, war doch der Vatikan das Machtzentrum des Abendlandes. Doch Luther erlebte dort sein zweites Erweckungserlebnis, angewidert vom Prunk der Kleriker und ihrem scheinheiligen Verhalten. Er erkannte, dass die Geistlichen ihren Einfluss ausnutzten, um sich selbst zu bereichern. Anstatt Seelsorger, Ratgeber und Mittler zwischen Mensch und Gott zu sein, glichen die Pfarrer eher Schuldeintreibern. Man stelle sich einmal vor, wie einflussreich die Geistlichen waren, zu einer Zeit, in der kaum Schriften und Bücher existierten, die nicht in Besitz von Klöstern waren und Kleriker als Berater für Fürsten dienten, da diese dem Lesen und Schreiben ebenso wenig mächtig waren wie der einfache Untertan. Wenn solch Gelehrte nun verkündeten, das Wort Gottes zu sprechen, wer wollte ihnen da noch widersprechen?
Martin Luther merkte schnell, dass die römischen Verhältnisse mittlerweile auch in seiner Heimat zum Alltag gehörten. Der Ablasshandel in der Person Tetzels verkörperte für Luther die Unreinheit des Glaubens, die der Freiheit des Christenmenschen entgegensteht. Diese Verhältnisse waren es, die ihn zu seinem Thesenanschlag bewegten. In seinen 95 Thesen kritisierte er das System des Ablasshandels und durch seine Tat wurde er über Nacht zur umstrittensten Persönlichkeit des Deutschen Reiches. Ein gebildeter Mensch wie er musste wissen, was es bedeutet, die Allmacht der Kirche herauszufordern, zu bekannt waren schon zu seiner Zeit die Legenden von Jan Hus und anderen Ketzern.
Doch Luthers Tat leitete eine neue Epoche ein, die 1000jährige Herrschaft der Katholischen Kirche geriet immer mehr ins Wanken. Im ganzen Land verbreitete sich Luthers Lehre. Für jeden verständlich in deutscher Sprach, statt in Latein, auf Flugblättern und in Büchern wurden seine Ideen publiziert und diskutiert. Luther selbst wurde nach Jahren des Festhaltens an seinen Anschauungen am 3. Januar 1521 exkommuniziert. Der von Rom abhängige Kaiser erklärte ihn im Mai desselben Jahres für vogelfrei, doch Luther konnte sich auf seinen Fürsten, Friedrich den Weisen, verlassen, der ihn bereits seit dem Thesenanschlag unterstützte. Getarnt als Junker Jörg verbrachte Luther die nächsten Monate auf der Wartburg damit, das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen.
Im Jahr 1534 hatte Luther die Übersetzung der gesamten Bibel vollendet, diese war nun Bauern, Knechten, Mägden, Handwerkern und Rittern verständlich und nicht nur einer kleinen Gruppe, die von sich behauptete das Werk Gottes, ja die Welt, besser verstehen zu können als die vielen Laien[2].
Die Führer der Bauernkriege beriefen sich ebenso auf Luther wie katholische Fürsten, die sich von der kirchlichen Vormundschaft lossagten. Für Luther selbst schien die Reformation mit dem Bauernaufstand in eine falsche Richtung zu laufen, weshalb er ihnen die Unterstützung entsagte. In den folgenden Jahren verschwand Luther aus der Öffentlichkeit, da seine Ideen mittlerweile keine Ausnahme, sondern der bestimmende Konsens war. Er fand sein persönliches Glück und heiratete Katharina von Bora, was dem Zölibat widersprach und bis heute eine Einmaligkeit darstellt, weil das evangelische Christentum als einzige aus Orient kommende Religion den Klerikern erlaubt, Familien zu gründen.
Martin Luther starb am 18. Februar 1546 in seinem Geburtsort. Für uns hinterließ er viel mehr als einen freien Tag im Jahr. Seine Bibelübersetzung ist die Grundlage unserer hochdeutschen Sprache. Er war der innerkirchliche Widerstand zu Beginn der Neuzeit und beschleunigte den Niedergang der römisch-päpstlichen Herrschaftsepoche, genau wie Gutenberg, Kopernikus, Galilei oder andere. Sein Handeln ist uns noch heute ein Vorbild, kämpfte er, sich aller Konsequenzen bewusst, gegen das Schlechte seiner Zeit.
Es ist jetzt wichtiger als jemals zuvor an sein Erbe zu erinnern, denn Luthers damals aufgestellte Thesen besitzen eine gewisse Allgemeingültigkeit, wie nun dargelegt werden soll. Die Reformation löste von katholischer Seite größere Bekehrungsversuche aus als je zuvor, so verwundert es nicht, dass die meisten Hexenverbrennungen im Jahrhundert nach der Reformation stattfanden. Heute versuchen die Streiter des Kulturmarxismus auf eine andere Art und Weise ihre Gegner auszugrenzen. Symbol dafür ist das sogenannte Netzwerkdurchsuchungsgesetz. Über die Unrechtmäßigkeit, selbst nach bundesrepublikanischem Standard, dieses Gesetzes muss nicht diskutiert werden. Es ist viel erschreckender wie still und leise der Prozess ins Rollen kam und weiterhin unbeachtet bleibt.
In seiner 11. These sagte Luther: „Die Meinung, daß eine kirchliche Bußstrafe in eine Fegefeuerstrafe umgewandelt werden könne, ist ein Unkraut, das offenbar gesät worden ist, während die Bischöfe schliefen“. Das schlafen der Bischöfe in Zeiten von NetzDG ist vielmehr eine bewusste Haltung, waren doch am Tage der Abstimmung zum Zensurgesetz fast alle Abgeordneten im Parlament, um die „Ehe für alle“ zu beschließen. Von den bei dieser Abstimmung Anwesenden waren kaum 10% im Parlament, als es um das Zensurgesetz ging[3]. Genauso versagten Zivilgesellschaft und vorgeblich politisch Alternative, einzig die wirklich Betroffenen protestierten nicht nur still im Hinterzimmer[4].
Ziel des Gesetzes ist es nicht gegen tatsächliche Hassbotschaften in den sozialen Medien vorzugehen, sondern gegen missliebige politische Meinungen. So formulierte Luther in seiner 24. These: „Deswegen wird zwangsläufig ein Großteil des Volkes durch jenes in Bausch und Bogen und großsprecherisch gegebene Versprechen des Straferlasses getäuscht“. Der Straferlass in der heutigen Zeit lautet: „habe die korrekte Meinung und du bekommst keine Probleme“; was die korrekte Meinung tatsächlich ist, wird jedoch von politisch meist einschlägigen Organisationen vorgegeben[5].
Möglich wurde die immer engere politische Debatte durch die Revolte von 68 und ihre bis heute andauernden Folgen. Blicken wir auf die politischen Entscheidungsträger dieser Tage, verwundert die aktuelle Lage der Nation nicht. Wenn auch im Parlament ein paar gut ausgebildete Menschen mehr sitzen[6], sind diese noch lange keine Entscheidungsträger, da das Parteibuch mehr zählt als die fachliche Qualifikation. „Der Schatz des Ablasses jedoch ist zu Recht außerordentlich beliebt“, schrieb Luther in seiner 64. These, „weil er aus Letzten Erste macht“.
Doch auch Luther ahnte, dass, wenn der erste Schritt getan sei, sich die Verhältnisse zum Besseren wenden werden. „Bischöfe, Pfarrer und Theologen, die dulden, daß man dem Volk solche Predigt bietet, werden dafür Rechenschaft ablegen müssen.“, so besagt es die 80. These. Da man lieber darauf trauen solle, durch viele Trübsale ins Himmelreich einzugehen, als sich in falscher geistlicher Sicherheit zu beruhigen (letzte These).
Genau das versucht das linksliberale Establishment jedoch zu verhindern. Wenn die Diskussionen über Critical Whiteness, Gender Studies oder den Islam als Teil Deutschlands für den einfachen und heimatverbundenen Menschen absurd sind, für die politischen Entscheidungsträger sind sie es nicht. Damit diese Verhältnisse so bleiben, werden alle Möglichkeiten abgeschöpft, um die Masse im Dunkeln tappen zu lassen. Die Herrschenden wissen, dass die von ihnen kontrollierten alten Medien, wie Fernsehen, Radio und Zeitung, durch das Medium Internet abgelöst werden. Der einstige Freiraum des world wide web wird durch die selbst erklärten Pluralisten und Bewahrern der Rechtstaatlichkeit zunehmend zensiert.
Darum gedenkt in heutigen Tagen nicht nur Luthers Tat, sondern seht ihn als Vorbild für euer eigenes Handeln, denn „solange mein Gewissen gefangen ist von den Worten Gottes, kann und will ich nicht widerrufen, da gegen das Gewissen zu handeln weder sicher noch lauter ist“[7].
Anmerkungen
[1]Hierbei soll Luther auf dem Weg zur Universität von einem Gewitter überrascht worden sein und habe in seiner Angst göttlichen Beistand gesucht, worauf hin er sich Gott verpflichtet fühlte
[2]Laien sind nach kirchlicher Auffassung jene, die in Gottesfragen unwissend sind, also alle nicht Geistlichen
[3]http://www.anonymousnews.ru/2017/07/02/nur-40-abgeordnete-bei-netzdg-abstimmung-anwesend-der-rest-feierte-backstage-homoehe/
[4]https://www.youtube.com/watch?v=UYcUXi5YcY0
[5]https://einprozent.de/blog/correctiv-das-zensurwerkzeug-der-elite/1866
[6]http://biaj.de/archiv-kurzmitteilungen/980-bundestagswahl-2017-nahezu-68-prozent-der-afd-waehler-lebt-in-westdeutschland.html
[7]Luthers letzte Worte auf dem Reichstag in Worms