Zukunft Deutsch?

von | 23. Sep. 2021 | Debatte

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um eine Zusendung unseres Lesers Joachim Kapp.
Die Redaktion

„Zukunft Deutsch“, mit diesem germanistisch nicht sonderlich glücklich gewählten Titel meldet sich der nationale Publizist Jürgen Schwab zurück. In den letzten Jahren war es um Schwab sehr ruhig geworden. So führt der von ihm betriebene Blog Sache des Volkes beispielsweise ein Schattendasein, dessen letzten Einträge bereits zwei Jahre alt sind. Die Neuerscheinung beim Sturmzeichen-Verlag dürfte daher für viele überraschend gekommen sein. Angekündigt werden Behandlungen der Fragen der Digitalisierung, zukunftsweisende Visionen und Antworten darauf, wie nationale Politik zu verwirklichen ist.

Ankündigungen, die durchaus neugierig machen, sind doch theoretische Texte und Behandlungen der aktuellen Fragen durch den organisierten Nationalismus selten geworden. Umso enttäuschender fällt das Endergebnis aus. Große Teile des Buches finden sich bereits so oder so ähnlich in früheren Büchern Schwabs wieder, einige Referenzpunkte wie Carl Schmitts Interventionsverbot für raumfremde Mächte finden sich in nahezu jedem seiner Werke, so dass nur wenig Neues in den 280 Seiten zu finden ist. Treu ist sich Schwab neben den immer gleichen Referenzpunkten (leider) auch in drei anderen Punkten geblieben.

Zum einem der Verweise auf „Wikipedia“ oder schlicht auf eine Internetseite, auf der sich der geneigte Leser dann die Quelle selbstständig raussuchen soll. Solche Formen des „wissenschaftlichen“ Arbeitens wirken umso befremdlicher, als dass der Akademiker Schwab die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens kennen sollte. Weiterhin teilt der Autor polemisch gegen andere Vertreter des Nationalismus aus, worunter sich durchaus zu recht kritisierbare Positionen finden, aber auch haltlose Kritikpunkte. Immerhin bleibt er dabei noch auf einer mehr oder weniger sachlichen Ebene und verfasst nicht, wie in der Vergangenheit immer wieder, beleidigende Pamphlete. Zuletzt sieht sich Schwab zusammen mit seiner „Sache des Volkes“ als Vertreter und Sprecher des nationalrevolutionären Spektrums, was sowohl inhaltlich als auch vor allem organisatorisch durchaus bezweifelt werden darf und den allgemeinen Eindruck unterstützt, die reale politische Landschaft nicht mehr im Blick zu haben. Doch auch abseits dessen enttäuscht das Buch inhaltlich, Zukunftsvisionen und Modelle finden sich nur in Fragen einer Europäischen Eidgenossenschaft ansatzweise, in den restlichen Punkten bleibt es leider bei Oberflächlichkeiten.

Genauso wird auch bei dem angeschnittenen Punkt der Digitalisierung nur an der Oberfläche gekratzt, es fehlt nicht nur jeder Tiefgang, sondern auch jeder Verweis auf die Standardlektüre zu dieser Thematik. Überraschend ist dabei, dass selbst das einzige nationalistische Buch zur Frage der Digitalisierung – Nationalismus & Digitalisierung – dem Autoren unbekannt zu sein scheint, es findet zumindest weder in einer Fußnote noch inhaltlich Erwähnung.

Bei der Behandlung der verschiedenen Lager der deutschen „Rechten“ geht Schwab weiterhin extrem holzschnittartig vor und scheint viele Entwicklungen nicht mitbekommen zu haben. Selbst bei seinem „Leibthema“, dem des Sozialismus, bleibt er bei oberflächlichen Betrachtungen, garniert mit einzelnen marxschen Formeln und Referenzpunkten. Genauso holzschnittartig betrachtet er das historische Konzept der Volksgemeinschaft im Dritten Reich, auch wenn er durchaus zu Recht betont, dass eine Gemeinschaft mit heutigen internationalen Konzernen (im Gegensatz zu den damals in Deutschland verwurzelten Unternehmern wie Krupp) nicht mehr möglich ist. Positiv zu erwähnen ist weiterhin, dass er konsequent die Verantwortung des Kapitalismus für die Masseneinwanderung benennt und bekämpft. Eine „neue, notwendige Debatte“ wird das Buch jedoch, entgegen dem Text auf dessen Rückseite, aller Voraussicht nach nicht anstoßen, weil schlicht Substanz für eine Diskussion fehlt. Ansonsten hinterlässt der Inhalt denselben Eindruck wie der des Umschlags, nämlich dass die Zeit für den Autoren vor 20 Jahren stehen geblieben ist.