Helikoptergeld – Indiz für das monetäre Endspiel

von | 25. Apr. 2020 | Debatte

In dem nachfolgenden Diskussionsbeitrag kritisiert der Unternehmenssanierer und Diplom-Kaufmann Michael Dangel die Maßnahmen zur Corona-Soforthilfe und bezeichnet diese als Helikoptergeld. Die Redaktion versteht diesen Text als Grundlage für eine wichtige Debatte über unser Geldsystem. Hier ist jeder Ökonom und ökonomisch versierte Denker angehalten mitzudiskutieren. Wir weisen darauf hin, dass die vom Autoren genannten Position in Teilen von denen der Redaktion abweichen können. Die Redaktion

Verzweifelter Kampf gegen den Megacrash

Die Welt ist derzeit von einer weltweiten Pandemie durch SARS-COV2 betroffen. Eine ohnehin auf tönernen Füßen stehende Weltwirtschaft in einer vermeintlichen Scheinblüte ist nun gleichzeitig mit einem Angebots- und Nachfrageschock konfrontiert.

Wie reagiert die Politik? Weltweit wird der Marktzins gegen null gedrückt, die Finanzmärkte mit frisch gedrucktem Geld geflutet und zur Beruhigung der Wirtschaftsakteure auf der Angebots- und Nachfrageseite werden Unternehmer wie Konsumenten mit sogenanntem „Helikoptergeld“ zugeschüttet.

Was aber ist dieses Helikoptergeld und wie ist es zu beurteilen? Zunächst sei im ersten Teil dieser Abhandlung Theorie und Praxis des Helikoptergeldes ganz allgemein näher beleuchtet. Im zweiten Teil wird der Schwerpunkt auf die Beurteilung der konkreten Umsetzung der Corona-Soforthilfe gelegt.

“Nichts nützt der Praxis mehr als eine gute Theorie” (Prof. Dr. Hans Raffée)

Ich bin zwar bekanntlich Praktiker und Frontschwein, aber wie sagte doch schon mein Marketingprofessor an der kapitalistischen Kaderschmiede zu Mannheim:

„Nichts nützt der Praxis mehr als eine gute Theorie“ und so wollen wir zum besseren Verständnis die Theorie, die hinter diesem Konzept steht, kurz beleuchten.

Der Name Helikoptergeld wurde von Ben Bernanke, dem früheren Chef der FED, also der US-Notenbank, im Jahr 2002 in die öffentliche Diskussion eingebracht. Sein Rat an Japan, gegen die Wirtschaftskrise doch mit Helikoptergeld zu kämpfen, brachte ihm den Spitznahmen „Hubschrauber-Ben“ ein. Ursprünglich zurück geht dieser Begriff auf ein Gedankenexperiment des weltbekannten Ökonomen Milton Friedmans aus dem Jahr 1969 zur Veranschaulichung seiner monetären Theorie, der sogenannten Quantitätstheorie. In diesem Gedankenexperiment wird Geld aus einem Hubschrauber auf eine virtuelle Bevölkerung hinabgeworfen und die Auswirkung dieser irren Maßnahme auf Preise und wirtschaftliche Entwicklung analysiert. Nach Friedmans Auffassung hat die Geldmenge keinen Einfluss auf die Realwirtschaft, keine Anreizfunktion auf den Konsum.

Helikoptergeld für alle bzw. für kleine Unternehmen

In der Praxis erleben wir derzeit zwei Erscheinungsformen:

  1. Das klassische Helikoptergeld: Im Rahmen des Zwei-Billionen-Dollar-Konjunkturprogrammes von Donald Trump werden in der Tat an Erwachsenen unterhalb einer gewissen Einkommensgrenze 1.200 Dollar und pro Kind 500 Dollar überwiesen – also an die Nachfrager. Ziel ist zunächst und generell die Ankurbelung der Wirtschaft durch zusätzlichen Konsum. Realpolitischer Aspekt in den USA in Anbetracht eines schwachen sozialen Netzes: Breite Massen ruhigstellen – damit nicht gar zu viele Verzweifelte ohne »Kohle« und ohne »Mampf« mit der Pumpgun im Anschlag Amok laufen!

 

  1. Helikoptergeld für kleine Unternehmen: Die andere aktuelle Form ist die Corona-Soforthilfe für kleine Unternehmen in Deutschland. Hier wird im ganz konkreten Fall »Kohle« im Ergebnis ohne konkrete Nachweise im Rahmen eines dubiosen und nicht durchdachten Verfahrens an Unternehmer überwiesen, um deren Überleben zu sichern, insbesondere die existenzgefährdende Fixkostenbelastung bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen zu mindern.

Beide aktuellen Ausprägungen sind Ausdruck schierer Verzweiflung. Und beide Maßnahmen sind nur kurzfristig geeignet, die Auswirkungen der sich anbahnenden Weltwirtschaftskrise zu lindern.

Im Hintergrund – wenn man so will im theoretischen Überbau der ökonomischen Maßnahmen – schwingt hier die sogenannte MMT – die Modern Monetary Theorie – mit.

Modern Monetary Theorie – alter Unfug aus dem Jahr 1905 wird von Etatisten und (Neo-)Sozialisten erneut ausgekramt

»Uncle Sam« glaubt ja bekanntlich als aktueller bzw. früherer Weltpolizist die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, und so beansprucht auch der US-Ökonom Warren Mosler die geistige Urheberschaft für diese angeblich neue monetäre Theorie. Fakt ist aber, dass der deutsche Geist in Person des Ökonomen Georg Friedrich Knapp mit dessen Hauptwerk „Staatliche Theorie des Geldes“ die Idee im Kern bereits im Jahr 1905 entwickelt und veröffentlicht hat.

Nach Knapps Auffassung ist „Geld ein Geschöpf der Rechtsordnung.“  Eine ökonomische Fundierung seiner Geldtheorie ist gegenüber der positiv-rechtlichen nachrangig. Der Staat schafft das Geld, kann über es verfügen und es beliebig in Umlauf bringen – schließlich könne das in Umlauf gebrachte Geld „durch Steuern wieder vernichtet werden“, so Knapp. Der Staat könne sich, ja, müsse sich verschulden, um Vollbeschäftigung zu ermöglichen. Er stehe auch im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens und müsse handeln.

Diese wahnwitzige Theorie einer typisch deutschen Staatsvergottung hat dann tatsächlich Ende des letzten Jahrtausends in den USA nach der Veröffentlichung des Postkeynesianers Mosler Bedeutung gewonnen – Tendenz steigend, da wir uns ungefähr alle zehn Jahre seit dem Jahr 2000 mit tiefgreifenden globalen Wirtschaftskrisen konfrontiert sehen.

Wir als Deutsche haben mit der Hyperinflation des Jahres 1923 nach der ersten Episode des europäischen Bruderkrieges und der nach 1945 erforderlichen weiteren Währungsreform unsere Lektion gelernt. Mit der völligen Fehlkonstruktion Euro steht uns allerdings innerhalb eines Jahrhunderts wohl die dritte Währungsreform bevor.

Aber ein ohnehin schrumpfendes Angebot an Gütern und Dienstleistungen auf ein höheres nachfragewirksames Geldvolumen prallen zu lassen, birgt stets das Risiko einer Inflation. In den USA mag dies in Anbetracht geringer sozialer Sicherungssysteme geeignet sein, die Massen ruhig zu stellen. Ökonomisch sinnvoll ist die gigantische Staatsverschuldung jetzt und in der Vergangenheit nicht. Die pseudo-ökonomische Fundierung des Dollar ist und bleibt die größte Militärstreitmacht der Welt. Mit einem überbordenden Schuldgeldsystem und einer global aufgeblähten Geldmenge an Dollar, Euro und Co. wird die Weltfinanzarchitektur allerdings immer anfälliger.

Für Europa mit seiner instabilen Gemeinschaftswährung Euro, die von Anfang an eine Missgeburt war, wäre dies fatal – die europäischen Nationen würden sich ebenso katastrophal entwickeln wie die USA – mit einer instabilen Währung und ohne (!) vergleichbare Militärmacht.

Ähnlich vernichtend muss die Kritik gegenüber dem Helikoptergeld für kleine Unternehmen in Deutschland, die sogenannte Corona-Soforthilfe, ausfallen, die konzeptionell dilettantisch gestaltet wurde, zu Missbrauch einlädt und in vielen Fällen sogar zur Übersubventionierung von Unternehmen ohne zeitliche Abstufung führt.

Helikoptergeld – ökonomisches Opium fürs Volk

Beide Helikoptergeld-Maßnahmen sind nichts Anderes als Opium fürs Volk für Konsumenten und kleine Unternehmer. Wie bei allen Drogen macht auch das undifferenzierte Zuschütten mit Geld abhängig. Der Ruf nach Helikoptergeld wird bei jeder weiteren Krise – sei sie auch nur in besonderen Sektoren – immer wieder ertönen. Strukturelle Krisen werden durch Helikoptergeld in keiner Weise beseitigt, sondern nur scheinbar gelöst und allenfalls kurzfristig zugeschüttet.

Helikoptergeld ist und bleibt eine Maßnahme des ökonomischen Dilettantismus, allenfalls geeignet um innere Unruhen im Lande zu vermeiden – mehr aber auch nicht. Helikoptergeld macht abhängig und verdeckt nur Probleme, anstatt aktiv eine Lösung anzugehen.

Corona-Soforthilfe: Gut Gemeintes wird dilettantisch umgesetzt

Nachfolgend sei die aktuelle „Corona-Soforthilfe“ der hilflosen Merkel-Regierung der bunten Republik näher beleuchtet. In Anbetracht des konkreten Dilettantismus wird auch die Sprache des Verfassers ruppiger. Dies ist dem realiter vorhandenen Polit-Schwachsinn geschuldet, der trotz nachvollziehbarer theoretischer Bedenken zur Beschwichtigung der Bundesrepublikaner in die Tat umgesetzt wird.

Helikoptergeld ist aus freiheitlicher Sicht mit dem Blickwinkel der österreichischen Schule in der klassischen Ausprägung wie der Form für kleine Unternehmen eine ultimative Vollkatastrophe. Trotz dieser generellen Ablehnung aus theoretischer Sicht soll im Folgenden die praktische Umsetzung von Helikoptergeld in der bunten Republik als perfide Degenerationsform der Bundesrepublik näher beleuchtet werden:

  1. Keine qualitative Unterscheidung der Schließung auf behördliche Anordnung versus verschlechterte Ertragslage aufgrund der Pandemie

Selbst für ganz schlichte ökonomische Gemüter wäre die Unterscheidung für Sofort-Hilfen wegen Schließungen auf behördliche Anordnung wie für Kneipen, Frisöre und Fitnessstudios im Gegensatz zu Umsatzeinbußen wie für Versicherungsvertreter und Handwerker naheliegend gewesen. Dass dies nicht der Fall ist, lässt selbst jeden ökonomischen »Normalo« nur noch mit dem Kopf schütteln.

 

  1. Keine ausreichende Quantifizierung der Anträge

Zahlenmaterial wird in dem Musterbeispiel für bundesrepublikanische Wirtschaftspolitik nur an einer Stelle vom gepeinigten Subventionsabrufenden abgefordert: Wenn es um die Höhe der abzurufenden »Kohle« geht. Nicht einmal das Ausfüllen einer primitiven Excel-Tabelle zur Bezifferung des voraussichtlichen Corona-pandemiebedingten Liquiditätsbedarfs wird den Unternehmern abgefordert. Ohne jeglichen Blick auf die Überprüfbarkeit wurde sogar auf die Mitteilung der frei verfügbaren Mittel zum Ausruf der Pandemie am 11. März 2020 durch die WHO verzichtet. Man will ja dem Antragsteller aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu nahetreten! Der bundesrepublikanische Umverteilungswahnsinn wird die nicht zielgerichtet ausgeschüttete Staatsknete schon von den Leistungsträgern zurückholen. Es lebe der Neo-Sozialismus à la Merkel.

 

  1. Übersubventionierung versus nicht ausreichende finanzielle Hilfe

Quantifizierung – soweit möglich – hat in der Ära von »Angela der Schrecklichen« noch nie eine Rolle gespielt. In der bunten Republik geht es um Werte und Gesten. Wenn also der schlecht wirtschaftende Unternehmer einen Subventionsbetrag anfordert, der den Gewinn für reguläre drei Monate bei Weitem übersteigt, stört dies nicht: Dem Umverteilungspostulat wurde Genüge getan. Viel wichtiger ist es, bedürftigen Unternehmen nicht zu viel zukommen zu lassen. Ein Gastronomiebetrieb mit zig Mitarbeitern: Der war bisher schon zu erfolgreich und soll gefälligst dem bundesrepublikanischen Umverteilungspostulat entsprechen und verzichten! Sei es bis zum Exitus! Die Bezeichnung „Corona-Soforthilfe“ ist insofern eine Mogelpackung. Im Kern ist diese Hilfe eine Subvention für kleine, mäßig erfolgreiche Unternehmen.

 

  1. Unklare Verfahrensdarstellung mit der Folge fehlender strafrechtlicher Handhabe

 

Am Anfang wurde noch von der notwendigen Hinzuziehung von privaten Ersparnissen salbadert, die vor der Bezuschussung durch die Corona-Soforthilfe hinzuziehen wären, um die existentiell bedrohliche wirtschaftliche Situation nach wie vor als gewährleistet anzusehen. Nach fundamentaler Kritik an einem derartigen ökonomischen Schwachsinn wurde das notwendige Verwenden von privaten Ersparnissen für obsolet erklärt. Mittlerweile gibt es ein neues bundeseinheitliches Formular, das wieder neue Formulierungen verwendet. Insofern ist nur in ganz besonderen Extremfällen ein Missbrauch nachweisbar. Was bitte beinhaltet die subjektiv auslegbare Leerformel „existentiell bedrohliche Situation?“. Niemand der bundesrepublikanischen Polit-Darsteller hat offensichtlich an die insolvenzrechtliche Betrachtung einer Zahlungsunfähigkeit oder zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit gedacht.  Wenn überhaupt ein Insolvenzrechtler angehört wurde, so gingen die Pseudoeliten der bunten Republik nach der bewährten Methodik vor: Gelesen, gelacht, gelocht.

 

Bei unklaren Inhalten für die strafrechtliche Handhabe kann man dann aber eine mögliche Sanktionierung getrost in die Tonne treten. Der Verweis auf einen vermeintlichen Inhaltsirrtum steht hier jedem auch noch so mittelmäßigen Rechtsanwalt Pate, um seinen trittbrettfahrenden Mandanten bei möglichen Ermittlungen strafrechtlich aus der Patsche zu helfen. Wann überhaupt bei einer Fehlbeurteilung des Antragstellenden eine Rückzahlung zwingend sein soll, steht in den Sternen. Auch hier bleibt von der vermeintlichen „Corona-Soforthilfe“ nur ein Helikoptergeld für kleine, mäßig erfolgreiche Unternehmen.

 

  1. Fehlende Kapazitäten zur Prüfbarkeit der Soforthilfe-Anträge

 

Wer unter den in bestem Deutsch als „FAQ“ bezeichneten Anmerkungen schreibt: „Eine spätere Überprüfung der Angaben sei nicht ausgeschlossen“, der formuliert damit auf Beamtendeutsch: „Bevor ein Subventionsbetrüger tatsächlich geprüft wird, trifft ihn der Blitz bei der Sitzung auf dem Klo.“. Die Behörden allgemein und die Finanzbehörden insbesondere sind aktuell völlig unterbesetzt. Solche hohlen Phrasen bundesrepublikanischer Bürokraten vermögen nahezu niemanden mehr zur Rechtschaffenheit anzumahnen. Rechtschaffenheit und bunte Republik waren und sind schon seit jeher unvereinbar. Insofern ist das Geschreibsel bundesrepublikanischer Beamten mehr als bezeichnend.

Fazit:

Mit der MMT (Modern Monetary Theory) in seiner gemeingefährlichen Ausformung des „Helikoptergeldes“ wird der Irrglaube an die ökonomische Allmacht des Staates wieder aufgewärmt. Der Staat ist und bleibt aber bis auf wenige elementare Ausnahmen, wie beispielsweise die Wasserbewirtschaftung und dessen Bepreisung, ökonomisch das, was er immer war: ein Elefant im Porzellanladen! Der Sozialismus hat stets an die mögliche Planung der Wirtschaft geglaubt – durch den Staat: faktisch also durch staatlich ausgebildete Ökonomie-Dilettanten. Freiheit und Effizienz haben nur einen Platz für ihre ökonomische Entfaltung: den Markt. Politiker und der Staat haben nur eine Aufgabe: Die Funktionalität des Marktes zu gewährleisten.

Subventionen sind stets eine Einladung zu einer Fehlallokation von Ressourcen gewesen.  Werden diese aus existentieller Notlagen heraus gewährt, müssen diese an strenge Voraussetzungen und vor allem nachprüfbare Kriterien geknüpft sein. Die bunte Republik mit ihrer Verschwendungssucht, nicht zuletzt an Versorgungssuchende aus aller Welt, hat mit der Fehlsteuerung von Steuergeldern noch nie ein Problem gehabt. Nun macht sie es mit der Corona-Soforthilfe ein weiteres Mal.

Die „Corona-Soforthilfe“ des Bundes und der Länder ist in seiner konkreten Ausprägung eine Einladung zum Subventionsbetrug bzw. zum Erschleichen ungerechtfertigter Subventionen. Ökonomischer Dilettantismus ist und bleibt eines der prägenden Merkmale der bunten Republik.