Nach einer wochenlangen Schlammschlacht wurde der von Donald Trump nominierte Bundesrichter Brad Kavanaugh schließlich durch den US-amerikanischen Senat unter Führung der Republikaner zum Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ernannt. Insbesondere in der europäischen Presse, aber auch bei Mainstream-Medienunternehmen der USA wie CNN wurden seit dem Spätsommer im Vorlauf der Senatsentscheidung die Gerüchte unterfeuert, Kavanaugh hätte vor mindestens 36 Jahren während seiner College-Zeit eine oder mehrere Frauen schwer sexuell belästigt.
Bereits die Art und Weise wie diese Vorwürfe vorgebracht wurden, weckten bei neutralen Betrachtern den Eindruck von parteipolitisch motiviertem Taktieren. Unmittelbar nach der Bekanntgabe, dass Präsident Trump Kavanaugh als Richter am Supreme Court in Erwägung ziehen würde, meldete sich die Psychologin Dr. Christine Ford bei der kalifornischen Senatorin Diane Feinstein und berichtete davon, von Kavanaugh vor mehr als drei Dekaden belästigt worden zu sein. Die demokratische Parteigängerin Feinstein ging mit diesen Erkenntnissen jedoch nicht etwa umgehend an die Presse oder leitete die Vermutungen an offizielle Stellen weiter, sondern wartete die offizielle Bekanntmachung der Nominierung durch den Präsidenten ab.
Schnell ergaben sich in der Geschichte Fords diverse Unstimmigkeiten. So konnte sie sich nicht an das Jahr und den Ort der angeblichen versuchten Vergewaltigung erinnern und die von ihr benannten vier Zeugen verneinten unisono, etwas derartiges beobachtet zu haben. Auch das Verhalten der promovierten Psychologin gab Rätsel auf. Einer ersten Befragung durch das Senatskomitee entzog sie sich durch die Aussage, Flugangst zu haben und die Reise nach Washington daher nicht antreten zu können. Erst nachdem herauskam, dass sie jährlich regelmäßige Urlaubsflüge unternahm, konnte sie sich doch für eine Aussage hergeben.
Diese Unregelmäßigkeiten wurden jedoch durch die folgenden Ereignisse überlagert: Innerhalb weniger Tage und Wochen meldeten sich drei weitere Frauen, die ähnliche Erlebnisse im Zusammenhang mit Kavanaugh erlebt haben wollten. Ein gefundenes Fressen für die amerikanische Mainstream-Presse. Nachdem sich der Staub nun gelegt hat, ist es möglich, in dieser Hinsicht eine beiläufige Bilanz zu ziehen: Eine der insgesamt vier Frauen hat ihre Aussage als frei erfunden zurückgezogen und auch die drei anderen sind nach der Bestätigung Kavanaughs wieder aus der Öffentlichkeit verschwunden und haben angekündigt, trotz der schwerwiegenden Vorwürfe keine straf- oder zivilrechtlichen Maßnahmen ergreifen zu wollen. Die „Mohren“ hatten ihre Schuldigkeit allem Anschein nach getan und konnten gehen.
Oberflächliche Betrachter der amerikanischen Innenpolitik werden sich gefragt haben, weshalb dieses wochenlange Spektakel überhaupt derart hätte zelebriert werden müssen. Immerhin sind Richter am Obersten Gerichtshof einzig durch den Senat zu bestätigen, in dem die konservativen Republikaner über eine Mehrheit verfügten. Diverse Anhörungen und Nachbefragungen angeblicher Opfer oder Zeugen hätte man sich also bei ein wenig Parteidisziplin sparen können. Jedoch gab es mehrere republikanische Senatoren, die offen und öffentlich an der Glaubwürdigkeit Kavanaughs zweifelten. Ob dies ihrem Gewissen, den vorgebrachten Vorwürfen oder etwaigen Bedrohungen für die eigene Wiederwahl in eher liberaleren Landesteilen geschuldet war, bleibt nur zu vermuten.
Unter dem Strich wurde nach einer Untersuchung durch das FBI, welches grünes Licht für eine Unschuld Kavanaughs gab, der konservative Kandidat schließlich mit der bereits von Anfang an prognostizierten knappen Mehrheit der Republikaner gewählt. Und diese Tatsache stellt tatsächlich eine kleine konservative Revolution dar. Um sich dies zu verdeutlichen, ist eine genauere Betrachtung des Supreme Courts vonnöten.
Die Richter am Obersten Gerichtshof werden mit Senatsmehrheit auf Vorschlag eines Präsidenten auf Lebenszeit ernannt und entscheiden mit einfacher Mehrheit über die ihnen vorgelegten Fälle. Bis zur Ernennung Kavanaughs, des zweiten Richters aus Trumps Amtszeit, verfügten die Demokraten, also die linken Kräfte, über eine Mehrheit von fünf zu vier Richtern und konnten somit relativ unbeschadet ihre progressive Agenda durchsetzen. Mit Kavanaugh hat sich dies ins Gegenteil verkehrt. Zudem sind zwei der vier verbliebenen Liberalen, Ruth Bader-Ginsburg und Stephen Breyer, mit 85 und 80 Jahren bereits überdurchschnittlich alt und es steht zu erwarten, dass zumindest ein weiterer Richter in dieser oder einer nächsten Amtszeit von Trump zur Ernennung freisteht. Mit der Nominierung eines weiteren jungen Juristen besteht also die realistische Möglichkeit, zumindest auf dem Papier für die nächsten dreißig Jahre das US-Höchstgericht konservativ zu dominieren. Es ist daher nicht allzu abwegig, dass progressive Vorstöße wie die Erlaubnis für Abtreibung und Homo-Ehe völlig legal rückabgewickelt werden können.
Jedoch sieht die Zukunft aus konservativer Sicht nicht so rosig aus, wie es momentan erscheinen mag. Grund dafür sind mögliche Gegenstrategien und legistische Tricks seitens der Demokraten. Offen wurde bereits ausgesprochen, dass man den gewünschten Fortschritt im Zweifel auch mit der buchstäblichen Brechstange durchzusetzen bereit wäre. Dabei haben führende Funktionäre der demokratischen Partei bereits das sogenannte „Court Packing“ ins Spiel gebracht, eine erstmals 1937 vorgebrachte, aber gescheiterte Initiative des damaligen US-Präsidenten Roosevelt. Diese würde beinhalten, dass ein neuer, demokratischer Präsident zwar die konservativen Richter nicht zwangsweise in Pension schicken könnte, aber willkürlich eine Anzahl neuer Richter ernennen würde, die die Mehrheitsverhältnisse entgegen dem geschriebenen Wortlaut der Verfassung auf den Kopf stellen würden.
Dieser Demokrat müsste zwar zunächst gewählt werden, doch obwohl eine Wiederwahl Trumps in 2020 durchaus wahrscheinlich erscheint, sieht die Zukunft der republikanischen Partei für die Zeit nach 2020 sehr düster aus. Dies liegt in der demographischen Entwicklung- und dem damit verbundenen tribalistischen Wahlverhalten begründet.
Seit dem Beginn der republikanischen „Southern Strategy“ Ende der 1960er Jahre haben Minderheitenvertreter mit großer Mehrheit demokratische Kandidaten gewählt. Bei den aktuellen Wahlen zum Abgeordnetenhaus haben die Demokraten 227, die Republikaner 200 Sitze erlangt. Wenn man diese Ergebnisse jedoch auf ethnische Zugehörigkeit wie Vincent James auf seinem Vlog herunterbricht, wird das ganze Dilemma der etablierten amerikanischen Rechten sichtbar. Wenn nämlich nur weiße US-Amerikaner gewählt hätten, wäre das Ergebnis mit 268 zu 187 für die Republikaner ausgegangen. Hätten jedoch nur Nicht-Weiße den Urnengang angetreten, dann wären die Demokraten mit sagenhaften 388 zu 47 Sitzen durchmarschiert. Diese Projektion macht deutlich, dass die verfassungspatriotische Linie der für legale Migration plädierenden Mainstream-Republikaner auch langfristig zum Scheitern verurteilt sein wird. Nur ein echtes Umdenken, welches von Trump beispielsweise in der Frage des ius solis angeregt wird, wäre dazu geeignet, die ursprüngliche Verfasstheit der Vereinigten Staaten möglicherweise noch in Fragmenten zu bewahren.