Nachfolgend interviewte unser Redakteur Peter Steinborn den wohl bekanntesten Sprecher der Eurasischen Bewegung im deutschsprachigen Raum Alexander Markovics zum Krieg in der Ukraine. Das Interview soll zur Diskussion beitragen und Einblicke in die Denkwelt eines Eurasiers bieten. Das Gespräch erscheint in drei Teilen. Die Redaktion
– Hier ist das gesamte Interview verfügbar. –
P.S.: Der Streit um die Ukraine birgt viele Konfliktebenen in sich. Das offensichtlichste ist hier wohl die geopolitische Lage des Landes und seine Wichtigkeit für Russland, die ich erst kürzlich mit Frank Kraemer beleuchtet hatte. Dahinter verbergen sich allerdings auch ethnische, ideologische und geschichtliche Felder, die beleuchtet werden müssen. Ich möchte diese daher gemeinsam mit Ihnen einmal eruieren:
Insbesondere in der Westukraine verstehen sich viele der dort lebenden Menschen als eine Nation „Ukraine“. Damit entsteht auch eine Emanzipationsbewegung der Kleinrussen von den Großrussen im Moskowitenreich. Warum kann Russland den Ukrainern nicht ihre nationale Selbstständigkeit überlassen? Würden Sie den „Ukrainern“ eine eigenständige Identität zusprechen?
A.M.: Auf jeden Fall! Nur muss die Ukraine auch die eigenständige Identität der Russen akzeptieren. Bereits im russischen Reich konnten die Ukrainer als Teil der dreieinigen Ostslawen (Man kann hier auch von einem dreieinigen russischen Volk sprechen) neben Großrussen und Weißrussen ihre Identität behaupten. Im Rahmen eines Reiches im traditionellen Sinn ist die Autonomie einzelner Völker – e pluribus unum – möglich und die Regel. Im ukrainischen Nationalstaat ist ein harmonisches Nebeneinander von Ukrainern, Russen, Krimtataren, Griechen, Rumänen, Ungarn, Russinen, Deutschen und anderen Völkerschaften hingegen anscheinend unmöglich. Jedes Mal, wenn die Ukraine eine Eigenstaatlichkeit oder Parastaatlichkeit erhalten hatte, begannen ukrainische Nationalisten mit einem genozidalen Amoklauf gegen die anderen Völker auf ihrem Staatsgebiet im Auftrag raumfremder Mächte – von Stepan Bandera bis Volodymir Zelenski – um dem Ideal eines „ethnisch reinen“, uniformen Nationalstaates zu entsprechen. So schwer das auch für manche Nationalisten im Westen zu ertragen sein mag, eine Unabhängigkeit der Ukraine im Sinne eines jakobinischen Nationalstaates westlich-liberaler Prägung wird es nach dem Ende der russischen Militäroperation wahrscheinlich nicht mehr geben. Eine Autonomie von Teilen der heutigen Ukraine im Rahmen der eurasischen Zivilisation und einen Fortbestand der ukrainischen und damit kleinrussischen Identität aber sicherlich.
P.S.: Alexander Dugin unterscheidet streng soziologisch zwischen den Begriffen Ethnos, Volk und Nation. Dabei zählt er die Menschen in der Ukraine zum gemeinsamen Volk der Kiewer Rus, also dem Volk der Russen. Nun, die Ukraine selbst ist über Jahrhunderte vielen Wandlungen unterworfen worden. Die Emanzipation sowohl in der Ukraine wie auch im heutigen Weißrussland ist gegenwärtig. Insbesondere der Krieg scheint dieses ukrainische Nationalgefühl vorerst zu begünstigen. Gibt es aus Ihrer Sicht eine Chance darauf, dass die „Ukrainer“ einen Staat, der tatsächlich unabhängig von West und Ost ist, ihr eigen nennen können werden? Und wie könnte das in das Eurasische Konzept passen? Wird so etwas überhaupt in Erwähnung gezogen?
A.M.: Das ist korrekt. In diesem Zusammenhang kann ich auf seinen Artikel zur Ethnogenese der Ukrainer verweisen, der nun auch auf Deutsch verfügbar ist.[1] Wie bereits angedeutet ist eine „Unabhängigkeit“ der Ukraine nicht mehr denkbar, genauso, wie auch früher eine Unabhängigkeit der Ukraine nicht möglich war, ist diese in Zeiten der Globalisierung sowie der entstehenden Multipolaren Welt undenkbar. Eine Autonomie der Ukraine im Rahmen einer ostslawischen Union/eines Eurasischen Pols innerhalb der multipolaren Welt aber sehr wohl.
P.S.: Generell betrachtet Dugin die Idee der Nation als ein westlich-modernes und künstliches Konstrukt. In Deutschland hingegen und insbesondere bei der Deutschen Rechten, wird darunter i.d.R. ein ethnisches Konzept verstanden. Ist der ukrainische Nationalismus daher auch eine ideologische Divergenz zwischen dem russischen Eurasismus und dem Westen?
A.M.: Das Nationsverständnis der deutschen Rechten und insbesondere die Vermischung der Begriffe Volk/Volksgemeinschaft als historisch gewachsene, hierarchische und vormoderne Einheit, mit dem modernen bürgerlichen Nationalstaat, der in erster Linie ein Wirtschaftsunternehmen ist, zeigt leider nur, wie westlich und modern die deutsche Rechte insgesamt ist. Letztlich zielt der Nationalstaat seit seiner Geburt darauf ab, eine künstliche Ersatzgemeinschaft (Gesellschaft) für die in Individuen zertrümmerte Volksgemeinschaft zu stellen. Sein Ziel ist die Aufklärung der Individuen in seinem Zugriffsbereich, das bedeutet, ihre Befreiung von allen kollektiven Bindungen, um den kommenden liberalen Weltstaat im Sinne des westlichen Endes der Geschichte vorzubereiten. Alle Versuche, den Nationalstaat im sozialistischen oder faschistisch/nationalsozialistischen Sinne umzudeuten sind gescheitert. Entweder die Völker Europas finden eine Alternative zum Nationalstaat im Reich (das man auch als Zivilisationsstaat bezeichnet) oder sie werden in „kalten Wassern des berechnenden Egoismus“, wie im Nationalstaat verkörpert, ertränkt werden. Der ukrainische Nationalismus, der zweifellos ein westliches Konstrukt ist, wurde nicht von ungefähr massiv vom Westen gefördert und steht ohne Frage in einem radikalen Gegensatz zum Eurasismus.
P.S.: Alexander Dugin spricht dem Volk eine gewichtige Rolle als Träger der russischen Nation zu. Jedoch versteht er gemäß der russischen Wirklichkeit darin keine auf einer biologischen Abstammung sich begründende Entität. Der Russischen Orthodoxie oder dem eurasischen Boden spricht Dugin ein weitaus höheres Gewicht zu als dem Ethnos. Ist das aus Ihrer Sicht auch ein nachahmenswertes Volkskonzept für europäische Völker, wie das Deutschland-Österreichs?
A.M.: Grundsätzlich ist ein Volk niemals von seinem Boden losgelöst zu denken. Wie die Wissenschaft der Geosophie beweist, prägt der Boden die Völker und Stämme, die auf ihm leben, entscheidend. Die Deutschen gäbe es heute nicht ohne ihren Siedlungsraum in Mitteleuropa, ebenso wenig wie die Franzosen, Serben, Chinesen, Russen und Japaner ohne ihr eigenes Herzland, ihre Heimat. Wie interessanterweise der liberale Soziologe Ludwig Gumplowicz nachgewiesen hatte, setzt sich ein Volk in der Regel aus mehreren Ethnien (im Sinne von Stämmen) und teilweise sogar Völkern zusammen. Das deutsche Volk beispielsweise besteht nicht nur aus einem einzigen Stamm, sondern vereint mehrere Stämme in sich, allein der linguistisch scharfe Gegensatz zwischen dem norddeutschen Sprachraum und dem oberdeutsch/süddeutschen Raum ist ein bis heute existenter Beweis dafür. Gleichzeitig haben die Deutschen beispielsweise auch im Laufe ihrer Geschichte Einflüsse von Nachbarvölkern absorbiert und selbst – Stichwort Ostkolonisation des Mittelalters – slawisches Gebiet erobert, ohne dass sie alle Slawen im Rahmen eines Genozids ermordet oder vertrieben hätten. Vielmehr wurden diese Völker und Stämme im Laufe der Geschichte selbst überwiegend zu Deutschen, dennoch existieren im deutschen Siedlungsraum weiterhin beispielsweise Sorben, Slowenen und Windische, die sich zum Teil in kriegerischen Konflikten dafür entschieden haben, weiterhin im engen Bündnis mit dem deutschen Volk zu verbleiben. Sind diese Menschen kein Teil der deutschen Volksgemeinschaft? Ich würde diese Frage nicht bejahen. Spielen Abstammung und Ahnenreihe dennoch eine wichtige Rolle bei der Volkswerdung? Auf jeden Fall. Ich denke aber, dass uns gerade die Auflösung der europäischen Völker in den „Weißen“ Individuen Amerikas und der afrikanischen Völker in den „Schwarzen“ Individuen der USA beweisen, dass ein Volk schnell zu existieren aufhört, wenn man es aus seinem Siedlungsraum entreißt. Dementsprechend möchte ich hier nicht über die Nachahmenswertigkeit oder Nichtnachahmenswertigkeit eines Volksbegriffes diskutieren, sondern auf die Tatsache verweisen, dass unter europäischen Nationalisten gerne die biologistische Dimension des Volksbegriffes überbetont sowie im modernistischen Sinne pervertiert wird und gleichzeitig die traditionelle Bedeutung der Volksgemeinschaft als vormoderner Gemeinschaft im Gegensatz zur Gesellschaft komplett vernachlässigt wird. Dabei wird gerne außer Acht gelassen, dass das Da-Sein nach Heidegger immer ein in einem bestimmten Raum verwurzeltes Sein ist – und nichts Anderes ist Volk.
P.S.: Angesichts des mittlerweile offenen Kampfes auf europäischem Boden äußern sich zunehmend auch rechte Akteure gegen einen russischen Imperialismus. Eurasismus oder das Streben nach einem Eurasischen Reich wird von vielen Beobachtern als östliches Pendant zur US-Hegemonie gemäß der „Manifest Destiny“ gesehen. Tatsächlich beschreibt auch Dugin dieses als eine Art universelles Russisches Reich mit Trägervölkern wie den Deutschen, Persern, Japaner, Mongolen, Russen usw. Können Sie verstehen, dass dies bei vielen, insbesondere nationalorientierten Beobachtern, zumindest für Misstrauen sorgt? Tauschen wir den westlichen Hegemon dann gegen einen östlichen aus?
A.M.: Zunächst ist es denke ich wichtig, hier die Verwirrung um den Imperialismusbegriff richtig zu stellen. In seiner Schrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ die 1917 in Russland veröffentlicht wurde, charakterisierte Lenin den Kapitalismus wie folgt:
- Konzentrationder Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopoleschafft, welche im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen
- Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis des Finanzkapitals
- der Bedeutungszuwachs des Kapitalexportsim Verhältnis zum Warenexport
- die Ausbildung internationaler monopolistischer Kapitalistenverbände, die den Weltmarkt unter sich aufteilen
- die vollständige territoriale Aufteilung der Erde unter den kapitalistischen Großmächten
Wenn wir heute nach den mächtigsten Firmen der Welt und deren Monopolen suchen, aber auch die „Big Five“ im Technikbereich, dann müssen wir unseren Blick auf die USA und Europa richten, nicht auf Russland, das ökonomisch im Vergleich dazu auf den hinteren Plätzen verweilt. Ebenso liegen die Zentren des Great Reset und des Globalismus, sowie der Postmoderne und des Transhumanismus nicht im wesentlich konservativeren Russland, sondern ebenso in den Vereinigten Staaten und Europa. Russland war im globalen Weltsystem stets eine auszubeutende Peripherie in den Augen des Westens, ein notwendiger äußerer Feind, niemals Bündnispartner. Hier von einem „russischen Imperialismus“ zu sprechen ist kompletter Unsinn. Es gibt nur einen Imperialismus und dieser ist zweifelsfrei westlich. Allein von der Bevölkerung her kann Russland Europa nicht als Hegemon beherrschen – es kann jedoch ein wichtiger Bündnispartner für uns werden. Dies setzt aber voraus, dass auch europäische Nationalisten sich endlich mit ihrem eigenen philosophischen und historischen Erbe beschäftigen, ihrer Identität, und mit den Propagandafloskeln, den Transatlantikern in CDU, AfD sowie anderen neokonservativen und neoliberalen Vereinen, wie Propagandamedien endlich Schluss machen! Geopolitisch kann Europa entweder so weitermachen wie bisher, sich nach Westen orientieren und ein Vasall der USA sein. In diesem Szenario ist eine kulturelle Wiedergeburt Deutschlands und Europas ausgeschlossen. Oder es bricht seine Bindung nach Westen ab und entschließt sich für ein Bündnis auf Augenhöhe mit Eurasien. Dann kann es seine eigene Identität bewahren. Wer angesichts dessen von einem „russischen Imperialismus“ spricht, ist im besten Fall ungebildet und im schlimmsten Fall ein CIA-Agent/nützlicher Idiot der USA. Ein Europäer, der sich nicht mit dem eigenen geopolitischen Erbe beschäftigt, wird zwangsläufig zu einer Schachfigur fremder Interessen, und damit von George Soros sowie dem militärisch-industriellen Komplex in den USA. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Angehörigen des Rechten Sektors, des Asow-Bataillons und anderer Nationalisten in der Ukraine, die sich gegenwärtig für die Interessen des Imperialismus verheizen lassen. Sie sind in diesem Zusammenhang gut mit weiten Teilen der Rechten in Japan zu vergleichen, die sich im Kalten Krieg von den USA aufrüsten und als Kettenhunde gegen alle Kräfte nutzen ließen, die sich gegen die amerikanische Besatzung und für die Souveränität Japans zur Wehr setzten. Ein fundiertes Wissen über Geopolitik muss zum „Green Pass“ innerhalb der europäischen Rechten werden – ansonsten rennt diese Rechte in ihr eigenes Verderben und wird historisch bedeutungslos bleiben. Alle Kräfte, die sich dem wider besseres Wissen entgegenstellen und den Transatlantismus sowie die Herrschaft des Bürgertums und des Liberalismus einzementieren wollen, sind nichts Anderes als Schachfiguren des Globalisten, ganz egal wie „faschistisch“ sie die Hacken zusammenschlagen, halbgebildet dozieren oder über Gläsern mit schwerem Rotwein philosophieren. An dieser Stelle kann ich nur ausdrücklich vor politischen Romantikern warnen, die einen „Stil“ über die Politik stellen, und ganz bewusst eine tiefe Auseinandersetzung mit politischer Theorie scheuen. Diese Menschen sind der Fluch der europäischen Rechten und hintertreiben seit Jahrzehnten den Aufbau einer revolutionären Alternative in Europa.
P.S.: Haben die ukrainischen Nationalisten eine andere Wahl als sich dem US-amerikanischen Imperialismus anzudienen? Sie selbst sprechen den Ukrainern ja die Selbstständigkeit ab. Ist diese Entscheidung zumindest aus ukrainischer Sicht für Sie nachvollziehbar?
A.M.: Nachdem sie selbst eine westliche Ideologie angenommen haben, ist es natürlich folgerichtig, dass sie auch nach deren geopolitischen Imperativen handeln. Jedoch entspringt beides einem falschen Bewusstsein von der Realität, das gezielt vom Westen gebildet wurde. Für die Ukrainer selbst ist das Handeln dieser Nationalisten aber eine Katastrophe, da ihre Existenz auf dem Altar der Bündnistreue zum Westen geopfert wird. Wenn man als Volk nicht souverän sein kann, weil dafür die geopolitische Grundlage fehlt, dann ist ein Zusammengehen mit Völkern der eigenen Zivilisation, in diesem Fall Russland, wohl die klügere Wahl. Leider können dies die ukrainischen Nationalisten aufgrund ihres falschen ideengeschichtlichen Bewusstseins nicht erkennen. Der Preis, den sie jetzt dafür zahlen müssen, ist ein hoher. Umso drängender ist es, den Transatlantismus und die Ideen der Moderne auch in Deutschland zu Grabe zu tragen, um einen europäischen Neuanfang basierend auf der europäischen Tradition möglich zu machen.
P.S.: Wladimir Putin bekräftigte in der jüngeren Vergangenheit immer wieder, dass der Einmarsch in die Ukraine vor allem ein Kampf gegen den Faschismus und gegen Nationalsozialisten sei. Vor allem dürfte damit das Umfeld von Prawyj Sektor und der Allukrainischen Vereinigung Swoboda gemeint sein. Viele Rechte aus Europa sympathisieren mit den nationalen und auch in Teilen stark nationalistischen Gruppen in der Ukraine. Sie betrachten diesen „Antifaschistischen Kampf“ der Russen in der Ukraine als einen Affront. Hierzulande werden solche Begriffe i.d.R. verwendet, um Leute wie Sie und mich und insbesondere die Inhalte, die wir von uns geben, zu stigmatisieren. Warum ist dieser Kampf für Russland auch ein Kampf gegen Nationalisten? Sollten wir aus eurasischer Position unsere Nationalisten auch bekämpfen? Oder ist das vielmehr ein Propaganda-Coup aus der Spin-Zentrale im Kreml?
A.M.: Tatsächlich existieren rein objektiv betrachtet in der Ukraine (neo)faschistische und (neo)nationalisozialistische Gruppen, die als Kettenhunde des Globalismus agieren und nicht nur beim Maidanputsch 2014 Seite an Seite mit den Globalisten agierten und mordeten, sondern auch danach massiv am Genozid gegen die Russen im Donbass mit über 14.000 Toten beteiligt waren, so wie auch beispielsweise im Gewerkschaftshaus in Odessa Aktivisten des Russischen Frühlings, der sich gegen den Putsch richtete, verbrannten. Sie waren systematisch an der Auslöschung und Unterdrückung der pro-russischen Opposition und der Russen sowie anderen Völkern in der Ukraine beteiligt, die nicht in ihr lebensfremdes Bild von einer neuen ukrainischen Gesellschaft passten. Zweifellos existiert seit dem militärischen Zusammenbruch der Achsenmächte im Jahr 1945 kein authentischer Faschismus oder Nationalsozialismus mehr, sondern nur noch ein Simulakrum dessen, welcher auch schon im Kalten Krieg gerne als Handlanger des Liberalismus diente. Seit dem Putsch 2014 wurden sie in das ukrainische Militär integriert und üben somit mit dem Segen des Westens eine enorm einflussreiche Position aus – wohlgemerkt nicht in den Parlamenten, dafür aber in den Streitkräften. Sie sind gewissermaßen die „Atomwaffendivision“ des Westens in der Ukraine – ich habe im Deutsche Stimme Magazin einen längeren Artikel zu diesem Phänomen verfasst – eine Art Dirlewanger-Brigade des 21. Jahrhunderts, die von westlichen Geheimdiensten gehegt und gepflegt wird. Wer sich über die Verbrechen dieser Menschen informieren will, kann das über den deutschen Telegramkanal der Gruppe Slovo tun, aber auch über die deutschsprachigen Journalisten Alina Lipp und Thomas Röper, die selbst vor und nach Beginn der militärischen Sonderoperation mit den Einwohnern des Donbass vor Ort gesprochen haben. Ebenso wenig wie der Islamische Staat insgesamt etwas mit einer traditionellen Auffassung des Islams zu tun hat, haben diese Neo-Nationalsozialisten und Neo-Faschisten etwas mit der Liebe zum eigenen Volk und Vaterland zu tun. Ob man hier von russischer Seite einen Unterschied zwischen der Führung – die zweifellos aus Fanatikern besteht – und den Geführten – die wahrscheinlich nicht alle Überzeugungstäter sind – machen wird, ist offen. Generell kann man davon ausgehen, dass die Kriegsverbrechen, die im Rahmen dieses acht Jahre andauernden Konfliktes von ukrainischer Seite und insbesondere den Einheiten von Asow et al. begangen wurden, sicherlich geahndet werden. Sowohl die Hinrichtung der Hauptverantwortlichen als auch die lebenslange Unterbringung im Schwarzen Delfin oder einem anderen Hochsicherheitsgefängnis sind realistisch – die Zeiten der ungestraften Verbrechen sind für diese Menschen vorbei. Im gegenwärtigen Konflikt kommt diesen Einheiten die Rolle der ideologischen Führungsoffiziere der NATO zu, sie greifen zum Terror als Mittel der Kriegsführung, verwenden Zivilisten als menschliche Schutzschilde und wollen die ukrainische Armee bis zum letzten Ukrainer kämpfen lassen, trotz der Sinnlosigkeit dieses Kampfes. Diese Menschen haben zweifellos nichts mit den Nationalisten und Patrioten in Deutschland und Europa zu tun, die für die Freiheit unserer Völker kämpfen. Sich mit ihnen gemein zu machen ist schlicht und ergreifend naiv. Wer das tut und beispielsweise in die Ukraine geht, um diese Einheiten zu unterstützen oder gar, um sich an Verbrechen zu beteiligen, der kann davon ausgehen, dass ihm im Fall der Niederlage von russischer Seite kein Pardon gegeben werden wird. Der kollektive Westen hat zweifellos normale Patrioten, wie Sie und ich es sind, lange Zeit als „Nazis“ und „Faschisten“ diffamiert und diese unter jedem Bett hervorgeholt – so sehr, dass er echte Nationalsozialisten und Faschisten nicht mehr erkennen kann, wenn sie vor seinen Augen stehen und in seinem Dienste morden. Das größte Trauma der russischen Gesellschaft ist der deutsch-sowjetische Krieg, der auch unter russischen Zivilisten Millionen Opfer forderte. Dementsprechend ist es nur logisch, wenn man im Kreml rotsieht, sobald eine feindlich gesinnte Regierung bewaffnete Gruppen unterstützt, die öffentlich der SS-Division Galizien huldigen, Hakenkreuzfahnen tragen, zur Ermordung russischer Kinder aufrufen und im Fernsehen Adolf Eichmann glorifizieren. Wichtig ist hier festzuhalten, dass sich der antifaschistische Kampf der Russen in der Ukraine nicht gegen normale Patrioten wie Sie und mich richtet, sondern gegen ideologisch manipulierte Menschen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man sich im politischen Kampf niemals mit Psychopathen und CIA-Agenten gemein machen sollte.
P.S.: Jedoch ist zu erkennen, dass im Russland unter Putin eine beispiellose Jagd auf Rechte Konkurrenten gemacht wird. Selbst die Bundesrepublik Deutschland wirkt dagegen wie ein Rechtsstaat.
A.M.: In Russland existiert mit der Liberaldemokratischen Partei eine Partei, die in der BRD aufgrund ihrer rechten Positionen wohl verboten worden wäre, ebenso wie die Kommunistische Partei Russlands aufgrund ihrer vergleichsweise radikalen Positionen, gerade auch was klassisch rechte Positionen angeht, ein Verbotsfall wäre. Beide Parteien existieren in Russland und vereinen zusammen mehr als ein Drittel der Stimmen auf sich. Daher würde ich nicht davon sprechen, dass der russische Staat die Bundesrepublik in den Schatten stellt. Was von Putin hingegen nicht geduldet wird ist eine organisierte außerparlamentarische Opposition, einerseits wegen der zahlreichen westlichen Umsturzversuche durch Soros-nahe Organisationen, andererseits weil das System Putin im Wesentlichen entideologisiert ist. Im Gegensatz zur BRD hat Russland aber nie behauptet, eine liberale Demokratie zu sein und aus seiner Befürwortung einer starken vertikalen Staatlichkeit nie einen Hehl gemacht. Ob der Westen tatsächlich nichtregierungskonforme Bewegungen und Gruppen duldet, kann denke ich jeder für sich selbst beantworten – gerade Deutschland und Österreich können sich mit einer stattlichen Anzahl von Parteien- statt, auch Gruppenverboten sowohl auf der Linken als auch auf der Rechten Seite rühmen. Das alles hat Putin nicht davon abgehalten, auf linke und rechten Anti-Maidan-Gruppen zu dulden, die gegen westliche Umsturzversuche vorgegangen sind. Zweifellos gibt es in Russland staatliche Repression gegen politisch oppositionelle Gruppen, so wie in jedem anderen Staat auch. Es stellt sich auch immer die Frage, von wem politische Repression angewandt wird. Nutzt sie ein anti-globalistischer Staat wie der Iran, Russland oder China, um seine Souveränität zu verteidigen? Oder wird die Repression dazu verwendet, um den Great Reset in einem globalistischen Staat wie Deutschland durchzusetzen? Das hier ein Unterschied vorliegt, sollte jedem anti-globalistisch gesinnten Menschen klar sein. Gleichzeitig erlebt Russland im Zuge der großen Unterstützung für den Krieg – etwa 80% der Russen unterstützen die Militäroperation – eine patriotische Hochstimmung, einen zweiten russischen Frühling. Nach dem Sieg in der Ukraine wird man diese Menschen brauchen um den russischen Staat, der sich mit einem neuen Eisernen Vorhang von Seiten des Westens konfrontiert sieht, auf Dauer gegen den Globalismus zu verteidigen und eine patriotische Staatsideologie auszuformulieren, aber auch um das Projekt der Eurasischen Union voranzutreiben. In diesem Zusammenhang ist der Inhalt von Putins Rede am 24.02.2022 beachtenswert, die eine eindeutig patriotische Botschaft darstellt. Eine zunehmende patriotische Ausgestaltung des Staates wird somit wohl unausweichlich sein, schließlich will Putin an der Macht bleiben. Der Geist, der hier aus der Flasche gelassen wurde, wird sich nicht mehr einfangen lassen. Eine Konservative Revolution in Russland – die wahrscheinlich von oben kommen wird – ist in naher Zukunft zu erwarten.
[1]A. DUGIN (2022). Ethnosoziologie der Ukraine im Kontext der Militäroperation. Erschienen auf www.4pt.su. Verfügbar unter: http://www.4pt.su/de/content/ethnosoziologie-der-ukraine-im-kontext-der-militaeroperation (13.05.2022)