Wir werden dieser Tage Zeugen einer beispiellosen Krise des Westens. Zuerst der „Betriebsunfall“ Donald Trump, dann die zunehmende Abspaltung einer mittelöstlichen EU mit den Visegrad-Staaten und nun die gescheiteten Sondierungsgespräche der von vornherein zum Scheitern verurteilten Jamaika-Koalition. Als nächstes könnte die französische Partei um den Staatpräsidenten Emmanuel Macron weiterhin ins Wanken geraten. Der Westen wird Opfer seiner selbst oktroyierten Demokratie.
FDP zieht Reißleine
Nachdem sich die vier Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grüne wochenlang auf Steuerzahlerkosten in Sondierungsgespräche verstrickten, die von Akteuren geleitet wurden, die unterschiedlicher nicht sein konnten, hat Christian Lindner gestern die Reißleine gezogen. „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ konstatierte er am Sonntagabend vor der Presse. Dies zeigt, dass Lindner nochmal die Kurve gekriegt hat. Die Sondierungsgespräche mit den Grünen müssen müßig gewesen sein. Die Unterschiede zwischen den gelben Wirtschaftsliberalen und den grünen Sozis waren einfach zu unterschiedlich. Der FDP-Vorsitzende beschrieb es sehr prägnant, indem er sagte, dass wenn vier Partner nicht einmal in absehbaren Fragen eine Einigung erzielen können, es dann auch erwartungsgemäß erst recht keine Einigung in den unvorhergesehen Fragestellungen mit ihren unterschiedlichen Auffassungen geben kann. Die Grünen werfen derweil der FDP vor, sie sei nicht verantwortungsvoll. Aus Sicht der FDP allerdings ist dieser Schritt mehr als nachvollziehbar. Die Freiheitlichen hätten ihre wichtigsten Wahlversprechen im Kern aushüllen müssen, um mit den engstirnigen Alt-68ern regieren zu können. Dies hätte zu einer ähnlichen Entwicklung, wie bei den Sozialdemokraten geführt, die zumindest aus der Zeit der GroKo gelernt haben dürften. Die FDP hätte ihre Gunst bei den Wählern verloren, wie eine Umfrage, die eine Woche vor dem Scheitern der Sondierungsgespräche durchgeführt wurde, deutlich zeigte. Darin heißt es, dass 52 Prozent der Befragten keine der Parteien mehr zutrauen, mit den politischen Problemen in Deutschland fertig zu werden. Mehr als 80 Prozent rechneten mit „heftigen Konflikten und Auseinandersetzungen“ in der vermeintlich neuen Koalition.
Flüchtlingsthema und sichere Grenzen polarisieren
Es war abzusehen, dass die Grünen, die am liebsten das ganze Land mit „Flüchtlingen“ besiedeln wollen, mit der FDP, die eine kontrollierte Einwanderung fordert, in Streit geraten werden. Auch das Thema der inneren Sicherheit wird bekanntlich von beiden Parteien divergent angepackt. Die beiden anderen Akteure wirkten dagegen ziemlich profillos. Von der Merkel-CDU war nichts anderes zu erwarten, aber auch Seehofer war bereit in den letzten Woche seine beiden wichtigsten Wahlversprechen, Obergrenze und sichere Grenzen, über Bord zu werfen, um mitregieren zu dürfen. Das wäre angesichts des schlechten Wahlergebnisses bei der Bundestagswahl 2017 politischer Selbstmord. Die CSU verliert damit ihr letztes Bisschen Konservatismus. Es grenzt tatsächlich an einem Wunder, dass Horst Seehofer nicht längst seine Koffer packen musste. Die Flüchtlingsthematik spaltet dieses Land in zwei Teile. Es ist wie immer in Deutschland. Hier gibt es nur Schwarz oder Weiß. Entweder man gesellt sich zu den Flüchtlingsbefürwortern oder zu ihren Gegnern.
Demokratie auf ganzer Linie gescheitert
Der Westen ist erkrankt. Seine Gesellschaften und ihre Obersten haben sich des Sittenverfalls schuldig gemacht. Der Westen schafft sich selbst ab. Die Postulate eines Oswald Spengler, der über den gar fatal verlaufenden „Untergang des Abendlandes“ schrieb, scheinen heute bittere Wirklichkeit zu sein. Das Abendland verkümmert und verliert seinen kulturellen Reichtum. Tatsächlich lebt es heute nur noch von dem in der Vergangenheit geschaffenen. Die westliche Demokratie ist eine schnöde Lüge, die den Westeuropäer, der sich für ach so aufgeklärt hält, suggerieren soll, dass er an der politischen Willensbildung partizipieren könne. In Wirklichkeit bleibt ihm lediglich die Wahl von Repräsentanten, die letztlich tun und lassen können, wie es ihnen beliebt. Das Scheitern der Sondierungsgespräche am 19.11.2017 ist ein deutliches Zeichen der Schwäche dieser Demokratie. Hier kommen Akteure zusammen, die nur deshalb gewählt wurden, weil sie es vermochten den Wähler-Massen vorzugaukeln, dass sie eine wirkliche Veränderung anstreben. Das Gleiche können wir in Frankreich beobachten. Die Wähler haben zwar die GroKo abgewählt, dafür aber eine genauso wirkungslose Jamaika-Koalition bekommen. Es fehlen die starken Persönlichkeiten, die Deutschland und Europa aus den Wirren des jungen 21. Jahrhunderts geleiten. Es bedarf dafür ein hohes Maß an Verantwortungs- und auch Sendungsbewusstsein. Die westliche Demokratie ist offenbar nicht mehr dazu in der Lage. In der Bundesrepublik Deutschland mag sie nur noch Parteien hervorrufen, die sich nicht trauen mitzuregieren. Niemand will für das Schlamassel verantwortlich sein – bis auf die ohnehin wahnwitzigen Grünen. Blicken wir auf die letzten Umfragen, wird deutlich, dass sich auch im Volk der Unmut breit macht, der mit einer gewissen Parteienverdrossenheit einhergeht. Die AfD hat zwar viele Nichtwähler wieder an die Wahlurnen gebracht, aber es bedarf einer kompletten geistigen Umstrukturierung.
Es bleibt spannend
Wie oben bereits beleuchtet, teilt die Migrationsfrage unser Land in zwei Lager. Ich persönlich bin sehr dankbar dafür, da nun endlich richtig was los ist. Die Frage ob Migration oder Remigration sorgt für Dynamik. Das bürgerliche Lager, selbst die Zentrumsparteien werden aufgewühlt und müssen sich allmählich für eine der beiden Seiten entscheiden. Die FDP hat mit ihrer Verkündung einen Schritt weg von einem „Weiter so“ gemacht. Was anderes bleibt ihr angesichts der Stimmung im Lande derzeit auch nicht übrig. Bleibt abzuwarten wie sich nun die alten konservativen Parteien verhalten. Die AfD hat das Parteienkartell jedenfalls gehörig aufgemischt. Die Jamaika-Koalition, die sich die Böse Frau aus Berlin gewünscht hat, ist damit verhindert. Wird es Neuwahlen geben?