Die Gretchen-Frage

by | 14. Mar. 2018 | Philosophie & Theorie

Unter der Überschrift „Hört auf, von euren christlichen Wurzeln zu faseln!“ erschien am 4. März 2018 ein tendenziöser Artikel von Marc Reichwein auf welt.de, dessen Schlussfolgerungen nichtsdestotrotz einen Funken Wahrheit enthalten. Reichwein lässt einen italienischen Altphilologen als Kronzeugen für die These auftreten, dass es mit der tief verwurzelten Tradition in Italien nicht mehr weit her sei. Dies gelte auch für andere europäische Länder.

40 von 43 Studenten des Altphilologen hätten in dessen Lateinseminar an der Universität Siena einen Übersetzungsfehler begangen, der impliziere, dass die jungen Leute nicht mehr wüssten, was ein Tabernakel sei. Na und? Der Professor fragt sich, weshalb Leute, die nicht wissen, was ein Tabernakel ist, sich darüber aufregen sollten, wenn irgendwo eine Moschee gebaut werde. Ganz einfach: weil es ihnen im Kern nicht um die Religion zu tun ist! Es geht ihnen darum, nicht um ihre kollektive Identität gebracht zu werden.

Ich halte selbst nicht viel von dem gebetsmühlenartigen Beschwören der christlich-abendländischen Kultur, weil man sich damit auf ein Feld begibt, auf dem man meist keine Fachkompetenz hat und der Gegner fröhlich dekonstruieren kann, was das Zeug hält. So ist es auch mit Völkern und Nationalstaaten. Wer Völkern eine Jahrtausende alte Geschichte und Nationalstaaten eine weit in die Historie zurückreichende Tradition zuschreibt, der liefert damit nur einen Beweis für seinen stark begrenzten Horizont.

Mit Geschlechtern freilich – und mit Rassen – steht es entgegen anders lautender Behauptungen anders. Hier machen sich diejenigen lächerlich, die von sozialen Konstrukten sprechen, während es sich um offenkundige Tatsachen handelt. Professor Maurizio Bettini hat schon recht, wenn er darauf hinweist, dass die polenta, ein goldgelber Maisbrei, nicht nur für Norditalien, sondern auch für Angola und Brasilien typisch sei. Aber was besagt das? Bestimmt nicht, dass Angolaner in Lissabon deshalb für Italiener gehalten werden!

Ich möchte Muttersprache, cuisine und Brauchtum nicht generell jeden Wert absprechen, sondern nur deren Nachrangigkeit betonen. Ein Italien mit polenta, aber ohne Italiener wäre eben nicht mehr Italien, ein Land mit Italienern, aber ohne diesen Maisbrei wäre hingegen noch ziemlich genauso italienisch wie das mit. Daher habe ich auch so eine Abneigung gegen die kulturchauvinistische Argumentation vieler Bürgerlicher und Konservativer, die von den Einwanderern fordern, sich zu assimilieren. Wenn sie ein paar Kongolesen in Lederhosen sehen, brechen sie in Freudentränen aus. Dass sich das Land trotzdem verändert – Lederhosen hin oder her –, scheinen sie entweder nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen.

Was nun aber ist des Pudels Kern? Die Gretchen-Frage lautet: Sind die Einwanderer Europäer oder nicht? Sind die Einwanderer weiß, kann Assimilation Einwanderern und Alteingesessenen sogar zum Vorteil gereichen. Sie werden dadurch unter Umständen – das Beispiel der Hugenotten ist nur eines unter vielen – tatsächlich bereichert. Die Einwanderung von Fremdrassigen bildet hingegen immer eine Hypothek für die weitere Entwicklung, sie bleibt ein Sicherheitsrisiko für beide Seiten. Darüber hinaus – und das ist noch viel wichtiger – verändert sie, sofern ihr nach einiger Zeit kein Riegel vorgeschoben wird, das Einwanderungsland bis zur Unkenntlichkeit. Damit werden sowohl die Alteingesessenen als auch die Zuwanderer ihren Wurzeln und damit ihrem eigenen Wesen entfremdet. Sich gegen diese Entwicklung zu stemmen, ist heute als Europäer unsere erste und vornehmste Pflicht.

Vor nicht allzu langer Zeit fragte mich jemand, was die weiße Rasse sei. Ich war einigermaßen verwundert über diese Frage, aber vielleicht hatte diese Person mit ihrer Kritik recht. Wir reden ständig über etwas, das wir selten definieren, weil wir es für zu offenkundig halten. Zwar ist meine Antwort damals gewesen: „Für mich ist weiß, wer weiß aussieht. Nach einer Ahnentafel frage ich nicht.“ Ich hätte ihm auch mit dem berühmten Satz des Richters Potter Stewart hinsichtlich Hard-Core-Pornographie antworten können: Er sagte, er sei nicht dazu in der Lage, sie zu definieren, fügte aber hinzu: „I know it when I see it“. Trotzdem möchte ich hier leicht gekürzt einen Aufsatz folgen lassen, den ich im Jahr 2010 geschrieben habe. Es ist der Versuch eines 21-jährigen, die weiße Rasse zu umreißen:

[…] Im Tierreich sind sich alle darüber einig, dass ein Dobermann nicht zur Rasse der Deutschen Schäferhunde gezählt werden kann, obschon sie untereinander fruchtbare Nachkommen hervorbringen.  […] In jüngster Zeit wird jedoch von einzelnen Individuen – ganz im Sinne des herrschenden Zeitgeistes – das Vorhandensein von Rassen beim Menschen sogar gänzlich bestritten, und das obwohl selbst ein Kleinkind schon den Unterschied zwischen einem Schwarzen und einem Weißen sehr sicher erkennt. […] Jaques de Mahieu schreibt in seinem Buch Volk – Nation – Rasse: „Es bedarf keiner Theorien, um die Tatsache der Rasse untermauern zu können. Alle Welt kann einen Kongolesen von einem Chinesen unterscheiden […] Wir wissen auch alle, daß ein Neger, der in New York geboren wird, genauso schwarz ist wie einer, der das Licht der Welt am Kongo erblickt, und daß daher gewisse Kennzeichen, die einen ethnischen Unterschied – zumindest für den Sachkundigen – erkennen lassen, erblich sind.“

Wie in jedem anderen Forschungszweig, so gab es auch in der Rassenforschung immer wieder neue Entdeckungen, nach denen alte Vorstellungen zum Teil über Bord geworfen werden mussten. Skizzieren wir also kurz die Geschichte der Rassenforschung, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen.

Als erster führte im Jahre 1672 der französische Ethnograph François Bernier den Begriff der Rasse in Europa ein. Gottfried Wilhelm Leibnitz – ein deutscher Philosoph – war es, welcher erstmals die Bezeichnung „Europide Rasse“ verwendete. 21 Jahre später, 1721, wählte der Engländer James Bradley für dieselbe Rasse das Wort „Europide“.
Carl Linné, der schwedische Forscher, welcher auch das Pflanzenreich klassifizierte, schuf 1735 die Begriffe Homo Europaeus (europäischer Mensch) und Homo Albus (weißer Mensch). Der bedeutende Philosoph Immanuel Kant und John Hunter waren es, die im Jahre 1775 etwa zeitgleich in Deutschland und England den Begriff der „Weißen Rasse“ gebrauchten.

Früh war man sich darüber einig, drei Hauptrassen, nämlich die gelbe, weiße und schwarze Haupt- oder Großrasse, als gegeben anzunehmen. Auch wenn sich nicht alle Menschengruppen, wie etwa die Ureinwohner Australiens, diesen drei Großrassen einwandfrei zuordnen lassen, so besteht diese grobe Einteilung doch bis heute und ist im Großen und Ganzen auch sinnvoll.

Viel wurde indes über eine spezifischere Einteilung der Großrassen in Rassen oder Unterrassen diskutiert. Besonders hervorgetan haben sich auf diesem Gebiet die Rassenforscher Egon von Eickstedt (1892–1965) sowie der nordamerikanische Forscher Madison Grant (1865–1937). […] Für heutige Anthropologen scheint es oft fraglich, ob jene Unterrassen als Rassen bezeichnet werden dürfen, da eine Rasse nur […] in einem Isolat entstehen kann. Und dann auch nur unter der Voraussetzung einer genügend langen Isolation von der Außenwelt. Sind diese Faktoren gegeben, so entsteht unter den unveränderlichen biologischen Gesetzmäßigkeiten der Natur, durch Mutation und Selektion, den Motoren der Evolution, eine neue Rasse.

[…] Da für Johannes P. Ney die Rasse eine Gemeinschaft von Menschen ist, „die sich durch Absonderung über genügend lange Zeit anders entwickelt hat als die übrigen Menschen der Art und die annähernde genetische Einheitlichkeit und annähernde genetische Beständigkeit erreicht hat“, sieht er in den meisten europäischen „Rassen“, welche Grant, Ripley, Coon, Günther, Clauß u. a. zu kennen glaubten, höchstens Mischrassen.

Als „Individuengruppen mit Merkmalshäufungen, die in geographischer und individueller Hinsicht variieren und fluktuierende Übergänge zeigen“ definierte Egon von Eickstedt Rassen. Diese Definition besitzt unter typologischen Gesichtspunkten noch immer vollste Gültigkeit. Heute werden Rassen meist ganz allgemein als Bevölkerungskomplexe, welche sich in der Häufigkeit erblicher Merkmale von anderen Bevölkerungen unterscheiden, betrachtet. […] Andreas Vonderach bezeichnet in seinem 2008 erschienenen Werk Anthropologie Europas nur die menschlichen Großgruppen der Europiden, Mongoliden und Negriden als Rassen, wohingegen er die Varianten unterhalb dieses taxonomischen Niveaus Typen und Subtypen nennt. Ich möchte die außereuropäischen Europiden, die stärker pigmentiert sind und selbstverständlich einen erheblichen Einschlag an negriden und mongoliden Elementen aufweisen, da es schon aufgrund der geographischen Nähe zu den anderen Großrassen zu häufigeren Vermischungen gekommen sein muss, klar von den europäischen Europiden scheiden, indem ich letztere als Weiße Rasse oder „Europide im engeren Sinne“ bezeichne. Trotzdem fallen unter die Bezeichnung Europide als Großrasse auch ebendiese außereuropäischen Unterrassen, die etwa nach Eickstedts 1934 erschienener Rassensystematik als Orientalide, Indide oder Weddide bezeichnet werden.

Auf die Frage nach der Zugehörigkeit der weißen Europäer zu einer oder mehreren Rassen schreibt Jaques de Mahieu in seinem eingangs erwähnten Buch: „Vielleicht sind die weißen Europäer früher mehrere durchaus verschiedene Rassen gewesen. Aber der Zustand ihrer Verschmelzung ist heute derartig, daß sie fast nur noch eine einzige Rasse darstellen, innerhalb welcher man schon in Bildung begriffene Unterrassen feststellen kann, die den geographischen und politischen Gemeinschaften entsprechen.“ Dass sich innerhalb der politischen Gemeinschaften schon Unterrassen ausmachen ließen, halte ich für eine überaus gewagte These. So wie Ney den Faktor Zeit meiner Meinung nach zu stark gewichtet, ebenso scheint Jaques de Mahieu diesen zu wenig zu beachten. Man könnte vielleicht innerhalb der germanischen Sprachgrenzen (Mit Nordfrankreich, Südwestfinnland und Estland), von einem spürbareren Vorhandensein, in Skandinavien, Nordwestdeutschland und Teilen Großbritanniens sogar von einem Vorherrschen des nordischen Typus innerhalb der Weißen Rasse sprechen. In Spanien hingegen mag sich jener westische oder mediterrane Typus am reinsten erhalten haben. Aber überall in Europa stellen die Völker niemals Rassen dar, sondern immer Typenmischungen im Schoß der Weißen Rasse.

So weit der Aufsatz von 2010. Zwei Argumente werden besonders häufig von Bauernfängern gegen die Existenz von Rassen ins Feld geführt. Das erste Scheinargument lautet: Die Unterschiede innerhalb einer Rasse seien teilweise größer als die Unterschiede zwischen den Rassen. Das heißt aber nicht viel mehr, als dass es unter den Ostasiaten auch solche gibt, die einen untersetzten Europäer überragen. Trotzdem ändert sich dadurch nichts an der statistischen Tatsache, dass sie in der Regel kleiner sind. Das zweite Scheinargument betrifft die Regionen, in denen die verschiedenen Rassen ineinander übergehen und in denen es in der Vergangenheit selbstverständlich immer wieder zu Vermischungen gekommen ist. Dadurch, dass diese Übergangszonen existierten, könne man überhaupt nicht von Rassen sprechen, heißt es. Das ist natürlich grober Unfug. Nur weil es beispielsweise nicht nur dicke und dünne Menschen gibt, sondern auch normalgewichtige, können wir ja trotzdem noch von dicken und dünnen Menschen sprechen. Streng genommen gehört das Vorhandensein dieser Übergänge sogar zu Definition Egon von Eickstedts, wenn er – wie wir gesehen haben – Rassen als „Individuengruppen mit Merkmalshäufungen, die in geographischer und individueller Hinsicht variieren und fluktuierende Übergänge zeigen“ beschreibt.

Es war bisher nur von äußeren Merkmalen die Rede, aber selbstverständlich fallen darunter auch Mentalitäts-, Temperaments- und Intelligenzunterschiede. Es wäre sehr seltsam, wenn nur die äußeren Merkmale der Evolution unterworfen gewesen wären, während es für andere Merkmale keinen Hebel gegeben hätte, an dem die Evolution hätte ansetzen können.

So wie nichts in der Biologie ohne die Evolution einen Sinn ergäbe, könnten wir die Historie ohne Beachtung der Rassenfrage nur unzulänglich begreifen – sie ist neben der politischen Geographie der Schlüssel zum Verständnis der Weltgeschichte.