{"id":994,"date":"2018-02-01T18:55:05","date_gmt":"2018-02-01T17:55:05","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=994"},"modified":"2020-02-03T18:52:56","modified_gmt":"2020-02-03T17:52:56","slug":"das-ende-des-liberalistischen-zeitalters","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/das-ende-des-liberalistischen-zeitalters\/","title":{"rendered":"Das Ende des liberalistischen Zeitalters"},"content":{"rendered":"
Wir leben heute in der Lebenswirklichkeit des Liberalismus. Nachdem mit Glasnost und Perestroika ein neues Zeitalter eingel\u00e4utet wurde und 1990 in eine Wende innerhalb der Weltordnung m\u00fcndete, zogen Philosophen und Politikwissenschaftler, wie u.a. der wohl ber\u00fchmteste Sch\u00fcler Allan Blooms, Francis Fukuyama, den Schluss, dass das \u201eEnde der Geschichte<\/em>\u201c eingetreten sei. Der Liberalismus, also die erste politische Theorie, siegte \u00fcber den Kommunismus\/Sozialismus (die zweite politische Theorie) und den Faschismus\/Nationalsozialismus (die dritte politische Theorie). Dem amerikanisch-japanischen Politologen nach ist er damit unangefochtener Sieger ideologischer sowie \u00f6konomischer Art gegen\u00fcber allen anderen Erscheinungen, den sog. gro\u00dfen Theorien des 19. und 20. Jahrhunderts. Angesichts der beeindruckenden Landnahme und insbesondere der sich nach dem Anschlag auf das World Trade Center eingestellten Einflussnahme in der ganzen Welt durch den US-amerikanischen Hegemon, konnte dies auch nicht weiter angezweifelt werden. Auch der bekannte Milit\u00e4rstratege Thomas P. M. Barnett prognostizierte 2004 in seinem Buch The Pentagon\u2019s New Map. War and Peace in the Twenty-first Century<\/em>, dass die Unipolarisierung der Welt nicht aufzuhalten sei. Seine Theorien \u00fcber die Ausbreitung des Cores \u2013 also jener Staaten, die sich kulturell wie geistig im Kern bzw. auf dem american way of life<\/em> befinden \u2013 und der damit verbundenen Marginalisierung der Gaps \u2013 also jener L\u00fccken-Staaten, die sich au\u00dferhalb des Kerns bewegen \u2013 konnten sich sowohl in der Bush- wie in der Obama-Administration einiger Beliebtheit erfreuen. Die Politik der Amerikaner spricht daf\u00fcr und die aberwitzigen Versuche, sich in einigen Gap-Countries weiterhin Einfluss zu verschaffen, zeigt, dass sich das Pentagon bzw. die F\u00fchrungsriege des amerikanischen Milit\u00e4rs weiterhin in diesem Glauben best\u00e4rkt f\u00fchlt.<\/span><\/p>\n Doch die Realit\u00e4t zeigt ein anderes Bild. Es ist das Zeitalter einer untergehenden Welt. Die Unipolarit\u00e4t entwickelt sich immer mehr und deutlich in Richtung einer multipolaren Weltordnung, wie es auch Alexander Dugin, der wohl wichtigste Vertreter der Vierten Politischen Theorie<\/strong>, postuliert. In seinem gleichnamigen Buch beschw\u00f6rt er das Ende des Liberalismus herauf. Er w\u00e4re von Anfang an eine Ideologie gewesen, die sich selbst abschafft, obgleich sie gegen\u00fcber den beiden anderen Theorien gen\u00fcgend Dynamik und Flexibilit\u00e4t aufzubringen vermochte. Nun stehen wir aber vor dem Zeitalter der Postmoderne. Die letzten \u00dcberbleibsel der Moderne neigen sich dem Ende zu. Das, was wir einst der modernen Welt zusprachen, ist im Inbegriff, sich selbst aufzul\u00f6sen. Aus dem Individuum, dem sogenannten historischen Subjekt des Liberalismus, wird nun das Dividuum. Alexander Dugin spricht allen drei politischen Theorien ein historisches Subjekt zu. Das ist die Hauptthematik, der Schwerpunkt oder Kern, um den sich alles innerhalb dieser Ideologien drehte. Bei der zweiten Theorie ist es die Klasse oder das Kollektivwesen gewesen. Der historische Materialismus mit seinem deterministischen Geschichtsbild, welches stets aus dem Kampf zwischen den herrschenden und den unterdr\u00fcckten Klassen besteht, war das grundlegende Element des Kommunismus bzw. des internationalistischen Sozialismus. Die dritte politische Theorie hingegen verfolgte die Thematik der Rasse beim Nationalsozialismus und des Staates beim Faschismus und legte sich somit auf ihr historisches Subjekt fest. Der Staat stand im Mittelpunkt und war das oberste Credo der faschistischen Gesellschaft, w\u00e4hrend die \u201eStimme des Blutes\u201c (Evola sprach hier auch von den \u201eMaterialisten des Blutes\u201c das Fundament der nationalsozialistischen Gesellschaftsordnung bildete.<\/span><\/p>\n Dieses Dividuum, ist ein gespaltenes, vollkommen autonomistisches und atomistisches Wesen. Es handelt sich hierbei weniger um einen Menschen als vielmehr um eine Art \u201eCyborg\u201c, der lediglich funktionieren m\u00fcsse. Ihm obliegt keinerlei F\u00e4higkeit zu denken oder eigene Entscheidungen zu treffen. Er ist ein Gefangener seiner eigenen Belanglosigkeit. Tats\u00e4chlich erkennen wir bereits heute die Ans\u00e4tze dieses sich herausbildenden Dividuums, dieses Cyborgs. Die Diktatur der Belanglosigkeit<\/em> (Thor von Waldstein) ist ein deutliches Zeichen f\u00fcr das Ende des Liberalismus. Die Zerst\u00f6rung jeglicher Gruppendynamik, die Emanzipation des Menschen von der Natur und der Religion, waren erst die Anf\u00e4nge einer wirren Zeit, die bald im Chaos enden k\u00f6nnte.<\/span><\/p>\n W\u00e4hrend der o.g. Zustand vom Menschen deckungsgleich mit den Gesellschaften westlicher Demokratien ist, entwickelt sich in einigen sich im Osten befindenden Staaten Eurasiens eine R\u00fcckkehr zum Traditionalen. Dort scheint die Zeit sich allm\u00e4hlich zur\u00fcckzubewegen. Besonders Russland hat sich unter Putin neu formiert. Die Zeit der Wirren, die von einem Jelzin bestens repr\u00e4sentiert wurde, ist vorbei. Eine neue erstarkende Macht im Osten, der alte russische B\u00e4r ist erwacht. Fukuyma, Barnett und Brzezi\u0144ski haben sich geirrt. Sie glaubten, dass Russland und China sich einlullen lassen werden von der amerikanischen Lebensphilosophie. Sie untersch\u00e4tzten vor allem das ethnische Element und waren sich der St\u00e4rke von kultureller Identit\u00e4t nicht bewusst. China hat sich zwar einem wirtschaftlichen Liberalismus hingegeben, besinnt sich aber unter der (national-)kommunistischen Regierung auf seine alte Religion und Kultur. Russland hat sich ebenfalls in der christlichen Orthodoxie wiedergefunden und wei\u00df, eine Gro\u00dfmacht zu bilden. Die Wirtschaftssanktionen dr\u00e4ngen Russland weiter in die Ecke und f\u00fchren zu einer Forcierung der Eigenbesinnung. Des Weiteren scheint sich der russische B\u00e4r mit seinem alten Todfeind, den T\u00fcrken zu vers\u00f6hnen, jedoch zumindest n\u00e4her zu kommen. Russland und China spielen in ihren Regionen eine immer st\u00e4rkere Rolle als Ordnungsm\u00e4chte. Ebenfalls der Einfluss auf den zu einer mittelgro\u00dfen Macht heranwachsenden Iran ist ein deutliches Zeichen einer sich erweiternden Multipolarit\u00e4t. \u00a0Hinzu kommt Indien als weiterer m\u00f6glicher Kandidat auf dem geopolitischen Schachbrett. Auch hier ist eine immer st\u00e4rker werdende regionale oder gar subkontinentale Ordnungsmacht durchaus denkbar.<\/span><\/p>\n Die Erstarkung einer immer gr\u00f6\u00dfer werdenden antiglobalistischen Widerstandsbewegung ist dazu zu z\u00e4hlen. Die Proteste, die allm\u00e4hlich in Widerstandsaktionen umschlagen, sind besonders auf das Auseinanderklaffen zwischen den Eliten und den V\u00f6lkern zur\u00fcckzuf\u00fchren. Jahrzehntelange Suggestion von der Selbstbestimmung des Individuums sowie das Pathos von der aufgekl\u00e4rten Gesellschaft veranlasst den gutgl\u00e4ubigen B\u00fcrger zu Augenreiben, angesichts der ignoranten Haltung der Eliten, die das Volk wie eine Art Impertinenz behandeln. Selbst der National Intelligence Council (NIC), der als Think Tank der CIA fungiert, beschreibt in seinem Bericht \u201eGlobal Trends. Paradox of Progress<\/a>\u201c eine nicht gerade rosige Zeit der liberalistischen Ideologie bzw. dessen wichtigster Protagonisten auf dem geopolitischen Schachbrett. Auch er geht von der Zunahme der Nationalismen und der Entstehung mehrere Machtzentren, die eine multipolare Weltordnung begr\u00fcnden werden, aus. Bereits heute ist eine zunehmende Spaltung Europas zu verzeichnen. Im Westen befinden sich die progressiven, eher hedonistischen und sich den au\u00dfereurop\u00e4ischen Kulturen anbiedernden Staaten, w\u00e4hrend im Osten ein Bollwerk des Traditionalismus entsteht, der sich archetypischen Gebilden hinwendet und sich auf die eigene Kultur besinnt. Selbst die Visegr\u00e1d-Staaten Polen, Tschechen, Ungarn und Slowakei, die sich vor dem alten Hegemon aus dem Osten f\u00fcrchten, wenden sich gegen die prowestlich ausgerichtete EU-Politik. Auch das Intermarium-Projekt ist mehr eine mitteleurop\u00e4ische Union innerhalb der Europ\u00e4ischen Union und dient den V4 als m\u00f6glicher dritter Weg. Das Zeitalter des Liberalismus bewegt sich also dem Ende zu. Der \u00dcbertritt zur postmodernen Welt steht uns mitten bevor.<\/span><\/p>\n <\/p>\n Die Vierte Politische Theorie von Alexander Dugin sieht daf\u00fcr nur eine M\u00f6glichkeit diesem fatalen Schicksals zu entweichen: Die Zeit muss umgekehrt werden und die eurasischen V\u00f6lker sich auf ihre Traditionen zur\u00fcckbesinnen. Der Progressivismus und das Bacon\u2019sche Postulat des Empirismus m\u00fcssen \u00fcberwunden werden. Statt Fortschritt strebt Dugin bewusst den R\u00fcckschritt an. Statt ein reines Individuum oder ein reines Kollektiv sieht er den Menschen als einen Teil einer Gemeinschaft an, die sich durch ethnische sowie kulturelle Merkmale definiert.<\/span><\/strong><\/p>\n Die Vierte Politische Theorie wirft einige Fragen auf, die wir hier auch sp\u00e4ter noch weiter beleuchten werden. Fest steht: Die Welt ver\u00e4ndert sich. Seien wir darauf gefasst!<\/span><\/strong><\/p>\n <\/p>\n <\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Wir leben heute in der Lebenswirklichkeit des Liberalismus. Nachdem mit Glasnost und Perestroika ein neues Zeitalter eingel\u00e4utet wurde und 1990 in eine Wende innerhalb der Weltordnung m\u00fcndete, zogen Philosophen und Politikwissenschaftler, wie u.a. der wohl ber\u00fchmteste Sch\u00fcler Allan Blooms, Francis Fukuyama, den Schluss, dass das \u201eEnde der Geschichte\u201c eingetreten sei. 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Von der Unipolarit\u00e4t zur Multipolarit\u00e4t<\/h2>\n
Globalismus und die Gegenstrom-Bewegung<\/h2>\n