{"id":9906,"date":"2024-03-28T11:28:38","date_gmt":"2024-03-28T10:28:38","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=9906"},"modified":"2024-04-01T17:47:25","modified_gmt":"2024-04-01T15:47:25","slug":"politisches-erdbeben-in-portugal-ein-weiteres-wetterleuchten","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/politisches-erdbeben-in-portugal-ein-weiteres-wetterleuchten\/","title":{"rendered":"Politisches Erdbeben in Portugal \u2013 ein weiteres Wetterleuchten"},"content":{"rendered":"

Im folgenden Text analysiert Dominik Schwarzenberger die k\u00fcrzlich durchgef\u00fchrten Parlamentswahlen in Portugal. Er vergleicht den an den Ergebnissen erkennbaren „Rechtsruck“ im Land am Atlantik mit anderen L\u00e4ndern Europas.<\/em><\/p>\n

Am 10. M\u00e4rz 2024 fanden in Portugal vorgezogene Parlamentswahlen statt, die einen f\u00fcr das Land ungewohnten Rechtsruck zur Folge hatten. Nun geh\u00f6rt das an der Peripherie Europas gelegene Portugal nicht gerade zu den wegweisenden Staaten Europas, das einer n\u00e4heren Analyse bedarf \u2013 und dennoch lohnt es, genauer hinzusehen. Ein weiteres Mal wurde n\u00e4mlich ein bemerkenswerter Trend best\u00e4tigt, den ich bereits anl\u00e4sslich der bedeutenden franz\u00f6sischen Pr\u00e4sidentschaftswahl 2022[1]<\/a> darstellte: Rechte Wahlerfolge in traditionell linken Regionen und eine immer noch starke konventionelle Pseudorechte in konservativen Regionen sowie neue populistische Parteien der Mitte mit zumindest Achtungserfolgen.<\/p>\n

Die Ergebnisse der Parlamentswahl<\/strong><\/p>\n

Die beiden gem\u00e4\u00dfigten Pole, \u201eSozialistische Partei\u201c (wie SPD) und eine Mitte-Rechts-Allianz (wie CDU, CSU, FDP und Werteunion), stehen sich mit 28,66% und 29,5% gleichsam gegen\u00fcber. Der Mitte-Rechts-Block verlor im Gegensatz zur letzten Wahl nur m\u00e4\u00dfig, w\u00e4hrend die Sozialisten ganze 13% einb\u00fc\u00dften. Die seit der antifaschistischen \u201eNelkenrevolution\u201c[2]<\/a> von 1974 starken Linksextremen aus ehemals moskauh\u00f6rigen wie auch linksgr\u00fcnen, maoistischen und trotzkistischen Kommunisten[3]<\/a> verloren massiv an Zustimmung, das war anl\u00e4sslich der letzten Parlamentswahl 2022 schon zu beobachten. Der eigentliche Sieger ist die junge rechtspopulistische Partei \u201eChega\u201c (=Genug \/Es reicht), die es auf 18% schaffte \u2013 ein Plus von fast 11%! Schon 2022 geh\u00f6rte \u201eChega\u201c zu den Gewinnern, da sich die neue Kraft von 1,29% auf 7,1% steigern konnte und erstmals ins Parlament einzog. Eine weitere \u00dcberraschung stellt die junge libert\u00e4re \u201eLiberale Initiative\u201c dar, die gleichfalls 2022 ins Parlament mit 5% gelang und sich auch diesmal stabil behaupten konnte. Es soll im Folgenden nicht um eine allumfassende Darstellung der Ergebnisse gehen, sondern nur um den erw\u00e4hnten Trend.<\/p>\n

Innerportugiesische Gegens\u00e4tze und Wahlgeographie<\/strong><\/p>\n

Seit Jahrhunderten existiert ein erheblicher Nord-S\u00fcd-Gegensatz genauso wie ein f\u00fcr unsere Analyse zu vernachl\u00e4ssigender moderater West-Ost-Gegensatz. Seit dem sp\u00e4ten 19. Jh. kommt ein weiterer Antagonismus zwischen dem kontinentalen Portugal und dem insularen (Azoren, Madeira) hinzu. Der Nord-S\u00fcd-Gegensatz resultiert aus einem sozio\u00f6konomischen Gef\u00e4lle[4]<\/a>, rassischen[5]<\/a>, kulturellen, vegetativen[6]<\/a> und strukturellen Unterschieden:<\/p>\n