{"id":9429,"date":"2023-06-26T15:49:11","date_gmt":"2023-06-26T13:49:11","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=9429"},"modified":"2024-06-08T16:39:04","modified_gmt":"2024-06-08T14:39:04","slug":"das-geldsystem-in-aufloesung-teil-ii-die-schuldenzyklen-und-der-schuldenschnit","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/das-geldsystem-in-aufloesung-teil-ii-die-schuldenzyklen-und-der-schuldenschnit\/","title":{"rendered":"Das Geldsystem in Aufl\u00f6sung? Teil II: Die Schuldenzyklen und der Schuldenschnitt"},"content":{"rendered":"
Teil II der Artikelreihe zum Thema Geldsystem. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Schulden- und Verschuldungssystem, was im ersten Teil nur kurz erl\u00e4utert wurde, jetzt aber genauer seziert und analysiert wird.<\/em><\/strong><\/p>\n Hier geht es zur Gesamtfassung<\/a><\/p>\n \u201eEs gibt zwei Wege, ein Land zu erobern und zu unterwerfen: Durch das Schwert oder durch Verschuldung.\u201c John Adams (1735-1826), Gr\u00fcndervater und zweiter Pr\u00e4sident der Vereinigten Staaten von Amerika<\/em><\/p>\n W\u00e4hrend mittlerweile immer mehr \u00d6konomen und auch Zentralbanker erkannt haben, dass die Inflation nicht nur \u201etempor\u00e4r\u201c, sondern nachhaltig ist, droht nicht nur ein Finanz- oder Wirtschaftssystem zu kollabieren. Es besteht die M\u00f6glichkeit einer regelrechten Geldrevolution, die auch eine Transformation der Gesellschaft mit sich bringen w\u00fcrde. Denn das alte Geldsystem scheint ausgedient zu haben. Der Starinvestor und Multimilliard\u00e4r Ray Dalio sieht die Welt in der f\u00fcnften von insgesamt sechs Phasen des derzeitigen Zyklus. Nach Phase sechs l\u00f6st sich dieser auf und m\u00fcndet in ein neues System. Der Zyklus beginnt von vorn.<\/p>\n <\/p>\n Der kurzfristige Schuldenzyklus<\/strong><\/span><\/p>\n Es gibt nach Dalio einen kurzfristigen und einen langfristigen Schuldenzyklus. Der kurzfristige ist allgemein als Konjunkturzyklus bekannt und die meisten Anleger und \u00d6konomen konzentrieren sich auf die Frage, wo sich die M\u00e4rkte gerade darin bewegen. Die Rede ist hierbei von einem Zeitfenster von f\u00fcnf bis etwa sieben Jahre[1]<\/a>. Dieser Zyklus besteht aus vier Phasen:<\/p>\n Danach tritt wieder eine Erholung ein und der Zyklus beginnt von vorn. Wie in Teil I gesehen, sind die Notenbanken angehalten, ann\u00e4hernd die Preisstabilit\u00e4t aufrechtzuerhalten. In der j\u00fcngeren Vergangenheit versuchte z. B. die EZB mit einer ultralockeren Geldpolitik die Rezession aufzuhalten bzw. die Expansions- und Boom-Phase so lange wie m\u00f6glich am Leben zu halten. Wenn in einem volkswirtschaftlichen Gesamtsystem eine zu hohe Teuerungsrate auftritt, dann potenziert sich schnell die Gefahr einer galoppierenden und somit im schlimmsten Fall einer Hyperinflation. Der Grund ist die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer. Verteuern sich Waren und Dienstleistungen sp\u00fcrbar in kurzfristigen Abst\u00e4nden, also innerhalb eines Jahres oder innerhalb weniger Monate, spekulieren die Teilnehmer auf steigende Preise in der Zukunft. Damit tritt genau der gegenteilige Effekt ein, den wir bei einer anhaltenden Deflation kennengelernt haben. Die Marktakteure \u201ewerfen\u201c ihr Geld regelrecht auf die M\u00e4rkte, um der Entwertung zuvorzukommen. Die Geldmenge erh\u00f6ht sich damit weiterhin. Die Folge ist eine st\u00e4rkere Teuerung.<\/p>\n <\/p>\n Eine wesentliche Kennzahl zur Feststellung der Phasenentwicklung ist die Arbeitslosigkeit. In Expansionsphasen werden h\u00f6here Besch\u00e4ftigungsquoten erreicht als in der Rezession. Anbei finden wir in Abbildung 3 die Arbeitslosenquote in den USA seit 1948.<\/p>\n Weitere Kennzahlen sind die Inflation, wie wir oben bereits gesehen haben, die Kauffreude bei den Marktteilnehmern und ganz wesentlich das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Ray Dalio untersuchte 48 Schuldenzyklen und Crashs und nahm dabei an, dass ab drei Prozent R\u00fcckgang des BIP eine Depression vorherrsche[2]<\/a>. Abbildung 3 Arbeitslosenquote und Rezessionen seit 1948 in den USA[3]<\/strong><\/a><\/div><\/div><\/p>\n Anhand der Indikatoren kann davon ausgegangen werden, dass sich die europ\u00e4ischen und die US-M\u00e4rkte bereits in einer Rezession befinden. Diese Rezession k\u00f6nnte allerdings diesmal weitaus heftiger ausfallen als die letzten \u201enormalen\u201c Abschw\u00fcnge der vergangenen Zyklen, da das Eintreten der rezessiven Phase durch die ultralockere Geldpolitik verz\u00f6gert wurde. Dadurch hat sich eine Alles-Blase angestaut, die nun von den Notenbanken selbst \u201eangestochen\u201c wurde, in dem sie den Leitzins angehoben haben.<\/p>\n <\/p>\n Am 26. Juli 2012 sagte der damalige EZB-Pr\u00e4sident Mario Draghi, dass \u201eim Rahmen<\/em>\u201c ihres \u201eMandats, die EZB bereit<\/em>\u201c sei \u201ezu tun, was immer notwendig sei, um den Euro zu retten<\/em>\u201c[4]<\/a>. Dadurch sollten die Finanzm\u00e4rkte am Rande eines finanzpolitischen Abgrunds beruhigt werden. Draghi versicherte damit, dass die M\u00e4rkte, komme, was wolle, mit allen Mitteln gesch\u00fctzt werden. Eine langanhaltende Niedrigzinspolitik begann. Am 16. M\u00e4rz 2016 wurde der Leitzins sogar auf null Prozent gesenkt. Seit Sommer 2022 erh\u00f6ht die EZB den Leitzins wieder sukzessive, jedoch sehr z\u00f6gerlich. Man will zwar die Inflation mit einem h\u00f6heren Leitzins in den Griff bekommen, aber f\u00fcrchtet, damit eine l\u00e4ngst \u00fcberf\u00e4llige Rezession zu provozieren. Ab dem 10. Mai gilt ein Leitzins von 3,75 Prozent. F\u00fcr die verschuldeten EU-L\u00e4nder und den vielen Zombieunternehmen bedeutet dies den m\u00f6glichen Zahlungsausfall.<\/div><\/div>\n \u00a0<\/strong><\/p>\n Der langfristige Schuldenzyklus<\/strong><\/span><\/p>\n Ein langfristiger Schuldenzyklus ergibt sich aus der Verkettung mehrerer Konjunkturzyklen. Schuldenkrisen entstehen ja deshalb, weil der Verschuldungsgrad innerhalb einer Volkswirtschaft schneller w\u00e4chst als die L\u00f6hne und Geh\u00e4lter der Akteure. Das Verh\u00e4ltnis der Schulden zu den Einkommen wird von Zyklus zu Zyklus immer ung\u00fcnstiger f\u00fcr letztes und zu Gunsten des ersteren. Die Verschuldung w\u00e4chst somit sukzessive weiter, und das zunehmend schneller als die Einkommen, auch wenn die Notenbank den kurzfristigen Schuldenzyklus mit geldpolitischen Instrumenten einzud\u00e4mmen wei\u00df. Das liegt daran, dass die Akteure dazu neigen, sich weiter zu verschulden, da das Gef\u00e4lle zwischen dem Einkommen und der Gesamtverschuldung inkl. Schuldendienst zun\u00e4chst nicht weiter auff\u00e4llt. Insbesondere wenn das Wachstum relativ stark und schnell ansteigt, f\u00e4llt die exponentielle Verschuldung, so wie wir sie oben gesehen haben, zun\u00e4chst niemandem auf. Selbst den \u00d6konomen offenbar nicht, denn das grundlegende Problem, welches bereits beim Studieren der Grundlagen offensichtlich wird (siehe Teil I), ist kaum Bestandteil der haupts\u00e4chlichen akademischen Literatur. In Abbildung 4 wird dies noch einmal verdeutlicht. Genau das ist der oben bereits angesprochene Minsky-Effekt. Die Akteure verschulden sich immer weiter, bis sie nicht einmal mehr den Schuldendienst (Tilgung und Zinsraten) decken k\u00f6nnen. Dadurch bl\u00e4ht sich die Kreditblase immer weiter auf und f\u00fchrt zum einen zur Geldentwertung \u2013 Inflation ist aus dem lateinischen inflatio<\/em> abgeleitet und hei\u00dft \u201eSichaufblasen\u201c oder \u201eAufbl\u00e4hung\u201c \u2013 und zum anderen entsteht der oben bereits mehrfach angesprochene Vorgang der Zombifizierung der Wirtschaft. Des Weiteren leitet sich diese Entwicklung aus dem einfachen Umstand ab, dass die Wirtschaft nicht so schnell wachsen kann wie der durch den Zinseszins hervorgerufene Anstieg der Schulden.<\/p>\n <\/p>\n <\/p>\n Abbildung 4 Die Verschuldungsspirale[5]<\/strong><\/a> (eigene Darstellung)<\/div><\/div>\n <\/p>\n Durch die \u00fcberproportionale Geldsch\u00f6pfung entsteht ein entsprechendes Kreditvolumen, was automatisch zu einer Vergr\u00f6\u00dferung der Schulden f\u00fchrt. Dadurch entstehen immer st\u00e4rkere Zinsr\u00fcckfl\u00fcsse aus den Darlehen, wodurch sich das Geldverm\u00f6gen immer weiter aufbl\u00e4ht und weitere Schulden zur Folge hat. Es handelt sich hierbei um einen positiv r\u00fcckgekoppelten Regelkreis, der sich mit der Zeit verselbstst\u00e4ndigt und einmal losgetreten nicht mehr endet, au\u00dfer durch einen Zusammenbruch, den Zahlungsausfall. Positive R\u00fcckkopplung tritt in der Natur im Grunde genommen nicht auf, au\u00dfer bei exponentiell sich ausbreitenden Krankheiten oder dem Wachstum eines Tumors. Die Begrenztheit der vorhandenen Ressourcen (Sachmittel, Menschen) limitiert daher logischerweise das Wachstum. Dem Geldverm\u00f6gen fehlt also auf Dauer die entsprechende Produktion, der Gegenwert in Form von Sachg\u00fctern.<\/p>\n Die Kreditblase und somit das Ende eines Schuldenzyklus tritt dann ein, wenn das Wachstum der Geldmenge sowie das Kreditvolumen gedrosselt werden bzw. die Banken unter strengeren Vergaberichtlinien Kredite vergeben. Zu diesem Zeitpunkt haben die Notenbanken bereits gemerkt, dass die Ausweitung des Kreditvolumens bereits gef\u00e4hrlich hoch ist, weshalb die Geldpolitik gestrafft wird. Damit wird der Abschwung, der ohnehin eintritt, massiv beschleunigt. Dieser Kipppunkt von Aufschwung zu Abschwung tritt ein, sobald die Kosten f\u00fcr den Schuldendienst gr\u00f6\u00dfer werden als der Betrag, der f\u00fcr die Finanzausgaben ausgeliehen werden kann. Die Neuvergaben von Krediten gehen zur\u00fcck, womit der Druck auf die Schuldner w\u00e4chst. Dieser Umstand wird immer mehr Teilnehmern bewusst, insbesondere den Banken, weshalb noch weniger Kredite vergeben werden. Dadurch sinken Ausgaben und Investitionen, welche zuvor mit dem geliehenen Kapital finanziert wurden. Die Anlagepreise fallen und das Einkommenswachstum f\u00e4llt. Der Ausfall von Zombis wirkt sich auch auf die kreditw\u00fcrdigen Schuldner aus, da die Banken, die ihre faulen Kredite abschreiben m\u00fcssen, ihre Verpflichtungen gegen\u00fcber den liquiden Gl\u00e4ubigern nicht mehr leisten k\u00f6nnen. Eine Fortpflanzung des Problems innerhalb der Volkswirtschaft ist die Folge. Es kommt zu einer Depression.<\/p>\n Der Zeitraum f\u00fcr diese Verkettung von kurzfristigen Schuldenzyklen bewegt sich zwischen 50 und 70 Jahren. Dalio sieht den Hauptgrund, wieso sich ein langfristiger Schuldenzyklus \u00fcberhaupt halten kann, in der sukzessiven Senkung der Leitzinsen durch die Notenbanken, wodurch die Anlagepreise steigen und das Anlageverm\u00f6gen der Menschen anw\u00e4chst. So schreibt er: \u201eDie verhindert, dass die Belastung durch den Schuldendienst steigt, und es senkt die monatlichen Raten f\u00fcr Artikel, die auf Kredit gekauft werden. Das kann aber nicht ewig so weitergehen. Irgendwann sind die Zahlungen f\u00fcr den Schuldendienst genauso hoch oder h\u00f6her als der Betrag, den sich die Schuldner leihen k\u00f6nnen, und so werden die Schulden (also die Zahlungsversprechen) im Verh\u00e4ltnis zu der vorhandenen Geldmenge, die bezahlt werden kann, zu gro\u00df<\/em>.\u201c[6]<\/a><\/p>\n Im Grunde genommen handelt es sich bei dem Ablauf um die gleiche Spirale, die ein kurzfristiger Schuldenzyklus durchl\u00e4uft. Bei langfristigen Schuldenzyklus sind die Auswirkungen nur massiver aus oben bereits gesagten Gr\u00fcnden.<\/p>\n Im Alten Testament, genauer im dritten Buch Mose 25, werden die Gesetze des Sabbat- und Halljahres formuliert. Demnach sollte im 50. Jahr, das auf jedes siebte Sabbatjahr folgte, jegliche Schuld auf null gesetzt werden. Man sollte einen Leibeigenen freilassen so wie auch aller Besitz wieder zum urspr\u00fcnglichen Eigent\u00fcmer zur\u00fcckgehen sollte. In diesem Jahr sollte Israel vollkommene Ruhe walten lassen und keinerlei Landwirtschaft mehr betreiben. Das Jubeljahr soll einen Schuldenschnitt und der Beseitigung von \u00dcberfluss dienen. In Jeremia 25, 11-12 sowie 29, 10 und in Daniel 9, 2 wird die \u201eVerw\u00fcstung\u201c, der \u201eReset\u201c auf 70 Jahre datiert.<\/div><\/div><\/p>\n <\/p>\n Der langfristige Schuldenzyklus besteht aus sechs Phasen:<\/p>\n <\/p>\n Ein Schuldenschnitt ist das Erlassen von Schulden, d. h. die Gl\u00e4ubiger verzichten auf die R\u00fcckforderung gg\u00fc. ihren Schuldnern. In der Geschichte waren dies meist Teilschuldenschnitte, also nur einen teilweisen Verzicht auf Ausgleich der Schuld. Geschichtliche Beispiele gibt es auch aus der j\u00fcngeren Zeit:<\/p>\n *1932 erlie\u00dfen die Alliierten auf der Konferenz von Lausanne einen Gro\u00dfteil der Forderungen gg\u00fc. Deutschland.<\/p>\n *1953 wurden mit dem Londoner Schuldenabkommen 50 Prozent der Auslandsschulden Deutschlands erlassen.<\/p>\n *1978 erlie\u00df die Bundesrepublik Deutschland die Schulden gg\u00fc. der 30 \u00e4rmsten L\u00e4nder der Welt. Verzicht betrug damals etwa 4,3 Milliarden DM.<\/p>\n *In den 1980er Jahren wurden im Rahmen des Brady-Plans mittels Brady-Bonds mehreren lateinamerikanischen L\u00e4ndern die Schulden zu Teilen erlassen.<\/p>\n *1996 beschlossen die Weltbank und der IWF im Rahmen der von den damaligen G8-Staaten forcierte HIPC-Initiative, die einen Schuldenschnitt f\u00fcr hochverschuldete Entwicklungsl\u00e4nder (Heavily Indepted Poor Countries) vorsah.<\/p>\n *2001 erkl\u00e4rte Argentinien seine Zahlungsunf\u00e4higkeit. Die Folge war die Einstellung des Schuldendienstes. Das Land erwirkt einen Verzicht von etwa zwei Drittel der Forderung bei etwa 93 Prozent seiner Gl\u00e4ubiger.<\/p>\n *2005 wurden im Rahmen der HIPC-Initiative mehr als 30 L\u00e4ndern, vorwiegend aus Afrika, die Schulden komplett erlassen.<\/p>\n Regelm\u00e4\u00dfiger Erlass bei den Juden<\/strong><\/p>\n Wie bereits oben gesehen, galt bei den Juden gem. Altem Testament ein regelm\u00e4\u00dfiger Schuldenschnitt. Im f\u00fcnften Buch Mose 15, 1-2 wird dieser alle sieben Jahre gefordert. Im Sabbatjahr durfte demnach innerhalb des eigenen Volkes kein Zins genommen werden.<\/div><\/div>\n <\/p>\n Offensichtlich stehen wir in Phase f\u00fcnf. Betrachtet man die j\u00fcngsten Entwicklungen seit der Weltfinanzkrise 2008 und insbesondere die letzten zwei Jahre der Geldpolitik, k\u00f6nnte diese Phase nun enden und in den Zusammenbruch m\u00fcnden. Obwohl die Anzeichen daf\u00fcr sprechen, warne ich davor, einen schnellen Zusammenbruch zu erwarten. Zwar haben die Notenbanken die Leitzinsen mittlerweile angehoben, aber in den USA und in Europa gehen die Inflationsraten momentan erst einmal zur\u00fcck. Anders als es die Medien h\u00e4ufig verlautbaren, handelt es sich aber nicht um eine deflation\u00e4re, sondern eher um eine disflation\u00e4re Entwicklung. Die Geldentwertung schreitet weiterhin voran, nur eben nicht mehr so schnell. Es h\u00e4ngt jetzt alles davon ab, wie sehr die Gesellschaft der Politik noch traut. Schwinden die gesellschaftliche Resilienz und das Vertrauensverh\u00e4ltnis zu den Regierungen, werden die Instrumente der Zentralbanken den Zusammenbruch m\u00f6glicherweise nicht mehr aufhalten k\u00f6nnen. Andersherum k\u00f6nnte sich noch viel Spielraum f\u00fcr die Politiken offenbaren. Am Ende dieses Zyklus w\u00fcrde ein Schuldenschnitt in irgendeiner Form warten.<\/strong><\/p>\n <\/p>\n Eine kurze Geschichte unseres Geldsystems<\/strong><\/span><\/p>\n Den Beginn des derzeitigen langfristigen Schuldenzyklus macht Ray Dalio zum Ende des 2. Weltkrieges aus. Im Zuge der beiden Weltkriege l\u00f6sten sich nahezu alle L\u00e4nder vom Goldstandard und schlitterten in eine massive Verschuldung. Die gro\u00dfe Depression in den 1930er Jahren f\u00fchrte zum Zusammenbruch des alten Systems. Nach bzw. am Ende des 2. Weltkrieges kam es dann zum Abkommen von Bretton Woods, in dem man sich auf den White-Plan einigte. Fortan sollten alle W\u00e4hrungen der beteiligten 44 Nationen einen festen Wechselkurs zum US-Dollar aufweisen, der wiederum an Gold gebunden war. Die Abwicklung von Zahlungsverkehr in Gold- und Silberm\u00fcnzen wurde in Anlehnung an das Vorkriegssystem in den meisten L\u00e4ndern wiedereingef\u00fchrt. Mit dem Internationalen W\u00e4hrungsfonds (IWF) wurde neben der BIZ eine internationale W\u00e4hrungs- und Wirtschaftsinstitution geschaffen, deren Aufgabe die Kontrolle und Steuerung dieses neuen Geldsystems aus\u00fcben sollte. Im Zuge der Ausweitung der Produktivit\u00e4t und des damit einhergehenden Wirtschaftswachstums kam es zur Vermehrung von US-Banknoten, die einen Schuldschein mit Verbindlichkeit an Gold darstellten. F\u00fcr eine Unze Gold, also 31,104 Gramm, bekam man 35 US-Dollar. Alle anderen W\u00e4hrungen richteten sich danach. Die USA weiteten ihre Reservew\u00e4hrung aus, wodurch das Verh\u00e4ltnis der Geldmenge zu den vorhandenen Goldreserven immer weiter auseinanderklaffte. Dies passierte u. a. durch die hohen Kosten, die der Vietnam-Krieg verschlungen hatte. In Abbildung 5 kann dies nachvollzogen werden. F\u00fcr eine Unze Gold bekam man immer mehr Dollars. Im Zuge dieser Entwicklung br\u00f6ckelte Bretton-Woods, weshalb mit schwindendem Vertrauen in das System 1969 viele Teilnehmerstaaten erkl\u00e4rten, ihre Dollarreserven gegen Gold einzul\u00f6sen. Tats\u00e4chlich konnten die USA diese Goldmengen nicht aufweisen und damit ihren Verbindlichkeiten nicht nachkommen. 1971 erkl\u00e4rte der US-amerikanische Pr\u00e4sident Richard Nixon die Gold-Dollar-Bindung f\u00fcr ausgel\u00f6st.<\/p>\n In 1973 wurde das Bretton-Woods-I-Abkommen aufgel\u00f6st. Dies beinhaltete den Wandel von fixen zu flexiblen Wechselkursen ohne Bindung an Gold oder den Dollar als Leitw\u00e4hrung. Es kam zum Europ\u00e4ischen Wechselkursverbund, einem Vorreiter der sp\u00e4teren Europ\u00e4ischen W\u00e4hrungsunion. Obwohl der US-Dollar nicht mehr als Leitw\u00e4hrung fungierte, gilt er bis heute nach wie vor als Weltreservew\u00e4hrung, da der Gro\u00dfteil des Handels in wesentlichen Rohstoffen wie \u00d6l und Gas in Dollar erfolgt. Dies bedeutet, dass s\u00e4mtliche L\u00e4nder, die auf diese Rohstoffe angewiesen sind, Dollar-Reserven anh\u00e4ufen m\u00fcssen. Somit ist der US-Dollar zwar nicht mehr auf dem Papier via Abkommen, jedoch weiterhin faktisch die Weltreservew\u00e4hrung.<\/p>\n Abbildung 5 Goldpreisentwicklung in US-Dollar und EUR seit 1965[7]<\/strong><\/a><\/p>\n <\/p>\n Einige \u00d6konomen meinen, dass wir uns in einer Art Bretton-Woods-II-System befinden. Dies basiert auf einer de-facto-Bindung von asiatischen W\u00e4hrungen wie dem chinesischen Yuan\/Renminbi oder dem japanischen Yen. Auch durch die starken Dollar-Reserven der \u00f6lexportierenden L\u00e4nder wie Saudi-Arabien, der Irak, Nigeria und Russland entstand ein neues Regime des Weltgeldsystems, in dem der US-Dollar die Hauptrolle spielt und somit eine abgewandelte Form des Bretton-Woods-Abkommen von 1944 weiterhin besteht. Es hat sich daf\u00fcr der Begriff des Petro-Dollar-Systems etabliert. Petro steht f\u00fcr Petroleum. Da der Dollar zunehmend an Wert verliert, ger\u00e4t auch dieses System nun ins Schleudern. Hinzu kommt die Tatsache, dass das Vertrauen in die alte Weltordnung schwindet und somit der Dollar als Leitw\u00e4hrung an Einfluss einb\u00fc\u00dfen wird.<\/div><\/div>\n <\/p>\n Seitdem herrscht das Fiat-Geld in dem System. Eine Bindung an harten Assets mit hohen intrinsischen Wert gibt es nicht mehr. Die derzeitige geldpolitische Ordnung mit dem Petro-Dollar basiert in erster Linie auf dem Weltmachtstatus der USA als wirtschaftliche und milit\u00e4rische Supermacht mit weltweitem Einfluss. Das System ist sehr anf\u00e4llig, da weltweit Staatsschulden und logischerweise auch die Geldmenge zunimmt. Mit dem Aufkommen undurchsichtiger Finanzprodukte, denen kein realer Gegenwert gegen\u00fcbersteht, wurde dieses Problem weiter versch\u00e4rft. Die Bilanzen bei den Noten- sowie bei den Gesch\u00e4ftsbanken bl\u00e4hen sich immer weiter auf. Es gibt einfach keine Begrenzung mehr. Die Notenbanken k\u00f6nnen nur mittels der bereits oben genannten Instrumente in das System intervenieren. Zwar wurden hierzu in der j\u00fcngeren Vergangenheit auch Anleihek\u00e4ufe und andere mit den bestehenden Abkommen divergierende Bail-Out-Ma\u00dfnahmen getroffen, doch zeigt dies nur die bereits fortgeschrittene Instabilit\u00e4t des Systems. Betrachtet man 1944 als Anfang des derzeitigen Schuldenzyklus, wie es Ray Dalio tut, dann hat dieser die oben genannte H\u00f6chstdauer von 70 Jahren bereits \u00fcberschritten. Dies ist allerdings kein Anzeichen f\u00fcr eine Geldpolitik neuen Typs, die aus der Vergangenheit gelernt hat. Es handelt sich heute um ein international ausgespanntes Geld- und letztlich durch den Petro-Dollar auch W\u00e4hrungssystem, welches dadurch auch viele M\u00f6glichkeiten durch den Wechsel in Fremdw\u00e4hrungen mit sich bringt.<\/p>\n <\/p>\n Eine Begrenztheit aufgrund des bereits oben Gesagten ist dennoch gegeben. Um den Zusammenbruch zu verhindern, w\u00e4re ein neues deflation\u00e4res bzw. vollkommen von den Notenbanken steuerbares System vonn\u00f6ten. Vieles spricht daf\u00fcr, dass ein derartiges System bevorsteht. Soll es von Nachhaltigkeit sein, wird zuvor das alte System crashen gehen m\u00fcssen. Ansonsten w\u00e4re eine Geldrevolution nur durch Zwang zu erwirken.<\/strong><\/p>\n \u00a0<\/strong><\/p>\n Hier geht es zu Teil 3.<\/span><\/a><\/p>\n <\/p>\n [1]<\/a> Das National Bureau of Economics Research (NBER) kann hierbei als ma\u00dfgebliche Quelle f\u00fcr die Konjunkturzyklen der letzten 70 Jahre angegeben werden. Demnach betrug der durchschnittliche Zeitraum 5,5 Jahre von Anfang bis Ende eines Zyklus.<\/p>\n [2]<\/a> Dalio, R. (2021, S. 17). Principles: So navigieren Sie ihr Verm\u00f6gen durch gro\u00dfe Schuldenkrisen (2. Auflage 2021). Plassen Verlag, B\u00f6rsenmedien, Kulbach<\/p>\n [3]<\/a> Die Grafik und die Daten k\u00f6nnen auf der Website der NBER nachvollzogen werden. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/www.nber.org\/research\/business-cycle-dating<\/a> (09.05.2023)<\/p>\n [4]<\/a> Das vollst\u00e4ndige und originale Zitat lautet: \u201eWithin our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.\u201c<\/em><\/p>\n [5]<\/a> Entlehnt aus Kennedy, M. (1994, S. 36). Geld ohne Zinsen und Inflation. Ein Tauschmittel das jedem dient. \u00dcberarbeitete und erweiterte Ausgabe aus 1994. Wilhelm Goldmann Verlag, M\u00fcnchen<\/p>\n [6]<\/a> Dalio, R. (2021, S. 21)<\/p>\n [7]<\/a> Bildquelle Wikipedia. Goldpreis. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/de.wikipedia.org\/wiki\/Goldpreis<\/a> (13.05.2023)<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Teil II der Artikelreihe zum Thema Geldsystem. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Schulden- und Verschuldungssystem, was im ersten Teil nur kurz erl\u00e4utert wurde, jetzt aber genauer seziert und analysiert wird. 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