Das eindimensionale Modell<\/h2>\n
Die klassische Darstellung nutzt ein Intervall, dessen Mittelpunkt die gesellschaftliche Mitte darstellt, w\u00e4hrend die Grenzen die beiden, nicht n\u00e4her definierten, Pole Rechts und Links darstellen. Zu dieser Darstellungsform wird auch h\u00e4ufig das Overton-Fenster angef\u00fchrt, welches den Bereich, der allgemein akzeptierten Meinung in einer Gesellschaft, nachbildet. Diesen Bereich gelte es nun nach \u201erechts\u201c zu schieben.<\/span><\/p>\n Doch bereits hier offenbart sich die Schw\u00e4che dieser Darstellung. Gemeinhin werden verschiedenste Gruppierungen und Ausrichtungen zum Bereich \u201erechts\u201c zusammengefasst, welche teilweise nicht einmal einen Mindestkonsens erf\u00fcllen. Der Ursprung dieser Darstellung findet sich in der Franz\u00f6sischen Nationalversammlung von 1789, wo die Sitzordnung nach gesellschaftlichen Hierarchien durch eine Sitzordnung nach politischer und ideologischer Ausrichtung ersetzt wurde. In der damaligen Zeit gab es zwei entgegengesetzte Pole: Die revolution\u00e4r-republikanische, sowie die Monarchie freundlich gesinnte Ausrichtung. Dass die politische Landschaft in der Zwischenzeit jedoch massive \u00c4nderungen erfahren hat d\u00fcrfte den meisten bewusst sein. Konnten sich die fr\u00fchen kommunistischen Anh\u00e4nger zumindest in Teilen noch mit der urspr\u00fcnglich revolution\u00e4r-republikanischen Ausrichtung anfreunden stand mit den Nationalsozialisten in der Weimarer Republik ein neuer Block im Parlament, welcher weder monarchisch war, noch dem bisherigen linken Fl\u00fcgel glich. Aber auch heutzutage finden sich diverse weitere Str\u00f6mungen, welche nicht in dieses Bild passen. Die Identit\u00e4re Bewegung stellt genauso eine neue Ausrichtung dar, wie die altert\u00fcmlich anmutenden Anh\u00e4nger eines Religionsstaates. Doch egal ob Nationalsozialist, Identit\u00e4rer oder ein strenggl\u00e4ubig Konservativer \u2013 all jene werden gerne als \u201erechts\u201c betitelt. M\u00f6gen einige noch den Mindestkonsens anf\u00fchren, dass das eigene Volk \u00fcberleben soll, so geh\u00f6ren dennoch einige Str\u00f6mungen dazu, welche nur auf Werte, statt auf Ethnie setzen oder wie im Falle einiger White-Power-Anh\u00e4nger den Begriff der Ethnie derma\u00dfen aufweichen, dass man schon von wei\u00dfem Multikulti sprechen kann.<\/span><\/p>\n Ebenso problematisch erweisen sich Sonderformen wie die Querfront oder die Suggestion, dass das aktuelle demokratisch-kapitalistische System die Mitte sei.<\/span><\/strong><\/p>\n Es gibt bereits eine F\u00fclle von alternativen Darstellungsformen. Sie reichen vom Hufeisenschema, \u00fcber ein Wertedreieck bis zum politischen Kompass. Doch alle genannten sind \u2013 nach der Meinung des Autor \u2013 f\u00fcr politische Bildungszwecke unzureichend, da sie nur mangelhaft die politische Landschaft abbilden bzw. diese ungen\u00fcgend aufteilen.<\/span><\/p>\n Das politische Wertedreieck besitzt nur die drei Faktoren Konservatismus, welcher f\u00fcr das Bewahren des Alten steht, Sozialismus, welcher nur die wirtschaftliche Umverteilung von reich nach arm beschreibt, sowie der Liberalismus, welcher nur die pers\u00f6nliche Entwicklung betrachtet. Die Extreme befinden sich am gesamten Rand (inklusive der Ecken).<\/span><\/p>\n Abbildung 1: Das politische Wertedreieck [1]<\/strong><\/p>\n Durch diese Einteilung ist es jedoch nicht m\u00f6glich R\u00fcckschl\u00fcsse auf konkrete Ausrichtungen zu ziehen. Der genaue Unterschied zwischen einem v\u00f6lkischen Nationalisten und einem White-Power-Anh\u00e4nger wird in dieser Darstellungsform z.B. nicht ansatzweise klar. Ein konkreter Vergleich verschiedener Str\u00f6mungen ist also kaum m\u00f6glich.<\/span><\/p>\n Der politische Kompass hingegen ist eine Art Kartesisches Koordinatensystem, wobei die vier Koordinatenbereiche auch nur die vier politischen Felder rechts, links, autorit\u00e4r und liberal abbilden.<\/span><\/p>\n Abbildung 2: Der politische Kompass [2]<\/strong><\/p>\n Die horizontale Achse stellt das wirtschaftliche Ausma\u00df dar (Gesellschaftsform), die vertikale Achse hingegen die sozialen Ausma\u00dfe (Herrschaftsform)[3]. Es werden also wieder zwei Pole gegen\u00fcber gestellt: \u201eFaschismus\u201c und Liberalismus, sowie Kommunismus bzw. Sozialismus und (als rechte Seite) Wirtschaftsliberalismus. Auch hier wird wieder ersichtlich, dass der Begriff \u201erechts\u201c extrem missverst\u00e4ndlich ist, denn ein Gro\u00dfteil der im Abschnitt \u201eDie vielf\u00e4ltige politische Landschaft\u201c erw\u00e4hnten Str\u00f6mungen werden sich kaum als extreme Wirtschaftsliberalisten ansehen bzw. vertreten auch keinerlei derart extreme Positionen. Sozialismus wird hingegen aus klassisch linker Sicht interpretiert, w\u00e4hrend andere abweichende Wirtschaftssysteme (bspw. der des Nationalsozialismus) als \u201eKeynesianismus\u201c verallgemeinert mittig angeordnet werden [3]. Diese Einteilung kann aber kaum als aussagekr\u00e4ftig angesehen werden.<\/span><\/p>\n Abbildung 3: Der politische Kompass mit ber\u00fchmten Pers\u00f6nlichkeiten [4]<\/strong><\/p>\n Das vermutlich der Realit\u00e4t noch am besten entsprechende Modell d\u00fcrfte das sogenannten Sinus-Milieu sein. Urspr\u00fcnglich wurde es f\u00fcr die Analyse von sozialen Lebensverh\u00e4ltnissen entwickelt und wird heute von der entsprechenden Firma kommerziell vermarktet. Doch es l\u00e4sst auch Spielraum f\u00fcr eine politische Auswertung.<\/span><\/p>\n Abbildung 4: Sinus-Milieus in Deutschland 2017 [5]<\/strong><\/p>\n Die Einteilung erfolgt ebenfalls mittels zweier Achsen. Die vertikale Achse steht f\u00fcr die soziale Lage (Unter-, Mittel- oder Oberschicht), die horizontale Achse steht f\u00fcr die Grundorientierung, wobei sich dabei an verschiedenen Faktoren orientiert wird. Innerhalb der Fl\u00e4che werden Bereiche markiert, die den Milieus entsprechen.<\/span><\/p>\n Diese Darstellungsform lie\u00dfe sich wohl auch gut auf politische Milieus \u00fcbertragen. Der politischen Vielfalt wird aber auch diese Darstellung nur bedingt gerecht. Die konkrete Ausgepr\u00e4gtheit der vertretenen Positionen einer Str\u00f6mung l\u00e4sst sich bspw. anhand der Grafik allein nur sehr schlecht bewerten. Sollte man sich zudem mehr Faktoren in der Grundorientierung w\u00fcnschen, so d\u00fcrfte die \u00dcbersichtlichkeit schwinden.<\/span><\/p>\n Alle Darstellungsformen besitzen also Probleme, die im Abschnitt \u201eDie vielf\u00e4ltige politische Landschaft\u201c beschriebene Diversit\u00e4t, ausreichend gut darzustellen, da sie die entsprechenden Str\u00f6mungen nicht ausreichend differenzieren, sondern ihnen zu stark verallgemeinerte Positionen zuordnen.<\/span><\/p>\n Vergleichsweise wenig Beachtung fand bisher zu diesem Thema das Netzdiagramm. Es ist zwar keine Neuheit, doch stellt diese Darstellungsform \u2013 nach Meinung des Autor \u2013 eine deutlich realit\u00e4tsn\u00e4here Betrachtung dar. Hierbei erh\u00e4lt jede zuvor definierte Kategorie eine eigene Achse. Je nachdem wie stark nun verschiedene Kategorien ausgepr\u00e4gt sind erh\u00e4lt das betrachtete politische Spektrum einen Wert. Alle Werte der entsprechenden Kategorien werden am Ende verbunden, wodurch eine eingeschlossene Fl\u00e4che entsteht, welche den politischen Bereich widerspiegelt.<\/span><\/p>\n Welche Kategorien man w\u00e4hlt h\u00e4ngt im Groben vom Ersteller ab. Umso mehr man nutzt, umso realit\u00e4tsnaher wird die Darstellung. Im Extremfall w\u00fcrde das Diagramm einem Kreis \u00e4hneln. Auch sich scheinbar widersprechende Achsen k\u00f6nnen Sinn ergeben. So k\u00f6nnte man Liberalismus und Kollektivismus durchaus einzelne Achsen zu weisen, da auch in einem Kollektivismus eine gewisse Freiheit des Individuums besteht bzw. im Liberalismus eine beschr\u00e4nkte Form von Gemeinschaft existieren kann. Die Intensit\u00e4t, wie stark ein politisches Spektrum eine Kategorie vertritt, muss vom Ersteller selbst getroffen werden und sollte authentisch erfolgen, wobei der Ursprung den Wert Null besitzt (keine Auspr\u00e4gung) und die \u00e4u\u00dfere Grenze von jenem Spektrum erreicht wird, welches in der Realit\u00e4t dieses am St\u00e4rksten vertritt. Die Kategorien sollten klar definiert sein und einen sinnvollen Zusammenhang bilden. Das Gleiche gilt f\u00fcr die politischen Spektren, welche man miteinander vergleichen m\u00f6chte.<\/span><\/p>\n Abbildung 5: Fiktive Darstellung von politischen Spektren mittels eines Netzdiagramms[6]<\/strong><\/p>\n Dass in der Einleitung bereits erw\u00e4hnte Overton-Fenster findet sich in dieser Darstellung ebenfalls wieder. Hier verl\u00e4uft es jedoch nicht zwischen links und rechts, sondern jeweils auf jeder Achse einzeln zwischen Ursprung und Au\u00dfengrenze (es gibt also mehrere Overton-Fenster in einem Netzdiagramm). Dabei ergibt sich der Vorteil, dass die Overton-Fenster deutlich pr\u00e4ziser die politischen Meinungsfenster darstellen und auch realit\u00e4tsnahe Verschiebungen m\u00f6glich sind.<\/span><\/p>\n Der Bereich, welcher vom Overton-Fenster belegt ist, stellt den in der Gesellschaft akzeptierten Meinungsbereich dar. Wenn sich die Spitze des politischen Spektrums bei einer Kategorie innerhalb des Overton-Fensters befindet, so ist es also von der Gesellschaft akzeptiert. Befindet sich die Spitze des politischen Spektrums weiter au\u00dfen, so geht dieses Spektrum \u00fcber die Forderungen der Gesellschaft hinaus. Sollte sich die Spitze weiter innen befinden, so ist es der gesellschaftlichen Ansicht nach nicht radikal genug.<\/span><\/p>\n Die Verwendung von Netzdiagrammen erlaubt es die politischen Gegebenheiten greifbar zu verstehen, diskret zu analysieren und verschiedene politische Spektren, ja sogar ganze Systeme, miteinander zu vergleichen. Netzdiagramme ben\u00f6tigen jedoch ein ausreichendes Vorwissen, \u00fcber die politischen Spektren und Kategorien, um ihren Realit\u00e4tsbezug nicht zu verlieren. Sie stellen dennoch \u2013 nach Ansicht des Autors \u2013 ein m\u00e4chtiges Werkzeug f\u00fcr den politischen Bildungsprozess dar und sollten bei Schulungen und metapolitischen Abhandlungen das eindimensionale Modell, wenn m\u00f6glich, abl\u00f6sen.<\/span><\/p>\n [1] Grafik des politischen Wertedreiecks, https:\/\/de.wikipedia.org\/wiki\/Datei:Politisches_Wertedreieck.svg<\/span><\/p>\n [2] Grafik des politischen Kompass, https:\/\/de.wikipedia.org\/wiki\/Datei:Political_chart_DE.svg<\/span><\/p>\n [3] Analyse des politischen Kompass, https:\/\/www.politicalcompass.org\/analysis2<\/span><\/p>\n [4] Grafik des politischen Kompass mit ber\u00fchmten Pers\u00f6nlichkeiten, https:\/\/www.politicalcompass.org\/images\/axeswithnames.gif<\/span><\/p>\n [5] Grafik des Sinus-Milieus, https:\/\/www.sinus-institut.de\/fileadmin\/user_data\/sinus-institut\/Bilder\/sinus-mileus-2015\/2017-03-10_Die_Sinus-Milieus_in_Deutschland_2017_Praesentation.jpg<\/span><\/p>\n [6] Erstellt mittels eines Generators f\u00fcr Netzdiagramme, https:\/\/www.diagrammerstellen.de\/<\/span><\/p>\n <\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Die Abbildung von politischen Spektren und warum eine Rechts-Links-Einteilung zu kurz greift Um politische Einteilungen vorzunehmen wird h\u00e4ufig die eindimensionale Rechts-Links-Darstellung genutzt. Doch dass diese Einteilung nicht nur etwas unzureichend ist, sondern auch ein falsches Bild der politischen Landschaft vermittelt, d\u00fcrfte f\u00fcr einige nicht neu sein. 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<\/p>\nDie vielf\u00e4ltige politische Landschaft<\/h2>\n
Alternative Darstellungsformen des politischen Spektrums<\/h2>\n
Das politische Wertedreieck<\/h2>\n
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<\/p>\nDer politische Kompass<\/h2>\n
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<\/p>\n![\"\"](\"https:\/\/gegenstrom.org\/wp-content\/uploads\/2017\/11\/Der-politische-Kompass-mit-Pers\u00f6nlichkeiten-300x300.jpg\")
<\/p>\nSinus-Milieus<\/h2>\n
![\"\"](\"https:\/\/gegenstrom.org\/wp-content\/uploads\/2017\/11\/Die-Sinus-Milieus-300x232.jpg\")
<\/p>\nDas Netzdiagramm als realit\u00e4tsnahe Alternative<\/h2>\n
![\"\"](\"https:\/\/gegenstrom.org\/wp-content\/uploads\/2017\/11\/Das-Netzdiagramm-300x212.jpg\")
<\/p>\nFazit<\/h2>\n
Anmerkungen und Quellen<\/h2>\n