{"id":8636,"date":"2022-03-08T12:17:21","date_gmt":"2022-03-08T11:17:21","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=8636"},"modified":"2022-03-10T11:50:41","modified_gmt":"2022-03-10T10:50:41","slug":"ernst-rahn-grundgedanken-zur-energiepolitik-ii","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/ernst-rahn-grundgedanken-zur-energiepolitik-ii\/","title":{"rendered":"Ernst Rahn – Grundgedanken zur Energiepolitik II"},"content":{"rendered":"

Der zweite Teil der Reihe „Grundgedanken zur Energiepolitik, von Ernst Rahn, schl\u00fcsselt die bundesdeutsche Energieversorgung vor und im Umbruch der Energiewende auf. Die neu entstandenen Risiken und bestehenden H\u00fcrden bilden dabei den Schwerpunkt in Rahns Artikel.
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Das deutsche Energieversorgungssystem und die Energiewende<\/strong><\/p>\n

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Die Nutzung von Energie zur Erleichterung, Beschleunigung bis hin zur Erm\u00f6glichung zahlreicher Prozesse ist aus unseren Leben kaum noch wegzudenken. Wie im vorangegangenen Artikel[1]<\/a> dieser Reihe erl\u00e4utert, h\u00e4tte ein gro\u00dffl\u00e4chiger Versorgungsausfall bereits nach kurzer Zeit schwere Folgen. Die Energienutzung und ein m\u00f6glicher Ausfall der Versorgung betreffen direkt oder indirekt jeden in diesem Land, gleich ob aus politischem oder pers\u00f6nlichem Interesse. Ziel dieses Artikels ist es einen genaueren Blick darauf zu richten, wie das deutsche System zur elektrischen Energieversorgung funktioniert und welche Faktoren eine gewichtige Rolle spielen. Zudem wird betrachtet, welche Entwicklungen der gewaltige Transformationsprozess der Energiewende bis jetzt und in Zukunft hervorruft. Hauptaugenmerk wird hierbei auf den Sektor der elektrischen Energieversorgung gelegt, jedoch werden auch die Energiesektoren Mobilit\u00e4t und W\u00e4rme ber\u00fccksichtigt. Gerade im Zuge der Energiewende wachsen diese Sektoren immer weiter zusammen und sind nicht mehr getrennt zu denken[2]<\/a>.<\/p>\n

Ein elektrisches Energiesystem (EES) hat die Aufgabe den elektrischen Energiebedarf von Verbrauchern (Wohngebiete \/ Industrieanlagen) jederzeit zu decken. Dazu speisen elektrische Energieerzeugungsanlagen (EZA) m\u00f6glichst bedarfsgerecht elektrische Energie in ein elektrisches Versorgungsnetz ein. \u00dcber das Versorgungsnetz wird die Energie zu den Verbrauchern geleitet. Damit dieses System sicher betrieben werden kann muss stets ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch herrschen. Eine Abweichung gef\u00e4hrdet die Betriebssicherheit der Systemkomponenten. Zu diesem Zweck verf\u00fcgen EES h\u00e4ufig \u00fcber unterschiedliche Speichermethoden. Die Speicher dienen als Puffer, welche Erzeugungs\u00fcbersch\u00fcsse aufnehmen und Restbedarfe decken k\u00f6nnen. Das Netz selbst kann nicht als Speicher fungieren. Abbildung 1 stellt den grundlegenden schematischen Aufbau von EES dar.<\/p>\n

\"\"<\/em>Abbildung 1: Grundlegender schematischer Aufbau eines EES<\/p>\n

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Dieser Systemaufbau kann zur Betrachtung kleiner (Hausversorgung mit Photovoltaik-Anlage & Speicher) als auch gro\u00dfer (elektrisches Energieversorgungssystem der BRD) Versorgungssysteme angewendet werden. Ein EES kann mit anderen EES in Wechselwirkung stehen. Ein Hausenergieversorgungsystem, bestehend aus Lasten, Photovoltaikanlage (PVA) und Speicher kann sich zeitweise selbst versorgen. \u00dcbersch\u00fcssige Erzeugung wird jedoch in das angeschlossene Netz eingespeist und Restbedarf durch Energie aus dem Netz bezogen. Das Haussystem ist also Teilsystem eines gr\u00f6\u00dferen Systems. Dieses Prinzip besteht auch im gro\u00dfen Gesamtzusammenhang. Das deutsche EES ist an das europ\u00e4ische angeschlossen und steht mit diesem im Austausch[3]<\/a>.<\/p>\n

Das deutsche EES ist historisch gewachsen und wurde urspr\u00fcnglich den Gegebenheiten und Bed\u00fcrfnissen der industriellen Revolution gem\u00e4\u00df aufgebaut. Zentral, also in der N\u00e4he der sich entwickelnden Lastzentren (St\u00e4dte \/ Industriezentren) wurden Gro\u00dfkraftwerke[4]<\/a> gebaut, die den zun\u00e4chst ortsnahen Energiebedarf decken sollten. Mit zunehmender Elektrifizierung aller Lebensbereiche wurden die Versorgungsnetze St\u00fcck f\u00fcr St\u00fcck ausgebaut. Dadurch stellte sich die heute als konventionell anzusehende Versorgung von \u00fcber die Fl\u00e4che verteilten Verbrauchern durch zentrale Gro\u00dfkraftwerke ein. Diese Gro\u00dfkraftwerke wandeln zum Gro\u00dfteil chemische Energie aus fossilen Energietr\u00e4gern in elektrische Energie um. Zur Reduzierung von \u00dcbertragungsverlusten wird Energie auf hohen Spannungen[5]<\/a> eingespeist und \u00fcber weite Strecken \u00fcbertragen. Verbrauchernah wird die Spannung dann je nach Bedarf bis auf die haus\u00fcbliche Niederspannung heruntertransformiert[6]<\/a> [7]<\/a>.<\/p>\n

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Die Vorteile einer solchen Struktur werden bei genauerer Betrachtung deutlich. Solange die Prim\u00e4renergietr\u00e4ger<\/em>[8]<\/a> zur Verf\u00fcgung stehen, k\u00f6nnen konventionelle Kraftwerke ann\u00e4hernd dauerhaft betrieben werden, um den Bedarf zu decken. Zudem sind diese Kraftwerke in Grenzen regelbar, das hei\u00dft die erzeugte Leistung eines Zeitpunktes l\u00e4sst sich erh\u00f6hen oder senken. Durch diese Eigenschaften ist es m\u00f6glich die Erzeugung zu planen[9]<\/a> und Regelenergie[10]<\/a>, sowie Ersatzkapazit\u00e4ten f\u00fcr eventuelle Ausf\u00e4lle bereit zu halten[11]<\/a>. Dies erleichtert es einen sicheren Versorgungsbetrieb aufrecht zu erhalten. Die gro\u00dfe Schwachstelle einer solchen konventionellen Energieversorgung liegt auf der Hand. Das System funktioniert nur solange der Energietr\u00e4ger zur Verf\u00fcgung steht. Diese Energietr\u00e4ger sind nur in endlicher Menge vorhanden. Zudem ist ein Land, dass sich mit diesen Energietr\u00e4gern versorgen muss, selbst aber nur unzureichende oder keine Quellen besitzt, abh\u00e4ngig von anderen. In welchem Ausma\u00df dies auf Deutschland zutrifft wird unten aufgezeigt.<\/p>\n

Die Energiewende hat innerhalb dieser Struktur einen massiven Aus- und Umbauprozess ausgel\u00f6st. In erster Konsequenz bedeutet die Energiewende einen Abbau von Gro\u00dfkraftwerken und einen Zubau von mit erneuerbaren Energien (EE) gespeisten EZA. Dies bedeutet zwangsl\u00e4ufig eine Dezentralisierung der Energieerzeugung. Gro\u00dfkraftwerke speisen sehr hohe Leistungen[12]<\/a> auf hohen Spannungen ein. Dezentrale EZA erreichen diese Leistung in der Regel nicht und speisen auf den niederen Spannungsebenen ein[13]<\/a>. Dies hat eine Verschiebung der Leistungsfl\u00fcsse zur Folge. W\u00e4hrend zuvor nur eine Top-Down-Verteilung stattfand[14]<\/a>, werden wird nun auf allen Ebenen Energie ins Netz eingespeist[15]<\/a>. Da die gegebene Netzstruktur f\u00fcr einen solchen Betrieb nicht ausgelegt war, ergab und ergibt sich der in aller Munde gef\u00fchrte Netzausbaubedarf. Durch die sich einstellende und im hohen Ma\u00df witterungsbedingte komplexere Leistungsflusssituation wird auch die Wahrung der Systemstabilit\u00e4t bzw. Versorgungssicherheit wesentlich schwerer. Dieses Problem ist technisch beherrschbar, zwingt aber wie der Wandel der Netzbelastung zum Handeln. Aktuell ist das deutsche EES eine Mischform aus zentraler und dezentraler Versorgungsstruktur. Die Entwicklung wird weiter in Richtung Dezentralisierung gehen, da langfristig nur wenige[16]<\/a> oder keine Gro\u00dfkraftwerke am Netz bleiben werden. Die Vor- und Nachteile der jetzigen und k\u00fcnftigen Struktur stehen wechselseitig denen der konventionellen entgegen. Ein gewichtiger Nachteil ist die Volatilit\u00e4t des Energiedargebots[17]<\/a>. Energie aus erneuerbaren Quellen kann nicht immer dann und im Ma\u00dfe erzeugt werden, wenn und wie Sie ben\u00f6tigt wird. Ein Abbau von konventionellen Erzeugungskapazit\u00e4ten bedeutet zun\u00e4chst auch einen Abbau jederzeit abrufbarer Ersatzkapazit\u00e4ten. Beides sorgt f\u00fcr einen Bedarf an Puffertechnologien, die derzeit nicht im ausreichenden Ma\u00df[18]<\/a> zur Verf\u00fcgung stehen. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass die lokale Nutzung erneuerbarer Energiequellen im absehbaren Zeitrahmen endlos m\u00f6glich sein wird. Zudem funktioniert diese Form der Energiegewinnung unabh\u00e4ngig von Energietr\u00e4gerlieferungen[19]<\/a>.<\/p>\n

Nachdem einige Aspekte der Energiewende beleuchtet wurden, geht es nun darum zu erl\u00e4utern, was die Energiewende genau ist, was der aktuelle Stand dieser Entwicklung ist und welche Probleme im weiteren Verlauf zu erwarten sind. Im Grunde ist die Energiewende der Wechsel von der Nutzung fossiler Energietr\u00e4ger zur Nutzung regenerativer Energiequellen. In der Bundesrepublik Deutschland wird dieser Wandel haupts\u00e4chlich mit dem Argument des sogenannten Klimaschutzes begr\u00fcndet[20]<\/a>. Wie bereits erl\u00e4utert, kann eine solche Energiewende aber auch eine nachhaltige und (weitgehend) unabh\u00e4ngige Energieversorgung erm\u00f6glichen. Im Sektor der elektrischen Energieversorgung dient das Gesetz f\u00fcr den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) als rechtliches Grundger\u00fcst. Im EEG werden Ziele und Randbedingungen der Energiewende in der elektrischen Energieversorgung festgelegt. Diese Ziele und Randbedingungen wurden bereits mehrfach ge\u00e4ndert. Dabei f\u00e4llt besonders auf, dass der Zeitplan immer straffer wird. Im EEG 2017 [7] war die Zielstellung definiert worden, bis 2050 mindestens 80% der verbrauchten elektrischen Energie aus erneuerbaren Energietr\u00e4gern zu gewinnen[21]<\/a>. In der aktuellen, seit 2021 g\u00fcltigen Fassung [8], soll die Versorgung 2050 zu 100% auf EE beruhen[22]<\/a>. In Anbetracht dessen, dass zwischen 2017 & 2021 keine bahnbrechenden Entwicklungen eine wesentliche Beschleunigung erwarten lie\u00dfen[23]<\/a>, wirken solche Entscheidungen sehr fragw\u00fcrdig[24]<\/a>. Dieses Fragezeichen wird noch deutlich gr\u00f6\u00dfer, wenn die aktuelle Bundesregierung von einer \u201eklimaneutralen\u201c Stromversorgung bis 2035 spricht [9]. Zum Verst\u00e4ndnis des aktuellen Zustandes der gesamtdeutschen Energieversorgung ist ein Blick auf die Datenlage sehr wertvoll. Daraus l\u00e4sst sich ableiten, wie sehr Deutschland von Energieimporten abh\u00e4ngt und wie weit der Weg der Energiewende noch sein wird. Abbildung 2 zeigt den Prim\u00e4renergieverbrauch[25]<\/a> Deutschlands von 2021. Dabei sind s\u00e4mtliche Sektoren (Strom, W\u00e4rme, Mobilit\u00e4t) ber\u00fccksichtigt.\u00a0<\/em><\/p>\n

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\"\"<\/em>Abbildung 2: Prim\u00e4renergieverbrauch Deutschlands 2021 [10]<\/p>\n

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Die Darstellung verdeutlicht, dass die Versorgung auf Basis von EE in der Gesamtbetrachtung noch sehr weit von einer Vollversorgung entfernt ist. \u00dcber 80% der Energiegewinnung beruhen nach wie vor auf fossilen \/ endlichen Energietr\u00e4gern. Der Gro\u00dfteil dieser Energietr\u00e4ger muss importiert werden. Insgesamt ist die BRD zu ca. 70% von Importen abh\u00e4ngig[26]<\/a>. Dies soll der derzeitigen Regierung gem\u00e4\u00df auch so bleiben[27]<\/a>, nur sollen k\u00fcnftig \u201egr\u00fcne\u201c Energietr\u00e4ger importiert werden. Ob die Energieversorgung nun in weiten Teilen auf den Import von fossilen oder regenerativen beruht, ist unerheblich f\u00fcr den Fakt, dass ihre Gew\u00e4hrleistung von anderen Staaten abh\u00e4ngt. Energie ist die Grundlage jeder Wirtschaftst\u00e4tigkeit, sowie der politischen Stabilit\u00e4t und Handlungsf\u00e4higkeit. Politische Souver\u00e4nit\u00e4t ist direkt an die Autarkie[28]<\/a> gebunden. Das Potenzial einer weiter gedachten Energiewende kommt derzeit also nicht zum Tragen und wird dies wohl auf k\u00fcnftig nicht tun. Der Gro\u00dfteil der bisherigen Bestrebungen der Energiewende war und ist auf den elektrischen Energiesektor fokussiert. Abbildung 3, welche die Energietr\u00e4geranteile der deutschen Gesamterzeugung des Jahres 2021 darstellt, spiegelt dies wider.<\/p>\n

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\"\"<\/em>Abbildung 3: Energietr\u00e4geranteile an der Gesamterzeugung im Jahr 2021 [13]<\/p>\n

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Es ist zu erkennen, dass die auf erneuerbaren Energien beruhende Erzeugung zumindest bilanziell bereits einen bedeutenden Teil von ca. 43% der Gesamterzeugung ausmacht. Auf der anderen Seite ist jedoch auch klar, dass noch einiges fehlt um die kurzfristig gesteckten Ziele zu erreichen. Wie im ersten Artikel [1] verdeutlicht und im Folgenden erl\u00e4utert, werden die technischen und regulatorischen Herausforderungen mit zunehmendem EE-Anteil jedoch massiv steigen. Je h\u00f6her der Anteil der Erzeugung aus EE in einem EES, desto aufwendiger wird es das Gleichgewicht aus Erzeugung und Verbrauch zu wahren. Wind- und Sonnenenergie sind dabei die wesentlichen Energietr\u00e4ger. Die Verf\u00fcgbarkeit dieser Energiequellen liegt nicht in Menschenhand und ist nur bedingt prognostizierbar. Dies bedeutet, dass Zeitpunkt und Intensit\u00e4t der Energieerzeugung heute und k\u00fcnftig kritisch f\u00fcr die \u00dcberwachung & Bewertung des Betriebes von EES sind. Abbildung 4 zeigt den Verlauf der realisierten elektrische Energieerzeugung und den realisierten Stromverbrauch Deutschlands in der Sommerwoche vom 28.06.2021 zum 04.07.2021.<\/p>\n

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\"\" <\/em>Abbildung 4: Realisierte Stromerzeugung und Stromverbrauch Deutschlands 20.06.2021 – 04.07.2021 [14]<\/p>\n

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Wie zu erwarten stellt sich im Sommer eine hohe Erzeugung aus PVA, mit Spitzen zur Mittagszeit ein. Es wird jedoch deutlich, dass die PV-Erzeugung auch im Wochenverlauf starken Schwankungen unterliegt. So wurde durch PVA am 1. Juli nur etwa halb so viel Energie erzeugt wie am 3. Juli. Die Erzeugung durch Windenergieanlagen (WEA) lieferte in der betrachteten Woche einen relativ geringen Anteil an der Gesamterzeugung. Der dargestellte Wochenverlauf zeigt die charakteristischen Eigenschaften von PVA und WEA, die sich allgemein im Tages- und Jahresverlauf erg\u00e4nzen k\u00f6nnen [15]. Die Nacht zum 4. Juli veranschaulicht ein wesentliches Problem des aktuellen Energieversorgungssystems im Hinblick auf die Energiewende. Der Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung war in dieser Nacht sehr gering. Die Versorgung basierte fast vollst\u00e4ndig auf fossilen Energietr\u00e4gern. Ein weiterer Ausbau der PV- und Winderzeugungskapazit\u00e4ten wird daran fast nichts \u00e4ndern. Zeiten, in denen es an EE-Dargebot<\/em>[29]<\/a> mangelt, m\u00fcssen bei Fortschreiten der Energiewende durch Technologien \u00fcberbr\u00fcckt werden, welche die Funktionen von konventionellen Kraftwerken \u00fcbernehmen k\u00f6nnen. W\u00e4hrend der Zeitplan zur Erreichung einer Vollversorgung mit EE weiter gestrafft wurde, ist nach wie vor unklar, welche Puffertechnologien in welchem Ma\u00dfe im Gesamtsystem eingesetzt werden sollen. Die Abbildungen 5 & 6 verdeutlichen diese ganzj\u00e4hrige Problematik.<\/p>\n

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\"\"<\/em>Abbildung 5: Realisierte Stromerzeugung und Stromverbrauch Deutschlands 27.12.2021 – 02.01.2022 [14]<\/p>\n

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Im Winter gibt es Phasen in denen die Gewinnung von elektrischer Energie aus Wind einen Gro\u00dfteil des Bedarfs decken kann. Ein weiterer Zubau k\u00f6nnte eine zeitweise (!) Versorgung durch EE sicherstellen oder gar selbst bei Abschaltung der konventionellen Erzeuger eine \u00dcberschussproduktion verursachen. Die ans System angeschlossenen PVA hingegen erzeugen im Winter nur einen Bruchteil dessen, was sie im Sommer erzeugen.<\/p>\n

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\"\"<\/em>Abbildung 6: Realisierte Stromerzeugung und Stromverbrauch Deutschlands 18.12.2021 – 25.12.2021 [14]<\/p>\n

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Im Kontrast zum auf Abbildung 5 gezeigten Verlauf gibt es jedoch auch im Winter Zeitr\u00e4ume in denen aus WEA nur sehr wenig Energie gewonnen werden kann. Eine Vollversorgung mit EE w\u00fcrde eine \u00dcberbr\u00fcckung dieser Zeitr\u00e4ume und damit die Bereitstellung von sehr viel Energie bedingen. Das Aufzeigen der Erzeugungsverl\u00e4ufe Deutschlands sollte klar verdeutlichen, dass sich die Probleme der Energiewende nicht nur mit dem Ausbau der Erzeugungskapazit\u00e4ten und der Netzstrukturen l\u00f6sen lassen. Das technische Problem der Wahrung des Gleichgewichts aus Erzeugung und Verbrauch wird bei zunehmendem Abbau der konventionellen Erzeugungskapazit\u00e4ten schon im Normalbetrieb noch wesentlich erschwert[30]<\/a>. Wenn Laien davon schw\u00e4rmen, dass bald 50% in Deutschland verbrauchte elektrischen Energie aus EE stammen, ist dies rein bilanziell, also \u00fcber einen Zeitraum gerechnet richtig. Bei Betrachtung des zeitlichen Verlaufs werden die zunehmenden Probleme jedoch deutlich.\u00a0 Zur Umsetzung einer vollen Energiewende bedarf es eines erheblichen Ma\u00dfes an Puffertechnologien, welche dazu in der Lage sind Erzeugungs\u00fcbersch\u00fcsse aufzunehmen und die Versorgung in Zeiten mangelnder Erzeugung zu erg\u00e4nzen. Ein viel besprochener und zum Teil bereits in Gang gesetzter Weg dazu ist die Sektorenkopplung. Bei der Sektorenkopplung werden die Sektoren Strom, W\u00e4rme und Mobilit\u00e4t an geeigneten Stellen miteinander verbunden, um gegenseitig Quellen und Senken f\u00fcr Energiefl\u00fcsse zu bieten. In der Theorie ist dies ein gangbarer Ansatz, der jedoch bei Vollumsetzung extrem umfangreich und komplex ist. Zudem bringt dieser Weg zun\u00e4chst Probleme mit sich, welche besonders die angespannte Lage der elektrischen Energieversorgung belasten werden. Im Zuge der Energiewende und der Sektorenkopplung werden wesentliche Teile der Gesamtenergieversorgung elektrifiziert. Beispiele daf\u00fcr sind die W\u00e4rmeversorgung durch W\u00e4rmepumpen und die E-Mobilit\u00e4t. Dies bedeutet zwangsl\u00e4ufig eine massive Steigerung des elektrischen Energiebedarfs. Damit wird klar, dass ein noch wesentlich umfangreicherer und schnellerer Ausbau der EE-Erzeugungskapazit\u00e4ten n\u00f6tig ist. Die Problematik des Mangels an Speicherm\u00f6glichkeiten im elektrischen Sektor wird zudem weiter versch\u00e4rft.<\/p>\n

Das deutsche elektrische Energieversorgungssystem ist historisch gewachsen und durchl\u00e4uft nun schon seit einiger Zeit umfassende Aus- und Umbauprozesse. Diese Prozesse verursachen Herausforderungen, welche sich zum Teil nur sehr schwer l\u00f6sen lassen. Statt diese technische Problematik umfassend zu bedenken und geeignete L\u00f6sungspfade abzuleiten, werden seitens der Politik immer neue utopische Forderungen in den Raum geworfen. Der Wechsel von einer Versorgung mit fossilen Brennstoffen zur Nutzung erneuerbarer Energietr\u00e4ger gef\u00e4hrdet bereits jetzt und k\u00fcnftig in h\u00f6herem Ma\u00dfe die Versorgungssicherheit und droht an technikfremden Vorstellungen zu scheitern. Diesen Wechsel deswegen einfach zu verwerfen ist jedoch ebenso kurzsichtig, wie das Verlangen nach einer schlagartigen Vollversorgung mit erneuerbaren Energien. Eine zu ende Gedachte und richtig umgesetzte Energiewende bietet nicht von der Hand zu weisende M\u00f6glichkeiten zur Sicherstellung einer zukunftsf\u00e4higen und unabh\u00e4ngigen Energieversorgung. Der n\u00e4chste Artikel dieser Reihe wird sich mit der Frage auseinandersetzen wie ein entsprechendes nachhaltiges Energieversorgungssystem aussehen k\u00f6nnte.<\/p>\n

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Quellenverzeichnis<\/p>\n

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[1] \u201eGrundgedanken zur Energiepolitik I \u2013 Blackout \u2013 Wie wahrscheinlich ist der gro\u00dfe Stromausfall?\u201c, Ernst Rahn<\/p>\n

https:\/\/gegenstrom.org\/ernst-rahn-grundgedanken-zur-energiepolitik-i\/<\/a><\/p>\n

[2] \u201eElektrische Energieversorgung 1\u201c, Valentin Crastan, 2. Auflage 2007<\/p>\n

[3] \u201eElektrische Energieversorgung 2\u201c, Valentin Crastan, 2. Auflage 2009<\/p>\n

[4] \u201eElektrische Energieversorgung\u201c, Klaus Heuck, Klaus-Dieter Dettmann, Detlef Schulz, 8. Auflage 2010<\/p>\n

[5] \u201eAnlagengr\u00f6\u00dfe\u201c, Fraunhofer IEE [Zugriff 08.01.2022]<\/p>\n

http:\/\/windmonitor.iee.fraunhofer.de\/windmonitor_de\/4_Offshore\/2_technik\/1_Anlagengroesse\/<\/a><\/p>\n

[6] \u201eEntwicklung und Bewertung effizienter Netzkonzepte f\u00fcr Stromverteilnetze auf der Basis einer systematischen Analyse der Versorgungsaufgaben bis 2030\u201c, Torsten Hammerschmidt, 2013<\/p>\n

[7] Gesetz f\u00fcr den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2017) [Zugriff 03.03.2022]<\/p>\n

https:\/\/www.gesetze-im-internet.de\/eeg_2014\/EEG_2017.pdf<\/a><\/p>\n

[8] Gesetz f\u00fcr den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2021)<\/p>\n

https:\/\/www.gesetze-im-internet.de\/eeg_2014\/EEG_2021.pdf<\/a><\/p>\n

[9] \u201eKoalition beschleunigt die Energiewende\u201c [Zugriff 03.03.2022]<\/p>\n

https:\/\/www.sueddeutsche.de\/wirtschaft\/energiewende-bundesregierung-habeck-1.5537854<\/a><\/p>\n

[10] \u201eStruktur des Prim\u00e4renergieverbrauchs in Deutschland 2021\u201c, AGEB AG Energiebilanzen e.V.<\/p>\n

https:\/\/ag-energiebilanzen.de\/energieverbrauch-zieht-wieder-an\/<\/a><\/p>\n

[11] \u201eGesamtausgabe der Energiedaten – Datensammlung des BMWi\u201c, 2022 [Zugriff 03.03.2022]<\/p>\n

https:\/\/www.bmwi.de\/Redaktion\/DE\/Artikel\/Energie\/energiedaten-gesamtausgabe.html<\/a><\/p>\n

[12] Christian Lindner im Gespr\u00e4ch mit Maybrit Illner, 17.02.2022<\/p>\n

https:\/\/www.zdf.de\/politik\/maybrit-illner\/lindner-deutschland-wird-energie-import-land-bleiben-maybrit-illner-17-februar-2022-100.html<\/p>\n

[13] \u201eDer Strommarkt im Jahr 2021\u201c, Bundesnetzagentur [Zugriff 03.03.2022]<\/p>\n

https:\/\/www.smard.de\/page\/home\/topic-article\/444\/206664<\/a><\/p>\n

[14] Visualisierte Marktdaten, Bundesnetzagentur [Zugriff 03.03.2022]<\/p>\n

https:\/\/www.smard.de<\/a><\/p>\n

[15] \u201eBalancing green power \u2013 How to deal with variable energy sources\u201c, David Elliott, 2016<\/p>\n

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[1]<\/a> \u201eGrundgedanken zur Energiepolitik I \u2013 Blackout \u2013 Wie wahrscheinlich ist der gro\u00dfe Stromausfall?\u201c [1]<\/p>\n

[2]<\/a> Der Autor hat den Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik (B. Sc. & M. Sc.) an einer technischen Universit\u00e4t absolviert.\u00a0 Derzeit ist er in der angewandten Wissenschaft auf dem Gebiet der Energieversorgung \/ Sektorenkopplung t\u00e4tig. Daher wird auf entsprechendes Fachwissen und praktische Erfahrungen zur\u00fcckgegriffen. Quellen werden nur ben\u00f6tigt und eingesetzt wo Aussagen mit Daten unterstrichen werden oder um den Interessierten Leser auf weiterf\u00fchrende Literatur zu verweisen.<\/p>\n

[3]<\/a> Siehe dazu z.B. Blackout in Italien 2003 [1].<\/p>\n

[4]<\/a> Zun\u00e4chst Braun- und Steinkohlekraftwerke, sp\u00e4ter auch Kern und Gaskraftwerke.<\/p>\n

[5]<\/a> H\u00f6chstspannung (380 kV \/ 220 kV) oder Hochspannung (110 kV)<\/p>\n

[6]<\/a> Von Hochspannung auf Mittelspannung (30 kV \/ 20 kV \/ 10 kV) und von Mittelspannung auf die auch am Hausanschluss anliegende Niederspannung (0,4 kV).<\/p>\n

[7]<\/a> Siehe z.B. [2], [3], [4]<\/p>\n

[8]<\/a> Sind Energietr\u00e4ger, die unmittelbar in der Natur vorkommen. Die in ihnen gespeicherte Energie wird als Prim\u00e4renergie bezeichnet. Bsp. Sind Steinkohle, Braunkohle, Er\u00f6l, Erdgas, Biomasse, Holz, wasser, Sonne, Wind und Kernbrennstoffe. (Anm. d. Red.)<\/p>\n

[9]<\/a> Zur Optimierung des Kraftwerkbetriebs werden in Abh\u00e4ngigkeit wirtschaftlicher und technischer Einflussfaktoren Fahrpl\u00e4ne erstellt.<\/p>\n

[10]<\/a> Als Regelenergie kann Energie verstanden werden, welche zur Verf\u00fcgung gestellt werden muss um Schwankungen im Energiesystem auszugleichen.<\/p>\n

[11]<\/a> Siehe dazu [1]<\/p>\n

[12]<\/a> Zum Beispiel hat eines der letzten drei in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke Neckarwestheim 2 eine Nennleistung von 1.400 MW. Das Braunkohlekraftwerk Neurath weist eine Nennleistung von 4.400 MW auf.<\/p>\n

[13]<\/a> Eine durchschnittliche moderne Offshore-WEA hat eine Nennleistung von ca. 5 MW [4]. Diese Nennleistung wird jedoch nur bei hohen Windgeschwindigkeiten erreicht. Zu gro\u00dfen Windparks zusammengefasste OWEA speisen auf Hochspannungsebene ein. Die meisten dezentralen Erzeugungsanlagen speisen auf Nieder- und Mittelspannungsebene ein [5].<\/p>\n

[14]<\/a> Von gro\u00dfen zentralen Erzeugern mit hoher Leistung auf hohen Spannungen bis zu kleinen Abnehmern mit geringem Leistungsbezug auf Niederspannung.<\/p>\n

[15]<\/a> Mischform aus Top-Down-Verteilung durch die \u00fcbrigen konventionellen Kraftwerke und Down-Top-Verteilung durch die dezentralen EZA. Dies kann teilweise zu einer Verteilung von unten nach oben f\u00fchren, wenn in einem Niederspannungsnetz mehr erzeugt als verbraucht wird.<\/p>\n

[16]<\/a> Aktuell sind mit Wasserstoff betriebene Gas- und Dampfkraftwerke in Betrachtung.<\/p>\n

[17]<\/a> Zeit und Intensit\u00e4t der Verf\u00fcgbarkeit der regenerativen Energiequelle (Energiedargebot) im Voraus nicht bestimmbar.<\/p>\n

[18]<\/a> Dieses Ma\u00df wird noch wesentlich zunehmen, wie weiter unten erl\u00e4utert wird.<\/p>\n

[19]<\/a> Die Abh\u00e4ngigkeit von gewissen Rohstoffen zur Herstellung der EZA bleibt unter Umst\u00e4nden jedoch bestehen.<\/p>\n

[20]<\/a> Ob und wie die hier besonders relevanten energiebedingten CO2<\/sub>-Emsissionen das globale Klima beeinflussen, soll an dieser Stelle au\u00dfenvorgelassen werden.<\/p>\n

[21]<\/a> Als Zwischenziel wurde damals 65% bis 2030 gesetzt.<\/p>\n

[22]<\/a> Mit dem gleichen Zwischenziel f\u00fcr 2030 wie im EEG 2017. Wie der geforderte Sprung zwischen 2030 und 2050 auf 100% statt 80% zustande kam ist aus technischer Perspektive unverst\u00e4ndlich.<\/p>\n

[23]<\/a> Zus\u00e4tzlich stockte nicht nur der Ausbau der EE-Erzeugungskapazit\u00e4ten, besonders der Windenergieanlagen, sondern erlag zum Teil sogar.<\/p>\n

[24]<\/a> Das Treffen von Entscheidungen, welche aus technischer Perspektive sehr fraglich sind, ist wohlgemerkt ein Hauptmerkmal der Energiewende in der BRD.<\/p>\n

[25]<\/a> Prim\u00e4renergie ist die Energie, welche im urspr\u00fcnglichen Energietr\u00e4ger zur Verf\u00fcgung steht. Ein Beispiel ist die in Kohle gespeicherte chemische Energie. Energie wird durch verlustbehaftete Umwandlungsprozesse nutzbar gemacht. Beispielsweise wird Prim\u00e4renergie (chemische Energie Kohle) in Sekund\u00e4renergie (elektrische Energie) umgewandelt, wobei Verluste (W\u00e4rme) auftreten. Die Sekund\u00e4renergie wird verlustbehaftet \u00fcbertragen und ist als Endenergie z.B. an der Steckdose abnehmbar. Demzufolge wird f\u00fcr den Verbrauch einer kWh elektrischer Energie im Haus mehr Prim\u00e4renergie aufgewendet.<\/p>\n

[26]<\/a> Folgende Energietr\u00e4ger werden importiert: Roh\u00f6l zu ca. 98%, Erdgas zu ca. 93%, Steinkohle zu ca. 93%, Uran zu 100% [11].<\/p>\n

[27]<\/a> Der aktuelle Finanzminister Christian Lindner spricht davon, dass Deutschland auch k\u00fcnftig ein Energieimportland bleiben wird [12].<\/p>\n

[28]<\/a> Selbstgen\u00fcgsamkeit, wirtschaftliche Eigenversorgung. Im Kontext Energieautarkie, also Selbstversorgung mit Energie.<\/p>\n

[29]<\/a> Energiedargebot: Gesamtheit der in der Natur vorhandenen, sich darbietenden und f\u00fcr eine energiewirtschaftliche Nutzung in Betracht kommenden Energiestr\u00f6me; unterteilt in Energievorr\u00e4te (Ressourcen) und Energiequellen. [Anm. d. Red.]<\/p>\n

[30]<\/a> Im besonderen Ma\u00dfe gilt dies f\u00fcr den Fehlerfall, siehe [1].<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Der zweite Teil der Reihe „Grundgedanken zur Energiepolitik, von Ernst Rahn, schl\u00fcsselt die bundesdeutsche Energieversorgung vor und im Umbruch der Energiewende auf. 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