{"id":8284,"date":"2021-11-14T21:10:17","date_gmt":"2021-11-14T20:10:17","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=8284"},"modified":"2021-12-22T22:30:24","modified_gmt":"2021-12-22T21:30:24","slug":"alexander-dugin-wie-die-welt-der-dinge-die-welt-der-menschen-ersetzen-wird-ueber-den-spekulativen-realismus","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/alexander-dugin-wie-die-welt-der-dinge-die-welt-der-menschen-ersetzen-wird-ueber-den-spekulativen-realismus\/","title":{"rendered":"Alexander Dugin: Wie die Welt der Dinge die Welt der Menschen ersetzen wird – \u00dcber den spekulativen Realismus"},"content":{"rendered":"

Mit dem Thema der objekt-orientierten Ontologie oder des spekulativen Realismus, sto\u00dfen zeitgen\u00f6ssische Philosophen in ein, uns bisher unbekanntes, Feld der Postmoderne vor. Ein Konflikt zwischen Mensch und seinem eigenen Bewusstsein scheint Ziel dieser Denkweise zu sein, so zumindest Alexander Dugin, Verfasser der folgenden Abhandlung. \u00dcbersetzt aus dem Englischen von Alexander Markovics.<\/em><\/p>\n

Diese \u00dcbersetzung erschien bereits auf der Netzseite unseres gesch\u00e4tzten Kollegen Markovics, auf alexandermarkovics.at.<\/a><\/em><\/p>\n

In der zweiten Ausgabe der „Agora Europa“, welche Ende des Jahres erscheinen wird, wird Markovics selbst noch tiefer in die Materie des spekulativen Realismus einschneiden und uns einen Einblick in die Denkweise der modernen Philosophen verschaffen.<\/em><\/p>\n

Die Redaktion<\/em><\/p>\n

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Heute werden wir uns der zeitgen\u00f6ssischen Philosophie widmen, genauer gesagt dem spekulativen Realismus und der Objekt-orientierten Ontologie. In meinen Augen handelt es sich dabei um ein Thema von gro\u00dfer Wichtigkeit.<\/p>\n

Ich muss zugeben, dass ich den spekulativen Realismus, angefangen mit Quentin Meillassoux, bisher nicht ganz richtig interpretiert habe. Es schien mir, als ob in seiner Verteidigung eines neuen Materialismus, seinem Kampf des Subjekts gegen das Subjekt, seiner Apologie des Eventualfalles, dem Vorschlag im Rahmen der Philosophie der Kopernikanischen Revolution das Subjekt von seiner zentralen Position zu verdr\u00e4ngen und in die Peripherie zu verlagern, dass in all dem etwas archaisches liegt, das an den Materialismus des 19. Jahrhunderts erinnert, an einen unkritischen Positivismus, nicht zuletzt wegen seiner Kritik an Deleuze, den er seine verschiedenen \u201cVitalismen\u201d vorwarf.<\/p>\n

Um ehrlich zu sein, hinterlie\u00df all das bei mir den eher impulsiven Eindruck, dass wir es hier mit einer Art von \u201eKorrektur\u201c der Postmoderne durch etwas Archaisches, einer etwas weniger kritischeren Ansicht des intellektuell unvollendeten Materialismus zu tun haben, einen Realismus aus vergangenen Tagen.<\/p>\n

Ich muss eingestehen, dass das ein Fehler war. Ich hatte Quentin Meillassoux nicht zur G\u00e4nze verstanden. Ich bin der Meinung, dass es sich bei der Philosophie um ein Unterfangen handelt, in dessen Rahmen wir uns unsere eigenen Fehler eingestehen m\u00fcssen, ansonsten verlieren wir jegliches Vertrauen, das in uns gesetzt wird.<\/p>\n

Anders gesagt schien es mir zun\u00e4chst so zu sein, dass die gesamte Ph\u00e4nomenologie, jede Art von Heideggerismus, Husserl und der Strukturalismus, seine postmodernen Spielarten miteingeschlossen, von den spekulativen Realisten ignoriert wurden und damit lag ich vollkommen falsch.<\/p>\n

Tats\u00e4chlich verstand ich zu dem Zeitpunkt, als ich mit ihren Ideen besser vertraut wurde, dass sie nicht so naiv sind und keine anachronistischen Personen darstellen, die Angst vor der Postmoderne haben, wie J\u00fcrgen Habermas. Habermas stellt ein Beispiel f\u00fcr einen r\u00fcckw\u00e4rtsgewandten Philosophen dar, der bei seiner Begegnung mit der Postmoderne erkannte, dass der Geist der Aufkl\u00e4rung in Gefahr ist und damit begann in alle Richtungen auszuschlagen, um die Moderne zu verteidigen.<\/p>\n

Ich dachte beim Spekulativen Realismus gleicherma\u00dfen an eine Art \u201earchaische Moderne\u201c, aber dies ist hier nicht der Fall.<\/p>\n

Graham Harman bringt alles in Ordnung, weil sein Weg hin zur Objekt-Orientierten Ontologie mit Heidegger beginnt, der Ph\u00e4nomenologie entspricht, welche nicht ausgeschlossen, sondern in den spekulativen Realismus inkludiert wird. Beim Spekulativen Realismus handelt es sich nicht um ein wie auch immer geartetes Zur\u00fcckschlittern in die Moderne, sondern um die authentischste Form der Postmoderne.\u00a0 Er stellt eine Fortsetzung der Postmoderne dar, ihre Vertiefung, einen Vorsto\u00df in die Tiefen der Postmoderne \u2013 einen h\u00f6chst avantgardistischen, m\u00f6chte ich hinzuf\u00fcgen.<\/p>\n

Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um ein ernsthaftes Unterfangen, das Hinabsteigen in die Tiefen der Postmoderne, gewisserma\u00dfen ihre Fortf\u00fchrung und zugleich die Verfeinerung ihrer Strategie. Das alles ist wahrhaft von Bedeutung und alles passt zusammen.<\/p>\n

Wenn es also in der Objekt-orientierten Ontologie folgenderma\u00dfen um die Rehabilitierung und Rechtfertigung des Objekts geht, wenn das Ziel also in der Befreiung des Objekts vom Subjekt besteht, dann geht es weder um einen vor-ph\u00e4nomenologischen Realismus, noch um einen Positivismus oder Materialismus, sondern um eine Post-Ph\u00e4nomenologie. Und das wiederum ist eine ganz andere Angelegenheit.<\/p>\n

Harman definiert auf Heidegger aufbauend das Objekt als \u201eZuhandensein\u201c, also als etwas \u201epraktisches\u201c oder \u201ezur-Hand-seiendes\u201c.<\/p>\n

Im Wesentlichen handelt es sich dabei um ein Objekt im heideggerianischen Sinne als eine der Existenzialien des Daseins, als eine Gestalt des Daseins. Wenn wir die Methodologie Husserls anwenden, ist es das Noema, welches im Prozess des intentionalen Akts existiert. Folglich handelt es sich dabei nicht um ein pr\u00e4-ph\u00e4nomenologisches, naives Objekt, nach der Art wie es von den Materialisten im 19. und sogar 20. Jahrhundert verwendet wurde, vielmehr handelt es sich hierbei um ein vielschichtiges Objekt.<\/p>\n

Harman und andere Denker, die mit der Objekt-orientierten Ontologie arbeiten, verstehen, dass wenn wir \u00fcber das Objekt sprechen, wir \u00fcber ein Feld innerhalb des Daseins diskutieren, inmitten des intentionalen Akts. Folglich handelt es sich beim Objekt auf den ersten Blick grunds\u00e4tzlich um eine Projektion unserer Subjektivit\u00e4t.<\/p>\n

Aber was ist Subjektivit\u00e4t? Es handelt sich hier nicht um die kantianische Subjektivit\u00e4t, die Subjektivit\u00e4t der alten, vor-ph\u00e4nomenologischen Phase, sondern um etwas Neues, die heideggerianische Subjektivit\u00e4t, welche die Kritik des Subjekts als solches beinhaltet. Heideggers Zerst\u00f6rung f\u00fchrt gewisserma\u00dfen zur St\u00f6rung des Status der klassischen Subjektivit\u00e4t, der sogenannten \u201eplatonischen\u201c Subjektivit\u00e4t und errichtet eine neue Weltsicht aufbauend auf dem Denken der Gegenwart, des Daseins und auf der Grundlage der Dekonstruktion der traditionellen Metaphysik.<\/p>\n

Daraus folgt, dass die Subjektivit\u00e4t, mit der sich die Objekt-orientierte Ontologie besch\u00e4ftigt, bereits das Dasein mit einschlie\u00dft, das also ist die Gegenwart des heideggerianischen Denkens das die Welt und die Objekte als Existenzialien definiert. Das ist das Objekt der zugrundeliegenden existenziellen Erfahrung. Alles geht von diesem Punkt aus.<\/p>\n

Beim Objekt handelt es sich also folglich nicht um die Halluzination des klassischen Subjekts, gewisserma\u00dfen ein Konzept, das schon bei Hegel auftaucht, einem geistigen Konstrukt, das in die \u00e4u\u00dfere Welt eingeschrieben ist, vielmehr ist das Objekt gewisserma\u00dfen eine grunds\u00e4tzliche existenzielle Erfahrung, eine Existenzialie im Deutschen.<\/p>\n

Um die Autonomie des Objekts zu untermauern und das Subjekt zu liquidieren, liquidiert Harman nicht nur das Subjekt, sondern das Dasein an sich. W\u00e4hrend er anerkennt, dass das Objekt als eine Existenzialie des Daseins existiert, sagt er: \u201eWunderbar, lasst uns dieses Dasein ausschlie\u00dfen und uns auf die Epoch\u00e9 hinsichtlich des Daseins festlegen.\u201c Dabei handelt es sich um einen interessanten Vorschlag. Und er fordert uns zu Folgendem auf: \u201eLasst uns das Ding von seinem Wesen als Werkzeug, als ein Instrument, als Noema, als etwas Zuhandenseiendes, lasst es uns vom Dasein befreien und uns etwas von der Struktur seiner ph\u00e4nomenologischen Beschreibung bewahren!\u201c<\/p>\n

Aber wie kann das erreicht werden?<\/p>\n

Um dies zu erreichen, ist es notwendig, die Intentionalit\u00e4t von innen nach au\u00dfen zu kehren. Es geht nicht darum, das Objekt durch das Dasein zu ersetzen, sondern darum, das Dasein, den Menschen und sogar das Denken an sich zu so einem Grad auszul\u00f6schen, dass das ph\u00e4nomenologische Element des Denkens eine unabh\u00e4ngige Signifikanz einnimmt. Das Instrument wird nicht durch die St\u00e4rkung seines Lebens belebt, sondern durch die Schw\u00e4chung des Lebens, des Daseins.<\/p>\n

Die Erschaffung der Objekt-orientierten Ontologie, der \u00dcbergang zur Welt der Dinge \u2013 welcher die Voraussetzung f\u00fcr die K\u00fcnstliche Intelligenz, die post-humanistische Philosophie, das \u201eSiliziumdenken\u201c, das Silicon Valley, die Silizium-Botox Medizin und so weiter ist \u2013 all dies ersetzt das menschliche Bewusstsein und den K\u00f6rper als Werkzeug durch Prothesen und mit mechanischen Ersatzteilen.<\/p>\n

Folglich strebt die Objekt-orientierte Ontologie genau gesagt danach, einen Ersatz f\u00fcr das Bewusstsein zu erschaffen.<\/p>\n

Daraus ergibt sich David Chalmers These vom \u201eschwierigen Problem des Bewusstseins\u201c, welche in meinen Augen den Status einer sogenannten offiziellen Philosophie verliert. Wie man gemeinhin sagt, sind die Globalisten \u00fcberall und dieses \u201eschwierige Problem des Bewusstseins\u201c wird \u00fcberall durch solche besonderen Grundlagen gef\u00f6rdert. Darin liegt die Schwere des Philosophierens. Folglich beginnt es mit der analytischen Philosophie und endet mit der Philosophie an sich. Jene, die die Frage nach dem \u201eschwierigen Problem des Bewusstseins\u201c stellen, sind bereits gewisserma\u00dfen von der sogenannten \u201enormalen Philosophie\u201c abgeschrieben und befinden sich auf dem Weg zum Siliziumhirn. Dies bedeutet die institutionelle Ausl\u00f6schung der Philosophie.<\/p>\n

F\u00fcr gew\u00f6hnlich ist die analytische Philosophie institutionell verankert, wohingegen die Objekt-orientierte Ontologie und der spekulative Realismus das Werk von st\u00e4rker avantgardistischen, marginalen und au\u00dfer-institutionellen Figuren sind, die st\u00e4rker auf diesem Pfad gef\u00f6rdert werden und ihn auch immer weiter beschritten haben, sie sind sogar noch wahnhafter \u2013 sozusagen also lustiger und \u201ekorrekter\u201c, aber auch wahnhafter.<\/p>\n

Sowohl Chalmers, mit seinem \u201eschwierigen Problem des Bewusstseins\u201c, und insbesondere Harman versuchen dieses metaphysisch zu ersetzen und dabei akzeptieren sie, dass es sich in der Tat um ein komplexes Problem handelt, aber sie argumentieren, dass seine Komplexit\u00e4t sich zwischen materiellen Strukturen befindet, dem Gehirngewebe und materielles Denken, wo immer solches auch existiert und dass es tats\u00e4chlich einfach notwendig ist, die mechanische Analyse des Denkprozesses durch eine vollkommen neue philosophische Schule zu denken, indem man das schwierige Problem des Bewusstseins durch die Zerst\u00f6rung des Bewusstseins l\u00f6st. Wenn es kein Bewusstsein gibt, dann kann es auch kein Problem des Bewusstseins geben.\u00a0 Ihr Ziel besteht nicht darin zu zeigen, wie diese \u201enicht-materielle, subjektive Pr\u00e4senz\u201c aus dem Material geboren wird, sondern um zu zeigen, was der Fall sein wird, wenn es \u00fcberhaupt kein Bewusstsein gibt. Wie wird das Gehirn funktionieren, wenn es lebt, aber nicht denkt? Es lebt sein Leben, aber produziert keine Gedanken. Das ist exakt das, wozu die analytische Philosophie f\u00fchrt, Schritt f\u00fcr Schritt hin zur Ausl\u00f6schung der philosophischen Wachsamkeit.<\/p>\n

Die objekt-orientierten Philosophen machen daraus ein Programm, welches auf die Ausl\u00f6schung des menschlichen Denkens abzielt, um zu sehen, was danach kommen wird, wie das Hirn ohne Bewusstsein denken wird. Folglich wird das \u201eschwierige Problem des Bewusstseins\u201c durch die Annulierung des Bewusstseins gel\u00f6st und dann, so wie sie es sich vorstellen, werden wir alles so verstehen, wie es ist \u2013 wie das menschliche Gehirn und das nicht-menschliche Gehirn existieren k\u00f6nnen sobald sich das Bewusstsein erledigt hat. Die schwierige Frage des Bewusstseins wird durch die Liquidierung des Bewusstseins liquidiert.<\/p>\n

Das ist ungef\u00e4hr der Weg den Harman eingeschlagen hat. Er schl\u00e4gt vor, die Ph\u00e4nomenologie in Bezug auf das Objekt von innen nach au\u00dfen zu kehren, ohne jedoch dem Objekt die Qualit\u00e4ten des Subjekts zuzuweisen. Das ist von gro\u00dfer Bedeutung.<\/p>\n

Wenn man das Dasein einfach ausl\u00f6scht, dann werden die Noema, die in Beziehung zu ihrem Umfeld stehen, die sogenannten bedingten Objekte umgewandelt werden und mutieren. Je weniger das Dasein auf das Zuhandensein projiziert wird, auf das Werkzeug, auf seine eigenen Ansichten, desto st\u00e4rker wird das Zuhandensein nicht vom Gesichtspunkt der Hand, die etwas greifen will, zum Beispiel einen Hammer oder jeden anderen Gegenstand, begriffen werden. Wir sehen, dass letzterer f\u00fcr die Hand erschaffen wurde, um N\u00e4gel einzuschlagen. Der Hammer verf\u00fcgt \u00fcber kein eigenes Sein, au\u00dfer dem als zuhandenseiendes Werkzeug \u2013 das Wort \u201eHandgriff\u201c bezieht sich auf die \u201eHand\u201c. Sie ist ein Objekt, ein Werkzeug.<\/p>\n

Harman jedoch schl\u00e4gt vor, die Dinge folgenderma\u00dfen zu betrachten: Wir stimmen dem Handgriff zu, aber nicht mit der Hand, die es dazu braucht. Stellen Sie sich den Handgriff eines Hammers vor, getrennt von der Hand, die ihn ergreift. Dann w\u00fcrde der Handgriff einen anderen Namen tragen \u2013 er wird nur Handgriff genannt, weil er zuhanden ist und der Hand als ein Werkzeug dient. Aber wenn wir davon ausgehen, dass der Arbeiter, der Bauarbeiter, der im Verlauf der Menschheitsgeschichte kunstvoll N\u00e4gel eingeschlagen hat, tot ist, was w\u00fcrde dann mit dem Hammer passieren? Worin liegt das Schicksal des Hammers, wenn der Arbeiter, der ihn ben\u00fctzt, ihn nicht l\u00e4nger verwendet? In diesem Fall w\u00fcrde nach der Ansicht Harmans der Hammer fr\u00fcher oder sp\u00e4ter damit beginnen, sein eigenes Leben zu leben. Zuerst wird er erkennen, dass er aus zwei Teilen besteht \u2013 dem Handgriff, den niemals wieder jemand ergreifen wird und der friedlich zu einem Hobel werden, oder in einem Arbeitstisch aufgehen kann, \u00e4hnlich dem auf dem er zur\u00fcckgelassen wurde. Im umgekehrten Fall kann sein lange nicht mehr verwendeter Metallteil angeschwei\u00dft werden, wenn er andre Metalle ber\u00fchrt. Er kann vom Wind emporgehoben werden, in eine Sandform gegossen werden und so weiter. Er kann sich aber auch im Atomm\u00fcll aalen, gesetzt den Fall, dass sich die Menschheit in einem Atomkrieg vernichtet. Das Schicksal dieses Hammers, dieses Gegenstandes, wird auf die eine oder andere Art fortgesetzt werden.<\/p>\n

Folglich kommen es zur schrittweisen Eversion aller Existenzialien verkehrt herum, die mit diesem Objekt verbunden sind. Damit beginnt die Bewegung in diesem Objekt, welche durch die Realit\u00e4t des ausgel\u00f6schten Daseins sichergestellt wird \u2013 seines Bewusstseins und seiner Subjektivierung.<\/p>\n

Dies ist die ph\u00e4nomenologische, heideggerianische Grundlage der Objekt-orientierten Ontologie: Das Objekt f\u00e4hrt damit fort, ein konstituiertes Subjekt zu sein. Nicht das starke, harte Subjekt \u00fcbt hier die Macht aus\u00a0 \u2013 und genau hier greift der Vorschlag von Deleuze \u2013 das paranoide Subjekt, dass sich selbst verst\u00e4rkt und andere auseinandernimmt, sondern dasjenige, welches sich aufzul\u00f6sen beginnt und schizophren wird. Deleuze und Guattari zufolge l\u00f6st sich dieses \u201eSubjekt\u201c in den Schizomassen auf. Im Rahmen dieser schrittweisen Selbstverleugnung und Selbstteilung findet eine Art metaphysischer Suizid statt, das Dasein f\u00e4ngt an, mit seiner eigenen Zersetzung Objekte zu stiften, was zur Belebung dieser Objekte f\u00fchrt. Zum Beispiel spricht in einigen Filmen von David Lynch, wie etwa der Serie Twin Peaks, der Darsteller mit seinem eigenen Bein. Als sich die Figur im Wald verl\u00e4uft, beginnt sie pl\u00f6tzlich, mit ihrem eigenen Bein zu sprechen, das mit einer eigenen Stimme antwortet. Anders gesagt demonstriert das Bein, ein untergeordnetes, stummes, folgsames Ding, ein Sklave des menschlichen Hirns, auf einmal die Qualit\u00e4ten der Autonomie, besitzt seine eigenen Vorlieben, wohin es gehen will, kann w\u00fctend werden und so weiter. Dabei handelt es sich, wie Objekt-orientierte Ontologen sagen, um ein \u201eParlament der Organe\u201c oder um es mit den Worten Bruno Latours auszudr\u00fccken, um die neuen Ontologien der Sch\u00f6pfung von Hybriden zwischen Subjekten und Objekten. Das sprechende Bein ist ein Beispiel f\u00fcr den Zustand unabh\u00e4ngiger Objekte. Folglich wird das Objekt der Objekt-orientierten Ontologie zu einer Realit\u00e4t, dass Objekt nimmt eine unabh\u00e4ngige Signifikanz vom Subjekt insofern ein, als das Subjekt abgeschafft ist. Und dieses Objekt selbst wird ausgel\u00f6scht werden.<\/p>\n

Das Subjekt ist also nicht wirklich \u201eabgeschafft\u201c, vielmehr wird es allein gelassen. In diesem Fall wird das Subjekt nicht als pr\u00e4-ph\u00e4nomenologisches Subjekt verstanden, sondern als post-ph\u00e4nomenologisches, als Dasein.<\/p>\n

Anders gesagt f\u00fchrt die Objekt-orientierte Ontologie letztlich zu einem Prozess, der in der Abschaffung des Daseins gipfelt. Dabei handelt es sich um einen Prozess. Wenn wir sagen, dass wir das Dasein abschaffen m\u00fcssen, damit wir dann das Objekt der Objekt-orientierten Ontologie erhalten, dann ist diese Aussage falsch. Wenn wir das Dasein abschaffen, dann haben wir keine Objekt-orientierte Ontologie und schon gar keine Objekte. Vielmehr leben die Objekte und saugen als vampirische schwarze L\u00f6cher in der Realit\u00e4t und Virtualit\u00e4t das Leben nicht etwa aus dem st\u00fcrzenden, sterbenden Dasein, sondern aus einer Art von Nekrose. Dies ist die Ontologie der Nekrose, der schrittweisen Entstehung von totem Gewebe in einem lebendigen K\u00f6rper. Auf diesen Prozess m\u00f6chte sich die Objekt-orientierte Ontologie fixieren.<\/p>\n

Diese Einf\u00fchrung in den spekulativen Realismus mag scharfsinniger sein, zumindest f\u00fcr mich, da ich selbst bisher nicht ganz korrekt verstanden habe, dass dies der Fall ist.<\/p>\n

Ich habe mit Reza Negarestani einen neuen Autor entdeckt, der sogar noch weiter in diese Richtung geht und die Nekrose bis zu dem Punkt hin thematisiert, an dem wir vom Post-humanen sprechen, h\u00f6llischen Wesen, die in die Welt kommen werden im Rahmen des Prozesses der Belebung der Objekte und der lebenden Inkarnation der Objekt-orientierten Ontologie. In der n\u00e4chsten Episode von \u201eDugins Expertise\u201c werde ich \u00fcber Reza Negarestani sprechen.<\/p>\n

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Aus dem Russischen von Jafe Arnold ins Englische \u00fcbersetzt.<\/p>\n

Aus dem Englischen ins Deutsche von Alexander Markovics \u00fcbersetzt.<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Mit dem Thema der objekt-orientierten Ontologie oder des spekulativen Realismus, sto\u00dfen zeitgen\u00f6ssische Philosophen in ein, uns bisher unbekanntes, Feld der Postmoderne vor. Ein Konflikt zwischen Mensch und seinem eigenen Bewusstsein scheint Ziel dieser Denkweise zu sein, so zumindest Alexander Dugin, Verfasser der folgenden Abhandlung. \u00dcbersetzt aus dem Englischen von Alexander Markovics. 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