WIR<\/em> von euch Gehorsam und Disziplin. Die weitgehend hypochondrischen B\u00fcrger gingen den Deal ein und bekamen sogar die Argumentationshilfe daf\u00fcr, wie heroisch ihre Beh\u00e4bigkeit w\u00e4re: \u201eWir bleiben zu Hause!\u201c Leben retten, indem man auf der Couch bleiben konnte.<\/p>\nApropos Bequemlichkeit: Der Westen war dank mehrerer Phasen industrieller und wissenschaftlicher Revolutionen seit Jahrzehnten weitgehend entlastet. Dass diese Leistungen ihren Preis hatten, dass sie also zahllose Opfer kosteten und die Kolonialisierung des ganzen Planeten zur Voraussetzung hatten, ist l\u00e4ngst verdr\u00e4ngt und wird mit antikolonialistischen und antirassistischen Zwangsneurosen kompensiert.<\/p>\n
Um so zu leben, wie es heute in den hochentwickelten L\u00e4ndern m\u00f6glich ist, waren die Welt, ihre Ressourcen und die exotischen Menschen jahrhundertelang extensiv auszuschlachten. Was heutzutage als \u201eVerbrechen gegen die Menschlichkeit\u201c angesehen wird, brachte der Menschheit die Kultur, in der sie gegenw\u00e4rtig lebt.<\/p>\n
V\u00f6llig vergessen, dass \u2013 mit Marx \u2013 der Fortschritt der blutige G\u00f6tze ist, der seinen Nektar aus den Hirnschalen Erschlagener trinkt. So geschieht es weiterhin, nur eben nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Menschenrechte wurden \u00fcberhaupt erst zum Thema, nachdem man mit den weltgeschichtlich h\u00e4rtesten Gemetzeln durch war und den Kopf f\u00fcr vermeintliche Vernunft frei hatte. Aber: Auch die Gemetzel blieben; man wusste sich seit der Aufkl\u00e4rung aber philosophischer \u00fcber sie zu entr\u00fcsten und strebte ihre jeweils nachtr\u00e4glich rechtliche \u201eAufarbeitung\u201c an, immer neu entsetzt dar\u00fcber, wie wenig doch aus der Geschichte zu lernen ist, daher \u2013 ganz i.S.d. Aufkl\u00e4rung \u2013 immer mehr auf Erziehung setzend.<\/p>\n
Der Vitalit\u00e4tsverlust der wohlstandsverwahrlosten Generationen ging mit der wachsenden Illusion einher, Lebenskomfort w\u00e4re ohne Schuld und Opfer zu haben. Gewisserma\u00dfen wurde die gesamte Geschichte der Moderne als Fehler aufgefasst, obwohl man doch satt von genau diesem \u201eFehler\u201c lebt.<\/p>\n
Die an den Luxus der Postmoderne allzu sehr gew\u00f6hnten Generationen sehen genau die Historie als unmenschlich an, die ihnen ihren allzu vertrauten Lebensstandard sichert, den sie zwar nicht einschr\u00e4nken wollen, dessen weitere Gew\u00e4hrleistung sie aber auf ganz neue, n\u00e4mlich humane Weise f\u00fcr m\u00f6glich halten.<\/p>\n
Betrachtet man es geschichtlich oder anthropologisch, irrt die Regenbogen-Jugend extrem. F\u00fcr ihre sowohl an Kilokalorien als auch an Terrabytes \u00fcberfressene Generation ist ein dramatischer und schmerzlicher Prozess der Desillusionierung zu erwarten. Mehr noch als die von ihnen problematisierte Lebensweise ihrer Eltern ist ihre eigene das Problem: Reiz\u00fcberflutung, fehlende Sinngebung, Desorientierung.<\/p>\n
Die \u00f6kologischen Grenzen unserer Lebenswelt w\u00fcrden selbst dann nicht gewahrt, wenn die soziale Marktwirtschaft sich tats\u00e4chlich in eine sozial-gr\u00fcne wandeln lie\u00dfe. Aus einem ganz einfachen Grund w\u00fcrde dies im Prinzipiellen nichts ver\u00e4ndern:<\/p>\n
Die Konsumbed\u00fcrfnisse der Menschen werden sich nicht reduzieren lassen. Sie werden nicht nur beibehalten, sondern sich steigern \u2013 so wie \u00fcberhaupt alles, was der Mensch will, forciert wird. Mag sein, das gilt auch f\u00fcr Umwelt- und Klimaschutz; nur wird der nicht mit der Bed\u00fcrfnissteigerung k\u00fcnftiger Generationen Schritt halten. Selbst die bislang zerst\u00f6rten \u00d6kosysteme werden in ihrer verlorenen Komplexit\u00e4t nicht mehr regenerierbar sein. Das meiste ist vermutlich schon perdu.<\/p>\n
Das Wesen der conditio humana<\/em> besteht genau in dieser steten Steigerung, extensiv wie intensiv. Auch gr\u00fcnes Wirtschaften, wenn es das g\u00e4be, l\u00f6st Bed\u00fcrfnisse aus, die wiederum zu einem gesteigerten Verbrauch f\u00fchrten.<\/p>\nWenn das Besteck dazu vorhanden ist, dann wird die Welt eben verwurstet und dann verfr\u00fchst\u00fcckt. Bis \u00fcber den \u201epoint of no return\u201c hinaus, der vermutlich l\u00e4ngst \u00fcberschritten ist. Um dies zu erkennen, bedarf es keines Studiums mit Erasmus-Erweiterungen, sondern nur eines einzigen aufmerksamen Ganges durch den heimischen Supermarkt. Ein Hauptproblem der modernen „Demokratiekonzeption“ liegt darin, den B\u00fcrgern per se Vernunft und Urteilskraft beizulegen und Deliberation und Partizipation zusammenf\u00fchren zu wollen.<\/p>\n
Die wohlstandsverw\u00f6hnte \u201eGeneration Beleidigt\u201c wird sich gleich gar nicht einschr\u00e4nken wollen. Gerade sie nicht, fehlt ihr doch h\u00e4ufig die simpelste Impulskontrolle. Sie kennt keinen Mangel und wollte freiwillig mitnichten damit leben lernen. Ihre Frust-Demos w\u00fcrden den Fridays-for-Future-Klamauk locker toppen, sobald es um echten Verzicht gehen sollte. Nie und nimmer werden diese Kohorten ihre Bed\u00fcrfnisse im Ergebnis einer inneren L\u00e4uterung einschr\u00e4nken. Sie glauben, alles w\u00e4ren \u00fcber \u201eInnovationen\u201c zu kl\u00e4ren, innerer Wandlung bed\u00fcrfe es daher gar nicht. Also mal wieder: Vorw\u00e4rts immer, r\u00fcckw\u00e4rts nimmer!<\/p>\n
Woher denn sollte eine Wandlung kommen? Was k\u00f6nnte eine Umkehr einleiten? Die christliche Religion ist mittlerweile ohne Bedeutung und trieb sich die inspirierende Botschaft ebenso aus wie ihren pessimistischen Lebensernst. Die Kirche war eine der letzten Institutionen, die einem klarmachte, dass man nicht zuerst einzigartig und wunderbar, sondern vor allem schuldig und verloren ist. Dies galt als sicher, selbst s\u00e4kular aufgefasst, das zu erwartende Heil dagegen nicht.<\/p>\n
In der F.A.Z. (21.07.2021) schrieb der Fundamentaltheologe Gerd Neuhaus: \u201eUmgekehrt w\u00e4re zu fragen, wie sich aus einem vertieften Verst\u00e4ndnis dessen, was die Kirche unter Erbs\u00fcnde versteht, Antworten auf aktuelle Herausforderungen entnehmen lassen. Tats\u00e4chlich ist der Zugang zu einem solchen Verst\u00e4ndnis weitgehend blockiert und wird von der sozialpolitisch \u00fcberformten kirchlichen Verk\u00fcndigung eher zus\u00e4tzlich verstellt als er\u00f6ffnet.<\/em>\u201c<\/p>\nTugenderziehung g\u00e4lte in der demokratischen Schule als undemokratische Bevormundung. Es gab keine Generation, die sich so selbstverst\u00e4ndlich kraft Geburt ein Recht auf alles anma\u00dfte wie die gegenw\u00e4rtig aufwachsende. In einem fatalen Missverst\u00e4ndnis wird \u201eW\u00fcrde\u201c heutzutage als Anrecht auf Weltverschlei\u00df verstanden.<\/p>\n
Problematisierungen ihres naiv-idealistischen Welt- und Menschenbildes erleben die \u201eKiddies\u201c als Kr\u00e4nkung. Je weniger sie nachdenken oder erfahren, um so eher erscheint ihnen nach Jahrtausenden der die Entwicklung dynamisierenden Ungerechtigkeit ein paradiesisches Zeitalter der Vernunft m\u00f6glich, in dem alle Defekte des Menschen endlich, endlich geheilt worden sind und Faust ohne Mephistopheles auskommen wird.<\/p>\n
Die gro\u00dfe physische Gesundheit geh\u00f6rt dazu:<\/p>\n
Im Auto gilt Anschnallpflicht, der Fahrradhelm wird dringlich empfohlen, das Rauchverbot in Kneipen konnte wider Erwarten unkompliziert durchgesetzt werden. In diesem Sinne erscheint mittlerweile alles als staatlich therapierbar \u2013 nicht allein Krankheiten, sondern seit etwa zehn Jahren \u00fcberhaupt s\u00e4mtliche in der Natur des Menschen und seiner Gesellschaft liegenden Ungerechtigkeiten, Diskriminierungen und Benachteiligungen.<\/p>\n
Wer auf die Welt kommt, hat im landl\u00e4ufig billigen Verst\u00e4ndnis der philosophischen Kunstbegriffe Wert und W\u00fcrde nicht nur ein Grundrecht auf das bestm\u00f6gliche Dasein, sondern darf neuerdings sogar rechtliche Garantien darauf beanspruchen. Ein solches mehr und mehr einklagbares Recht wurde in der Weise sozialistisch umfassender gew\u00e4hrt, wie gleichzeitig die Erwartungen an Leistungsbereitschaft reduziert wurden. Daher die angestrebten Ver\u00e4nderungen des Wahlrechts:<\/p>\n
F\u00fcr die Wahrung ihrer Komfortbed\u00fcrfnisse sollen nach Auffassung der \u201eDemokraten\u201c m\u00f6glichst schon Vierzehnj\u00e4hrige w\u00e4hlen d\u00fcrfen, selbst wenn sie unter weitgehendem Verzicht auf Forderungen bislang nur in der Schule gehegt und gepflegt wurden.<\/p>\n
Als Vierzehnj\u00e4hrige einst schon Traktor fuhren, Stahl kochten oder im Bergwerk arbeiteten, dachte niemand daran, sie an Wahlen zu beteiligten. Man meinte, sie m\u00fcssten sich erst bew\u00e4hren. Das gelang den meisten eindrucksvoll. Heute bedarf es solcher Bew\u00e4hrung nicht, sondern allein des Bekenntnisses, ein antirassistischer, toleranter und weltoffener Demokrat zu sein.<\/p>\n
Im Zuge dessen verbinden insbesondere \u201eSozialstaaten\u201c mit ihrem umfassenden Service jedoch die Erwartung, auf das Leben der B\u00fcrger zugreifen zu k\u00f6nnen \u2013 mittels \u201epolitischer Bildung\u201c, in der Inhalte als grundvereinbart gelten, die an sich niemand je vereinbart hatte. Aktuell sind es \u201epandemiebedingte\u201c Ausnahmezust\u00e4nde, aus denen heraus verk\u00fcndet wird:<\/p>\n
Wir, also die Exekutiven, retten euch vor Krankheit und Tod, wenn ihr euch vollkommen willf\u00e4hrig verhaltet: Maskenpflicht, Tests, Impfungen, Lockdowns und Shutdowns. Kritiker und riskant Mutige werden als Verschw\u00f6rungstheoretiker und Verfassungsfeinde an den Pranger gestellt und gelten als der Hauptfeind alles vermeintlich Humanit\u00e4ren, also als \u201eNazis\u201c.<\/p>\n
Das Wort Nazi fungiert seit l\u00e4ngerem als eine Art Gattungsbegriff \u2013 f\u00fcr alle, die nicht auf Linie sind. Wer noch nicht direkt \u201eNazi\u201c ist, l\u00e4uft, so das Narrativ, aber immerhin Gefahr, alsbald \u201eNazi\u201c zu werden, wenn er nicht den Propaganda-Leitlinien zu folgen bereit ist. Demokratieerziehung lautet also die Devise.<\/p>\n
Wer gegenw\u00e4rtig das linksgr\u00fcn verordnete Welt- und Menschenbild kritisiert, dem wird nicht etwa Haltung bescheinigt, nicht mal eine fragw\u00fcrdige Haltung, nein, denn der ist schon irgendwie \u201eNazi\u201c. Dies erst recht, wenn ihm die Gerechtigkeits- und Antidiskriminierungslitaneien vom Bundespr\u00e4sidenten abw\u00e4rts nicht liegen wollen.<\/p>\n
Eindeutig ist \u201eNazi\u201c und \u201eRassist\u201c, wer gegen LGBTQIA+-Hype und Massenzuwanderung auch nur Vorbehalte \u00e4u\u00dfert. Obwohl gerade ein solcher Opponent \u201eToleranz\u201c n\u00f6tig h\u00e4tte, um am Diskurs \u201eteilzuhaben\u201c, gilt er per se als intolerant und politisch als Paria. Offiziell verordnete Vorbehalte gen\u00fcgen, um als \u201eNazi\u201c und \u201eRassist\u201c stigmatisiert zu werden.<\/p>\n
Die Tendenz staatlicher \u00dcbergriffe auf Lebenskultur und individuelle Freiheits-, also Gestaltungsrechte verstetigt sich. Neue Virus-Varianten, etwa \u201edie hochansteckende Delta-Variante\u201c, neue Inzidenz oder neuerdings Warnwert-Kurven, neue ungeahnte Risiken werden f\u00fcr neue Autorit\u00e4tsbeweise genutzt, die aus der zun\u00e4chst improvisierten Pandemieabwehr eine institutionalisierte Vormundschaft gestalten, die immer neue Kampagnen ausruft, um obrigkeitsstaatlich weiter zu regieren.<\/p>\n
Heilsversprechen (Wenn erst durchgeimpft ist \u2026 Wenn erst alle Schulen mit Luftfiltern ausgestattet sind \u2026 Wenn erst das neue Testverfahren l\u00e4uft \u2026) legitimieren jeweils erneute Einschr\u00e4nkungen und Beschr\u00e4nkungen.<\/p>\n
Mag sein, es ist niemand schuld daran; vielmehr handelt es sich um die der Exekutive wesentlich innewohnende Tendenz zum Durchregieren, die sich verst\u00e4rkt, solange man von den T\u00fcrmen den Angriff neuer Feinde \u2013 hier Alpha-, Beta-, Delta-Viren und deren gesteigerte Virulenz \u2013 melden kann. Sekund\u00e4r kommen neue Diagnoseschl\u00fcssel hinzu, etwa \u201eLong-Covid\u201c, unklar in der Diagnose, gerade daher aber anschlussf\u00e4hig f\u00fcr fortzuschreibende Ma\u00dfnahmen.<\/p>\n
Wer meint, es h\u00e4tte besser wacker durchgestorben werden m\u00fcssen oder es w\u00e4re mindestens ein sp\u00fcrbarer Leidensdruck wie bei einer starken Grippewelle n\u00f6tig bzw. hinzunehmen gewesen, um Alltagsma\u00dfnahmen, gesundem Menschenverstand und nat\u00fcrlicher Immunit\u00e4t Vorschub zu leisten, wie das \u2013 zuz\u00fcglich wirksamer Impfungen \u2013 gegen\u00fcber Infektionskrankheiten erprobt war, der gilt als Zyniker.<\/p>\n
Aber es gibt keine Sicherheiten, sondern nur Wahrscheinlichkeiten: das Leben ist \u201eein vor\u00fcbergehender Zustand\u201c<\/a>. Es braucht den Zyniker, er wirkt gef\u00e4hrlichen Illusionen entgegen und geh\u00f6rt so zum Immunsystem der Gemeinschaft.<\/p>\nMag zudem sein, es geht wirtschaftlich global nicht anders. Dann ist genau dies das Problem: Dass es nicht anders geht und der Globalismus unweigerlich das Ende des Globus als des nat\u00fcrlichen Lebensraums f\u00fcr Mensch und Mitgesch\u00f6pfe bedeutet, jedenfalls in der Form, wie wir das gerade noch erleben.<\/p>\n
Der naive Rechte wird meinen, seine politischen Auffassungen retteten Gesellschaft und Welt – der qualifizierte wei\u00df, dass nicht mal dies m\u00f6glich sein wird und nur eines bleibt: die Einsicht in die letztendliche Vergeblichkeit und zwangsl\u00e4ufige Schuld. Allein die Gewissheit dessen befreit. Sogar zum politischen Handeln gegen die Illusionisten und Utopisten, immer soweit dies m\u00f6glich sein mag.<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Krankheit und Tod bleiben die letzten Risiken \u2013 und damit die letzten Abenteuer. Jedenfalls das, was von ihnen noch \u00fcbrig ist. Dass jeder letztlich doch noch stirbt, trotz aller Vorsorge- und F\u00fcrsorgesysteme, kr\u00e4nkt die moderne Gesellschaft, als deren Ziele globalisierte Produktion und Konsumtion und weltweite Wohlfahrt von immer mehr Menschenmilliarden mit immer h\u00f6herer Lebens-Erwartung zu […]<\/p>","protected":false},"author":71,"featured_media":1247,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_et_pb_use_builder":"","_et_pb_old_content":"","_et_gb_content_width":"","_jetpack_memberships_contains_paid_content":false,"footnotes":""},"categories":[7],"tags":[1333,1370,711,75],"class_list":["post-8013","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-debatte","tag-corona","tag-great-reset","tag-kulturliberalismus","tag-liberalismus"],"yoast_head":"\n
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