{"id":7968,"date":"2021-07-10T10:23:08","date_gmt":"2021-07-10T08:23:08","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=7968"},"modified":"2021-07-10T10:23:08","modified_gmt":"2021-07-10T08:23:08","slug":"das-grosse-china-interview-mit-dominik-schwarzenberger-ii-ich-sehe-ueberall-aufloesungserscheinungen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/das-grosse-china-interview-mit-dominik-schwarzenberger-ii-ich-sehe-ueberall-aufloesungserscheinungen\/","title":{"rendered":"Das gro\u00dfe China-Interview mit Dominik Schwarzenberger II: \u201eIch sehe \u00fcberall Aufl\u00f6sungserscheinungen\u201c"},"content":{"rendered":"
Dominik Schwarzenberger<\/strong> ist Historiker und Politikwissenschaftler. Er forscht auf den Gebieten der Ethnologie, Religionswissenschaft und zu allgemeinen Identit\u00e4tsfragen, was ihn zu einem ausgewiesenen Analysten zu geopolitischen Aspekten macht. Aufgrund seiner diversifizierten Studienausrichtungen ber\u00e4t er zudem internationale Denkfabriken. Seine Analysen wurden in zahlreichen Magazinen und Zeitschriften, so z.B. Neue Ordnung, Hier & Jetzt und AGORA EUROPA<\/a>, ver\u00f6ffentlicht. Des Weiteren erschienen mehrere Ver\u00f6ffentlichungen im Jungen Forum. Zu seinen Buchver\u00f6ffentlichen geh\u00f6ren \u201ePaneuropa und totaler Mensch. Das politische Denken Richard Coudenhove-Kalergis\u201c (Archiv der Zeit 2008) sowie \u201eTerra Incognita \u2013 Das andere Amerika. Identit\u00e4re Str\u00f6mungen und Bestrebungen in Lateinamerika\u201c (Regin 2009) zusammen mit Wolfgang Bendel. Nachfolgend ver\u00f6ffentlichen wir ein Gespr\u00e4ch zwischen ihm und Peter Steinborn<\/strong>. Das Gespr\u00e4ch ist in drei Teile untergliedert. Hier erfolgt die Ver\u00f6ffentlichung des Teil II<\/strong>. Hier geht es zum Teil I „Die \u00fcbersch\u00e4tzte Supermacht?“<\/a>. Die Redaktion<\/em><\/p>\n P.S.: Was hat es mit diesen B\u00fcndnissen auf sich?<\/strong><\/p>\n D.S.:<\/strong> ASEAN ist eine Art EU S\u00fcdostasiens. Dieser Allianz mangelt es dabei noch mehr an ethnischer, politischer und religi\u00f6ser Homogenit\u00e4t. Einig ist man sich in seinem Misstrauen gegen\u00fcber China, USA und Japan. Der ASEAN-Raum ist f\u00fcr China deshalb entscheidend, weil es dort Raum, Menschenmassen (ca. 600 Mio.), Millionen Chinesen und ausreichend Rohstoffe gibt. Einige ASEAN-Mitglieder stehen im klaren Gegensatz zu China wie die Philippinen oder Vietnam. Gerade Vietnam entwickelt sich zum Konkurrenten um Billigprodukte und Textilien. Au\u00dferdem gibt es Gebietsstreitigkeiten einiger ASEAN-Mitglieder mit China um einige milit\u00e4rstrategisch wichtige Inseln. Die riesige chinesische Minderheit stellt in S\u00fcdostasien die \u00f6konomische Elite, wird aber mehr oder weniger offen diskriminiert, weshalb von Peking Schutz erwartet wird. Das wiederum l\u00e4sst die Minderheit als f\u00fcnfte Kolonne Pekings erscheinen. Ein komplexes sensibles Beziehungsgeflecht zu Ungunsten beider konkurrierender M\u00e4chte.<\/p>\n P.S.: Einige Beobachter, wie auch Alexander Markovics, der ebenfalls regelm\u00e4\u00dfig f\u00fcr diesen Blog schreibt, sprechen von einer Art konservativen Renaissance seit Deng Xiaoping und der sich daraus ergebenden R\u00fcckkehr des Konfuzianismus. Das klingt nicht nach einem kommunistischen Land. Ist auch Xi Jinping eher ein verkappter Konservativer denn ein Kommunist?<\/strong><\/p>\n D.S.:<\/strong> Weder noch. Mit Kommunismus hat China seit Dengs Revision der Mao-\u00c4ra wenig gemein, mit authentischem rechten Konservatismus noch viel weniger. Tats\u00e4chlich wird die Politische Rechte als Hauptfeind unterdr\u00fcckt, denn diese muss religi\u00f6s und monarchisch sein. Peking bekennt sich zur republikanischen und atheistischen Revolution von 1911. Was Herr Markovics u.a. als konservativ bezeichnet, entspricht einem autorit\u00e4ren staatsnationalistischen und modernistischen Rechtsliberalismus, der einige traditionale Fragmente wie Moral okkupiert. Dieser Kurs steht zwar im Widerspruch zu Mao, kn\u00fcpft aber an den Vater des modernen republikanischen Chinas an: Sun Yet Sen, dem chinesischen Atat\u00fcrk.<\/p>\n Authentischer Konfuzianismus ist immer religi\u00f6s legitimiert, zwingend monarchisch, pazifistisch und basiert auf Jahrhunderte alten Traditionen und Riten. Ein solcher Konfuzianismus verlangt nach dem politischen Monopol. Der heutige \u201eNeokonfuzianismus\u201c soll aber nur eine S\u00e4ule neben dem pro Forma Marxismus und Mao-Tse-Tung-Ideen bilden. Er ist s\u00e4kularisiert wie enttraditionalisiert und dient nur der Disziplinierung einer konformistischen Masse.<\/p>\n Auch heute noch steht der authentische Konfuzianismus f\u00fcr Schw\u00e4che und R\u00fcckst\u00e4ndigkeit. Es dominiert immer noch Maos Sozialdarwinismus und Kampf-Ethos, wonach alles auf Erden erreicht werden kann.<\/p>\n P.S.: Gut, aber weshalb h\u00e4lt Peking am Begriff Kommunismus und Kommunistische Partei sowie Mao fest?<\/strong><\/p>\n D.S.:<\/strong> Ganz einfach: Es gibt zu viel maoistische Nostalgiker und es existiert eine besondere Interpretation, was eigentlich Kommunismus ist. Kommunismus wird in China seit 1919 und besonders seit 1949 als eine weitere Alternative neben Liberalismus zum verhassten Kaisertum gesehen. Die junge UdSSR erschien als wesensverwandt, da auch dort Religion und Kaiser entmachtet wurde, au\u00dferdem war Moskau ein fr\u00fcher Verb\u00fcndeter der neuen chinesischen Republik und verzichtete auf alle Sonderrechte des alten Russlands. Kommunismus wird nicht mehr als Ziel, sondern als Mittel der Befreiung angesehen und staatsnationalistisch aufgeladen. Man sieht das an einer patriotischen Geschichtsschreibung, die nicht mehr im Sinne von Klassenk\u00e4mpfen analysiert wird.<\/p>\n P.S.: Gibt es Analogien zur Pekinger Staatsideologie?<\/strong><\/p>\n D.S.:<\/strong> Ja, das momentane China erinnert an die hybriden personalistischen Regimes Putins, Trumps und Lukaschenkos, die ich gern als staatsnationalistisch bezeichne und einige rechte, aber auch liberale Elemente integrieren. Der Nationalismus beschr\u00e4nkt sich meist auf den Erhalt staatlicher Souver\u00e4nit\u00e4t und moralischem Konservatismus.<\/p>\n P.S.: Kommen wir einmal zu den inneren Verh\u00e4ltnissen des Landes. China steht hier ganz offenbar vor gigantischen Herausforderungen. Das Reich der Mitte ist gen Westen expandiert. Viele Minderheiten sammeln sich mittlerweile im chinesischen Imperium an. Man h\u00f6rt immer wieder davon, dass bspw. die Uiguren unter der Chinesischen Herrschaft leiden sollen. Des Weiteren hat dieser gewaltige Entwicklungsschub der letzten Jahrzehnte zu einem herausragenden Wohlstand gef\u00fchrt. Auch hier ist ein Gef\u00e4lle zu verzeichnen, wie es stets bei technologischen und gesellschaftlichen Umw\u00e4lzungen der Fall war. K\u00f6nnen Sie uns dazu Ihre Einblicke aus dem Land mitteilen? Wie verkraftet eine Gesellschaft solche Herausforderungen und glauben Sie, dass die KP diesen Stand wird halten k\u00f6nnen?<\/strong><\/p>\n D.S.:<\/strong> Die Verwerfungen sind zu gro\u00df, ich sehe \u00fcberall Aufl\u00f6sungserscheinungen. Es gibt zu viele Zeitbomben, die unvermeidlich hochgehen werden. Diese bedingen und verst\u00e4rken sich noch. Man braucht nur meine Mangel-Theorie<\/a> anwenden. Schauen wir uns also die wichtigsten an:<\/p>\n *Die Minderheiten: Trotzdem sie je nach Statistik nur bis 7% ausmachen, stellen sie um die 120 Mio. Nat\u00fcrlich ist das kein Interessenblock, dennoch gibt es im Falle verst\u00e4rkter Emanzipationsbestrebungen erhebliches Konfliktpotential. Religi\u00f6ses und \/oder nationalistisches Erwachen findet sich v.a. bei Tibetern, Uiguren und mongolischen V\u00f6lkern des Nordens. Die sinisierten Muslime des Binnenlandes sind noch gem\u00e4\u00dfigt. Peking reagiert auf das uigurische und tibetische Streben besonders allergisch, man will keine Pr\u00e4zedenzf\u00e4lle schaffen. Meist unber\u00fccksichtigt bleibt die geopolitische und milit\u00e4rstrategische Komponente. Tibet wie das uigurische Xinjiang \/Ostturkestan stellen Br\u00fcckenk\u00f6pfe f\u00fcr ambitionierte Nachbarn dar. Tibet dient der indischen Penetration, Xinjiang \/Ostturkestan einer radikal-islamischen. Das wird sp\u00e4testens dann Realit\u00e4t, wenn Pakistan als Staatsmodell scheitert und Afghanistan nicht befriedet wird.<\/p>\n Das Verh\u00e4ltnis Pekings zu seinen ethnischen und religi\u00f6sen Minderheiten ist ambivalent. Einerseits werden sie gef\u00f6rdert, Sprache und Kultur zu erhalten und sind von der Ein-Kind-Politik befreit, andererseits duldet man nur folkloristische Regungen, die streng \u00fcberwacht werden und nur zu oft werden die Minderheitsgebiete mit Han-Chinesen kolonisiert. Mich erinnert diese Politik an einen gro\u00dfz\u00fcgigen Zoo. Das Grundproblem ist: f\u00fcr die Minderheiten ist diese Politik zu wenig, f\u00fcr die Han-Chinesen zu viel. Neid und Rassismus breitet sich auf beiden Seiten aus. Ich erw\u00e4hnte schon die Han-Chinesen als Konvention. Auch diese stellen keinen ethnischen Block dar, k\u00f6nnen sich reethnisieren und zumindest einen Territorialnationalismus ausbilden. Als Identit\u00e4tsforscher beobachte ich Emanzipationsbestrebungen des einstigen japanischen Marionettenstaates Mandschukuo. Eigentlich erwartet man als Tr\u00e4ger die winzige mandschurische Minderheit, tats\u00e4chlich reethnisieren sich sinisiert geglaubte Mandschuren und angesiedelte Han-Chinesen entwickeln ein Regionalbewusstsein. Solche seltsamen Trends findet man au\u00dferhalb der Gro\u00dfen Ebene sehr h\u00e4ufig.<\/p>\n *Eine weitere Zeitbombe stellen die immer selbstbewusster werdenden Regionen dar. Auch hier m\u00fcssen wir uns die Dimensionen vergegenw\u00e4rtigen: Zahlreiche Regionen sind gr\u00f6\u00dfer als Deutschland mit mehr als 100 Mio. Einwohner. Nehmen wir stellvertretend den s\u00fcd\u00f6stlichen Gro\u00dfraum. Dort herrscht eine v\u00f6llig andere Mentalit\u00e4t und au\u00dfenpolitische Orientierung. Die Landschaft ist kleinr\u00e4umig, subtropisch und h\u00fcgelig, es gab dort folglich keine pr\u00e4gende hydraulische Kultur. Die Bev\u00f6lkerung war schon immer maritim ausgerichtet und stand dem \u00fcblichen Isolationismus feindlich gegen\u00fcber. Von hier entstammen die meisten Emigranten. Der S\u00fcdosten war der Hort von Rebellion und Autonomiestreben.<\/p>\n Das Hauptdilemma liegt im Egoismus der Regionen: die wohlhabende sind autonomistisch und bald sezessionistisch, weil sie nicht teilen wollen, die r\u00fcckst\u00e4ndigen unzufrieden, weil sie vernachl\u00e4ssigt werden. Dengs planwirtschaftliche Idee einer Arbeitsteilung zwischen Sonderwirtschaftszonen und Versorgungsregionen in den 1980ern scheiterte daran.<\/p>\n *Dann haben wir den Gegensatz zwischen Stadt und Land, wobei wir in China von 15 Megast\u00e4dten mit zusammen 260 Mio. sprechen und mehr als 150 St\u00e4dten mit mehr als einer Million Einwohner! Das l\u00e4ndliche China ist weitgehend abgeh\u00e4ngt \u2013 das betrifft Kultur, Verdienst, Wohnsituation, Medizin, Bildung und M\u00e4nner\u00fcberschuss. Es blutet rasant aus. 1978 hatte China eine Verst\u00e4dterungsrate von 18%, heute sind es 60%! Das Land war Quelle der Rebellion, jetzt kommen auch die \u00fcberf\u00fcllten St\u00e4dte hinzu.<\/p>\n *Ein hervorragendes revolution\u00e4res Potential stellt das wachsende Heer an entrechteten Wanderarbeitern dar. Diese k\u00f6nnen inzwischen bis 270 Mio. stellen! Vor zwanzig Jahren waren es noch 70 Mio. Es handelt sich um illegale Arbeiter, die die Wirtschaftshochburgen \u00fcberschwemmen und trotz der eingeschr\u00e4nkten Niederlassungsfreiheit um des sozialen Friedens Willens geduldet werden. Allerdings sind sie der Willk\u00fcr ihrer Betriebe ausgesetzt, werden m\u00e4\u00dfig bis gar nicht bezahlt. Werden sie auff\u00e4llig, k\u00f6nnen sie bestenfalls in ihre weit entfernte Heimat verbracht werden oder kommen ins Arbeitslager.<\/p>\n *Schauen wir uns die verheerende Ein-Kind-Politik an. Zun\u00e4chst bremste diese das Problem der \u00dcberv\u00f6lkerung, durch die gigantischen Wanderungsbewegungen in die Wohlstandsr\u00e4ume auch jenseits der illegalen Wanderarbeiter, bleibt dieses Problem trotzdem erhalten. Der Geburtenr\u00fcckgang bewirkt aber eine \u00dcberalterung, bei der unsere europ\u00e4ische harmlos erscheint. Kinder sind in China immer noch die Alterssicherung. F\u00fcr den sozialen Frieden wirkt sich einmal der im Zuge der Ein-Kind-Politik geschaffene M\u00e4nner\u00fcberschuss besonders drastisch aus. Die Nackten \u00c4ste, also unbeweibte M\u00e4nner, erf\u00fcllen Gunnar Heinsohns Theorie des Youth Bulge. Peking reagiert darauf mit Werbekampagnen f\u00fcr russische und s\u00fcdostasiatische Frauen, was in den betreffenden L\u00e4ndern nur antichinesische Ressentiments weckt.<\/p>\n *Noch sind Proteste und Revolten lokal begrenzt, aber mit ca. 90000 Protesten pro Jahr seit den 2000ern ist in dieser angeblich totalit\u00e4ren Diktatur einiges in Schieflage geraten. Der Staat schwankt zwischen Repression und Geldgeschenken. Letztere k\u00f6nnen die zunehmenden Probleme nicht dauerhaft l\u00f6sen.<\/p>\n *Dauerthema sind weiterhin \u00dcberb\u00fcrokratisierung, Korruption und Cliquenwirtschaft, die die staatliche Verwaltungseffizienz sch\u00e4digen.<\/p>\n *Und dann haben wir die oft \u00fcbersehene Diaspora, die global mindestens 80 Mio. ausmachen kann. Es handelt sich meist um mehr oder minder assimilierter Nachfahren ausgewanderter Bewohner des S\u00fcdostens, die ihre eigene Mentalit\u00e4t und h\u00e4ufig auch Sprache pflegen. Sie stehen Peking sehr kritisch gegen\u00fcber. Das reicht manchmal bis zur Sezession, gleichwohl die allchinesische \u00d6kumene nicht in Frage gestellt wird. Speziell die in Europa, Australien und den Amerikas lebenden sind nicht selten christlichen Glaubens und der Volksrepublik feindlich gesonnen. Aus ihren Reihen k\u00f6nnen dereinst Unterst\u00fctzer f\u00fcr die innerchinesische Opposition erwachsen. \u00c4hnlich verh\u00e4lt es sich mit den gro\u00dfen chinesischen Minderheiten S\u00fcdostasiens inklusive Singapurs: dort sieht man Peking zwar als Schutzmacht gegen antichinesische Ressentiments, systemloyal kann man sie dennoch nicht nennen.<\/p>\n Schauen wir auf sozio\u00f6konomische Schwierigkeiten. Sie hatten ja in einem Gespr\u00e4ch mit Frank Kraemer bereits \u00fcber den wirtschaftlichen Aspekt gesprochen. Deshalb m\u00f6chte ich mich auf einige dr\u00e4ngende Probleme beschr\u00e4nken.<\/p>\n *Da haben wir eine riesige Immobilienblase und Geisterst\u00e4dte mit ausufernder Infrastruktur in unattraktiver wirtschaftsschwacher Lage, w\u00e4hrend es in den Ballungsgebieten Wohnraummangel und schlechte Wohnqualit\u00e4t gibt. Ein einziges Kartenhaus.<\/p>\n *Wir erleben eine massenhafte Kapitalflucht wohlhabender Chinesen.<\/p>\n *Die st\u00e4ndig zunehmenden Importe m\u00fcssen durch immer mehr Exporte gedeckt werden, aber globale Absatzm\u00e4rkte sind inzwischen \u00fcbers\u00e4ttigt, die Konkurrenz aus Indien und Vietnam macht sich bemerkbar.<\/p>\n *Das dr\u00e4ngendste Problem auf dem Arbeitsmarkt ist der Facharbeitermangel. Solche Berufe sind trotz bester Bezahlung immer noch verp\u00f6nt und versprechen kein Prestige. Demgegen\u00fcber existieren zu viel \u00fcberfl\u00fcssige Hilfsarbeiter unter erb\u00e4rmlichen Arbeitsbedingungen und Universit\u00e4tsabsolventen, die nur m\u00e4\u00dfig bezahlte Stellen finden. Ein Facharbeiter verdient nicht selten das F\u00fcnffache eines Akademikers!<\/p>\n *Die gr\u00f6\u00dfte \u00f6konomische Herausforderung resultiert aus der Umweltverschmutzung und Naturzerst\u00f6rung. Gewinne des Wirtschaftswachstums werden von \u00f6kologischen Kosten weitgehend aufgefressen. Dazu kommt selbstverst\u00e4ndlich noch die eingeschr\u00e4nkte Lebensqualit\u00e4t. Ein Fass ohne Boden.<\/p>\n P.S.: Welche Rolle spielt die Kommunistische Partei noch?<\/strong><\/p>\n D.S.:<\/strong> Theoretisch bestimmt immer noch die KPCh, doch im Alltag schwindet ihr Einfluss. Mit m\u00f6glicherweise 70 Mio. Mitgliedern ist sie die gr\u00f6\u00dfte Partei der Welt, f\u00fcr China zu klein, f\u00fcr organisatorische und ideologische Geschlossenheit dagegen zu gro\u00df. In D\u00f6rfern und Kleinst\u00e4dten gibt es meistens eine Parteisektion, doch finden sich dort immer seltener geeignete Kandidaten. Die Partei ist in personalistische Cliquen und ideologische Fraktionen gespalten. Die ideologische Bandbreite reicht von fundamentalistischen Maoisten \u00fcber Sozialdemokraten und den noch pr\u00e4genden Staatsnationalisten bis zu faschistoiden Gruppen. Letzteres Kuriosum orientieren sich an den chinesischen Blauhemden der 1930er, urspr\u00fcnglich eine vernachl\u00e4ssigte Fraktion der Partei Chiang Kai-sheks. Sie sind den sehr nationalistisch auftretenden orthodoxen Maoisten gar nicht so fremd und entstammen der gleichen linksnationalistisch-republikanischen Tradition von 1911. Aus solchen gut organisierten hochideologischen und mit der aktuellen Ausrichtung unzufriedenen Fraktionen k\u00f6nnen einmal radikale alternative Parteien entstehen. Zus\u00e4tzlich herrscht eine Spaltung in Reformer und Bewahrer des Status quo vor, wobei sich beide Lager die Waage halten. Zurzeit bestimmen wieder die beharrenden Kr\u00e4fte. Das erinnert auch an den vergangenen Ostblock oder dem gegenw\u00e4rtigen Iran. Es ist absehbar, dass die verarmte v.a. l\u00e4ndliche Bev\u00f6lkerung zu maoistischen und faschistischen Positionen findet, w\u00e4hrend die Wohlhabenden zu progressiven liberalen wie sozialdemokratischen tendieren. Das Zirkuszelt KPCh kann das nicht ewig kompensieren. Welch Eigenleben die Partei inzwischen erlangt hat, sieht man an dem Umstand, dass sich auch hochrangige Parteigenossen zu synkretistischen Religionen oder evangelikalem Christentum bekennen, die eigentlich vom Staat bek\u00e4mpft werden.<\/p>\n Schlie\u00dflich h\u00e4ngt der Parteieinfluss auf die unterste Ebene untrennbar mit dem Danwei-System zusammen und dieses verschwindet allm\u00e4hlich. Die Danwei sind Arbeitskollektive und nach der Familie die wichtigste Identit\u00e4tsquelle. Arbeit und soziales Leben, z.B. Fabrikgemeinschaft, geh\u00f6ren zusammen. Die Danwei sorgen f\u00fcr materielle Versorgung, gesellschaftliche Kontrolle, Loyalit\u00e4t und Konformismus. Man findet sie nur noch in den unattraktiven \u00fcberschuldeten Staatsbetrieben.<\/p>\n Fortsetzung folgt\u2026<\/em><\/p>\n Die neue AGORA EUROPA: Dominik Schwarzenberger ver\u00f6ffentlichte in der Erstausgabe ebenfalls einen Artikel \u00fcber den Great Reset..<\/p><\/div>\n In der AGORA EUROPA hat Dominik Schwarzenberger auch einen Artikel mit den Titel \u201eThe Great Reset\u201c \u2013 Die V\u00f6lker am Scheideweg ver\u00f6ffentlicht. Dabei handelt es sich um eine sachliche Analyse \u00fcber die globalen Trends. Die AGORA kann submitted<\/a> bezogen werden.<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Dominik Schwarzenberger ist Historiker und Politikwissenschaftler. Er forscht auf den Gebieten der Ethnologie, Religionswissenschaft und zu allgemeinen Identit\u00e4tsfragen, was ihn zu einem ausgewiesenen Analysten zu geopolitischen Aspekten macht. Aufgrund seiner diversifizierten Studienausrichtungen ber\u00e4t er zudem internationale Denkfabriken. 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