{"id":6546,"date":"2020-03-18T18:13:01","date_gmt":"2020-03-18T17:13:01","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=6546"},"modified":"2020-03-20T15:03:56","modified_gmt":"2020-03-20T14:03:56","slug":"griechenland-corona-rezession-symptome-des-autoritaetsverlusts","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/griechenland-corona-rezession-symptome-des-autoritaetsverlusts\/","title":{"rendered":"Griechenland, Corona, Rezession \u2013 Symptome des Autorit\u00e4tsverlusts\u00a0\u00a0"},"content":{"rendered":"

\u201eWas ist unsere Pflicht?\u201c – \u201eDie Forderung des Tages.\u201c <\/em><\/p><\/blockquote>\n

Goethe <\/em><\/p>\n

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Der Staatsrechtler Georg Jellinek hat in seiner \u201eDrei-Elemente-Lehre\u201c die wesentlichen Bestandteile moderner Staaten dargelegt. Darin sind zur Anerkennung eines Staates als V\u00f6lkerrechtssubjekt die drei Merkmale \u201eStaatsvolk\u201c, \u201eStaatsgebiet\u201c und \u201eStaatsgewalt\u201c erforderlich. Diese drei Elemente stehen in unweigerlicher Wechselbeziehung zueinander. So liegt es in der Natur von Staaten (hier synonym verwendet f\u00fcr Regierungen bzw. Machteliten), Gehorsam von ihrem Staatsvolk zu fordern. Dieser Gehorsam, ausgedr\u00fcckt u. a. in dem Befolgen der staatlichen Gesetzgebung, wird durch die Staatsgewalt durchgesetzt. Wird dieser der Gehorsam verweigert, kommt es zur Aufl\u00f6sung der Ordnung und der Staat bricht in sich zusammen, da eines der Elemente keine Ber\u00fccksichtigung mehr findet. In der Regel wird der Staat dann durch einen neuen Staat, welcher wiederum (mehr oder weniger) autorit\u00e4r regiert, ersetzt.<\/p>\n

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Die N\u00e4he zwischen Staatsvolk und Staat (repr\u00e4sentiert durch die Staatsgewalt) bestimmt dabei \u00fcber die Bereitschaft im Volke, Freiheit zu Gunsten der Autorit\u00e4t des Staates zu opfern. Ein guter Staat versteht sich darin, Gehorsam und Freiheit auszubalancieren, sodass es zu keiner Willk\u00fcr kommt bzw. diese vom Staatsvolk nicht als solche wahrgenommen wird. Im Umkehrschluss ist das Staatsvolk bereit, sch\u00f6pferisch f\u00fcr den Staat t\u00e4tig zu werden und seine Regeln zu befolgen. Kommt es zu einem Missverh\u00e4ltnis dieser Pole, kippt das ganze System. An seinen extremen Enden kommt es entweder zu einer Diktatur oder zur Anarchie. In jedem Falle vollzieht der herrschende Staat eine entsprechende Ver\u00e4nderung aufgrund des Missverh\u00e4ltnisses.<\/p>\n

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Auch selbsternannte \u201eliberale\u201c Staaten, also Staaten, welche die individuelle Freiheit sehr stark hervorheben, m\u00fcssen Gehorsam von ihrem Staatsvolk einfordern.<\/p>\n

In diesen Staaten ist die Bindung zwischen dem Staatsvolk und dem Staat in aller Regel nicht mehr von naturgem\u00e4\u00dfer Intensit\u00e4t, das hei\u00dft, die Menschen im Staate definieren sich nicht mehr einheitlich \u00fcber ihre Herkunft oder Volkszugeh\u00f6rigkeit mit dem staatlichen Gemeinwesen. Aufgrund der Aufl\u00f6sung dieser nat\u00fcrlichen Bindungen, dieser Vorgang ist in nahezu allen \u201ewestlichen\u201c Demokratien eindeutig zu beobachten, wird der Staat selbst mehr und mehr zum Bindeglied und gemeinsamen Identifikationsobjekt. In traditionellen Vielv\u00f6lkerstaaten (bspw. den Vereinigten Staaten) ist diese Bindung \u00fcber den Staat noch weit mehr ausgepr\u00e4gt als in urspr\u00fcnglichen Nationalstaaten. Als Objekt wurde der \u201eStaatsb\u00fcrger\u201c geschaffen, welcher mit dem \u201eVolksgenossen\u201c nichts mehr zu tun haben muss. Diese Staatsb\u00fcrger k\u00f6nnen Staats\u00e4mter \u00fcbernehmen und staatsb\u00fcrgerliche Rechte wahrnehmen und somit direkt ihre Interessen im Staat vertreten. Dadurch kommt es innerhalb der Staaten zu einer Vielzahl von \u201eInteressensgruppen\u201c, welche durch die (vom Beispiel einer parlamentarischen Demokratie ausgehend) politischen Parteien vertreten werden. Man mag nun b\u00f6se unterstellen, dass der Staat hier ein gro\u00dfartiges Instrument geschaffen hat, welches ihm erlaubt, verschiedene Interessensgruppen gegeneinander auszuspielen, doch kann dies nur Spekulation sein.<\/p>\n

In jedem Falle m\u00fcssen die Parteien ihren Interessensgruppen entsprechende Versprechen und Zugest\u00e4ndnisse machen, um ihre Machtposition innerhalb des Staates zu festigen. Diese Versprechen k\u00f6nnen in der Regel so lange gegeben (und partiell sogar eingel\u00f6st) werden, wie die Umst\u00e4nde, insbesondere \u00f6konomischer Art, es zulassen. Denn naturgem\u00e4\u00df \u201eerkaufen\u201c sich die Politiker ihre Stimmen \u00fcber Wahlversprechen (bspw. h\u00f6here Sozialtransfers). Es w\u00e4re an anderer Stelle mit Sicherheit angebracht, einmal dar\u00fcber zu sprechen, wie \u201esozial\u201c Sozialleistungen eigentlich wirklich sind, wenn Menschen bzw. W\u00e4hler \u00fcber diese in eine permanente Abh\u00e4ngigkeit getrieben werden. In Bezug auf den hier dargestellten Fall bedeutet das, solange genug Geld vorhanden ist, um den Motor zu schmieren, l\u00e4uft die Maschine rund.<\/p>\n

\u00dcber die Zeiten hinweg wird dieses System in seiner Form traditionell jedoch immer begehrender und die egoistischen Interessen der einzelnen Gruppen immer gr\u00f6\u00dfer. Dirk M\u00fcller bezeichnet in seinem lesenswerten Buch \u201eMachtbeben\u201c ein solches System als \u201eKleptokratie\u201c. Dieses zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass der Betrug bestimmter Interessensgruppen auf Kosten des Gemeinwesens hinl\u00e4nglich geduldet, ja sogar institutionalisiert ist.<\/p>\n

Es kommt zur schrittweisen Aufl\u00f6sung der noch bestehenden Bindungen. Dies geschieht naturgem\u00e4\u00df unter Beugung der zuvor vorherrschenden ethischen Gemeins\u00e4tze. Zudem geht dieser Prozess mit einer stetigen Reduzierung der eigenen Bereitschaft, f\u00fcr das Gemeinwesen Verantwortung zu \u00fcbernehmen, einher. \u00a0Im letzten Stadium dieses Prozesses sind alle Bindungen aufgel\u00f6st. Das Resultat ist, wie eingangs beschrieben, die Aufl\u00f6sung des Staates.<\/p>\n

Wirft man einen Blick in die Geschichtsb\u00fccher, so kann man in Hinblick auf das Werden und Vergehen von Staaten durchaus einige Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten ableiten. Dieser Aufl\u00f6sungsprozess ist eine von Ihnen. Dabei weist der Prozess keinen linearen Verlauf auf. Viel eher entscheiden die F\u00e4higkeit des Staates, derlei Entwicklungen fr\u00fchzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren dar\u00fcber, wie schnell dieser Prozess verl\u00e4uft. Es gibt jedoch auch Dinge, die der Staat in dieser Form nicht vorhersehen kann und die einen gewaltigen Einfluss auf den Verlauf des Prozesses nehmen. In diesem Fall sprechen wir von \u201eDiskontinuit\u00e4ten\u201c, besser bekannt als \u201eschwarzen Schw\u00e4nen\u201c.<\/p>\n

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Viele Schwarze Schw\u00e4ne? <\/strong><\/h2>\n

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In den vergangenen Tagen und Wochen konnten wir dabei in ungewohnt hoher Zahl vermeintlich unvorhergesehene Ereignisse in den Nachrichten dieses Landes verfolgen. Es muss an dieser Stelle nicht auf die einzelnen Details eingegangen werden. Die Stichworte lauten:<\/p>\n