{"id":3127,"date":"2019-07-11T14:22:30","date_gmt":"2019-07-11T12:22:30","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=3127"},"modified":"2020-02-04T13:05:55","modified_gmt":"2020-02-04T12:05:55","slug":"dissonanzen-der-mosaik-rechten","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/dissonanzen-der-mosaik-rechten\/","title":{"rendered":"Dissonanzen der \u201eMosaik-Rechten\u201c"},"content":{"rendered":"

Wenn passend gemacht werden soll, was nicht zusammenpasst!<\/h3>\n

Angeblich sei die sogenannte \u201eMosaik-Rechte\u201c in aller Munde. So zumindest will es uns der Jung Europa Verlag suggerieren. Was diese Mosaik-Rechte tats\u00e4chlich ist, konnte ich durch das Studium und die Recherche im Internet immer noch nicht herausfinden. Zwar haben Namen wie Benedikt Kaiser und Philip Stein diesen Begriff immer wieder in umst\u00e4ndlichen Artikeln bedient, aber so richtig will es mir immer noch nicht einleuchten. In dem umstrittenen Buch Marx von rechts\u00a0<\/em>deutet Philip Stein an, dass es sich dabei um das Mosaik, bestehend aus sowohl dem \u201ewirtschaftsliberale(n) Parlamentarier als auch grunds\u00e4tzliche, sozial orientierte Aktivisten vorerst unter einer Politik des Minimalkonsens\u2018\u201c<\/em>[1]<\/a> handelt. Auch das ist mir einfach immer noch zu abstrakt. So ein bisschen klingt dies \u2013 \u00e4hnlich wie in einem 2017 in der Sezession erschienen Artikel von Kaiser \u2013 nach einer angeblichen Dialektik zwischen Realos und Fundis. Wer sich hier wirklich einmal mit Dialektik besch\u00e4ftigt hat, wei\u00df, dass diese Begriffspaare weder eine ontologisch noch eine gnoseologische Dialektik besitzen[2]<\/a>. Denn der Kern dialektischer Begriffspaare liegt ja u. a. in der Interdependenz, die dazwischen besteht. Jedoch schlie\u00dfen sich der idealistische Fundamentalismus und die reine, gar materialistische[3]<\/a> Realpolitik gegenseitig aus. Jeder, der sich einmal mit dem >>Ehernen Gesetz der Oligarchie<< befasst hat, wei\u00df das. Zum Verst\u00e4ndnis sei auf den Artikel von Friedrich Erzberg, der ebenfalls in diesem Blog erschien, verwiesen (siehe submitted<\/a>).<\/p>\n

Ich gebe Kaiser insoweit recht, dass es ein \u201eNebenher\u201c von parlamentarischen Kr\u00e4ften und dem idealistischen Aktivisten auf der Stra\u00dfe geben kann. Dies z\u00e4hlt jedoch nur, wenn es einen nachweislich \u201emetapolitischen\u201c gegenseitigen Einfluss zwischen den Theoretikern, Idealisten und Politikern gibt. Ich denke hier an den Dreiklang, den Lenin in seiner Schrift Was tun?\u00a0<\/em>herausgearbeitet hat: Theoretiker, Propagandist und Agitator. Sobald die Ausrichtung, \u00e4hnlich der AfD, sich bei vielen Abgeordneten nur noch um den Machterhalt dreht, wird diese angebliche Dialektik ad absurdum gef\u00fchrt[4]<\/a>. Denn im hegelianischen sowie marx\u2019schen Sinne ist die Dialektik \u201edie Wissenschaft von den allgemeinen Gesetzen der Bewegung, sowohl der \u00e4u\u00dferen Welt wie des menschlichen Denkens\u201c[5]<\/a>.<\/p>\n

Die AfD hat, gleich Kaisers Ausf\u00fchrungen, eine wirklich wichtige Aufgabe f\u00fcr uns. Sie verliert ihre Relevanz aber mit zunehmendem Einfluss. Schauen wir nach Frankreich oder \u00d6sterreich, wo wir ohne Zweifel Sammelbecken wie FP\u00d6 und Rassemblement National[6]<\/a> (ehemals Front National) haben. Inwieweit jedoch die FP\u00d6 heute noch zu der Overton-Window-Strategie in unserem Sinne beitr\u00e4gt, ist fraglich. Der RN muss tats\u00e4chlich von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet werden. \u00c4hnlich Italien und anderen mediterranen Rechten, hat man hier verstanden, was echte Metapolitik ist und speist sein Potenzial f\u00fcr den auch politisch-parlamentarischen Erfolg gro\u00dfteils aus unabh\u00e4ngigen, jedoch rechten Denkfabriken. Dies trifft jedoch auf Deutschland keineswegs zu. Ich sehe hier keine nennenswerten rechten Denkfabriken, die die Rolle des \u201cTheoretikers\u201c im lenin\u2019schen Sinne \u00fcbernimmt.<\/p>\n

Zu welchen Ergebnissen dieses Spielchen zwischen au\u00dferparlamentarischer idealistisch orientierter und parlamentarisch realpolitisch orientierter Rechten in der Regel f\u00fchrt, haben wir erst k\u00fcrzlich in \u00d6sterreich gesehen. Dort hat sich die parlamentarische Rechte in Form der FP\u00d6 ordentlich bei der au\u00dferparlamentarischen Identit\u00e4ren Bewegung \u00d6sterreich f\u00fcr die metapolitische Vorarbeit bedankt. Ich verweise hierbei auf einen Artikel von Alexander Markovics, der ebenfalls auf diesem Blog ver\u00f6ffentlicht wurde (siehe submitted<\/a>).<\/p>\n

Jedoch scheint zumindest Stein den aktivistischen Teil dieses zu schaffenden Mosaiks auf eine von der \u201esozialen Frage\u201c gepr\u00e4gten Jugendbewegung zu reduzieren. Da auch aus dem besagten \u201eMarx von rechts\u201c nicht wirklich ersichtlich wurde, was sich diese Mosaik-Rechte nun von Marx wirklich abschauen k\u00f6nnte \u2013 und ich bin mir sicher, dass es da einiges gibt, nur haben die Autoren es nicht f\u00fcr n\u00f6tig befunden, diese hervorzuheben \u2013 wei\u00df ich nat\u00fcrlich immer noch nicht, was zumindest dieser von der \u201esozialen Frage\u201c getriebene aktivistische Teil der Mosaik-Rechten wirklich sein soll.<\/p>\n

Da es von unserer Seite her schon einiges an Kritik zu dem benannten Buch gab (submitted<\/a> and submitted<\/a>), erspare ich mir weitere Ausf\u00fchrungen dazu. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass weder Benedikt Kaiser \u2013 der der einzige deutschsprachige Autor in dieser Aufsatzsammlung war \u2013 noch der Herausgeber Philip Stein sich bisher dazu zu Wort gemeldet haben. Eine Replik an dieser Stelle blieb also leider bisher aus. Obwohl wir es f\u00fcr durchaus sinnvoll halten, \u00fcber dieses aus unserer Sicht wichtige Thema zu sprechen. Ansonsten erschlie\u00dft sich f\u00fcr uns auch nicht der Sinn der Herausgabe eines derartigen Buches.<\/p>\n

Rechte Liberale und Konservative gehen aufeinander los!<\/h3>\n

Seit einigen Wochen h\u00e4lt ein ziemlich heftiger Schlagabtausch auf den digitalen Plattformen sozialer Medien zwischen Repr\u00e4sentanten der konservativen „Neuen Rechten“ und den Liberalkonservativen an. Dabei stechen Namen wie David Berger vom Blog Philosophia Perennis\u00a0<\/em>und Martin Lichtmesz aus dem Umfeld des Instituts f\u00fcr Staatspolitik (IfS) hervor. David Berger, der sich offen als pro-amerikanisch, pro-israelisch, westlich und homosexuell bekennt, hat dabei das Umfeld um den bekannten Rechtsintellektuellen G\u00f6tz Kubitschek als \u201eintellektuell parf\u00fcmierte Nazis\u201c bezeichnet. Gleichzeitig werfen ihm Vertreter aus dem IfS-Umfeld vor, ein \u201eliberaler Nestbeschmutzer\u201c zu sein, der mit seinem liberalen Lebensentwurf gar nicht f\u00fcr die rechte Sache k\u00e4mpfen k\u00f6nne[7]<\/a>.<\/p>\n

Erst k\u00fcrzlich meldete sich der liberal-konservative David Berger wieder zu Wort, indem er die Beschwichtigungsversuche von Martin Sellner und seinem Co-Chef der IB\u00d6, Patrick Lenart, thematisierte. Die \u00dcberschrift seines Blogbeitrages ist vielsagend und berechtigt: \u201eBringt es etwas mit Leuten zusammen zu k\u00e4mpfen, die ganz andere Ziele haben?\u201c. Der geneigte Leser merkt hier schon, dass es sich um eine rhetorische Frage handelt. Denn Berger macht sich seit dem Auftritt von dem durch P\u00e4dophilie-Relativierung auffallenden bekennenden Homosexuellen und Ex-Breitbart-Redakteur Milo Yiannopoulos\u00a0 sorgen, dass der eine Teil der Mosaik-Rechten ihn nach Erreichen seiner Ziele in den liberalen Darkroom verbannt.<\/p>\n

Diese kleinen Beispiele stehen stellvertretend f\u00fcr die starke Divergenz zwischen den Gruppen, die heute eher vom politischen Gegner zu den Rechten gez\u00e4hlt werden. Ein ganz entscheidendes Kriterium, das zumindest ich dem Rechten zuweise, ist die Hierarchisierung der Gesellschaften, die Anerkennung der Wesensart der Menschen, die wir heute anthropologisch nachweisen k\u00f6nnen. Es ist in erster Linie also nicht unbedingt das Bekenntnis zu einem Volk, einer Nation oder zu einem Kaiser-K\u00f6nig. Dazu geh\u00f6ren auch bestimmte tradierte Werte, also Traditionen und Ideale. Diese dr\u00fccken sich in der Lebensweise, wie dem Familienbild, der Rollen von Mann und Frau usw. aus. In einem fr\u00fcheren Post habe ich beschrieben, was aus meiner Sicht \u201erechts\u201c ist (siehe submitted<\/a>). Eine differenzierte Betrachtung des Rechts-Links-Schemas widmete sich Willi L\u00fcdtke in diesem Artikel submitted<\/a>.\u00a0 Und hier trennt sich tats\u00e4chlich die Spreu vom Weizen. Denn viele angebliche Rechte fr\u00f6nen selber einem hedonistischen Lebensentwurf. Viele, die heute vom Mainstream zu Rechten gemacht worden sind, und mit denen so mancher Konservativer sich gemein machen m\u00f6chte, sind gar nicht konservativ oder rechts im eigentlichen Sinne.<\/p>\n

So auch David Berger, der immer wieder durch undifferenzierte Angriffe auf den Islam auff\u00e4llt. Das gro\u00dfe Ungeheuer des Islam, das ja immer wieder in patriotischen und „neurechten“ Kreisen bedient wird, gef\u00e4hrde westliche, d.h. liberale Lebensweisen. Die Rechten innerhalb dieser Mosaik-Rechten werfen Berger daher vor, eher aus Furcht wegen seiner Homosexualit\u00e4t gegen den Islam zu wettern. Das jedoch ist ja keine Einzelerscheinung. Innerhalb der >>patriotischen Rechten<< (Es gibt auch eine >>patriotische Linke<<, weshalb ich explizit diesen Begriff verwende) spicken derartige Attit\u00fcden des \u00d6fteren die Propaganda. Bei der AfD kann man die Skizzierung eines derartig f\u00fcr viele Menschen sp\u00fcrbaren Feindbildes auch nachvollziehen. Gesch\u00e4ftlich gesehen ist das richtig, was hier die parlamentarische Rechte tut. Mit Weltanschauungsbewegung hat das jedoch nicht viel zu tun. Es ist jedoch eine generelle Frage, ob es so etwas wie eine Weltanschauungspartei mit relevanter Quantit\u00e4t \u00fcberhaupt geben kann. Denken wir wieder an das >>Eherne Gesetz der Oligarchie<<!<\/p>\n

Solche Diskrepanzen sind dabei l\u00e4ngst \u00fcberf\u00e4llig gewesen. In der AfD rumort es ja bekanntlich schon seit l\u00e4ngerem, jedoch hat der Erfolg den Laden bisher zusammengehalten. Jetzt, wo die sogenannte „Neue Rechte“ sowohl parlamentarisch als auch au\u00dferparlamentarisch stagniert, kommen die l\u00e4ngst \u00fcberf\u00e4lligen Diskussionen auf. Das ist an sich auch vollkommen richtig, denn jede erfolgreiche Bewegung braucht zu Beginn und zwischendurch lebhafte Debatten. Dabei gilt es sich stets zu hinterfragen und ggf. neu auszurichten. Unser Gehirn arbeitet auch mit Denkmustern und Programmen, die es immer wieder abspielt. Diese Denkmuster und Schablonen sind f\u00fcr unsere Vorurteile zust\u00e4ndig. Sie k\u00f6nnen \u00fcberlebenswichtig sein. Es gilt dabei nicht, diese Vorurteile zu \u00fcberwinden, wie es uns der liberale Mainstream gerne suggeriert, sondern sie immer wieder auf die Probe zu stellen und ggf. auf ihre Aktualit\u00e4t und Richtigkeit zu \u00fcberpr\u00fcfen. Debatten sind ein lebhaftes und effektives Mittel, um diese Tests stetig anzugehen.<\/p>\n

Sellners Appell an die Mosaik-Rechte ist ein Hilferuf<\/h3>\n

Wie bereits oben angedeutet, haben sich der \u00f6sterreichische IB-Obmann Martin Sellner und sein Co-Chef Patrick Lenart zu Wort gemeldet. Sellner muss man zugutehalten, dass er schon genauer skizziert, was diese Mosaik-Rechte seiner Meinung nach sein soll. Denn in diese schlie\u00dft er Westler wie Berger mit ein. So beklagt Sellner in seinem Text\u00a0Das patriotische Mosaik \u2013 Ein Vorschlag<\/em>: \u201eDie Stimmung im Mosaik hat sich ge\u00e4ndert. Seit einigen Monaten herrschen wechselseitige Anriffe [sic!] vor. Antipathie wird offen zur Schau gestellt und konstruktive Kritik oder Solidarit\u00e4t verabschieden sich langsam. Eine kleine, aber sehr aktive Twitterfraktion attackiert gezielt \u201aAbweichler\u2018. Andere packen in peinlichem Systemjargon die Nazikeule aus und verlangen emphatische Bekenntnisse zu Israel. Man differenziert nicht, sondern schm\u00e4ht Gruppen, neben denen man jahrelang existierte, pauschal als liberal Verweste oder als v\u00f6lkische Kryptonazis.<\/em>\u201c[8]<\/a><\/p>\n

Und weiter schreibt das Gesicht der deutschsprachigen Identit\u00e4ren Bewegung im selben Beitrag: \u201eIch finde die Lust an der Selbstzerfleischung befremdlich. Es sei jedem geg\u00f6nnt, die ideologische (sic!) Grenzen um seine Denkschule oder seinen Blog zu ziehen, wie er will. Dennoch erscheint es mir seltsam, da\u00df Personen, die von den Medien und der Gesellschaft als \u201aRechte\u2018 bek\u00e4mpft werden, sich gegenseitig das Dazugeh\u00f6ren absprechen wollen und sich als Gegner oder gar Feinde behandeln.\u201c<\/em><\/p>\n

Nun, wer an dieser Stelle etwas stutzig wird, dass ausgerechnet Sellner, der zuvor mehrfach seine Distanz zu gewissen rechten Kreisen betonte, dies sagt, dem kann ich nur empfehlen noch einmal im Netztagebuch der Sezession nachzuschlagen. Denn in einem 2016 viel diskutierten Artikel von dem o. g. vermeintlichen Vers\u00f6hner der Rechten, wurde ganz klar die Trennung vom sog. „rechten Narrensaum“ <\/em>gefordert. So schrieb Martin Sellner damals: \u201eEs kommt darauf an, da\u00df nicht der idealistische Kern einer Fundamentalkritik an Multikulti, sondern ein verzichtbarer extremistischer Narrensaum diese gruppenpsychologisch notwendige Rolle \u201a\u00fcbernimmt\u2018. Kurz gesagt: Es geht darum, da\u00df die Kantenschere zwischen der Alten und der Neuen Rechten und nicht zwischen Opportunisten und Idealisten verl\u00e4uft.\u201c<\/em>[9]<\/strong><\/a><\/p>\n

Rufen wir uns diese Stelle noch einmal kurz in Erinnerung. Sellner beschrieb damals ein fiktives Zukunftsszenario, in welchem drei Personen A, X und Z zu einer Talkrunde zusammenkamen, um \u00fcber die in diesem Szenario l\u00e4ngst \u00fcberwundene linksliberale Herrschaft zu sprechen. Dabei ringen die von ihm bezeichneten \u201eLast-minute-Dissidenten<\/em>\u201c (also jene, die sich erst dem Widerstand anschlossen, als dieser allm\u00e4hlich zum Mainstream wurde) um Ausreden, warum diese sich damals an dem Augstein-\u00e4hnlichen Gelaber linksliberaler Zensur beteiligten. Sellner meinte in diesem Artikel, dass f\u00fcr solche \u201e\u00dcberl\u00e4ufer\u201c ein S\u00fcndenbock her muss, dem die Schuld aufgeladen wird. Diesem S\u00fcndenbock k\u00e4me also diese \u201egruppenpsychologisch notwendige Rolle\u201c\u00a0<\/em>zu. Damit nicht die „Neue Rechte“ (also jene patriotischen Kreise, denen auch Sellner angeh\u00f6ren will) geopfert werden, muss jetzt ein S\u00fcndenbock her. Diesen hat er l\u00e4ngst ausgemacht und pr\u00e4sentiert ihn seiner Leserschaft: die Alte Rechte.<\/p>\n

Auch in seinem Hilferuf, wo er eben den Akteuren Stein und Kaiser um Solidarit\u00e4t des Mosaiks ringt, macht der Identit\u00e4re deutlich, wer nicht zu diesem Mosaik dazugeh\u00f6rt. So versucht Sellner den Begriff des \u201erechten Mosaiks\u201c in ein \u201epatriotisches Mosaik<\/em>\u201c zu transformieren: \u201eIch pl\u00e4diere daher f\u00fcr das patriotische Mosaik als eine bewu\u00dft ideologisch diverse, strategische Allianz. Es schlie\u00dft Libert\u00e4re, Sozialisten, Neurechte, Christen, Heiden undsoweiter [sic!] ein. Es grenzt explizit nur Altrechte und Globalisten aus, also jene, die sich in die Tradition der europ\u00e4ischen Totalitarismus [sic!] stellen und jene, die den heutigen Weltzustand, die Aufl\u00f6sung der V\u00f6lker und Kulturen und den Austausch unserer Bev\u00f6lkerung, akzeptieren. Auszuschlie\u00dfen sind ebenso Personen, die ungeachtet ihrer Weltanschauung, spalterisches, v\u00f6llig unmoralisches, nach innen denunziatorisches und sonstiges untragbares Verhalten an den Tag legen, was in jedem Teilbereich vorkommen kann und getrennt von der Ideologie kritisiert werden mu\u00df.\u201c<\/em>[10]<\/strong><\/em><\/a><\/p>\n

H\u00f6rt, h\u00f6rt. Herr Sellner pl\u00e4diert hier f\u00fcr eine \u201estrategische Allianz\u201c. Dabei sollen also \u201eLibert\u00e4re, Sozialisten, Neurechte, Christen, Heiden\u201c \u00a0<\/em>willkommen gehei\u00dfen werden. Es ist bezeichnend, dass Sellner, der selber den Begriff der \u201eRechten\u201c f\u00fcr ungekl\u00e4rt h\u00e4lt, immer ganz genau wei\u00df, was Neue und was Alte Rechte ist. Neu ist grunds\u00e4tzlich gut, alt ist grunds\u00e4tzlich schlecht. Woran erinnert mich das nur? Ach ja, an George Orwells \u201eVierbeiner gut, Zweibeiner schlecht<\/em>\u201c[11]<\/a>. Ich m\u00f6chte an dieser Stelle keineswegs jene in Schutz nehmen, die \u2013 wie es Sellner der kompletten sog. \u201eAlten Rechten\u201c vorwirft \u2013 tats\u00e4chlich extremistische, demnach auch unpolitische Positionen beziehen. Wir haben auf diesem Blog bereits hinreichend Kritik an der Alten Rechten, die wir gemein mit dem sog. Nationalen Widerstand machen, ge\u00fcbt (siehe dazu submitted<\/a>,\u00a0submitted<\/a>,\u00a0<\/a>submitted<\/a>\u00a0and submitted<\/a>). Nur wenn Sellner schreibt, dass \u201ejene, die f\u00fcr den Erhalt der Identit\u00e4t eintreten, damit die Identit\u00e4tsfrage stellen und die Grenzen der Assimilations- und Integrationsf\u00e4higkeit erst thematisieren k\u00f6nnen, (\u2026) sich klar und radikal von jenen trennen (m\u00fcssen), welche die Identit\u00e4tsfrage mit einer Renaissance der dritten politischen Theorie, mit Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus verbinden<\/em>\u201c[12]<\/a>, dann muss ihm hier ebenfalls eine totalit\u00e4re Haltung unterstellt werden.<\/p>\n

Denn hier wird versucht das Streben nach Nationalismus, das Bekenntnis zum Nationalstaat in der Sprache politischer Korrektheit \u2013 Sellner nannte es oben \u201eSystemjargon<\/em>\u201c \u2013 mit extremen, also auch rassistischen Positionen gleichzusetzen. Das nenne ich ganz au\u00dferordentlich totalit\u00e4r. Ein Gro\u00dfteil der b\u00fcrgerlichen Rechten bekennt sich zum Nationalstaat. Die AfD in meiner brandenburgischen Heimat postuliert stets auf Demonstrationen und Wahlkampfveranstaltungen den Erhalt des Nationalstaates und der Nation. Sind das etwa auch schon nationalistische, also im Sellner\u2019schen Sinne altrechte Positionen? Muss ich mich also in einem imagin\u00e4ren Paneuropaismus ergie\u00dfen, damit ich nicht aus Versehen zur \u201eAlten Rechten\u201c gez\u00e4hlt werde? Ist die AfD also als \u201erechter Narrensaum\u201c abzuschlagen, weil sie den \u201esouver\u00e4nen, demokratischen Nationalstaat erhalten<\/em>\u201c[13]\u00a0<\/a>will?<\/p>\n

Wie steht es um Akteure wie Benedikt Kaiser und Philip Stein, die hier seit geraumer Zeit versuchen, ebenfalls Elemente der Zweiten (Kommunismus, einschlie\u00dflich Marxismus und Sozialismus sowie Sozialdemokratie) und der Dritten Politischen Theorie (Faschismus, einschlie\u00dflich Dritter Weg) aufbl\u00fchen zu lassen? Ich m\u00f6chte mich hier keineswegs dagegen aussprechen. Im Gegenteil finde ich es erfrischend, dass wir uns auch einmal wieder elementar mit den alten Politischen Theorien besch\u00e4ftigen.[14]<\/a> Ich m\u00f6chte auch eine differenzierte Auseinandersetzung und halte die infantile Glorifizierung der Vergangenheit f\u00fcr genauso negativ wie die infantile Ver\u00e4chtlichmachung derselben. Eine stetige Distanziererei von Altbekannten liegt mir ohnehin fern. Vielmehr habe ich das Gef\u00fchl, dass Sellner immer nur jenen die \u201eAlte-Rechte-Karte\u201c zeigt, die irgendwie nicht ganz Mainstream-konform sind.<\/p>\n

Es gibt keine Mosaik-Rechte<\/h3>\n

Diese ganzen Postulate von der angeblichen Mosaik-Rechten sind nichts mehr als Tr\u00e4umereien. Dabei handelt es sich bei der altbekannten Forderung \u201eGetrennt marschieren, vereint zuschlagen!\u201c, um eine Verwechslung. Moltke gebrauchte diesen Ausspruch in einem milit\u00e4rischen Sinne der Dreiteilung seines Heerverbandes in der Schlacht bei K\u00f6niggr\u00e4tz 1866. Wohlgemerkt handelte es sich um eine erzwungene und strategisch gewollte Teilung eines eigentlich im milit\u00e4rischen und moralischen Sinne einheitlichen Verbandes. Sellner, Lenart, Kaiser und Stein hingegen wollen hier weltanschaulich-ideologisch vollkommen voneinander unterschiedliche Verb\u00e4nde zu einer strategischen Allianz \u00fcberreden, die keine Grundlage besitzt.<\/p>\n

Es ist vielleicht gut gemeint, dennoch nicht weniger naiv, Sozialisten und Libert\u00e4re, gar liberale Gruppen in friedlicher Koexistenz zusammen in eine Richtung zu sto\u00dfen. Der hier von Benedikt Kaiser und Martin Sellner bem\u00fchte Dampfer f\u00e4hrt nicht in dieselbe Richtung und wird es auch nicht. Wer sich mit Revolutionsgeschichte befasst, der kann dies nur als im besten Fall naive Tr\u00e4umerei abtun.<\/p>\n

Da hilft es auch nicht, dass der \u00f6sterreichische Popstar der Neuen Rechten versucht Lenin f\u00fcr sich heranzuziehen. So zitiert Sellner aus der wirklich empfehlenswerten Schrift \u201eWas tun? \u2013 Brennende Fragen unserer Bewegung\u201c\u00a0<\/em>den >>Machiavelli des Ostens<<: „Nur wer zu sich selbst kein Vertrauen hat, kann sich von vor\u00fcbergehenden B\u00fcndnissen, und sei es auch mit unzuverl\u00e4ssigen Leuten, f\u00fcrchten, und keine einzige politische Partei k\u00f6nnte ohne solche B\u00fcndnisse existieren.\u201c<\/em><\/p>\n

Nur vergisst Sellner dabei zu betonen, dass Lenin weniger eine Mosaik-Linke beschrieb, als vielmehr den Versuch auch die Tradeunionisten[15]\u00a0<\/a>zu unterwandern und zu radikalisieren. Lenin bezeichnete die \u201etradeunionistischen\u201c Marxisten als „\u00d6konomisten<\/em>„. Viele von diesen fanden sich in der sp\u00e4teren Menschewiki wieder. Nat\u00fcrlich arbeiteten die Bolschewisten zeitweise mit den Sozialrevolution\u00e4ren und auch den \u201elegalen Marxisten\u201c (u. a. \u00d6konomisten) vor allem in den Staatsdumas zusammen. Nach dem Sturz Kerenskis, mussten jedoch alle Beteiligten der Wahrheit ins Auge blicken, dass es dieses Mosaik nicht gibt. Diese \u201estrategische Allianz\u201c, welche Lenin hier also tempor\u00e4r verfolgte, endete in einer krassen und gewaltt\u00e4tigen Auseinandersetzung der linken Parteien, die nach 1917 \u00fcbrig blieben.<\/p>\n

Und so ist die rhetorisch gestellte Frage von Dr. David Berger in jeder Hinsicht berechtigt. Es handelt sich hier nicht um unterschiedliche Str\u00f6mungen eines Verbandes, sondern um unterschiedliche Verb\u00e4nde mit vollkommen divergenten Zielvorstellungen und weltanschaulichen Grundlagen.<\/p>\n

Keine Wende ohne Weltanschauung<\/h3>\n

Die hilflosen Versuche einiger Akteure Romantik zu verstreuen, werden im Sande verlaufen. Jetzt, wo sich die Gesellschaft endlich in linksliberal und rechtskonservativ spaltet, entsteht eine gewaltige, jedoch notwendige Spannung. Dieses Spannungsfeld l\u00e4sst der gestaltlosen Mitte keinen Spielraum, keine Komfortzone mehr. Jeder wird gezwungen, sich f\u00fcr eine Seite zu entscheiden. Insoweit hat Sellner auch vollkommen recht, wenn er \u201edie Trennlinie heute zwischen Globalisten und Patrioten<\/em>\u201c ausmacht. Dies ist jedoch nur im Gesamtkontext f\u00fcr uns relevant. Wirkliche Ver\u00e4nderungen werden von Ideen erzielt. Besser, von Akteuren, die eine Idee tragen und bereit sind, f\u00fcr dieselbe Opfer zu leisten. Es reicht eben nicht, sich \u201enur\u201c gegen den \u201cGro\u00dfen Austausch\u201c und die Globalisierung zu stellen. Es geht hier um mehr. Das komplette System ist in sich vermodert. Es geht darum, das gesamte System zu hinterfragen, mindestens jedoch das Regime, welches sich in der Welt\u00f6ffentlichkeit als demokratisch und pluralistisch geriert. Es ist dieser schn\u00f6de Demokratismus[16]<\/a>, der nichts weiter als eine gut getarnte Diktatur darstellt, und diese ist im Kern faul und marode. Diese naiven \u00dcberzeugungen, dass die Mehrheit immer recht h\u00e4tte, muss jeden platonischen Sachverst\u00e4ndigen als Phantasmagorie aufsto\u00dfen. Gepaart ist dieser Demokratismus mit dem Globalismus, der eine logische Folge des Kapitalismus ist. Diesen Kern in sich zu \u00fcberwinden, ist Aufgabe einer echten Rechten, unabh\u00e4ngig davon, welcher Str\u00f6mung (also innerhalb des gleichen Verbandes) jeder Einzelne angeh\u00f6ren mag.<\/p>\n

Ich m\u00f6chte betonen, dass es mir fern liegt, nicht auch eine gewisse Arbeitsteilung zwischen dem Parlamentarier und dem Aktivisten anzuerkennen. Dennoch widerspreche ich der These, dass es eine auf Gegenseitigkeit beruhende Solidarit\u00e4t geben kann. Dies sehen wir tagt\u00e4glich in den Medien, die sich \u00fcber die Fetzen hermachen, welche in der AfD hin und her fliegen. Abgrenzungsbeschl\u00fcsse hier, Ausschlussverfahren da. Denn vielmehr stellt sich allm\u00e4hlich eine Trennlinie zwischen jenen, denen wirklich etwas an unserem Volk und unserer Nation liegt und jenen, die sich wie Gl\u00fccksritter in das vom Idealisten gemachte Nest setzen, heraus.<\/p>\n

Ich halte diese Gespaltenheit und das sich gegenseitige Absprechen des Dazugeh\u00f6rens keineswegs f\u00fcr zerst\u00f6rerisch wie Sellner. Im Gegenteil bringt es Klarheit in das \u201eMosaik\u201c. Es gibt eben Steine, deren Farbe einfach nicht in das Gesamtbild passt.<\/p>\n

[1]\u00a0<\/a>Benoist, Fusaro & Kaiser (2018, S. 7): Marx von rechts. Erschienen im Jung Europa Verlag, Dresden 2018<\/p>\n

[2]\u00a0<\/a>Kaiser verwendete hier den Ausdruck eines \u201edialektischen Paar(es)<\/em>\u201c, welches aus \u201eeine(r) \u201ak\u00e4mpfenden\u2018 und \u201eeine(r) (k\u00fcnftig) \u201aregierende(n)\u2018 politische(n) Rechte(n)<\/em>\u201c best\u00fcnde. Dabei werden beide Begriffe wie Wechselwirkungspaare betrachtet. Des Weiteren verweist er hier explizit auf eine angeblichen Dialektik zwischen einer aktivistischen Jugendbewegung und der AfD. Dem widerspreche ich hiermit aufs Sch\u00e4rfste.<\/p>\n

[3]<\/a> Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass hier keinesfalls von dem Materialismus und dem Idealismus im erkenntnistheoretischen und ontologischen Sinne die Rede ist.<\/p>\n

[4]<\/a> Im Gegensatz zu den vielen mystischen Erz\u00e4hlungen konzipierte Hegel keine Triade von \u201eThese, Antrithese und Synthese\u201c.<\/p>\n

[5]\u00a0<\/a>Zitiert in: Lenin Ausgew\u00e4hlte Werke (1970, S. 33). Karl Marx. Dietz Verlag, Berlin 1970<\/p>\n

[6]\u00a0<\/a>Der Namenwechsel passt zu der Rolle des RN (ehemals FN), denn er bedeutet zu Deutsch auch \u201eNationale Sammlungsbewegung\u201c.<\/p>\n

[7]\u00a0<\/a>Belltowers (2019). \u201eIntellektuell parf\u00fcmierte Nazis\u201c gegen \u201eLiberale Nestbeschmutzer\u201c. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/www.belltower.news\/rosenkrieg-rechtsaussen-intellektuell-parfuemierte-nazis-gegen-liberale-nestbeschmutzer-86905\/\u00a0<\/a>(30.06.2019)<\/p>\n

[8]\u00a0<\/a>Sellner (2019). Das patriotische Mosaik \u2013 Ein Vorschlag. Erschienen im Netztagebuch www.sezession.de<\/a>. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/sezession.de\/61275\/das-patriotische-mosaik-ein-vorschlag\u00a0<\/a>(06.07.2019)<\/p>\n

[9]\u00a0<\/a>Sellner (2016). S\u00fcndenbock und Kantenschere. Erschienen im Netztagebuch www.sezession.de<\/a>. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/sezession.de\/56928\/sundenbock-und-kantenschere\u00a0<\/a>(06.07.2019)<\/p>\n

[10]<\/a> Sellner (2019). Das patriotische Mosaik \u2013 Ein Vorschlag. Erschienen im Netztagebuch www.sezession.de<\/a>. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/sezession.de\/61275\/das-patriotische-mosaik-ein-vorschlag<\/a> (06.07.2019)<\/p>\n

[11]\u00a0<\/a>Dieses Zitat stammt aus der ber\u00fchmten Fabel des Engl\u00e4nders George Orwell Farm der Tiere<\/em>, welches auf Englisch das erste Mal 1945 erschien.<\/p>\n

[12]\u00a0<\/a>Sellner (2016). S\u00fcndenbock und Kantenschere. Erschienen im Netztagebuch www.sezession.de<\/a>. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/sezession.de\/56928\/sundenbock-und-kantenschere<\/a> (06.07.2019)<\/p>\n

[13]<\/a> AfD (2019). AfD Kurzprogramm: Wir wollen den souver\u00e4nen, demokratischen Nationalstaat erhalten. Verf\u00fcgbar unter: https:\/\/www.afd.de\/demokratie-in-deutschland\/<\/a> (06.07.2019)<\/p>\n

[14]\u00a0<\/a>Diese Begriffe stammen von Alexander Dugin, der in seiner gleichnamigen Schrift eine sog. \u201eVierte Politische Theorie\u201c fordert. Es scheint, als versuchten Teile der „Neuen Rechten“ ebenfalls diese Vierte Politische Theorie krampfhaft herbeizureden. Bisher bleibt selbst Alexander Dugin uns Antworten auf unsere Fragen schuldig.<\/p>\n

[15]\u00a0<\/a>Damit ist die Ende des 19.\/Anfang des 20. Jahrhunderts in Russland aufkommende Gewerkschaftsbewegung gemeint.<\/p>\n

[16]<\/a> Demokratismus ist nicht mit Demokratie zu verwechseln. Mit Demokratismus ist die Ideologisierung der Demokratie zu verstehen. Dieser sieht die Demokratie nicht nur als Regierungsform, sondern als notwendiges Gesellschaftsmodell, indem alles und jeder politisch sowie letztlich auch \u00f6konomisch gleichgestellt wird.<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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