{"id":10174,"date":"2024-09-03T21:01:59","date_gmt":"2024-09-03T19:01:59","guid":{"rendered":"https:\/\/gegenstrom.org\/?p=10174"},"modified":"2024-09-04T07:11:43","modified_gmt":"2024-09-04T05:11:43","slug":"von-rechter-strategie-und-rechtem-denken-teil-ii-reconquista-und-metapolitisches-wegprogramm","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gegenstrom.org\/en\/von-rechter-strategie-und-rechtem-denken-teil-ii-reconquista-und-metapolitisches-wegprogramm\/","title":{"rendered":"Von rechter Strategie und rechtem Denken – Teil II: Reconquista und Metapolitisches Wegprogramm"},"content":{"rendered":"

Im zweiten Teil der Reihe befassen wir uns mit Martin Sellners Strategieentwurf in „Regime Change von rechts“. Auch hier werden in der kritischen Analyse Gedanken aus unserem vergangenen Seminar<\/a> deutlich. Zudem werden Ideen und Inhalte angedeutet, welche im kommenden Sp\u00e4tsommerseminar<\/a> vertieft werden.\u00a0<\/em><\/p>\n

Die Redaktion<\/em><\/p>\n

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\u201e\u2026alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht\u2026\u201c<\/em><\/p>\n

Mephisto in Goethes Faust<\/p>\n

Ein weitaus ausdifferenzierteres und in sich geschlossenes Konzept als bei Kaiser finden wir bei Martin Sellner in Form seiner Reconquista, die der Leser ausf\u00fchrlich in seinem \u201eRegime Change von rechts<\/a>\u201c findet. Sellner macht hierbei den Versuch ein komplettes strategisches Konzept zu liefern, dem eine umfangreiche Analyse bestehender rechter Ans\u00e4tze vorausgeht. Er identifiziert neben seiner eigens vorgeschlagenen Reconquista weitere drei Leitstrategien:<\/p>\n

    \n
  1. den Parlamentarismus<\/li>\n
  2. die Militanz<\/li>\n
  3. die Strategie der Sammlung<\/li>\n<\/ol>\n

    Insbesondere mit 1. und 2. setzt er sich jeweils in einem ganzen Kapitel kritisch auseinander, und schlussfolgert, dass sie als Leitstrategien f\u00fcr die Rechte untauglich sind, w\u00e4hrend zumindest 3. zwar weniger eine politische Leitstrategie ist, daf\u00fcr aus seiner Sicht ein evtl. Plan B sein k\u00f6nnte. Die Strategie der Sammlung beinhaltet den \u201eErhalt der ethnokulturellen Identit\u00e4t (\u2026) durch vorstaatliche private Ma\u00dfnahmen<\/em>\u201c, wenn die Erreichung staatspolitischer Gestaltungsmacht aussichtslos geworden ist. Dieser Ansatz w\u00e4re dann der Fall, wenn der demographische Kipppunkt erreicht ist und eine Remigration und Regeneration zumindest auf absehbare Zeit nicht mehr realistisch erscheint.[1]<\/a><\/p>\n

    Weiters spricht er von Non-Strategien, die aufgrund ihrer Untauglichkeit f\u00fcr die Erreichung des rechten Hauptziels von vornherein verworfen werden k\u00f6nnen, wobei er sich allerdings die M\u00fche macht in einem Kapitel auf jeder dieser \u201eNicht-Strategien\u201c einzugehen und seinen Standpunkt begr\u00fcndet. F\u00fcr unsere Ausarbeitungen ist es nicht zwingend erforderlich dies hier alles wiederzugeben, da wir zumindest weitestgehend mit Sellner \u00fcbereinstimmen, was seine Einsch\u00e4tzung zu den Non- und den \u00fcblichen Leitstrategien anbelangt. Lediglich sei hier der Vollst\u00e4ndigkeit halber nochmal betont, dass der junge \u00d6sterreicher die Beteiligung der Rechten am parlamentarischen Kampf nicht g\u00e4nzlich verwirft. Er h\u00e4lt den Parlamentarismus als Leitstrategie nur nicht f\u00fcr geeignet, u.a. aus Gr\u00fcnden, die sich aus einer gesetzm\u00e4\u00dfigen Oligarchisierung von Parteien, insbesondere, wenn sie am parlamentarischen Geschehen teilnehmen, ergeben. Wo Benedikt Kaiser uns also zu viel auf die Partei und den Parlamentarismus setzt, warnt Sellner vor diesem regelrecht und betont den Aufbau einer weltanschaulich gefestigten Bewegung, r\u00e4umt aber der Partei ebenfalls einen zentralen Platz ein, der jedoch nicht unstrittig bleiben soll.<\/p>\n

    Was Sellners \u00dcberlegungen so interessant macht, ist seine Analyse zum Zustand des Systems und der Rechten, die er mit dem eigens herausgegeben Hauptziel verbindet. Wir wollen diese Punkte nun im Einzelnen herausheben und einer weiteren kritischen Betrachtung unterziehen.<\/p>\n

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    Das Hauptziel und die identit\u00e4re Einheitsfront<\/span><\/p>\n

    Neben der klaren Unterscheidung zwischen Strategie und Taktik, definiert Sellner vor allem zuerst einmal ein Hauptziel der Rechten, womit zugleich die Aufgabe derselben gesetzt wird. Dieses lautet \u201eErhalt der ethnokulturellen Identit\u00e4t<\/em>\u201c. Es geht also darum \u201eeine radikale Wende der Identit\u00e4ts- und Bev\u00f6lkerungspolitik<\/em>\u201c hervorzurufen, \u201edie den Bev\u00f6lkerungsaustausch aufh\u00e4lt<\/em>\u201c[2]<\/a>. Dieses soll das Ziel der Ziele sein. Das bedeutet, dass jegliche T\u00e4tigkeit rechter Akteure, ganz gleich welcher Art, in erster Linie diesem Ziel \u201edem Erhalt der ethnokulturellen Identit\u00e4t und Substanz<\/em>\u201c, zu dienen habe. Alle anderen Ziele sind diesem unterzuordnen. Was genau diese ethnokulturelle Identit\u00e4t ist, bleibt Sellner hierbei seinen Lesern schuldig. Generell ist der Begriff der Ethnie zwar schon um einiges enger gefasst, als Kaisers Formel des \u201eDas Eigene bewahren\u201c, aber auch dieser erf\u00e4hrt unterschiedliche Konnotationen. Geht Ethnie \u00fcber den Sprachgebrauch hinaus? Hat dieser Begriff eine biologische Komponente? K\u00f6nnte ein gut deutschsprechender Mensch anatolischer Abstammung, der auch zu Hause bei seiner ebenfalls anatolisch st\u00e4mmigen Familie ausschlie\u00dflich deutsch spricht und sich kulturell dem deutschen Volk zugeh\u00f6rig f\u00fchlt, ethnisch als deutsch bezeichnet werden? Geh\u00f6rt ein autochthoner deutscher Muslim dazu?<\/p>\n

    Tats\u00e4chlich finden wir, dass dieses von Sellner ausgegeben Hauptziel, wenn dann einen Minimalkonsens darstellt. Die Rechte ist zu vielf\u00e4ltig als das sie auf ein einziges Hauptziel heruntergebrochen werden kann. Vor allem behaupten wir, dass die Ethnie, insbesondere im biologischen und kulturellen Zusammenhang zwar eine wesentliche, jedoch nicht die einzige Bezugsgr\u00f6\u00dfe der Rechten ist. Hinzukommen Tradition, Religion, Althergebrachtes und Erhaltenswertes, das \u00fcber das ethnisch-biologische hinausgeht. Es ist ein ganzes Wertesystem, das auf einer alten h\u00f6heren Ordnung basiert, die es zu erhalten gilt. Der Rechte ist also davon \u00fcberzeugt, dass wenn gegen diese h\u00f6here Ordnung insurgiert wird, der Mensch sich strafbar macht und vers\u00fcndigt[3]<\/a>. Dazu geh\u00f6rt auch eine geistige Ebene. Das Argument lautet, und auch da wollen wir grunds\u00e4tzlich nicht widersprechen, dass es keinerlei Gr\u00fcnde mehr geben wird, deutsches Kultur- und Geisterzeugnis erhalten zu wollen, wenn es daf\u00fcr keine substanzielle Basis, also ein Tr\u00e4gervolk gibt. Nun mag dies stimmen und aus strategischer Sicht ist es tats\u00e4chlich sinnvoll diesen Minimalkonsens zum Hauptziel, zumindest f\u00fcrs Erste, zu erheben. Doch darf dabei nicht vergessen werden, dass auch ein Tr\u00e4gervolk, das weiterhin am Nihilismus festh\u00e4lt, eben kein Volk mehr ist. Wir wollen hierbei unter Volk eine ethnische Gemeinschaft von Menschen gleicher Abstammung, Kultur, Geschichte und einem gemeinsamen Lebens- und Wirkraums verstehen. Der gemeinsame minimale Grundsatz der Echten Rechten muss lauten: „Was meinem Volke n\u00fctzt, ist gut, was ihm schadet, ist schlecht“. Dazu bedarf es aber auch einer grundlegenden Er\u00f6rterung, was \u201eVolk\u201c, was \u201eEthnie\u201c ist. Solange diese Grundbegriffe innerhalb der Rechten nicht gekl\u00e4rt sind, ist auch Sellners Minimalkonsens obsolet, weil man gar nicht wei\u00df, worum es geht.<\/p>\n

    Sellner geht so weit, dass er jene \u201eSpielarten\u201c der Rechten, die rechtslibert\u00e4rer, rechtskonservativer oder rechtssozialistischer Ideologie angeh\u00f6ren, andere Hauptziele verfolgen und damit \u201enicht den Kern des rechten Lagers<\/em>\u201c vertreten.\u00a0 Allerdings schlie\u00dft er vorr\u00fcbergehende Allianzen nicht aus. So postuliert er eine \u201eidentit\u00e4re Einheitsfront<\/em>\u201c, in der \u201eniemand seine \u00dcberzeugungen aufgeben<\/em>\u201c muss. \u201eRechte verschiedener (\u2026) politischer Couleurs einigen sich darauf, da\u00df das identit\u00e4re Hauptziel Vorbedingung f\u00fcr ihr jeweils weiterf\u00fchrendes Ziel ist<\/em>\u201c, wobei er zugleich konstatiert, dass \u201eeinige danach weiterklettern und den Erhalt der ethnokulturellen Identit\u00e4t nur als Basislager f\u00fcr einen weiteren Aufstieg sehen<\/em>\u201c sollten. Diese B\u00fcndelung aller rechter Kr\u00e4fte unter dieses hehre Hauptziel wird damit zur wichtigsten Aufgabe, um \u201edie n\u00f6tige kritische Masse<\/em>\u201c zu erreichen. Der Versuch durch binnenpolitische Kulturk\u00e4mpfe eine Mehrheit innerhalb der Rechten in einem Fl\u00fcgel zu realisieren, ist aus seiner Sicht der sichere Weg in eine weitere Spaltung und muss daher bek\u00e4mpft werden. [4]<\/a><\/p>\n

    Die Rechte wird damit per Hauptziel definiert. Wer die Erreichung dieses Hauptziels nicht uneingeschr\u00e4nkt als dringendste Aufgabe anerkennt und seine Ressourcen eben auf dieses setzt, wird ausgeschlossen und geh\u00f6rt nicht zum Kern der Rechten. Gleichzeitig will Sellner durch eine m\u00f6glichst anschlussf\u00e4hige Darstellung rechter Inhalte auch lager\u00fcbergreifend f\u00fcr das Hauptziel werben[5]<\/a>. Und hier sto\u00dfen wir auf das gleiche Problem, das wir schon bei Kaiser hatten: Dies setzt ein gemeinsames Bewusstsein voraus, das lager\u00fcbergreifend einend wirkt. Diese Idee einer rechten Einheitsfront ist nicht neu und wird alle paar Jahre wieder von Akteuren postuliert, die sich wenig bis gar nicht mit Gesellschaftsstrukturen auseinandersetzen. Sellner beweist ein sehr hohes analytisches Verst\u00e4ndnis, wenn er in seiner Systemanalyse einen \u201esanften Totalitarismus<\/em>\u201c[6]<\/a> (Soft-Power) und den \u201eFlie\u00dfkreis der Macht<\/em>\u201c (siehe Abb. 1) ausfindig macht. Wir geben ihm vollkommen Recht, dass \u201eZiel einer rechten Revolutionstheorie<\/em>\u201c sein muss \u201edie Meinungsklimaanlage zu sabotieren und die Fenster des Treibhauses zu zerschlagen<\/em>\u201c[7]<\/a>, also mittels Metapolitik das Overton-Window nach rechts zu bewegen. Dies ist Kern jeder rechten Metapolitik, dass also der Resonanzraum des Sagbaren nach rechts ausgedehnt wird und somit ein besseres \u201eMeinungsklima\u201c f\u00fcr die Platzierung rechter Ideen im Volk entsteht. Nun glauben wir aber nicht, dass dies \u00fcber eine Einheitsfront vonstattengeht und weisen den Leser auf unsere zuvor gemachten Aussagen hinsichtlich der Milieuzugeh\u00f6rigkeit hin. Indem die heterogenen und zu einem Gro\u00dfteil stark unabh\u00e4ngig voneinander agierenden rechten Akteure sich vereinheitlichen lassen, auch wenn Martin Sellner jedem zugesteht irgendwie nach seiner Fa\u00e7on selig zu werden und die eigenen \u00dcberzeugungen nicht aufgeben zu m\u00fcssen, verlieren sie ihre Schlagkraft und Motivation. Wir wollen hier wieder betonen, dass eben genau diese Heterogenit\u00e4t, diese Vielfalt die St\u00e4rke der Deutschen Rechten ist. Und sie wird ihre Kr\u00e4fte nur dann wirklich entladen k\u00f6nnen, wenn die einzelnen Akteure vollkommen bewusst und durchaus in einem ideologischen Binnenkampf einander konkurrieren. Wir wollen dies nun n\u00e4her begr\u00fcnden.<\/p>\n

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    Abbildung 1 Flie\u00dfkreis der Macht, \u00fcbernommen von Sellner, M. (2023, S.46). Eigene Darstellung.<\/p>\n

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    Heterogenit\u00e4t als St\u00e4rke<\/span><\/p>\n

    Wo Kaiser den Leser relativ im Unklaren dar\u00fcber l\u00e4sst, was denn genau dieses Vorfeld sein soll, wird Sellner ziemlich konkret, in dem er ein ganzes metapolitisches Wegprogramm skizziert, mit dem die Reconquista realisiert werden soll. Er erkennt auch eine Arbeitsteilung innerhalb der Rechten in eine rechte Massenpartei, die Bewegung, die Gegen\u00f6ffentlichkeit, die Gegenkultur und die Theoriebildung. Auf Grundlage des gemeinsamen identit\u00e4ren Minimums, das in konkreter Form in das Hauptziel m\u00fcndet, entst\u00fcnde eine Solidarit\u00e4t miteinander, wobei jede Abteilung sich auf seine Ressourcen konzentriert, um die People Power, die metapolitische Wirkung der geballten Kr\u00e4fte aller oppositioneller Ressourcen in Richtung Social Change bzw. Regime Change zu forcieren.<\/p>\n

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    Abbildung 2 Das rechte Lager und das metapolitische Wegprogramm, Darstellung \u00fcbernommen von Sellner, M (2023, S. 55)<\/p>\n

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    Die Akteure<\/strong><\/p>\n

    Wie Kaiser sieht Sellner die Partei an der Spitze, obgleich er die Gefahr des Parlamentarismus als Leitstrategie erkennt und selbige daher immer wieder z\u00fcgeln will. Die Aufgabe der Z\u00fcgelung die Massenpartei \u201cauf Linie zu halten\u201c sieht er genauso wie Kaiser nicht bei einer korrigierenden Konkurrenzpartei, sondern im Bereich der au\u00dferparlamentarischen Metapolitik.[8]<\/a><\/p>\n

    Unter der Bewegung versteht Sellner \u201eden<\/em> (au\u00dferparlamentarisch, Anm. Red.) organisierten, metapolitisch wirksamen Teil des rechten Lagers<\/em>\u201c, wobei er diese in eine meist jugendliche aktionistische Avantgarde und \u201emassenbasierte B\u00fcrgerbewegungen<\/em>\u201c unterteilt. Die Bewegung versteht er als eine Art Korrektiv der Partei, die also sicherstellt, dass der Diskurs stets gest\u00f6rt und die \u201eNonkooperation mit der herrschenden Ideologie<\/em>\u201c sichtbar wird.[9]<\/a><\/p>\n

    Unter der Gegen\u00f6ffentlichkeit versteht der Neurechte Aktivist die Summe aller \u201eMedien, sozialen Plattformen, Influencer und sonstigen Meinungsmultiplikatoren, die sich dem gegnerischen Mainstream entgegenstellen und tendenziell das rechte Hauptziel teilen<\/em>\u201c.[10]<\/a><\/p>\n

    Der Theoriebildung weist er die Aufgabe zu, Ideen zu bilden sowie zu rezeptieren und gleichzeitig Wissen zu vermitteln, was durch \u201eZeitschriften, Verlage, Akademien und Einzelpersonen gew\u00e4hrleistet wird<\/em>\u201c. Konkret bedeutet dies, dass sie erstens \u201edas Hauptziel (\u2026) aus dem gro\u00dfen Feld rechter Weltanschauung destilliert und m\u00f6glichst anschlu\u00dff\u00e4hig und verst\u00e4ndlich formuliert<\/em>\u201c und zweitens die die Ausarbeitung von Revolutionstheorie verwirklicht.[11]<\/a><\/p>\n

    Die Gegenkultur umfasst \u201ealle k\u00fcnstlerischen, belletristischen, kulturellen, subkulturellen und lebensreformerischen Aktivit\u00e4ten des rechten Lagers<\/em>\u201c. Dabei betrachtet er vor allem diesen Bereich als ein sehr weit und flexibel gefasstes Feld, auf dem gem\u00e4\u00df der oftmals extravaganten und sehr eigensinnigen Charaktere solche K\u00fcnstlernaturen viel Freiraum gelassen werden muss und das Auftreten derselben oftmals gar keinen offensichtlich politischen Habitus besitzt.[12]<\/a><\/p>\n

    Die \u201eOrbanisierung\u201c als Beispiel f\u00fcr Ideologischen Binnenk\u00e4mpfe<\/strong><\/p>\n

    Sellner betont in seinen Ausf\u00fchrungen immer wieder, dass das Hauptziel nur dann erreicht werden kann, wenn zwar der Inhalt der von den rechten Akteuren entfalteten Aktivit\u00e4ten (inkl. Theorie-, Kultur- und Medienarbeit) einem identit\u00e4r-weltanschaulichen Minimum entspricht, gleichzeitig aber m\u00f6glichst anschlussf\u00e4hig ist[13]<\/a>. Hier besteht die auch von ihm erkannte Gefahr einer Verw\u00e4sserung der Weltanschauung und letztlich damit auch der Hauptzielsetzung. Er erkennt zwar den Vorteil von Vielfalt in den Bereichen \u201eGegenkultur und Theoriearbeit<\/em>\u201c, da diese \u201edas rechte Lager anschlussf\u00e4hig<\/em>\u201c macht, \u201eeine Vielfalt an Massen- und Avantgardebewegungen, vor allem aber an Parteien<\/em>\u201c sieht er als \u201eeher sch\u00e4dlich<\/em>\u201c. Sie w\u00fcrden die Synergieeffekte reduzieren und nur \u201esinnlose Bruderkriege<\/em>\u201c provozieren[14]<\/a>. Doch in Wirklichkeit ist es doch so, dass das auch von Sellner hier herausgegebene Hauptziel viel besser erreicht werden kann, wenn hier sogar mehrere Akteure miteinander konkurrieren. Wir haben dies oben bereits im Fall Krah<\/a> gesehen. W\u00fcrde es im Europaparlament eine andere deutsche rechte Partei geben, dann h\u00e4tte dieser nun zumindest die Alternative zur Alternative. Die Rechte willk\u00fcrlich auf das identit\u00e4re Minimum, das von Sellner wahrscheinlich sogar bewusst so abstrakt und weich in der Definition gehalten wird, zu begrenzen, kommt einer starken Vereinfachung, ja einer Reduzierung gleich, die nicht die Realit\u00e4t widerspiegelt. Uns ist kein Land auf dieser Welt bekannt, in dem es nur eine rechte oder auch linke Partei mit mittel- bis langfristiger Beteiligung an einer Regierung gab (ausgeschlossen Ein-Parteien-Staaten), die sich als Einheitsfront begreift. Es gibt keine Partei mit Monopolstellung im Parlamentarismus, sondern immer mit ideologisch verwandten Konkurrenten. Schon deshalb, weil der Zugang zum Politischen Komplex relativ leichtf\u00e4llt. Personelle Rivalit\u00e4ten werden gern ideologisch verschleiert. Auch haben wir oben bereits aufgezeigt, dass Parteien keinen monolithen Block ausmachen. Sie sind Biotope rechter Vielfalt. Dieser Fehler zieht sich bei Sellner und bei Benedikt Kaiser durch das ganze Konzept wie ein Kaugummi. Es mag vielleicht nur eine rechte Massenpartei geben, aber sie bedarf eines unseretwegen kleineren radikaleren Korrektivs, um die Positionen immer wieder auszutarieren und ideologisch auf Spur zu behalten. Das gleiche gilt f\u00fcr die Bewegung, die Sellner ganz bewusst und auch von der Partei trennt. Als Paradebeispiel bringt er die sog. Orbanisierung an, die wir hier eher als Gegenbeispiel heranziehen wollen. Die Fidesz wurde ihrerzeit von radikaleren Kr\u00e4ften parlamentarisch wie au\u00dferparlamentarisch vor sich hergetrieben. Man erinnere sich an viele sehr spektakul\u00e4re Eklats im ungarischen Parlament zwischen der 2003 gegr\u00fcndeten Jobbik und der Fidesz[15]<\/a>. Auch der Spiegel wusste noch 2013 dar\u00fcber zu berichten, wie die Fidesz permanent Inhalte der viel radikaleren Jobbik \u00fcbernahm, um die noch rechtere Konkurrenz bei den Wahlen auszustechen[16]<\/a>. Denn die Orban-Partei war urspr\u00fcnglich eine f\u00fcr ungarische Verh\u00e4ltnisse sogar ziemlich liberale Organisation, die sich erst in den letzten Jahren konservativer positionierte, was mit den sich \u00e4ndernden objektiven Verh\u00e4ltnisse mehr zu tun hat, als einer konservativen Weltanschauung des Ceasaristen Viktor Orban. An dem Verh\u00e4ltnis zwischen Fidesz und Jobbik k\u00f6nnen wir auch sehen, was mit Parteien passiert, die versuchen \u201eanschlussf\u00e4higer\u201c zu werden[17]<\/a>. Die Bewegung, die gewisserma\u00dfen bei Sellner die Funktion des bei Kaiser definierten Vorfelds \u00fcbernimmt, kann nicht als Korrektiv wirken, sondern lediglich als Transmissionsriemen zwischen den Parteien, den Aktivisten und den im metapolitischen Raum t\u00e4tigen Akteuren. Und auch hier, also innerhalb der Bewegung und ihrer Gesamtheit an unterschiedlichen Arbeits- und Aufgabenbereichen, gibt es eine Heterogenit\u00e4t, die sich letztlich auch aus verschiedenen Weltanschauungen speist. Das Hauptziel kann und wird dabei eben nur Minimalkonsens, der kleinste gemeinsame Nenner sein.<\/p>\n

    Der Vorschlag von Sellner im Zweifel aus der avantgardistischen Bewegung heraus eine Korrektiv-Partei zu gr\u00fcnden, sollte verworfen werden. Aufgrund der dem Parteiensystem und solcher Apparate immanenten Mechanismen, k\u00f6nnte diese Bewegung ihre wichtige Aufgabe der Metapolitik gar nicht mehr betreiben, ohne selber komplett zu verw\u00e4ssern und zu oligarchisieren. Denn eine Avantgarde zeichnet sich eben nicht nur durch ihre \u201eaktionistische\u201c T\u00e4tigkeit aus, wie es Sellner hier vereinfacht darstellt, sondern vor allem durch ihren Anspruch der Bewegung den ideologischen Kern auf fundamentale Art und Weise zu liefern.<\/p>\n

    Die Erfahrung als Wurzel jeder Aktivit\u00e4t<\/strong><\/p>\n

    Dies ist eng verwurzelt mit dem von Lenin so sch\u00f6n bezeichneten \u201egrundlegende(n) Gesetz aller gro\u00dfen Revolutionen<\/em>\u201c[18]<\/a>: Die Masse muss zun\u00e4chst politische Erfahrung sammeln, der die Erfahrungen der Avantgarde vorausgehen. Radikalere Kr\u00e4fte machen andere Erfahrungen im politischen Gesch\u00e4ft als Gem\u00e4\u00dfigtere. So gibt es z.B. AfD-Abgeordnete, die es vollkommen ablehnen Massenaktivit\u00e4ten zu entfalten, weil sie dies f\u00fcr zu revolution\u00e4r, f\u00fcr die b\u00fcrgerliche Ordnung zu st\u00f6rend halten. Sie selbst k\u00f6nnen das Bewusstsein f\u00fcr das gesamte Ausma\u00df der hasserf\u00fcllten Feindschaft der politisch Herrschenden gar nicht erlangen, ohne dass sie die entsprechenden Erfahrungen dazu machen. So finden wir auf der anderen Seite auch heute viele Personen in und um die AfD sowie neurechter Strukturen, die zuvor bereits in anderen sog. \u201ealtrechten\u201c Strukturen gewirkt haben. Diese \u00fcben heute nicht selten wichtige Funktionen aus, da sie aufgrund ihrer politischen und weltanschaulich beeinflussten Sozialisation entsprechende Erfahrungen gemacht haben, von der auch heute eine sich von der Altrechten distanzierenden Identit\u00e4ren Bewegung z.B. profitiert. Rechte verschiedener Radikalit\u00e4t und unterschiedlicher weltanschaulicher Spielarten machen auch unterschiedliche Erfahrungen und entwickeln dabei unterschiedliche Theorien, Strategien und Gesp\u00fcr f\u00fcr die bestehenden Verh\u00e4ltnisse. Ob wir es wollen oder nicht, ob wir weltanschaulich damit einhergehen k\u00f6nnen oder nicht, sie sind und sie werden ihre Rolle auch in den kommenden Verh\u00e4ltnissen spielen. Die Geschichte zeugt davon deutlich. Jede gro\u00dfe Revolution hat unterschiedlichste Facetten an Akteuren, die sich einander gegenseitig mal mehr bewusst, mal mehr unbewusst beeinflussen. Sie widersprechen einander, wodurch die Bewegungen (hier im dialektischen Sinne) einen gewaltigen Vorschub bekommen. Wer die rechte Einheit anstrebt, so idealistisch und gutgemeint dieses Ziel auch motiviert sei, der vers\u00fcndigt sich an der organisch gewachsenen Vielfalt der Rechten, die wenn zumindest die Avantgarde sich dieses Umstandes bewusstwird, gewaltige Kr\u00e4fte entfalten kann. Eine Einigung w\u00e4re nur \u00fcber eine straffe \u00fcbergeordnete Koordination m\u00f6glich. Wie sollte diese sich bilden, wie legitimiert werden?<\/p>\n

    Lenin formulierte es einmal so: \u201eLicht, mehr Licht! Wir brauchen ein riesengro\u00dfes Orchester, wir m\u00fcssen Erfahrungen sammeln, um in diesem Orchester die Rollen richtig zu verteilen, um dem einen die sentimentale Geige, dem andern die grimmige Bassgeige, dem dritten den Dirigentenstab zu geben.<\/em>\u201c[19]<\/a>. Der russische Revolution\u00e4r verweist hier auf die Vielfalt der sozialistischen Gruppierungen in der Russischen Revolution, die in Wirklichkeit von 1905 bis 1917[20]<\/a> ihre Energie in massiven Klassenk\u00e4mpfen freisetzte. Das Orchester zeichnet sich durch die vielen verschiedenen Instrumente aus, die zur rechten Zeit mal alleine, mal in Zusammenspiel mit anderen Instrumenten erklingt. Das sind teilweise von der Art sehr unterschiedliche Instrumente, die eben auch teilweise vollkommen scheinbar divergente Funktionen innerhalb des Orchesters einnehmen. W\u00fcrden sie wild drauf losspielen, k\u00f6nnte sich niemand ihres Klangs erfreuen. Wir w\u00fcrden ihm eine musisch-kunstvolle Unterhaltung absprechen. Erst durch den Dirigenten wird daraus ein harmonisches Kunstwerk. So hatten eben die Sozialrevolution\u00e4re (Die Narodniki, sp\u00e4ter auch Trudowiki), die sich gro\u00dfenteils aus j\u00fcdischen Intellektuellen speisten, die besonders unter der Zarenherrschaft leiden mussten, sich anders als andere sozialistische Gruppen auf das Landvolk ausgerichtet. Sie setzten sich als erste f\u00fcr die Bauern ein, w\u00e4hrend sich die Sozialdemokratie auf das Proletariat konzentrierte. Genauso gab es liberal-b\u00fcrgerliche Elemente (wie die Kadetten), die sich vom Feudalismus lossagen wollten und ebenfalls Schnittmengen mit den Sozialisten hatten. Auch innerhalb der radikaleren Sozialdemokratie gab es neben den Bolschewiki die Menschewiki, die auch das Proletariat adressierten, aber auf eine oberfl\u00e4chlichere Art als dies erstere getan haben. Lenin hat sie deshalb als \u201e\u00d6konomisten\u201c bezeichnet. Sie waren aus seiner Sicht nicht weltanschaulich gefestigt genug, weshalb sie bei rein wirtschaftlichen Forderungen blieben, ohne die Gesellschaftsordnung in ihren Grundfesten aufheben zu wollen. Doch all diese Positionen wurden nicht nur geduldet, sondern die ideologische Auseinandersetzung sogar gef\u00f6rdert. Das bekannteste Beispiel stellt die Iskra<\/em> (z.Dt. \u201eFunke\u201c) dar. Sie war eine hochgradig ausdifferenzierte Theoriezeitschrift, in der Denker der verschiedenen linken Fraktionen in der russischen Sozialdemokratie miteinander teilweise richtig heftig diskutierten. Es ging dabei darum eine gemeinsame Bewusstseins-Plattform zu schaffen, was nicht m\u00f6glich gewesen w\u00e4re, h\u00e4tten sie diese Auseinandersetzungen in der Sache nicht richtig hart gef\u00fchrt. So wurde auch \u00fcber das Hauptziel und die dringendsten Aufgaben der Bewegung immer und immer wieder kontrovers diskutiert, ja regelrecht gestritten. Das bekannte Schl\u00fcsselwerk \u201eWas tun?\u201c ist das Ergebnis dieser Arbeit. Lenin hat die meiste Zeit w\u00e4hrend des vorrevolution\u00e4ren Jahrzehnts im Ausland verbracht. Er studierte die verschiedenen Positionen und beobachtete die Aktivit\u00e4ten wie ein Zaungast und analysierte permanent die Lage. Das wichtigste Etappenziel, hatte er sp\u00e4ter in seinen Ausf\u00fchrungen \u00fcber den \u201eLinken Radikalismus, die Kinderkrankheit des Kommunismus\u201c (1920) so formuliert: \u201eDie proletarische Avantgarde ist ideologisch genommen. Das ist die Hauptsache. Ohne diese Vorbedingung kann man nicht einmal den ersten Schritt zum Sieg tun.<\/em>\u201c[21]<\/a><\/p>\n

    Die Avantgarde selbst muss also ihre Erfahrungen sammeln. Dies geschieht ideologisch sowie organisations\u00fcbergreifend innerhalb der Rechten. Ein Bewusstsein aller Akteure wie es sich Sellner und Kaiser w\u00fcnschen, ist nur unter dieser Avantgarde m\u00f6glich. Und aufgrund ihrer \u00dcberzeugungen in der Sache, handelt es sich dabei nicht um der Masse zugeh\u00f6rige Personen. Es sind \u00dcberzeugungst\u00e4ter.<\/p>\n

    Die Klasse schafft das Milieu, das Milieu die Erfahrungen und umgekehrt<\/strong><\/p>\n

    Erst also durch diese Erfahrung, die die Rechten verschiedener Couleur machen, k\u00f6nnen wir Wissen sammeln, gem\u00e4\u00df nach dem alten Management-Prinzip Trial-and-Error (Versuch und Irrtum). Wir lernen quasi via negativa<\/em>, also aus den Fehlern, die gemacht werden und was also eben nicht zu tun ist. Die Rechte muss diese unterschiedlichen Erfahrungen machen. Jede Person ist aufgrund seiner Klassenzugeh\u00f6rigkeit in einem bestimmten Milieu eingewoben und sein Denken wird dadurch zumindest zum Teil gepr\u00e4gt, was wiederrum Handlungen bestimmter G\u00fcte provoziert. Wir wollen hierbei nicht die angeborenen Eigenschaften leugnen oder geringsch\u00e4tzen, aber wir erkennen an, dass das gesellschaftliche Sein, welches durch die \u00f6konomischen Verh\u00e4ltnisse determiniert wird, das Bewusstsein bei den Menschen schafft. Das ist eine einfache Objekt-Subjekt-Dialektik. Die objektiven und damit nicht direkt beeinflussbaren Verh\u00e4ltnisse, wirken auf die innerhalb dieser Verh\u00e4ltnisse lebenden Subjekte, sind also Notwendigkeiten, von denen sie sich nicht lossagen k\u00f6nnen. Auf dieses Bewusstsein folgt ein bestimmtes Verhalten, das wiederum auf die Verh\u00e4ltnisse zur\u00fcckwirkt. Oder anders: Wenn die Verh\u00e4ltnisse zunehmend schlechter werden, gibt es immer mehr Bed\u00fcrfnis (Bewusstsein) f\u00fcr die Notwendigkeit einer Ver\u00e4nderung der Verh\u00e4ltnisse. Es bilden sich Oppositionen bis hin zu revolution\u00e4ren Kr\u00e4ften aus, die durch ihr Verhalten anfangen die bestehenden Verh\u00e4ltnisse zu \u00e4ndern.<\/p>\n

    Die Zugeh\u00f6rigkeit zu einer bestimmten Klasse speist sich in erster Linie aus dem Berufsstand, der eng verwoben ist mit den \u00f6konomischen Verh\u00e4ltnissen. Im ersten Teil hatten wir bereits beleuchtet, dass bspw. ein Industrieller, also ein \u201eKapitalist\u201c (Kapitaleigner) in der Regel andere Interessen vertritt als ein Angestellter, der eben mit den Kapitalien (in Form von Produktionsmitteln) des Eigners arbeiten muss, um Geld zu verdienen. So k\u00f6nnen wir dies auch sehr gut anhand von Parteien beobachten. Die AfD stellt heute in erster Linie die Partei des Kleinb\u00fcrgertums und der Handwerker dar. Es sind also jene, die am meisten unter der vorherrschenden Politik zu leiden und zu verlieren haben. Deshalb w\u00e4hlen nicht wenige gut integrierte Migranten auch die AfD. Hingegen wird das B\u00fcndnis Sahra Wagenknecht wahrscheinlich von der Klasse der Werkt\u00e4tigen und Arbeiterschaft[22]<\/a> (Produktions- und Industriearbeiter) gew\u00e4hlt[23]<\/a>. Andere rechte Parteien wie Die Heimat (ehem. NPD) oder die Freien Sachsen werden wahrscheinlich eher von Werkt\u00e4tigen und Arbeitern gew\u00e4hlt, die eine weitaus radikalere Position gegen\u00fcber dem System vertreten. Der Dritte Weg hingegen repr\u00e4sentiert wieder eher sozialistisch ausgerichteten Rechte. Kleinstparteien k\u00f6nnen aufgrund der geringen Gr\u00f6\u00dfe nicht als Repr\u00e4sentanten einer Klasse bezeichnet werden, sind dennoch Ausdruck eines offenbar trotzdem vorherrschenden Bed\u00fcrfnisses in der Rechten.<\/p>\n

    Wir verwenden hierbei ganz bewusst den Begriff der Klasse. Es ist eine gewaltige Schw\u00e4che rechter Strategen und Analysten die Klassentheorie als marxistisch und f\u00fcr die rechte nicht brauchbar zu verwerfen. Denn wenn wir etwas an Marxens Theorie anerkennen m\u00fcssen, dann sind es seine scharfsinnigen Erkenntnisse aus gesellschaftswissenschaftlichen Beobachtungen. Wir halten seine Diagnose des Zustands also durchaus f\u00fcr treffend, wenn auch die darauffolgenden Therapieans\u00e4tze abzulehnen sind. Wir sind keine Marxisten oder Leninisten. Wir sind lediglich \u201eRosinenpicker\u201c, die \u00fcbernehmen, was erhaltenswert ist und verwerfen, was nicht erhaltenswert ist. Aber wir gehen mit dem Philosophen Gottfried Stiehler mit, wenn er uns sagt: \u201eDie Pers\u00f6nlichkeit wird im hohen Ma\u00dfe durch die (\u2026) Verh\u00e4ltnisse gepr\u00e4gt, wie sie sie konkret in dem Arbeits- und Lebensbedingungen der Kollektive vorfindet. Es tritt eine Dialektik des Allgemeinen und des Besonderen ein. Das Allgemeine bestimmt die allen Bereichen gemeinsamen sozialen Charakteristika, aber es ist nicht deren blo\u00dfer Durchschnitt, sondern tritt auch als Norm und Erfordernis in Erscheinung, dem die Mikrobereiche der Gesellschaft in unterschiedlicher Weise entsprechen (\u2026) Durch sie (die Arbeits- und Lebensbedingungen, Anm. d. Red.) wird das Individuum in seinem Denken und Verhalten beeinflu\u00dft.\u201c[24]<\/strong><\/a><\/em><\/p>\n

    Die Anerkennung der Klassen- und Milieuzugeh\u00f6rigkeit ist eine der wichtigsten Voraussetzung ernsthafter und objektiver Analysen. Die Klassen sind die Subjekte jeder geschichtlichen Entwicklung.<\/p>\n

    Die Theoriearbeit als Voraussetzung jeder Aktivit\u00e4t<\/strong><\/p>\n

    Eine weitere Kritik, die wir an Sellners Konzept \u00fcben m\u00fcssen, ist sein Rollenverst\u00e4ndnis von Theoriearbeit, der wir uns selber als MetaPol zugeh\u00f6rig sehen. Die Reduzierung auf die beiden oben genannten Aufgaben, wird dem Theorie- und damit Ideengebenden Bereich nicht gerecht. Sie hat eben nicht nur die Aufgabe das Hauptziel zu definieren, was Sellner ja bereits innerhalb seines Universums mit dem Buch getan hat. Sie ist vor allem daf\u00fcr zust\u00e4ndig neue Ideen zu produzieren und alte Ideen auf ihre G\u00fcltigkeit abzuklopfen. Ohne sie gibt es keine Aktivit\u00e4t. Genauso wie der Aktivist seine Erfahrungen im politischen Kampf machen muss und die gegebenen Verh\u00e4ltnisse sowie Notwendigkeiten, die Grenzen sowie die M\u00f6glichkeiten im praktischen Sinne immer wieder austestet, muss der Theoretiker diese Erfahrungen unter m\u00f6glichst objektiven Voraussetzungen erfassen, einsch\u00e4tzen und immer wieder hinterfragen. Dabei darf er eben nicht, wie es Sellner fordert, von der Bewegung korrigiert werden, weil er wie der \u201eIntellektuelle habituell zum Tunnelblick auf eine fixe Idee\u201c<\/em> neigt. So sollen Themen wie Geopolitik, Theologie, Wirtschaft- und Sozial- oder Umweltpolitik in den Hintergrund geraten, weil sie der People Power angeblich schaden w\u00fcrden.[25]<\/a><\/p>\n

    Diese Forderung ist sehr kurzsichtig und wird der Realit\u00e4t einfach nicht gerecht. Was ist denn dann noch die Aufgabe von Theoretikern? Mal abgesehen davon, dass Sellner \u00e4hnlich wie Kaiser kaum den Begriff der Denkfabrik verwendet, verkennt er hier die Dringlichkeit sich eben solchen Fragen zu widmen. Denkfabriken, und genau das verstehen wir als die Organisationsform von Theoretikern, von Denkern und Vordenkern, haben die ureigene Aufgabe sich eben mit Fragen, die \u00fcber das Allt\u00e4gliche hinausgehen, zu befassen. Wir sind z.B. immer wieder gefragt worden, warum wir uns so viel mit Geopolitik befassen. Unsere Antwort darauf lautet: Es ist unsere Pflicht \u00fcber den nationalen Tellerrand hinaus zu blicken und unserem Volk eine alternative Au\u00dfenpolitik anzubieten. Warum sollten sie uns Rechten Vertrauen schenken, wenn sie nicht einmal in Ans\u00e4tzen eine Vorstellung davon bekommen, welche Konsequenzen f\u00fcr das Ausland eine rechte Regierungsbeteiligung haben kann. Insbesondere heute sehen wir, dass au\u00dfen- und geopolitische Positionen bei den Wahlen eine gewaltige Bedeutung spielen. Angesichts dieser Tatsache erschlie\u00dft sich uns nicht, warum Sellner solche Themen als unterzuordnen abtut. Hinzukommt die Tatsache, dass sich mit diesen einzelnen sehr speziellen Fachbereichen auch nur bestimmte Menschen befassen. Es geh\u00f6rt auch ein gesteigertes Interesse f\u00fcr die Themengebiete. So k\u00f6nnen und sollten sogar verschiedene rechte Denkfabriken existieren, die sich auf unterschiedliche Themenkomplexe fokussieren. Sellner verkennt hier eine der wesentlichen objektiven Voraussetzungen jeder Revolution: Der Abfall der Intelligenzija und der Eliten der zweiten bzw. mittleren F\u00fchrungsebene. Warum sollten ausgerechnet jene sich der Revolution anschlie\u00dfen, wenn sie nicht erkennen k\u00f6nnen, dass die Rechte den staatspolitischen Gesch\u00e4ften ernsthaft gewachsen ist?<\/p>\n

    Auch die Fixierung auf das Sellner\u2019sche Hauptziel verkennt, dass au\u00dferhalb der rechten Avantgarde die meisten Menschen materiellen Bed\u00fcrfnissen anh\u00e4ngen. In der Formulierung der \u00dcbergangsforderungen, spielt der ethnische oder v\u00f6lkische Selbsterhaltungswille eine untergeordnete Rolle. Vielmehr k\u00e4mpfen die unteren und mittleren Klassen um die Befriedigung von Sicherheits- und sozialen ggf. noch Individualbed\u00fcrfnissen (siehe Pyramide von Maslow und das Eherne Gesetz des Mangels<\/a>). Auch die Proteste im Zuge von Messerattacken wie in Solingen sind nicht auf ein Bed\u00fcrfnis das Volk ethnisch zu erhalten gegr\u00fcndet, sondern aus einem reinen Sicherheitstrieb. \u00a0Das sind materiell-\u00f6konomische Fragen, die die Theorieabteilung zu beantworten hat, will die Rechte ins breite Volk wirken.<\/p>\n

    Eine der dringendsten Aufgaben einer Echten Rechten ist es daher Denkfabriken aufzubauen, die das Einsickern in die Komplexe erm\u00f6glicht. Wichtigste Voraussetzung daf\u00fcr ist wirtschaftliche und auch ideologische Unabh\u00e4ngigkeit von Parteien und Bewegungen. Sie m\u00fcssen der Bewegung immer wieder in radikal-sachlicher Form die Inhalte schonungslos vorbeten. Dazu d\u00fcrfen sie nicht emotional oder monet\u00e4r korrumpierbar sein. Der Einzelne kann demnach durchaus einer ideologischen Str\u00f6mung angeh\u00f6ren, aber er muss sich den objektiven Notwendigkeiten unterordnen und pathetisch gesprochen sich der Wahrheit verpflichtet f\u00fchlen, auch wenn diese seinen eigenen ideologischen \u00dcberzeugungen zuwiderlaufen kann. Das k\u00f6nnen nur sehr wenige Personen, weshalb die Theoriearbeit immer ein personell \u00fcberschaubares Feld bleiben wird.<\/p>\n

    Eine andere Form der Theoriearbeit sehen wir in durchaus ideologisch ausgerichteten Denkschulen, die einen eher advokatischen Charakter an den Tag legen. Sie sollen energisch ihre Positionen vertreten. Durch die Schaffung gemeinsamer Plattformen, wie es einst die Iskra unter Lenin war, k\u00f6nnen sie in diesem Orchester, in diesem Konzert der Str\u00f6mungen unbewusst zu einer Ausdifferenzierung beitragen, von der die gesamte Rechte profitiert. Sie sollen also um die Deutungshoheit k\u00e4mpfen. Sieger kann und wird nur sein, wer die besten Argumente hat, solange die Plattform die Regeln vorgibt.<\/p>\n

    Die Wende-Formel auf dem Pr\u00fcfstand<\/strong><\/p>\n

    Kommen wir zu der vorerst letzten Kritik, die wir an Sellners Reconquista \u00fcben wollen. Seinen strategischen Ansatz fasst er in einer mathematischen Formel zusammen. Diese ist in Abbildung 3 dargestellt und weist einen algebraischen Charakter auf, der zudem linear ist. Gehen wir die Formel einmal im Einzelnen durch.<\/p>\n

    \"\"<\/p>\n

    Abbildung 3 Wendeformel bei Sellner, erg\u00e4nzt um Schweifklammern zur Erkl\u00e4rung. (Darstellung angelehnt an Sellner, M. (2023, S. 174)<\/p>\n

    Der mathematisch geschulte Leser m\u00f6ge sich nicht an den Klammern irritieren. Die hat Sellner nur zu Abgrenzungszwecken verwandt. Mathematisch ergeben sie nat\u00fcrlich keinen Sinn. Wie erkennbar wird, sieht Sellner richtigerweise viele verschiedene Faktoren als Einflussgr\u00f6\u00dfen, die eine Wende ausmachen oder gar behindern.<\/p>\n

    Im Minuend befinden sich zun\u00e4chst in der inneren Klammer die Faktoren \u201eMasse\u201c, was f\u00fcr die quantitative, also messbare Gr\u00f6\u00dfe der People Power steht und die Organisation. Beide bedingen sich einander und weisen einen multiplikativen Charakter auf. Unter der Organisation versteht Sellner das Verh\u00e4ltnis zwischen der Struktur und den Finanzen. Dieses Produkt wird durch die Botschaft, also die Forderungen (Ideen, die das Hauptziel beg\u00fcnstigen) und die von Sellner vorgestellte Leitstrategie (hier die Reconquista) vervielf\u00e4ltigt. Das Produkt aus diesen Faktoren ergibt die People Power, also die geballte Kraft der Massen auf das Hauptziel gerichtet. Soweit k\u00f6nnen wir mitgehen, auch wenn der Leser sicherlich schon erahnen wird, dass wir den Fokus nur auf eine Botschaft, eine Organisation und eine Strategie f\u00fcr falsch halten. Oben haben wir dies bereits ausf\u00fchrlich begr\u00fcndet.<\/p>\n

    Im Subtrahenden wird klar, dass sich Sellner nicht wirklich des Einflusses objektiver Verh\u00e4ltnisse bewusst ist und sich zu stark auf die subjektiven Faktoren (Minuend) konzentriert. Denn die Repressionen und Resilienz, die er hier zusammenfasst, haben bei ihm eine ausschlie\u00dflich abziehende, also die People Power schw\u00e4chende Wirkung. Unter der Repression sieht Sellner die Unterdr\u00fcckung, die sich in Reinform in Hard-Power widerspiegelt. Unter Resilienz versteht Sellner hier eher eine gewisse Gleichg\u00fcltigkeit in den Massen, die sich hemmend auswirke. Allerdings versteht man in der Psychologie darunter das Gegenteil von Vulnerabilit\u00e4t (Verwundbarkeit). Resilienz ist die Anpassungsf\u00e4higkeit von Systemen auf Ver\u00e4nderungen. Es ist nicht mit Widerstandsf\u00e4higkeit in Form einer blo\u00dfen Reaktion auf eine Aktion gemeint. Je resilienter ein sozio\u00f6konomisches System ist, desto besser wird sie auch Krisen verkraften k\u00f6nnen, ohne dass es zu einem irreversiblen Bruch innerhalb derselben kommt. Insbesondere aber die Repression wirkt sich nicht nur negativ aus, sondern beinhaltet ein dialektisches Prinzip, was Sellner sogar an einer Stelle[26]<\/a> so benennt. Denn die Herrschenden wenden Repressionen deshalb an, weil ihre Herrschaft gef\u00e4hrdet ist und daher die Anwendung von Hard-Power zur Notwendigkeit wird. Es ist ein indirektes Anerkenntnis der Revolution. Diese Hard-Power f\u00fchrt dazu, dass die aktiven Massen immer mehr Erfahrungen machen und mit der H\u00e4rte des Feindes konfrontiert werden. Je mehr Menschen von der Repression konfrontiert werden, desto gr\u00f6\u00dfer ist die Gefahr eines breitenwirksamen Bruches zwischen der Bev\u00f6lkerung und der herrschenden Klasse[27]<\/a>. Die Repression ist also nicht nur ein Werkzeug, das die Rechte zur Deligitimierung der herrschenden Ideologie nutzen kann, sondern sie ist sogar die Voraussetzung f\u00fcr eine erfolgreiche Revolution, da sie Erfahrungen provoziert, die die Massen ansonsten nicht machen w\u00fcrden.<\/p>\n

    Der Summand und damit die letzte Gr\u00f6\u00dfe innerhalb der Formel ist die Lage. Sie umfasst die Umwelt, die Krisen und andere objektiven, also vom Subjekt nicht direkt beeinflussbaren Verh\u00e4ltnisse. Nimmt man die Formel mathematisch ernst, spielen sie theoretisch sogar eine untergeordnete Rolle, denn w\u00fcrde sich der Summand bei null bewegen, k\u00f6nnte die People Power trotzdem entfaltet werden und erfolgreich sein. Er relativiert dies allerdings dann etwas in seinem Text, indem er richtigerweise konzipiert: \u201eMit einer materiellen Versch\u00e4rfung der Lage verkleinert sich diese Zone (der das System st\u00fctzenden Gleichg\u00fcltigkeit der Massen, Anm. d. Red.) und eine gr\u00f6\u00dfere Masse wird bereit f\u00fcr politisches Engagement in der Opposition (\u2026) Eine gr\u00f6\u00dfere Masse ist mobilisierbar, selbst wenn die Botschaft und Aktionen der Bewegung nicht optimal anschlu\u00dff\u00e4hig sind. Doch auch die gr\u00f6\u00dfte Krise kann strategische M\u00e4ngel nicht vollends aufwiegen (\u2026) Keine ernst zu nehmende Strategie kann auf einer Krise aufbauen, Strategie mu\u00df aber krisenhafte Entwicklungen in ihre Lageanalyse miteinbeziehen\u201c. <\/em>Sellner erkennt, dass die Lage auf die Revolution eine positive und bef\u00f6rdernde bzw. beschleunigende Wirkung hat. Aber auch hier wieder sieht man, dass er in ihr nicht die notwendige objektive Voraussetzung f\u00fcr eine Wende erkennt, wie wir es jetzt schon mehrfach beleuchtet hatten. So schreibt er weiter: \u201eAus einer krisenhaften Versch\u00e4rfung der Lage kann nur erfolgreich hervorgehen, wer schon vorher organisatorisch handlungs- und kampagnenf\u00e4hig und politisch hegemonief\u00e4hig war<\/em>\u201c und zieht jedoch den falschen Schluss, dass \u201eeine Krise<\/em>\u201c nicht \u201edie Karten neu<\/em>\u201c mische. In der ersten Aussage geben wir Martin Sellner uneingeschr\u00e4nkt recht. Wer sich auf den Tag X konzentriert und ansonsten die H\u00e4nde in den Scho\u00df legt, wird genauso von den Verh\u00e4ltnisse \u00fcberrascht, wie er erstarrt wird. Die Nachkriegsrechte hat bisher jede Krise ausgesessen, wie das sprichw\u00f6rtliche Kaninchen, dass die Schlange anstarrt. Erinnert sei hier nur exemplarisch an die Corona-Krise, wo die AfD zun\u00e4chst herumlavierte[28]<\/a>. Die Rechte schaffte es bisher nicht, aus den Krisen nachhaltig politisches Kapital zu schlagen. Sie profitierte, hatte dabei jedoch mehr Gl\u00fcck als Verstand. Dass allerdings die Karten dadurch nicht neu gemischt werden, halten wir f\u00fcr eine grobe Verk\u00fcrzung. Denn die Krise schafft notwendige<\/em> Voraussetzungen f\u00fcr Ver\u00e4nderungen. Mit der Krise kommen immer Ver\u00e4nderungen auf. Diese werden selbstverst\u00e4ndlich von jenen genutzt, die am meisten metapolitische Vorarbeit geleistet haben. Auch das erkennt Sellner vollkommen richtig. Die Lage ist also nicht alles, aber ohne die Lage ist alles nichts. Soll hei\u00dfen, keine Revolution, ohne Krise. Diese Resilienz steht in Wechselbeziehung mit der Lage. Man k\u00f6nnte sagen, dass wenn die Resilienz des Systems aufgebraucht ist und dieses keine hinreichenden Antworten auf die aktuellen brennenden Fragen, die die Lage bereitet, besitzt, die Revolution beginnt.[29]<\/a><\/p>\n

    Grunds\u00e4tzlich halten wir es f\u00fcr unklug solche hochkomplexen Zusammenh\u00e4nge in mathematischen Formeln auszugeben, die suggerieren, als g\u00e4be es eine Berechenbarkeit f\u00fcr Revolutionen. Sie sind das Zusammenspiel von objektiven Verh\u00e4ltnissen und subjektiven Voraussetzungen. Daher k\u00f6nnen sie nicht linear abgebildet werden. Um es mathematisch \u201ekorrekt\u201c zu machen, m\u00fcsste die Formel Funktionen, also Anh\u00e4ngigkeiten der einzelnen Gr\u00f6\u00dfen voneinander aufzeigen. Sie bedingen sich alle einander und treten in Wechselbeziehungen auf. Zudem spielt der Zufall eine enorme Rolle, wie bereits oben geschildert. In der Mathematik bedient man sich daher der Spieltheorie und des Monte-Carlo-Prinzips, was aber auch nur ein heuristischer Behelf ist, der oftmals an den Eingabeparametern scheitert, da diese eben auch subjektiv definiert werden.<\/p>\n

    Sellner allerdings muss man zugutehalten, dass er die Einflussgr\u00f6\u00dfen zumindest benennt und durchaus ausdifferenziert beleuchtet. Er erkennt bereits gewisse Abh\u00e4ngigkeiten, ist sich aber, offenbar des dialektischen Charakters dahinter nur in bedingter Weise bewusst.<\/p>\n

    Die objektiven und die subjektiven Voraussetzungen einer Revolution<\/strong><\/p>\n

    Wir haben uns bereits in einer Analyse zum Compact-Verbot<\/a> den Voraussetzungen von Revolutionen gewidmet. Wir wollen sie hier noch einmal kurz auff\u00fchren:<\/p>\n

      \n
    1. Die Herrschende Klasse kann ihre Herrschaft nicht mehr in unver\u00e4nderter Form fortf\u00fchren<\/li>\n
    2. Not und Elend wachsen \u00fcber das gewohnte Ma\u00df hinaus<\/li>\n
    3. Die Masse entfaltet Aktivit\u00e4ten<\/li>\n
    4. Eine Revolution\u00e4re Klasse besitzt die F\u00e4higkeit die Massen f\u00fcr die Wende einzusetzen<\/li>\n<\/ol>\n

      Mit der Repression und gewissen Zugest\u00e4ndnissen, die die herrschende Klasse direkt oder indirekt machen, beginnt die Revolution. Dies ist die erste Voraussetzung. Die zweite Voraussetzung beinhaltet das, was bei Sellner die Lage ist. Erst wenn das (meist wirtschaftlich-soziale) Elend \u00fcber das gewohnte Ma\u00df hinausgeht, entfalten die Massen eigene Aktivit\u00e4ten, die eine Reaktion auf die schlechten Verh\u00e4ltnisse sind, was die dritte Voraussetzung ist. All diese Punkte sind objektiv, also nicht direkt beeinflussbar.<\/p>\n

      Die vierte Voraussetzung ist die einzige subjektive Gr\u00f6\u00dfe, die bei Sellner im vorderen Teil der Formel (dem Minuenden) dargestellt wird. Lenin differenziert diese noch einmal in seinem \u201eLinken Radikalismus, Kinderkrankheiten des Kommunismus\u201c aus, in dem er folgende Voraussetzungen entdeckt, die erst durch den binnenideologischen Kampf innerhalb der Linken zustande kommen:<\/p>\n