Anmerkung zum Kulturmarxismus

von | 12. Jan. 2017 | Philosophie & Theorie

Der schwedische Autor und Dissident Daniel Friberg geht in seinem jüngst erschienenen Buch „Die Rückkehr der echten Rechten“[1] ausführlich auch auf den Begriff des Kulturmarxismus ein. Er beschreibt den Kulturmarxismus als einen „weitläufigen Begriff“, der sich auf die Befürwortung der von der „Frankfurter Schule“ entwickelten „kritischen Theorie“ und generell auf den „metapolitischen Einfluss der Linken auf den politischen und gesellschaftlichen Diskurs“ bezieht. Zur weiteren Erläuterung befasst sich Friberg auch mit dem vom linken Philosophen Douglas Kellner vorgelegten Deutungsmuster: Beim Kulturmarxismus handele es sich um die Weiterentwicklung des Marxismus des 20. Jahrhunderts durch „westliche Marxisten“. Es gehe darum, die marxistische Theorie auch auf kulturelle Phänomene auszuweiten.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass es – zumindest rein zeitlich gesehen – bereits in der kulturmarxistischen Anfangsphase durchaus eine Überschneidung dieser „westlichen Weiterentwicklung“ mit dem klassischen, in der Sowjetunion zum Durchbruch gekommenen „harten“ Marxismus gegeben hat. So wurde insbesondere das „Institut für Sozialforschung“, aus dem später die „Frankfurter Schule“ hervorgehen sollte, bereits 1923 von Hermann Weil gegründet. Liegen die Anfänge des Kulturmarxismus also bereits in der Zwischenkriegszeit, so konnten die großen Erfolge dann freilich erst nach der Niederwerfung des Dritten Reiches bzw. nach der Rückkehr von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno aus dem amerikanischen Exil zum Durchbruch kommen. Insbesondere die zusammen mit Herbert Marcuse entwickelte Theorie vom „autoritären Charakter“, wonach die patriarchalisch-bürgerliche Familie die Geburts- und Brutstätte des Faschismus bilde, fiel in der westdeutschen Studentenbewegung auf fruchtbaren Boden. Seither scheint es zum unterbewussten Grundwissen deutscher Schüler und Studenten zu gehören, dass der Weg vom autoritären Charakter strikt nach Auschwitz und in den Weltkrieg geführt habe. Als weitere Meilensteine kulturmarxistischer Erfolge können Thor v. Waldstein[2] zufolge neben der Entstehung der grün-alternativen Bewegung ab 1980 in der alten BRD auch die multikulturellen Bekehrungsversuche sowie die jüngere Gender-Mainstreaming-Propaganda gelten. Im Kern geht es dabei stets um das Eine: das Propagieren des Egalitarismus als „modern“, „alternativlos“ und „fortschrittlich“.

Die Entwicklung der letzten Jahre ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass die kulturmarxistische Ideologie verstärkt von internationalen Netzwerken und NGOs weiterentwickelt und propagiert wird. Dies führt nach Auffassung des Publizisten Manfred Kleine-Hartlage[3] dazu, dass die politische Entscheidungsfindung in praktisch allen westlichen Ländern weitgehend aus den dafür vorgesehenen verfassungsmäßigen Gremien ausgelagert worden sind. Im Bundestag würde dann nur noch über Schein-Alternativen debattiert und entschieden. Denn letztlich seien es inzwischen die Lobbyisten und Netzwerke, die die entscheidenden Voraussetzungen für spätere politische Entscheidungen  –  nämlich Problemdefinition, ideologische Untermauerung, Strategievorschläge – erarbeiten würden. Ein Beispiel für ein solches Netzwerk ist die Initiative WINGS (Worldwide Initiatives for Grantmakers Support), die sich für „globale Philanthropie“ einsetzt und die u.a. von der Rockefeller Foundation sowie der C&A-Foundation finanziert wird. Mit im Boot von WINGS ist auch die Berliner Amadeu Antonio Stiftung, die sich seit ihrer Gründung durch die ehemalige Stasi-Mitarbeiterin Anetta Kahane im Jahr 1998 hierzulande zu einem der wichtigsten Akteure im „Kampf gegen rechts“ entwickelt hat.

Dass ausgerechnet die Zusammenarbeit mit kapitalistischen Organisationen wie z.B. der Rockefeller Foundation von linken „Antifaschisten“ kaum als Problem wahrgenommen zu werden scheint, liegt in erster Linie wohl an der geistesgeschichtlichen Verwandtschaft zwischen Marxismus und Liberalismus: In beiden Fällen wird vor dem Hintergrund der auch als „white guilt syndrome“ bekannten Schuldneurose die Auflösung und Zerstörung angeblich „rückwärtsgewandter“ und „gefährlicher“ Strukturen (z.B. Abstammung, Familie, Volk, Staat) als Voraussetzung für den „Fortschritt der Menschheit“ zelebriert. Der Hinweis, dass jedoch genau dadurch gerade auch kapitalistischer Ausbeutung und moderner Sklaverei Tür und Tor geöffnet wird, mag manchen linksliberalen „Gutmenschen“ inzwischen nachdenklich gemacht haben. Doch die Vorbehalte und das Misstrauen gegenüber einer identitären, antiegalitären Wende scheinen nach jahrzehntlanger kulturmarxistischer Indoktrination doch zu groß zu sein, um sich als Linker ohne weiteres von den eigenen Widersprüchen und Lebenslügen befreien zu können. Metapolitik von rechts muss genau hier ansetzen. Der auf die eigene Nation verengte Blick reicht zur Überwindung des Kulturmarxismus jedoch nicht aus. Vielmehr kommt es zukünftig darauf an, eine Gegen-Ideologie zu entwickeln, die die partikulare Wirklichkeit der erwachenden Deutschen mit neuen, universellen Zielsetzungen verbindet.

[1] Daniel Friberg: Die Rückkehr der echten Rechten – Handbuch für die wahre Opposition. Arktos Media, Berlin 2016.

[2] Thor v. Waldstein: Metapolitik – Theorie, Lage, Aktion. Antaios, Schnellroda 2015

[3] Manfred Kleine-Hartlage: „Neue Weltordnung“ – Zukunftsplan oder Verschwörungstheorie? Edition Antaios, Schnellroda  2012